Die wilde Lady Imogen (eBook)
384 Seiten
CORA Verlag
978-3-7515-2701-9 (ISBN)
Ein wilder Lockenkopf voller wilder Ideen - so hat Detective Thomas Peck die resolute Lady Imogen Loveless kennengelernt. Wo immer er ermittelt, taucht sie auf und bringt mit ihrer gefährlichen Vorliebe für Explosives das Chaos mit. Kein Wunder, denn sie gehört zur berüchtigten Frauentruppe 'Hell's Belles', die sich zum Ziel gesetzt hat, die Männer zu bestrafen, die der Arm des Gesetzes nicht erreicht. Und ausgerechnet für diese widerspenstige Lady soll er den Leibwächter spielen! Gegen seinen Willen stürzt er schon bald mit Imogen von Abenteuer zu Abenteuer und lernt sie dabei von einer ganz neuen, verführerischen Seite kennen ...
<p>Sarah MacLean wurde in Rhode Island geboren und besuchte die Harvard University, bevor sie ihren ersten historischen Roman schrieb. Bereits ihr Debüt landete auf der New-York-Times-Bestsellerliste. Die zweimalige Gewinnerin des begehrten RITA-Awards verfasst regelmäßig Zeitungskolumnen über Liebesromane und engagiert sich zudem für Feminismus. Mit ihrem Ehemann lebt Sarah MacLean in New York.</p>
1. KAPITEL
London, East End
Januar 1844
Lady Imogen Loveless liebte Explosionen.
Um eines klarzustellen: Sie war keine Sadistin. Dass eine Explosion irgendeinen körperlichen Schaden anrichten könnte, gefiel ihr gar nicht. Nein, wenn man genauer nachfragen würde, würde sie sagen, dass es nicht die explodierenden Gegenstände waren, die ihr Freude bereiteten, sondern vielmehr die Art und Weise, wie diese Gegenstände explodierten.
Imogen mochte die hellen Lichtblitze und die Hitzewellen, diesen besonderen Geruch und vor allem das Geräusch – für das ungeübte Ohr ein Bumm, Krach oder Zisch, dabei war es eher eine magische Kombination von Geräuschen, die zusammen ein ganz anderes Wort ergaben. Ein Ratatong, ein Krisseln, ein Hui-Plopp.
Man hätte Mühe, in ganz England einen anderen Menschen zu finden, der so viel Zeit darauf verwendete, über die Geräusche einer Explosion nachzudenken, wie Imogen es tat. Ihr erstes Wort war Bang gewesen, auch wenn niemand darauf geachtet hatte.
Doch da sie eine Dame war und noch dazu dem Adel angehörte, achteten nur wenige Menschen auf Imogens sonderbare Leidenschaft – oder auf eine der vielen anderen speziellen Leidenschaften, die sie in den vierundzwanzig Jahren ihres Lebens entwickelt hatte. In Wahrheit ignorierten die meisten Leute diese Leidenschaften vollkommen, denn die Beschreibung sonderbar für die einzige Schwester des Earl of Dorring genügte vollkommen, um eine Dame uninteressant werden zu lassen.
Nicht, dass Imogen sonderbar für eine Beleidigung halten würde. Sie wurde seit ihrer Geburt so genannt, seit ihr Vater sie in ihrer Schürze zur Royal Society of Chemistry mitgenommen hatte, wo sie losgezogen war und ein Pülverchen hiervon und eine Tinktur davon zusammengeschüttet hatte, um ein ziemlich lautes Ratatong hervorzurufen. Ihr Vater hatte sie über den grünen Klee gelobt, bevor er unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, dass Kindern – insbesondere jungen Damen – der Zutritt zu diesem Gebäude nicht gestattet war.
Sonderbar, hatten die Gentlemen geraunt, als sie an ihnen vorbeitappte und ihrem Vater auf die Straße folgte.
Merkwürdiges Mädchen.
Neunmalklug.
Wenn Dorring nicht aufpasst, wird sie noch schlimmer als klug werden.
Sie wird noch zu viel werden.
