Professor Zamorra 1312 (eBook)

Kinder des Zwielichts
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2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6863-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Professor Zamorra 1312 - Michael Mühlehner
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Der Gefangene hob halb den Kopf. An dem markanten Kinn zeichnete sich ein dunkler Fleck ab. Barnetts Männer gingen mit den Kreaturen der Finsternis nicht zimperlich um.
'Was - was wollen Sie von uns? Was haben wir Ihnen getan? Wir haben nur einen Platz gesucht, wo wir in Frieden leben können!'
'Euer Platz ist in der Hölle reserviert, Dämonengezücht', knurrte Barnett und stieß Lastrate den Pistolengriff seines Gewehrs in den Bauch. Der Gefangene klappte aufstöhnend zusammen und fiel auf die Knie. Im selben Moment erklang ein hoher, pfeifender Ton ...

Kinder des Zwielichts

von Michael Mühlehner

Zamorra stoppte den Range Rover keine zehn Meter vor dem im Böschungsgraben steckenden Bulli.

Daneben lag ein Mensch – nein, eine Lehmstatue. Und weiter hinten entdeckten sie den toten Piloten. Eine riesige Blutlache hatte sich um ihn ausgebreitet.

»Die ausgebrochenen Gefangenen machen Jagd auf unsere Verfolger«, fasste der Dämonenjäger zusammen.

»Vielleicht sollten wir einfach verschwinden«, schlug Eva Wagner vor. »Was immer in dieser Anlage passiert ist, findet hier seinen Fortgang, und ich bin nicht scharf darauf, ebenfalls ein Opfer zu werden.«

Frankfurt am Main, Deutschland

»Achtung, Jagdgruppe Felix! Micha hat sich in das Steuerprogramm für das Sicherheitssystem gehackt! Die Überwachungskameras von der Tiefgarage bis in den vierten Stock sind offline. Ihr habt freie Hand für fünfzehn Minuten. Passt mir auf Ochse auf! Leader – over and out«

»Verstanden, Heiner!«

In Dieter Marz In-Ear-Stöpsel knackte es laut und vernehmlich.

»Verdammt – ich sagte Over and Out!«

Da fiel dem 41jährigen Marz wieder ein, was das bedeutete. Over and Out bildete den Schlusssatz jeder Funkkommunikation. Dieter Marz verzog das Gesicht, als er sich vorstellte, wie die Wut in Heiner Watzke hochkochte.

»Und keine Namen!«

Mist, auch das noch! Vielleicht sollte er sich die Grundsätze der Funkdisziplin mal genauer durchlesen, andererseits, was soll's.

Sie hatten anderes zu tun, als irgendwelche dummen Verhaltensregeln zu studieren.

Marz nickte seinen beiden Kumpels zu. Sie standen vor den drei Aufzugstüren in der Eingangshalle eines sechsstöckigen Apartmentgebäudes. Er, Rudi Tengler und Bruno ´Ochse'Gerber. Um sich einen seriösen Anschein zu geben, der Portier in der Pförtnerloge hatte ihnen einen seltsamen Blick zugeworfen, trugen sie unauffällige Kleidung, wie Dieter Marz fand.

Er selbst hatte sich einen falschen Oberlippenbart angeklebt, seine hellen Augen verbargen sich hinter einer dunklen Fliegerbrille. Passend dazu trug er seine alte braune Lederjacke, die ihm ein verwegenes Aussehen verlieh. Die abgewetzte Jeans und die Cowboy-Stiefel rundeten das Bild ab. Seriöser ging es nun wirklich nicht. Da konnten seine beiden Kumpels nicht mithalten.

Tengler, ein Bodybuilder Mitte vierzig, sprengte das Muskel-Shirt und die darüber gezogene Windjacke fast. Zu viel eingenommene Anabolika hatten für einen kompletten Haarausfall gesorgt. Die säulenartigen Beine steckten in einer schwarzen Adidas-Trainingshose, die abgetretenen Turnschuhe hatten Übergröße.

Schweiß glitzerte auf den aufgeworfenen Lippen. Rudi Tengler gehörte zum impulsiven Menschenschlag, der sehr schnell ausrasten konnte.

»Es geht los«, sagte Dieter Marz und drückte den Rufknopf für den vierten Stock.

Als die Türen des Fahrstuhls aufglitten, ließ er die beiden zuerst eintreten.

Ochse grinste ihn dabei infantil an. Der vierschrötige Mann mit den Blumenkohlohren hatte ein glattes, beinahe ausdrucksloses schiefes Gesicht mit babyblauen, kleinen Augen. Die Nase war mehrmals gebrochen und saß schräg. Auf dem fettigen, spärlichen Blondhaar klebte eine karierte Schiebermütze. Er war ein ungeschlachter Riese, tumb, begriffsstutzig und debil. Angeblich hatte ihn sein Vater als Kleinkind einmal so sehr geschüttelt, dass er einen Gehirnschaden davontrug. Dass sich Baby Bruno merkwürdig verhielt, war erst am nächsten Tag aufgefallen. Aber da war das Gehirn schon irreparabel geschädigt.

Warum Heiner Watzke darauf bestand, dass Ochse Gerber in der Jagdgruppe blieb, war Dieter Marz nicht ganz klar. Er sah in Ochse nur einen Hemmschuh, dem man nicht nur alles zweimal erklären musste, der auch noch dazu unberechenbar reagierte. Seine Aggressionsgrenze war äußert niedrig angesiedelt.

Von einem Moment zum anderen konnte Bruno Gerber zum rasenden Berserker werden. Wer dann nicht rechtzeitig außer Reichweite seiner kokosnussgroßen Fäuste kam, wachte erst wieder im Krankenhaus auf.

Die Psychotherapeutin hatte zur Kanalisation seiner Wuttriebe Ochse Sport verschrieben. Im Boxclub hatte Gerber eher die Funktion eines Sandsackes. Bei Wettkämpfen wurde er regelmäßig disqualifiziert, weil er unsauber kämpfte. Ochse war es einerlei. Ihm gefiel es, wenn er auf Köpfe eindreschen konnte. Genauso wie ihm seine Arbeit im Schlachthaus gefiel.

Vielleicht war das der Grund, warum Heiner an Ochse festhielt. Er versorgte sie mit Fleisch, und für ihre Unternehmungen war Schlachtabfall auch sehr wichtig.

Mit einem Ping öffnete sich die Tür zum vierten Stock. Marz trat als erster in den Flur, blickte nach links und rechts und winkte den beiden zu, ihm zu folgen.

Sie waren alleine, der alte Kunststoffläufer dämpfte ihre Schritte. Die Wände waren mit hellgelber Farbe gestrichen, die eckigen Deckenlampen sorgten für diffuse Helligkeit. Marz ignorierte die Überwachungskameras, wie auch die dunkelbraunen Türen zu den Appartements. Er folgte dem Flur zur nächsten Biegung und hielt vor einer bestimmten Tür.

Er kam sich wirklich wie ein Profi vor. Lässig, überlegen und ständig Herr der Lage.

»Ihr wisst, was zu tun ist«, wandte er sich an seine beiden Kumpel. »Wir machen Fotos von allen Zimmern. Du, Ochse, wartest hier draußen. Rudi und ich sehen uns um, checken alles ab und verschwinden dann wieder.«

Es ging nichts über klare Anweisungen. Marz, der hauptberuflich Bürgergeldempfänger war, hatte das in unzähligen Krimi-Serien gesehen.

»Ochse nicht warten«, protestierte Bruno Gerber. »Ochse wollen auch Wohnung von Frau sehen.«

»Das geht nicht, Ochse. Wenn man eine fremde Wohnung filzt, dann muss man sich katzenhaft und geschmeidig bewegen, ohne Spuren zu hinterlassen. Professionell, verstehst du?«

Statt zu antworten, hob Gerber die geballte rechte Faust und zeigte sie Marz.

