Jerry Cotton Sonder-Edition 247 (eBook)

Manhattan null Uhr null

(Autor)

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2024 | 1. Aufl. 2024
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7166-5 (ISBN)

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Jerry Cotton Sonder-Edition 247 - Jerry Cotton
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Es war die Sensation vom Broadway - das Musical Manhattan null Uhr null. Als das Ensemble die fünfzigste Vorstellung feierte, da feierte die Unterwelt auf ihre Weise mit. Von diesem Augenblick an herrschte Panik am Theater. Mord war an der Tagesordnung. Nur wer war der Drahtzieher? Als Phil und ich ihn aufspürten, zeigten die Uhren in Manhattan null Uhr null ...

1


Die Feier anlässlich der fünfzigsten Aufführung von Manhattan null Uhr null artete aus, als ein Dutzend Mitglieder der Tanzgruppe in die sogenannten Funduskammern einbrachen und sich mit der Ausstattung längst vergessener Theaterstücke maskierten und kostümierten. Die Frauen wählten Maskeraden, die es ihnen erlaubten, noch mehr Haut zu zeigen. Die Männer verwandelten sich mithilfe der Bestände eines durchgefallenen Horrorstücks in grauenerregende Monster.

Stürmischer Beifall brach los, als sie in dieser Aufmachung die Bühne stürmten, die tanzenden Gäste in die Kulissen scheuchten und vor der Dekoration des letzten Akts von Manhattan null Uhr null ein groteskes Ballett aufführten.

Danach gab es kein Halten mehr. Nahezu alle fielen in die Funduskammern ein. Die Feier wurde zum Maskenfest.

Ich versuchte, mich vom Ausbruch des allgemeinen Irrsinns nicht anstecken zu lassen. Aber Shirley, inzwischen selbst aus Pullover und Hosen in ein Nichts von Schleiergewand umgestiegen, tauchte mit einer Schaumstoffmaske in den Händen auf.

»Genau das Passende für dich, Jerry!«

»Was ist das?«

»Die Maske des Leibwächters von Professor Frankenstein.« Sie stülpte mir die Maske über den Kopf und kreischte: »Lieber Himmel, Jerry, du siehst abscheulich aus!«

Dann warf sie mir die Arme um den Hals und zerrte mich zum Tanzen auf die Bühne. Ich stolperte, denn die Augenschlitze saßen zu tief. Die Maske stank atemberaubend nach Mottenpulver. Ich bekam darunter kaum Luft. Jedenfalls nicht genug für das Tempo des Rocks Midnight Explosion aus Manhattan null Uhr null, der vom Band aus den Lautsprechern dröhnte. Außerdem gehört Shirley zum Ballett. Wer kann da schon mithalten? Irgendwann verlor ich sie an irgendwen. Ich war nicht mal unglücklich darüber.

Ich tappte von der Bühne Richtung Inspizientenraum, wo die Getränke verwahrt und gekühlt wurden. Jemand schlich sich von hinten an mich heran und stieß mir den Zeigefinger zwischen die Schulterblätter. Ich glaubte, es wäre Phil, und wollte mich umdrehen.

Der Druck verstärkte sich.

Ich erkannte meinen Irrtum. Ein Zeigefinger war das nicht.

»Geh geradeaus!«, zischelte eine Stimme in mein linkes Ohr. »Bei der leisesten falschen Bewegung besorg ich's dir auf der Stelle!«

Ein alberner Scherz? Irgendein angetrunkener Spaßvogel, der seinen Groll über das letzte Fünf-Dollar-Strafmandat an mir ausließ? Aber nur wenige Leute in dieser Gesellschaft aus Schauspielern, Kritikern, Showmanagern und Ballettratten wussten, dass ich FBI Agent war.

Ich spielte mit und ging langsam weiter.

Zwei Frauen in imitierten Leopardenfellen aus bedrucktem Stoff und ein Smoking tragender Mann, dessen Kopf in einem Ritterhelm wie in einer Konservendose eingeschlossen war, kamen uns entgegen.