Und genauso war es gekommen. Lady Imogen Loveless war zu viel für die feine Gesellschaft und zu viel für ihren Bruder, der nach dem Tod ihres geliebten Vaters ihr Vormund wurde, als sie sechzehn Jahre alt war. Und sie wäre viel zu viel für jeden Verehrer, der sich über die Schwelle ihres Hauses in Mayfair verirrt hätte – was bis zu diesem Morgen im Januar, knapp einen Monat nach ihrem vierundzwanzigsten Geburtstag, noch niemand getan hatte.
Doch das passte Imogen ganz ausgezeichnet, denn sie war wesentlich lieber zu viel als die Alternative. Während die große weite Welt fand, dass zu viel nicht zu ihren Bällen, Dinnerabenden und Teegesellschaften passte, saß Imogen zufrieden über ihren Tinkturen und Elixieren in ihrem Labor im Keller von Dorring House. Oder sie traf sich mit ihren Freundinnen, die begriffen, wie unterhaltsam und einfallsreich sie mit ihren Experimenten sein konnte.
Bei Teegesellschaften sprach niemand über die Geräusche von Explosionen.
Und so kam es, dass an diesem Januarmorgen, kurz nach der Dämmerung, als die Luft noch frisch und kalt von der Nacht war, Imogen Loveless am Ort einer Explosion zugegen war. Dort, wo eine Explosion stattgefunden hatte, denn mit diesem fraglichen Vorfall hatte Imogen nichts zu tun. Sie wusste nicht, welches Geräusch es im Schlüsselmoment gegeben hatte – sie konnte nur raten, dass es eine Art Grollen gewesen war, aber sie war sich sicher, dass es ein gewaltiges Rumms gegeben haben musste, als das Gebäude zusammengestürzt war.
Es gab keinen besonderen Explosionsgeruch. Jeder spezifische Geruch war durch den beißenden Rauch des nachfolgenden Feuers und die Staubwolke erstickt worden. Von dem Haus war kaum mehr als ein Schutthaufen übriggeblieben.
Zwölf Stunden zuvor hatte dieses Gebäude in East London noch O’Dwyer and Leafe’s beherbergt. Die kleine Schneiderei war zwischen einem Pub und einer Konditorei eingepfercht gewesen, in einer geschäftigen Straße in Spitalfields, die nur deswegen florierte, weil die überraschende Beliebtheit dieses speziellen Ladens und das Können ihrer Eigentümerinnen einen ständigen Strom Frauen anzog. Der Verlust dieses Ladens war ein herber Schlag für alle Geschäfte, die sich um ihn herum angesiedelt hatten. Doch das Gebäude war nicht mehr zu retten. Ein Umzug war die einzige Möglichkeit.
Das war in der Tat traurig, aber außer den nächsten Nachbarn sollte es eigentlich niemanden weiter interessieren.
Ganz gewiss sollte es nicht die Aufmerksamkeit einer adligen Dame auf sich ziehen.
Schon gar nicht die Aufmerksamkeit von vier von ihnen.
Doch dies war nicht irgendein Gebäude gewesen, und diese vier waren nicht irgendwelche Damen.
Und so standen an diesen grauen Londoner Morgen, der durch drohenden Eisregen und die Stille des zerstörten Gebäudes noch düsterer wirkte, vier Frauen zwischen den Trümmern in der Lücke zwischen The Hollow Drum und Mrs. Twizzleton’s Savory Pie Shop und wirkten zugleich fehl am Platze und absolut Herrinnen der Lage.
In Ballsälen und Wirtshäusern in ganz London wurde über die Hell’s Belles getuschelt. Waren es vier? Vierzig? Manchmal schien es, als wären es viertausend. Diese Frauen hatten sich einen Namen damit gemacht, dass sie die schlimmsten Vertreter der korrupten Elite zu Fall brachten. Denn viel zu oft weigerten sich die Mächtigen, gegen Ihresgleichen vorzugehen.
Der Name Hell’s Belles war ihnen zu ihrem Entzücken von der Londoner Gerüchteküche verpasst worden, nach dem Zitat einer ungenannten Quelle bei Scotland Yard. Die wenigsten kannten auch nur ein einziges Mitglied dieser Bande namentlich, ganz zu schweigen die vier, die sie gegründet hatten. Schließlich ging es hier nur um Frauen, deshalb achteten die meisten Leute nicht weiter darauf. Und die Hell’s Belles nutzten gerne den Vorteil, den ihnen diese mangelnde Aufmerksamkeit verschaffte, und versteckten sich vor aller Augen.
