G. F. Unger 2294 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6978-5 (ISBN)
»Es tut mir leid, Jim«, sagt Sam Derringer trocken. »Du kommst zu spät, um deinen Bruder zu holen. Sie haben ihn drei Tage früher entlassen. Ich glaube, dass er in diesen drei Tagen zumindest hundert Meilen geritten ist.«
Nach diesen Worten schweigt Sam Derringer. Er ist eisgrau und trägt einen kleinen Spitzbart. Er wirkt wie ein alter, erfahrener Jagdfalke, der keine Gnade kennt.
Dies alles trifft auch wirklich zu. Denn er ist ein Jagdfalke - wenn auch einer ohne Schnabel und Flügel.
Er ist US Marshal.
Und Gnade? Nun, Jim Jones glaubt nicht, dass dieser alte Falke jemals welche kannte.
Er betrachtet ihn bitter, und er ist ein ziemlich großer, hagerer Mann, der wie ein Cowboy gekleidet ist, dunkelhaarig und grauäugig. Er hat ein fast hässliches Gesicht, in dem die Narben einiger Kämpfe zu erkennen sind. Jim Jones ist ganz gewiss ein Mann, der für sich sorgen kann.
An seiner linken Seite trägt er einen Revolver, eine Waffe mit einem einfachen Holzgriff. Sie wirkt sehr alt und abgenutzt.
»Warum habt ihr das getan, Marshal?« So fragt er nun bitter. »Ihr wusstet genau, dass ich meinen kleinen Bruder ...«
Er verstummt und macht eine verächtliche Handbewegung. Er hält es für unnötig, zu wiederholen, was der Marshal und die Gefängnisleute seiner Meinung nach genau wussten und was sie dennoch nicht beachteten ...
Der Blechstern
»Es tut mir leid, Jim«, sagt Sam Derringer trocken. »Du kommst zu spät, um deinen Bruder zu holen. Sie haben ihn drei Tage früher entlassen. Ich glaube, dass er in diesen drei Tagen zumindest hundert Meilen geritten ist.«
Nach diesen Worten schweigt Sam Derringer. Er ist eisgrau und trägt einen kleinen Spitzbart. Er wirkt wie ein alter, erfahrener Jagdfalke, der keine Gnade kennt.
Dies alles trifft auch wirklich zu. Denn er ist ein Jagdfalke – wenn auch einer ohne Schnabel und Flügel.
Er ist US Marshal.
Und Gnade? Nun, Jim Jones glaubt nicht, dass dieser alte Falke jemals welche kannte.
Er betrachtet ihn bitter, und er ist ein ziemlich großer, hagerer Mann, der wie ein Cowboy gekleidet ist, dunkelhaarig und grauäugig. Er hat ein fast hässliches Gesicht, in dem die Narben einiger Kämpfe zu erkennen sind. Jim Jones ist ganz gewiss ein Mann, der für sich sorgen kann.
An seiner linken Seite trägt er einen Revolver, eine Waffe mit einem einfachen Holzgriff. Sie wirkt sehr alt und abgenutzt.
»Warum habt ihr das getan, Marshal?« So fragt er nun bitter. »Ihr wusstet genau, dass ich meinen kleinen Bruder ...«
Er verstummt und macht eine verächtliche Handbewegung. Er hält es für unnötig, zu wiederholen, was der Marshal und die Gefängnisleute seiner Meinung nach genau wussten und was sie dennoch nicht beachteten ...
US Marshal Sam Derringer – er hat den Rang eines Majors – blickt Jim fest an und sagt knapp: »Hilf uns, Jim – und du hilfst damit auch deinem kleinen Bruder. Du weißt ganz genau, dass es zu nichts geführt haben würde, hättest du ihn hier in Empfang genommen und mit auf deine kleine Pferderanch genommen. Dein Bruder war an einem Bankraub beteiligt, bei dem achtzigtausend Dollar erbeutet wurden. Er war der Einzige der Banditen, den man erwischen konnte. Er war damals siebzehn Jahre, und er hat nichts anderes getan, als draußen vor der Bank die Pferde der Bande zu halten. Er wäre mit einer kleinen Strafe davongekommen, wenn er dem Gericht die Namen der Banditen genannt hätte. Doch er wollte wohl kein Verräter sein. Er war ein stolzer Junge, dessen Denken verzerrt war. Er erhielt vier Jahre Haft mit Strafarbeit und wurde zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag entlassen.«
Der Marshal macht nun eine kleine Pause. Er blickt Jim hart an und sagt: »Jetzt ist dein Bruder Adam unterwegs zu seinen alten Partnern, um seinen Anteil zu kassieren. Und auf diese Art bekommen wir vielleicht die achtzigtausend Dollar zurück und die drei anderen Burschen zu fassen. So ungefähr wissen wir nämlich, wohin sich Adam wenden wird. Und nun kommen wir zu dir, Jim, mein Junge. Es gab einmal eine Zeit, da sagtest du Onkel Sam zu mir, nicht wahr?«
Jim sieht ihn an und nickt langsam.
»Ja«, sagt er, »das war damals, als mein Vater noch lebte und dein Freund war, Sam Derringer. Du warst damals ein junger, ehrgeiziger Sheriff. Ich war ein kleiner Junge und bewunderte dich immer. Dein blitzender Stern war für mich ...«
Er bricht wieder ab und macht abermals eine verächtliche Handbewegung, so als lohnte es sich nicht, über diesen Stern noch ein Wort zu verlieren.
Aber dann spricht er doch weiter: »... er war für mich etwas Großartiges. Und immer wenn du zuverlässige Helfer brauchtest, ritt mein Vater als dein Deputy mit dir. Auch er bekam dann solch einen Stern an die Weste gesteckt. Oh, ihr hieltet Ordnung in unserem Land. Ihr wurdet mit jeder Bande fertig, mit jedem Revolverhelden und jeder Art von Schwierigkeit und Bedrohung von Recht und Ordnung. Doch eines Tages wurde mein Vater dabei erschossen, als er dir wieder einmal den Rücken deckte. Ich war damals acht Jahre alt. Und mein Bruder Adam war gerade zwei Jahre geworden. Unsere Mutter aber war eine zarte Frau. Sie zerbrach daran, unsere Heimstätte zu erhalten und schuldenfrei zu bekommen. Ja, damals sagte ich noch Onkel Sam zu dir, Marshal. Doch das ist lange her. Und jetzt willst du was von mir? Willst du Hilfe, wie mein Vater sie dir schon einmal gab?«
Er fragt es mit bitterem Spott.
Und US Marshal Sam Derringer nickt.
»Es ist ganz einfach«, sagt er. »Dein Bruder nimmt Verbindungen zu seinen alten Partnern auf. Er wird von ihnen seinen Anteil verlangen.«
»Er hat dafür seine Strafe abgesessen«, sagt Jim Jones bitter.
Sam Derringer nickt.
»Wenn er seinen Anteil bekommt«, sagt er. »Vielleicht schießen sie ihn aber tot, bevor sie mit ihm teilen müssen oder er sie verraten kann. Oder sie nehmen ihn in ihren Verein auf und machen ihn zum Teilhaber an den Geschäften, die sie mit ihrem Raubgeld aufbauten.«
»He«, sagt Jim Jones scharf. »Ihr wisst viel über diese Bande.«
Der Marshal nickt. »Uns fehlen nur die Beweise«, sagt er. »Jim, es wäre falsch gewesen, deinen Bruder mit auf die Pferderanch zu nehmen. Er ist mit seiner Vergangenheit noch nicht fertig. Du musst ihm bei der Bewältigung dieser Vergangenheit helfen. Reite ihm nach und hilf ihm!«
Jim Jones erhebt sich langsam.
»Du alter Fuchs«, sagt er.
Sam Derringer nickt. »Es gehört zu meinem Geschäft, fuchsschlau zu sein. Ich will die drei anderen Banditen und die achtzigtausend Dollar nebst Zinsen haben. Du aber willst deinen kleinen Bruder retten. Das führt uns zusammen, Jim, mein Junge. Ich weiß keinen besseren Mann für diese Sache. Und ich gebe dir einen Stern. Ich mache dich zum US Deputy Marshal mit dem Rang und der Besoldung eines Captains der Bundesregierung. Überleg es dir schnell. Denn mit jeder Stunde wird der Vorsprung deines Bruders größer. Ich schicke auch zwei zuverlässige Leute zu deiner Pferderanch. Ich gebe dir den Stern, denn nur damit kannst du deinen Bruder retten.«
Jim Jones starrt ihn bitter an. »Mit einem Blechstern«, sagt er, »kann man auch kein Wunder vollbringen. Meinem Vater hat dieser Stern nichts genutzt.«
Sam Derringer schnauft. Er greift in die Schreibtischschublade und holt einen Stern heraus. Es ist genau genommen kein Stern wie ein Sheriffstern, eher eine Plakette in hufeisenähnlicher Form, in der ein Stern eingepresst ist.
