Jonas Drake Sammelband I (eBook)
266 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-3250-7 (ISBN)
H.E. Wolf wurde 1968 geboren, wuchs in Schleswig-Holstein auf und war in verschiedenen Branchen selbstständig, bevor er mit dem Schreiben anfing. Nach einem gesundheitlichen Schicksalsschlag 2021, widmete er sich intensiv dem Bücher schreiben. Schon früher schrieb er Kurzgeschichten, aber erst seitdem beruflich. Seine Geschichten sind im Dark-Fantasy- und Horror-Bereich angesiedelt.
Der Waldgeist
Es war ein sonniger und warmer Morgen. Die Sonne strahlte in den Wald. Hier wohnte in einer von der Zivilisation entfernten Hütte Maya eine junge weiße Hexe. Sie lebte im Einklang mit der Natur. Boshafte Zungen nannten sie eine Irre, weil sie mit Tieren sprach, und die Bäume als ihre Freunde ansah. Viele der Waldbewohner schenkten Maya ihr Vertrauen und einige davon hatte sie selbst mit Geduld und Liebe großgezogen, weil Wilderer die Elterntiere erschossen haben. Dazu zählten der Hirsch Bobby und der Wolf Fenrir. Sie benannte das Tier nach dem Götterwolf, da der kleine stets zur Stelle war, wenn Gefahr drohte und er eine edle Erscheinung war. Er fiel durch sein schwarzes Rücken- und Kopffell auf. Der Rest seines Fells war dunkelgrau. Mittlerweile führte er das Rudel an.
Maya war ein Kind des Waldes und verehrte den Waldgott Sucellus.
An diesem Morgen beschloss sie, wie jeden zweiten Tag loszuziehen, um Pilze zu sammeln. Sie überlegte, zu dem Bauernhof am Dorfrand zu pilgern um Gemüse und was sie zum Leben brauchte zu besorgen. Ohne Fortschritt funktionierte es im Wald nicht immer. Sie verließ ihre Hütte und Fenrir begleitete sie ein Stück ihres Weges. Er war bei den Menschen nicht gern gesehen, da sie Angst vor ihm hatten. Deshalb blieb er nach einiger Zeit zurück und wartete geduldig auf die Rückkehr der jungen Hexe.
Ein Knacken ließ den Hirsch aufhorchen. Er unterbrach das Kauen des Grases und sah direkt in die Mündungen einiger Jagdgewehre.
Ein Trupp von sieben Wilderern hatte vor diesen Achtender unbedingt zu erlegen. Sie hatten es auf das Geweih des Hirsches abgesehen. Bis jetzt ist man den skrupellosen Männern nicht auf die Schliche gekommen. In der Umgebung versuchte man dem Treiben ein Ende zu setzen, aber den Wilderern war nichts nachzuweisen. Sie waren zu clever, um sich erwischen zu lassen. Der unerfahrenste von ihnen, Pascal, spielte nur mit, weil er von den anderen erpresst wurde. Er hatte vor einiger Zeit im betrunkenen Zustand einen Unfall mit Fahrerflucht begangen. Dabei wurde der jüngere Bruder von Tim dem Anführer der Bande schwer verletzt und lag seitdem im Koma.
Der Hirsch war ein eindrucksvolles Tier mit einem riesigen Geweih. Aus großen braunen Augen schaute er ahnungslos zu den Männern mit den Gewehren. Das Tier verstand nicht, dass es den Tod anblickte. Ein weiteres Knacken von brechenden, trockenen Zweigen neben ihm alarmierte ihn erneut. Er schaute in die Richtung, aus der er das Geräusch vernahm. Eine junge Frau mit langen braunen Haaren kam auf ihn zu. Sie trug ein dunkelgrünes, mittelalterliches Kleid. Der Hirsch erkannte Maya. Die Person, die ihn großgezogen hatte. Die Frau hatte die Wilderer nicht bemerkt und wurde erst auf sie aufmerksam, als einer von ihnen sein Repetiergewehr durchlud. Sie erschrak und stellte sich schützend vor das Tier. Die anderen Männer luden ihre Gewehre ebenfalls durch.