Es war demnach vollkommen normal, diese vier Damen zusammen in den Ballsälen von Mayfair, den Speisezimmern von Kensington oder den Geschäften in der Bond Street zu sehen – überall dort, wo Macht, Geld und Mode für eine gewisse Unsichtbarkeit sorgten. Genauso wenig Aufmerksamkeit erregten sie in Covent Garden, wo ein guter Mantel und ein noch besserer Kutscher eine Frau mit Leichtigkeit verbergen konnten. Doch gekleidet in heller Seide und buntem Satin, mit frisch geplätteten Mänteln über den grauen Ruß des East Ends zu stapfen?
Das war etwas ganz anderes. Damen gingen nie ins East End.
Andererseits kam es nicht jeden Tag vor, dass ein Geschäft in die Luft flog, das von einer reichen Duchess finanziert wurde – genauer gesagt von zwei reichen Duchesses und den Töchtern von zwei nicht minder reichen Earls.
Lady Imogen war also an diesem Morgen vor Ort, um die Sache genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Liebhaberin aller explosiven Stoffe, die es aus eigener Kraft zur sachkundigen Sprengstoffexpertin gebracht hatte, untersuchte alles gründlich. Den Geruch. Die Rußspuren. Das Sprengmuster.
Sie kroch in den Trümmern herum, betrachtete die Verteilung des schwarzen Rußes über das, was einmal der Raum hinter der Auslage mit den Bändern gewesen war, die von der Wucht der Detonation zerschmettert worden war.
Imogen schaute an der teilweise eingestürzten Ziegelmauer hinter ihr hoch. Der Spiegel, der einst den vorderen Bereich des Ladens vom Hinterzimmer abgetrennt hatte, war herausgeflogen und von der Hitze zerstört worden. Der Holzfußboden vom Stockwerk darüber war verbrannt, vom Treppenhaus war nur noch das Gerippe stehengeblieben. Zwischen den verkohlten Balken des ersten und zweiten Stocks war der Himmel zu sehen.
Sie atmete tief ein. Die Luft roch nach Rauch, Schwefel und kaltem Regen. „Sie haben auf jeden Fall ganze Arbeit geleistet, was?“
Die Worte hingen einen Moment in der Stille, bevor sie sich zu den beiden Frauen umdrehte, die sie entgeistert ansahen.
Imogen runzelte die Stirn. „Was?“
„Darf ich vorschlagen, dass du versuchst, einen Hauch weniger beeindruckt zu klingen?“, empfahl die Duchess of Trevescan. „Immerhin wurde das gesamte Gebäude zerstört.“
Imogen zuckte mit den Schultern. „Wer immer das getan hat, wusste genau, wo er den Sprengstoff anbringen musste …“
„Und wann er ihn anbringen musste.“ Sesily Calhoun stand in der jetzt verschwundenen Türöffnung und schaute auf die Straße hinter ihr, wo bereits eine Handvoll Frühaufsteher unterwegs waren. „Spät genug, damit jeder, der etwas gesehen hat …“
„… nichts gesehen hat.“ Adelaide Carrington, frischgebackene Duchess of Clayborn, tauchte von der Rückseite des Gebäudes auf. „Die älteste Regel in South Bank. Wenn du...
Erscheint lt. Verlag | 12.10.2024 |
---|---|
Reihe/Serie | Historical Gold |
Übersetzer | Maria Beck |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | bücher für frauen • Cora • cora bücher • cora historical • cora liebesromane • cora neuerscheinungen • cora romane • Cora Verlag • cora verlag kindle • eBook • ebook liebesroman • Frauenroman • highlander liebesromane • Historical Gold • Historische Liebesromane • historisch roman • Liebesgeschichte • Liebesroman • Romantische Bücher |
ISBN-10 | 3-7515-2701-X / 375152701X |
ISBN-13 | 978-3-7515-2701-9 / 9783751527019 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 1,4 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich