Die Rattenfrau (eBook)

Tales of Transformation I

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 3. Auflage
290 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-6756-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Rattenfrau -  Judith Sixel
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'Die Rattenfrau' ist Band 1 der fünfbändigen Reihe 'Transformation'. Der Reiz dieser Reihe besteht darin, dass moderner Krimi und ein Motiv aus Mythos und Märchen zusammentreffen: die Metamorphose vom Menschen zum Tier. Das Tier hält den Menschen den Spiegel vor und entlarvt ihr Denken, Fühlen und Handeln gerade dort, wo sich Abgründe zeigen. Ein spannender Kriminalfall aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel. Und eine Einladung, die Welt mit anderen Augen zu sehen. 'Verwirrt strich sie über ihren Körper. Er fühlte sich merkwürdig fremd an, und vor ihrem entsetzten Blick schrumpfte ihr der Daumen weg, verkümmerte einfach zum Stumpf. Die ganze Hand war voller Schwielen, und aus den verkrümmten Fingern wuchsen Krallen ...' Mehr Bücher und ein persönlicher Blog der Autorin unter: judith-sixel.com.

Judith Sixel ist ausgebildete Krankenschwester und Doktorin der Philosophie. Sie hat als Haus- und Familienfrau, Deutschlehrerin, Briefseelsorgerin und freie Lektorin gearbeitet, hat Schreibwerkstätten geleitet und als Schreibcoach und Ghostwriterin anderen zum Buch verholfen. Heute genießt sie die Freiheit, ihre eigenen Buchideen zu verwirklichen.

Judith Sixel ist ausgebildete Krankenschwester und Doktorin der Philosophie. Sie hat als Haus- und Familienfrau, Deutschlehrerin, Briefseelsorgerin und freie Lektorin gearbeitet, hat Schreibwerkstätten geleitet und als Schreibcoach und Ghostwriterin anderen zum Buch verholfen. Heute genießt sie die Freiheit, ihre eigenen Buchideen zu verwirklichen.

Wie Mimi sich auf ein heißes Wochenende freute und ihren Mitarbeiter ins kalte Wasser stieß


 

Ein Schwarm Kraniche zog über das Polizeipräsidium. Durch das gekippte Fenster im dritten Stock klang ihr Knattern wie Spott.

Kriminaloberkommissarin Mimi Rotermund folgte mit den Augen der wegdriftenden Pfeilspitze am grauen Herbsthimmel und kämpfte gegen die Mittagsmüdigkeit. Noch drei Stunden bis Feierabend. Es sei denn, Frank meldete sich vorher.

Der Freitag war zum Fixstern ihrer Zweisamkeit geworden. Freitags fuhr seine Frau mit den Kindern zu ihrer Tante nach Mainz, das hieß, sie hatten den ganzen Abend für sich, in seltenen Fällen sogar die Nacht.

Heute wollten sie die Therme besuchen und anschließend bei Mimi zu Hause kochen. Das Lamm im Kräutermantel stand schon im Kühlschrank, die Saunatasche war gepackt. Fehlte nur noch sein Anruf.

Eine Stunde später klebte die Müdigkeit wie Teer an ihr. Immer noch kein Anruf von Frank. Vermutlich dehnte sich der Besuch der Umstrukturierungskommission in die Länge. Sie hatte die kleine Delegation auf dem Flur stehen sehen. Natürlich hatte sie sich nichts anmerken lassen, als sie mit einem flüchtigen Gruß vorüberging. Sie mussten vorsichtig sein. Für ihn stand seine Familie auf dem Spiel. Für sie ihre neue Autorität als Vorgesetzte.

Eine unangenehme Wahrnehmung schwappte in ihre Überlegungen. Ihr Mitarbeiter packte eine seiner Stullen aus, die sofort dem ganzen Raum ihren Gestank mitteilen mussten. Leberwurst auf dänischem Würzkäse, jedes für sich genommen schon eine olfaktorische Herausforderung in einem Zweierbüro, doch in der Kombination ergab sich daraus ein ebenso unverwechselbarer wie unerträglicher Gestank von … Scheiße. Man konnte es nicht anders nennen. Das ganze Büro stank nach Klo.

Sonst waren Mimis Sinne nicht so zimperlich. Der Anblick zerstückelter Leichen vermochte ihr nicht den Appetit zu verderben, und ihre Ohren konnten die unflätigsten Beleidigungen einfach an sich vorbeigleiten lassen. Aber die Nase war ihre Schwachstelle. Geruchssensationen wirkten sich bei ihr auf den ganzen Körper aus, führten zu Anspannung, Übelkeit und einem kaum zu übergehenden Fluchttrieb. Einfach still sitzen bleiben und sich auf die Schreibtischarbeit konzentrieren, während es um sie herum stank, das grenzte für sie an Folter. Aber sie wollte auch nicht mit Mundschutz hinter den Akten sitzen.

Natürlich hatte sie bereits Anläufe genommen, Punkti dezent klarzumachen, dass man seine Pausenbrote auch anderswo verzehren konnte. Aber der ambitionierte Nachwuchskommissar wollte keine Zeit verlieren. Jede Minute zum Arbeiten nutzen! Die Sparmaßnahmen zwangen jeden Einzelnen zu verdoppelten Anstrengungen! Polizist wurde man nicht aus Liebe zur Pause! Der Mann konnte reden wie ein Arbeitgeberpräsident. Gegen so viel Diensteifer war man als Vorgesetzte machtlos.

Zum Teufel auch! Sie würde sich jetzt einen starken Kaffee gönnen und damit eine andere Geruchsnote in den Raum bringen. Und dann würde sie zügig den Aktenberg auf ihrem Schreibtisch abbauen, damit der sie in der neuen Woche nicht gleich erschlug.

 

Als Mimi mit ihrem Kaffee zurückkam, warf ihr Mitarbeiter ihr zwischen Zuhören und Notizenmachen einen ratlosen Blick zu. Einen typischen Punkti-Blick. Souveränes Auftreten und Gesprächskompetenz am Telefon gehörten nicht zu seinen Stärken.

Mit richtigem Namen hieß er Dominik Bickelmann und kam frisch von der Polizeihochschule. Seinen Spitznamen verdankte er den Bildern, die er in seiner Freizeit anfertigte. Sie bestanden aus Tausenden winziger Punkte, Punkt für geduldigen Punkt zu einer Landschaft, einem Porträt, einem Stillleben getüpfelt.

Ihr Blick fiel im Vorübergehen auf das „Strandleben“ an der Wand zu seiner Linken: Grauschwarz gepünktelte Menschen amüsierten sich unter lichtgrau gepünktelten Palmen, an deren Wurzeln nachtschwarz gepünktelte Ratten nagten. Eine unglaubliche Liebe zum Detail sprach aus diesen Pünkteleien, vielleicht auch künstlerisches Talent. Mimi verstand nicht genug von Kunst, um sich ein Urteil zuzutrauen.

Im Dienst verlangte ihr dieser akribisch pünktelnde Mann jedenfalls eine Eigenschaft ab, die von Natur aus nicht zu ihren ausgeprägten Begabungen gehörte: Geduld!

Sie versuchte, sich wieder in ihren Bericht zu vertiefen. Der Automatenkaffee schmeckte wie aufgewärmt. Neidvoll dachte sie an ihren Bruder Bruno. Der Banker brüstete sich gern damit, dass es in seinem Büro den weltbesten Kaffee gab. „Zum Kaffeetrinken geh ich am liebsten in meine Bank, haha!“

Kunststück, wenn die Bank Geschäftsbeziehungen zum ersten Kaffeelieferanten der Welt unterhielt. Als Leiterin des Fachkommissariats für Todesermittlungen konnte sie nicht auf derartige Privilegien hoffen. Die Toten hatten nichts mehr zu verschenken.

 

„Äh, Mimi … dieser Anruf gerade …“ Punkti stand vor ihr und druckste wie ein Anfänger. „Ich hab’ gesagt, ich muss das erst mit dir besprechen …“

„Und?“ Sie blickte unwillig auf.

„Es geht um Christine Neuser, die vermisste Frau vom Brüser Berg …“

„Für Vermisste ist Glück zuständig.“

„Ich weiß, ich weiß. Aber die kommen nicht weiter. Thorsten meint, wir sollten das übernehmen.“

„So. Meint er. Wir leiden hier ja auch unter akutem Arbeitsmangel!“

Typisch Thorsten Glück! Vermutlich wollte der Fuchs nur wieder Unbequemes abdrücken, damit seine Statistik sauber blieb. Der Leiter der Vermisstenstelle rühmte sich gern seiner mustergültigen Aufklärungsquote, die sich leuchtend von der ihren abhob. Dahinter steckte ein ebenso einfacher wie wirkungsvoller Trick: Sobald ein Fall nach Schwierigkeiten roch, reichte Glück ihn an andere weiter.