„Verschwindet! Lasst uns in Ruhe!“, rief sie den seltsamen Typen zu. Diese waren unbeeindruckt und lachten. Ohne Vorwarnung schossen sie. Die erste Kugel streifte den Hirsch, der in Panik davon rannte. Die anderen erwischten die junge Frau. Blitzschnell luden sie ihre Repetiergewehre nach und feuerten erneut auf die Hexe. Sie wurde durch die Wucht der Einschläge umgeworfen. Pascal wendete sich entsetzt ab. Er war der Einzige, der weder auf die Frau noch auf das Tier gezielt hatte. Einer der Männer schlich zu Maya und sah sie sich an. Ihre Augen waren weit aufgerissen und starrten in den Himmel. Aus Mund und Nase sickerte in kleinen Rinnsalen Blut. Der Wilderer fasste ihr an den Hals. Kein Puls. Die Frau war tot. Der Mann entdeckte ein Amulett, welches die Tote trug. Ein Pentakel mit Edelsteinen an den Spitzen und einem großen roten Stein in der Mitte. Er nahm es der Leblosen ab und steckte es ein. Dann drehte er sich zu seinen Kumpanen um und sagte kalt:
„Die Hexe macht uns keinen Ärger mehr. Sie hat kapituliert.“
Er lachte dreckig und die anderen Männer fielen in das Gelächter mit ein. Ohne die Leiche weiter zu beachten, entfernten sie sich.
„Kommt, suchen wir den Hirsch. Er kann nicht weit sein.“, befahl Tim. Gemeinsam folgten sie der Blutspur des Tieres. Nach ein paar Stunden brachen sie die Suche ab. Es wurde dunkel.
Einen Tag später
Am Morgen trafen sich die Wilddiebe wieder, um ihre Jagd vom Vortag fortzusetzen.
Die Wilderer hatten sich aufgeteilt, um den Hirsch zu finden, aber das Tier war unauffindbar. Pascal, der jüngste unter ihnen erreichte mit seinen zwei Kumpanen Norbert und Christian die Stelle, wo sie die Frau erschossen hatten. Wir sind die ganze Zeit im Kreis gegangen., vermutete Pascal. Die Männer waren erstaunt, denn der Platz war leer. Die Frau war verschwunden. Nur das Blut an der Stelle verriet, was geschehen war.
„Die kann doch unmöglich elf Kugeln überlebt haben.“, gab Christian von sich.
„Vielleicht haben die Wölfe sich das Mädchen geholt.“, äußerte sich Norbert.
Nur Pascal blieb stumm. Ihm gefiel das alles nicht.
Im Gegensatz zu seinen Freunden hatte er Angst und ein ungutes Gefühl. Ihre Gewehre im Anschlag sondierten die anderen beiden Männer die Umgebung.
Pascal traute seinen Augen nicht. Wie aus dem Nichts tauchte die junge Frau, die sie erschossen hatten, vor ihm auf. Angstschweiß lief über sein Gesicht. Er ließ sein Gewehr fallen und versuchte wegzurennen, doch es klappte nicht. Er war wie gelähmt. Sie trug nach wie vor das dunkelgrüne, mittelalterliche Kleid. Deutlich waren die Einschusslöcher zu sehen. Um sie herum waren Blutflecken, die sich an einigen Stellen zu einem Großen verbanden. Er vermochte durch die Löcher die blasse Haut zu erkennen.
Sie hat keine Wunden!, schoss es ihm durch den Kopf. Er sah ihre Augen. Kalt und grausam sahen sie ihn an. Jetzt bemerkten seine Freunde die Frau ebenfalls. Ohne lange zu überlegen, schossen sie auf die junge Hexe, bis die Kugeln verschossen waren. Die Schüsse hatten nichts bewirkt. Die Person lächelte kalt, während die Patronen aus ihrem Körper heraus fielen. Bloß das Kleid hatte ein paar Löcher mehr.
Norbert lud sein Gewehr nach. Er geriet in Panik und ließ das eine oder andere Geschoss fallen. Die Frau kam langsam auf die drei Männer zu. Erst jetzt versuchte Christian sein Gewehr erneut zu laden, aber es blieb beim Versuch. Die Tote hatte ihn schnell erreicht. Sie riss ihm seine Schusswaffe aus den Händen und schlug damit einhändig auf Norbert ein. Sie traf ihn am Kopf und er fiel zu Boden. Bewusstlos blieb er liegen. Pascal beobachtete das alles, ohne sich zu rühren. Der Schock saß tief. Oder war es eine höhere Macht, die ihn zur Bewegungsunfähigkeit verdammte?
Die Frau packte Christian am Hals und drückte ihn gegen einen Baum. Er bekam kaum Luft und versuchte, sich zu befreien, aber es war sinnlos. Wie ein Schraubstock hatte sich die kalte Hand um seinen Kehlkopf gelegt und drückte immer fester zu. Er griff nach der Pranke der Frau und wollte, sie lösen. Es klappte nicht. Er sah ihr in die Augen und sah darin den unerbittlichen Willen zu töten. Da war keinerlei Gefühl mehr zu erkennen. Nur die reine Mordlust. Dann knackte es kurz wie morsches Holz und Christians Kopf hing erschlafft zur Seite weg. Maya hatte ihm das Genick gebrochen. Sie ließ den leblosen Körper los und er fiel wie ein schlaffer Sack auf den Waldboden. Schlagartig ertönten Schüsse. Die Projektile durchschlugen den Rumpf der Hexe und trafen den Baum.
„Stirb endlich, du Miststück!“, schrie Norbert, der wieder wach war und feuerte weiter. Völlig unbeeindruckt drehte sich Maya um und glitt an dem erstarrten Pascal vorbei auf den schießenden Wilderer zu. Sie entriss ihm mit der linken Hand das Gewehr und mit der rechten schlug sie in seinen Brustkorb. Ihr Arm trat aus dem Rücken mit dem pochenden Herz heraus. Er starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an und sackte dann in sich zusammen. Der zweite Wilderer war tot. Unbekümmert kam die Frau auf Pascal zu. Dieser war kurz davor sich vor Angst einzunässen. Er hatte mit seinem Leben abgeschlossen. Wider Erwarten löste sich seine Starre und er war wieder in der Lage sich zu bewegen. Kurz vor ihm verharrte Maya. Der Junge sah sich die Frau von oben bis unten an. Von ihrem rechten Arm tropfte das Blut seines Gefährten Norbert auf den Waldboden. Ihm wurde übel.
„Geh und sage deinen Freunden, dass ich auf sie warte.“, sagte Maya leise, aber verständlich. Pascal drehte sich um und lief panisch los.
Der junge Mann war total entsetzt, von dem eben erlebten. Er fragte sich, ob das real oder nur ein entsetzlicher Albtraum war. An einen Baum gelehnt holte er tief Luft und schloss die Augen. So stand er einige Minuten da. Ein Rascheln zog ihn aus seinen Gedanken zurück und er sah den Hirsch. Es war das Tier, welches er und seine Freunde heute Morgen gejagt hatten. Der Geweihträger kam langsam auf ihn zu und blieb einen Meter vor ihm stehen. Pascal sah dem edlen Tier in die Augen, aus denen ihm Gutmütigkeit entgegenblickte. Er bewegte sich einen Schritt auf ihn zu und streckte langsam seine Hand aus. Wie ferngesteuert berührte er die Nase des Tieres. Der Hirsch senkte ein wenig den Kopf. Das Gewissen überkam Pascal. Das...
Erscheint lt. Verlag | 18.9.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
ISBN-10 | 3-7597-3250-X / 375973250X |
ISBN-13 | 978-3-7597-3250-7 / 9783759732507 |
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