Die Frauen fauchten mich an und schrien: »Verbrenn das Scheusal, Henker! Schlag ihm den Kopf ab!«

Die Rufe galten dem Mann hinter mir. War er als Henker verkleidet?

Der Druck zwischen meinen Schulterblättern blieb. Als der Smokingträger gegen mich prallte und unter dem Blech des Helms dumpfe Laute ausstieß, die wie Hilferufe klangen, traf mich hinterrücks ein kurzer, knochentrockener Fausthieb.

Der Schmerz nahm mir die Luft.

Kein Scherz also.

Der Mann hinter mir war ein Profi, der wusste, wohin er schlagen musste.

»Weiter!«, befahl er.

Die Türen zum Inspizientenraum standen weit offen. Lärm und Gelächter schallten bis in den Gang.

Ich wurde von dem Druck zwischen den Schultern vorwärtsgeschoben und in einen Seitengang dirigiert, bis ich vor einer Tür stand.

»Aufmachen!«

Die Tür quietschte in den Angeln. Der Raum dahinter lag im Dunkeln.

Der Mann stieß mich in die Dunkelheit hinein. Ich prallte gegen einen Gegenstand, der polternd umfiel.

Licht wurde eingeschaltet. An der Decke glühten zwei kahle Neonröhren auf.

Ich drehte mich um. Noch immer steckte mein Kopf unter der idiotischen Schaumstoffmaske. Ich hob die Hände, um mich davon zu befreien.

»Lass die Arme unten!«

Er stand in der Nähe der Tür. Ich weiß nicht, ob sein Kostüm das eines Henkers war, wie die Frau ihn angesprochen hatte. Auf jeden Fall machte es ihn unkenntlich. Er trug einen weiten roten Umhang mit einer Kapuze und eine schwarze Vollmaske, die nur die Augen freiließ. In der linken Hand hielt er einen Revolver mit aufgesetztem Schalldämpfer.

»Ich erhalte zehntausend Dollar dafür, dass ich dich umblase«, sagte er.

Seine Stimme bekam durch die Maske einen dumpfen Klang. Er sprach leise. Seine Aussprache war akzentlos und korrekt.

»Anscheinend steigen auch die Preise der Killer ständig. Zehntausend Dollar sind Wucher.«

Das klang kaltblütig. In Wahrheit fühlte ich mich von Minute zu Minute unbehaglicher. Ich war waffenlos. Wer geht schon mit einer Kanone unter der Jacke zu einer Bühnenparty?

»Ich warte auf dein Gegenangebot. Wie viel bietest du, wenn ich den Finger nicht krümme?«

»Willst du sagen, dass du deinen Zehntausend-Dollar-Auftrag nicht ausführst, falls ich deinen Auftraggeber überbiete?«

»Selbstverständlich, aber verschwende meine Zeit nicht mit Kleinlichkeit. Ich denke an das Dreifache.«

»Meinst du dreißigtausend Dollar?«

»Richtig, und erzähl mir nicht, du könntest die Summe nicht aufbringen. Du bist ein reicher Mann.«

In mir keimte der Verdacht, dass der »Henker« mich verwechselte.

»Du irrst dich. Höchstens dreihundert Dollar würde mir meine Bank als Vorschuss auf den Gehaltsscheck bewilligen.«

Er hob die Hand mit der Waffe an. »Ich meine es ernst, Chico! Dir bleiben noch genau sechzig Sekunden für deine Entscheidung.«

»Lass mich dieses verdammte Ding abnehmen«, sagte ich, packte die Schaumstoffmaske und zerrte sie mir vom Kopf.

Er stieß einen Laut der Überraschung aus. Ich warf ihm die Maske an den Kopf und hechtete mit aller Kraft aus dem Stand nach links.

Der schallgedämpfte Revolver blaffte. Ich krachte zwischen irgendwelches Gerümpel, denn der Raum diente zur Aufbewahrung von Requisiten. Er war vollgestopft mit Möbeln, Stellwänden und bemalter Pappe.

Ich schnellte hoch und tauchte hinter einem massiven Schrank weg.

Die Neonröhren erloschen. Ich hörte Schritte und das Zuschlagen der Tür.

Ein paar Minuten verlor ich, bis ich mich freigewühlt und die Tür gefunden hatte. Sie war nicht verschlossen. Ich riss sie auf und rannte den Gang entlang.

Im Inspizientenzimmer waren sie zu gemeinsamem Gesang übergegangen. Natürlich sangen sie Jennifer Jakes Erfolgslied Love Is Like a Killing Shot aus Manhattan null Uhr null. Genauer gesagt, sie grölten es.

Ich platzte in den Raum.

Eine Menge Frauen im Kostüm, ein Dutzend Männer, mit und ohne Masken. Niemand im roten Henkersmantel!

Chris Cassey, Showreporter der New York Post, schwang ein langes Pappschwert und brüllte: »Einen Drink für good old Jerry!«

Ich rannte weiter. Cassey schrie mir nach, ich sei ein verdammter Spielverderber ...

Mein Fuß verfing sich in irgendetwas, das in dem schmalen Durchgang zwischen den Kulissenwänden auf dem Boden lag.

Ich stoppte und hob das Zeug auf.

Ein roter, weitärmeliger Umhang mit Kapuze.

Drei Schritte weiter fand ich die schwarze Maske. Damit war klar, dass ich nach dem »Henker« nicht länger zu suchen brauchte.

Wie sah der Mann jetzt aus?

Trug er einen Straßenanzug? Pullover und Jeans? Oder einen Smoking wie einige der Leute, die angenommen hatten, eine Bühnenparty unterschiede sich nicht von einem Empfang in der feinen Gesellschaft?

Wen hatte er unter der Frankenstein-Maske vermutet?

Er hatte mich Chico genannt. Das war kein richtiger Name, aber es konnte ein Spitzname sein.

Warum glaubte er, unter der Maske den richtigen Mann vor sich zu haben? Shirley hatte mir diese Maske aufgezwungen. Doch es war lächerlich, irgendeine Verbindung zwischen Shirley und einem Berufskiller zu vermuten.

Ich begann wieder an einen schlechten Scherz zu glauben. Okay, er hatte geschossen, aber möglicherweise hatte er Platzpatronen benutzt. Um das herauszufinden, hätte ich nach den Kugeln suchen müssen. In dem Gerümpel der Requisitenkammer waren sie nur schwer zu finden, falls es sie überhaupt gab.

Ich zog es vor, nach Shirley zu suchen. Vielleicht wusste sie, wer in der Bande dieser Showleute, die Manhattan null Uhr null produzierten, auf den Namen Chico hörte.

Zu dieser Zeit, zwischen drei und vier Uhr morgens, zeigte die Party erste Ermüdungserscheinungen. Nur noch drei Dutzend Typen tobten tanzend auf der Bühne im weißen Licht der Scheinwerfer. Die meisten Gäste saßen mehr oder weniger erschlafft in den Kulissen, auf den Stahltreppen und Beleuchterbühnen. Sie redeten miteinander über Pläne und Karrieren, über Erfolge und Pleiten. Dabei ließen sie die Whiskyflaschen kreisen, und wer gerade in der richtigen Stimmung war,...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Action Abenteuer • action romane • action thriller • action thriller deutsch • alfred-bekker • Bastei • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • erste fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Heft • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Krimi deutsch • krimi ebook • Krimi kindle • Kriminalfälle • Kriminalgeschichte • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Kriminalromane • kriminalromane 2018 • kriminalromane deutsch • Krimi Reihe • Krimireihen • krimi romane • Krimis • krimis&thriller • krimis und thriller kindle • Krimi Urlaub • letzte fälle • martin-barkawitz • Polizeiroman • Romanheft • Roman-Heft • schwerste fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • spannende Thriller • Spannungsroman • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • Wegner
ISBN-10 3-7517-7166-2 / 3751771662
ISBN-13 978-3-7517-7166-5 / 9783751771665
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