Darunter steht im Halbrund: US DEPUTY MARSHAL.
Jim starrt auf das Ding nieder.
»Ich kann auch einen anderen Mann schicken«, sagt Sam Derringer. »Ich kann zum Beispiel Jeff Frazee schicken. Doch er könnte deinen kleinen Bruder gewiss nicht vor Dummheiten bewahren, so wie du es vielleicht kannst.«
Als Jim Jones dies hört, da weiß er, dass Sam Derringer ihm wahrhaftig einen Dienst erweisen will. Er erkennt schnell, dass er verhindern muss, dass ein anderer Mann auf der Fährte seines Bruders reitet.
»Ich werde diesen Blechstern nehmen«, sagt er. »Und ich bitte um die genauen Einzelheiten.«
»Zuerst muss ich dich unter Eid nehmen«, sagt der alte Falke.
✰
Jim Jones' Pferd ist ein hagerer, mausgrauer Wallach, den man auf den ersten Blick fast für ein Maultier hält. Jim nennt ihn einfach nur Pete. Bei diesem Wort spitzt der Wallach stets die Ohren wie ein Hund, den sein Herr ruft.
Man kann nicht sagen, dass Pete über eine Meile Chancen gegen ein halbwegs schnelles Pferd hätte. Über fünf oder gar zehn Meilen sieht die Sache allerdings schon anders aus. Und wenn sich die Distanz gar über hundert, zweihundert oder fünfhundert Meilen beläuft, nun, dann gibt es kein besseres Pferd als Pete. Da kann er sie alle schlagen.
Deshalb beginnt Jim Jones den Ritt sehr zuversichtlich.
Denn der Ort, zu dem er will, liegt etwa fünfhundert Meilen weit entfernt. Er kann mit nicht unberechtigter Zuversicht hoffen, dass er seinen Bruder Adam einholen oder nicht sehr viel später dort eintreffen wird.
Der Ort heißt Watervale. Das bedeutet nichts anderes als Wassertal. Der Ort muss wohl an einem kleinen Creek liegen, der das Tal bewässert.
Da Pete nur langsam in Gang kommt und eine Menge Meilen benötigt, um sich erst richtig warm zu laufen, legt Jim in der ersten Nacht »nur« fünfzig Meilen zurück.
Dann rastet er zwei Stunden.
Während der nächsten zehn Stunden schafft er siebenundfünfzig Meilen, ein Zeichen dafür, dass Pete langsam in Fahrt kommt, zumal das Gelände rauer und beschwerlicher war als am Anfang.
Nun rastet er drei Stunden, kocht sich ein gutes Essen und wartet, bis der Mond aufgegangen ist und die Sterne strahlen.
Dann reitet er weiter.
Dreimal vierundzwanzig Stunden später haben Mann und Pferd etwa vierhundertdreißig Meilen geschafft, und noch etwa siebzig liegen bis Watervale vor ihnen.
Jim glaubt nun schon fast nicht mehr daran, dass Adam noch vor ihm ist. Er muss Adam irgendwann während der letzten Stunden überholt haben und auf einem anderen Weg geritten sein als der jüngere Bruder.
Es wird eine finstere Nacht. Jim hat das Feuer etwa fünfzig Schritte neben einem Wagenweg angezündet, sich rasch ein Abendessen bereitet, Kaffee gekocht und sich dann mit seinem Pferd vom Feuer entfernt. Er hat Pete gut versorgt, durchmassiert, abgerieben und an der Wasserstelle ganz abgewaschen. Das tat Pete gut. Nun hat er sich zwischen einigen Bäumen auf einer leichten Anhöhe niedergetan.
Jim hockt...
Erscheint lt. Verlag | 19.10.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp |
ISBN-10 | 3-7517-6978-1 / 3751769781 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6978-5 / 9783751769785 |
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