„Frau Neuser wurde bereits vor fast einem Monat als vermisst gemeldet.“ Punkti las von seinen Notizen ab. „Zuletzt gesehen am ersten Sonntag im September. Da war sie bei ihrer Freundin, einer Gräfin Heisel zu Ambach oder so ähnlich. Am Montag drauf erschien sie nicht zum Dienst. Sie arbeitet beim Jugendamt Köln, war aber in letzter Zeit schon öfter mal krank.“

„Aha. Und warum ist Kollege Glück der Meinung, der Fall könnte uns betreffen?“

„Weil da jetzt eine Handtasche …“

Ein Donnerkrachen fiel ihm ins Wort. Ihr Handy! Sie hatte ein Gewitter als Klingelton eingestellt, um bloß keinen Anruf zu überhören. Auf dem Display leuchtete Franks Name. Ein Kribbeln erfasste ihren Leib.

„Okay, Punkti.“ Sie lächelte ihn milde an. „Wir nehmen den Fall am Montag in die Frühbesprechung. Bitte auch Thorsten Glück dazu, ja?“

Der Künstler bewegte sich nicht von der Stelle. Das Handy krachte und polterte.

„Noch was?“

„Na ja, ich … hab‘ schon so gut wie zugesagt …“

„Was zugesagt?“

„Dass du … also, dass du Thorsten zurückrufst.“

„Hm. Und wann?“

„Ja, also gleich. Also eigentlich sofort.“

Das Gewitter verstummte. Mimi seufzte tief auf.

„Hör zu, Punkti. Solange es keine konkreten Hinweise gibt, dass die Frau tot ist, fällt sie nicht in unser Res-sort. Weißt du, wie viele Menschen jedes Jahr vermisst werden?“

„Aber die Neuser ist schon seit …“

„Rund 2000! Allein hier in Bonn! Davon lösen sich circa achtzig Prozent innerhalb eines Monats in Wohlgefallen auf. Nur ein Prozent wird Opfer eines Kapitalverbrechens und damit ein Fall für uns.“

„Aber bei Frau Neuser ist der Monat schon so gut wie vorbei und …“

„Der Monat ist natürlich nur ein Mittelwert. Auf ein paar Tage mehr oder weniger kommt es nun wirklich nicht an.“ Und als er immer noch keine Anstalten machte, sich wegzubewegen: „Vielleicht hatte die Dame eine Sinnkrise und pilgert gerade über den Jakobsweg. Spätestens wenn es kalt wird, sitzt sie wieder im Jugendamt und wundert sich über den Rummel, den ihr Verschwinden ausgelöst hat. Übrigens, Punkti …“ Ihr Lächeln wurde sahnig. „Wie wäre es mal mit etwas Abwechslung im Brotbelag?“

Er errötete. „Das kann ich meiner Mutter nicht antun. Sie glaubt fest daran, dass Leberwurst groß und stark macht.“

„Und du bist immer noch nicht groß und stark genug, dir deine Pausenbrote selbst zu machen?“

Wieder ein Donnerschlag. Diesmal nahm sie den Anruf entgegen.

„Komme sofort!“ Und zu Punkti, der vor ihr stehen blieb, als wären seine Sohlen am Boden festgeklebt: „Ich muss los. Wie gesagt, alles Weitere am Montag in der Frühbesprechung.“

„Und was ist mit der Handtasche?“

„Welche Handtasche?“

„Sie haben doch jetzt Neusers Handtasche gefunden. Mit Papieren, Geld, ihrem Handy und allem, was dazugehört.“

„Was? Und das sagst du mir erst jetzt?“

„Sie wurde ja erst jetzt gefunden.“

Mimi seufzte wieder. „Und wo wurde sie gefunden?“

„Auf der Burg. In der Garage dieser Gräfin.“

Mimi legte das Handy weg. Eine Handtasche veränderte alles. Auf einen Koffer konnte man verzichten, aber wenn eine Frau seit einem Monat ohne ihre Handtasche mit so lebensnotwendigen Dingen wie Geld, Papieren und Handy auskam, sprach einiges dafür, dass sie nicht mehr am Leben war. Und wenn sich diese Dinge dann noch in der Garage ihrer vermeintlichen Freundin wiederfanden, dann würde es höchste Zeit, sich der Dame anzunehmen, Gräfin hin oder her.

Wie ein Feldherr nach gewonnener Schlacht kehrte Punkti zu seinem Arbeitsplatz zurück. Mimi griff wieder nach ihrem Handy und wählte den Rückruf.

Frank nahm den Anruf sofort an.

„Tut mir leid, ich bin noch nicht frei. Da kam gerade noch was Dringendes rein. Ich muss...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Fantasy • Krimi • Liebe • Selbstverwirklichung • spannend • Unterhaltung • Verwandlung • Wunder
ISBN-10 3-7598-6756-1 / 3759867561
ISBN-13 978-3-7598-6756-8 / 9783759867568
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