»Also gut, Bruno, gehen wir es an!« entschied Marz, um keine weitere Zeit mit Diskussionen zu verlieren.

Er griff in die Seitentasche seiner Lederjacke und holte eine Plastikkarte hervor. Anschließend steckte er sie in den Schlitz des Magnetschlosses. Ein Klicken und ein grünes Licht zeigten an, dass die Eingangstür zum Apartment aufgesperrt war.

Immer wieder wunderte sich Dieter Marz über Heiner Watzkes Equipment. Woher bezog er die Teile bloß?

Bevor sie eintraten, zückte Marz sein Foto-Handy. Rudy Tengler tat es ihm gleich.

Entschlossen drückte Dieter Marz die Tür auf.

Nervös trommelte Heiner Watzke auf das glatt polierte Lenkrad seines zehn Jahre alten VW-Bulli Multivan. Er hatte das Seitenfenster runtergekurbelt und starrte das Apartmentgebäude in dreißig Metern Entfernung durchdringend an.

Watzke hätte jetzt gerne über Supermans Röntgenblick verfügt, aber leider war er keine Comic-Figur. Der Blick seiner wässrigen Augen ging wieder zur Uhr im Armaturenbrett. Die Minuten verrannen quälend langsam. Am liebsten hätte er zum Funkgerät gegriffen und nachgefragt, wie es seinem Team erging. Aber das wäre total amateurhaft gewesen. Er musste seinen Leuten vertrauen, so wenig ihm das auch gefiel. Schließlich waren sie alle Profis. Jeder, der der Jagdgruppe Felix angehörte, durfte sich als Spezialist bezeichnen. Erprobte Feldkämpfer, von ihm ausgebildet und unterwiesen.

Naja, direkt erprobt waren sie jetzt nicht. Ein Einsatz auf einem Friedhof, der beinahe in einem Fiasko endete. Aber was musste auch der dämliche Friedhofswärter genau dann auftauchen, als sie einen Nachzehrer ausbuddelten und zur Hölle schickten? Und wenn sich Dieter nicht mit der Benzinmischung vertan hätte, wäre es auch nicht zu der Explosion gekommen, die den halben Friedhof abfackelte. Zumindest gab es keine Nachzehrer mehr auf dem Totenacker. Und das durften sie sich ruhig als Erfolg auf die Fahne schreiben.

Die Jagdgruppe Felix hatte es den anderen Teams von NOMAC gezeigt, wie man mit dem Höllengezücht umging. Keine Gnade! Kollateralschäden waren vernachlässigbar.

Die Beifahrertür öffnete sich, und eine schlanke Gestalt schob sich in den Wagen. Dabei wischte sie mit einer Hand die Baupläne einer Apartmentwohnung zur Seite.

»Sie müssten jetzt jeden Moment kommen«, sagte Micha Arden etwas atemlos. Eisen und Silberschmuck bedeckten das halbe Gesicht, das blau gefärbte, kurz geschnittene Haar reichte nur bis zum Nacken. Ihre dunklen Augen bildeten einen starken Kontrast zu ihrem blasen Teint. Aus dem Kragen ihrer hochgeschlossenen Jacke sah man die farbigen Spitzen einer Flammentätowierung auf der Haut. Bei Micha wusste man nicht, welchem Geschlecht sie angehörte. Sie legte Wert darauf, als divers zu gelten. Micha war die einzige, die einigermaßen normal mit Bruno Gerber umgehen konnte. »Die Zeit ist in zwei Minuten um, dann funktionieren die Kameras wieder, und man wird wunderbare Aufnahmen von ihnen machen.«

»Die auch nur überprüft werden, sollte etwas Unvorhergesehenes vorfallen«, entkräftete Watzke die Befürchtungen der Dreißigjährigen. Er warf seiner Begleiterin einen undefinierbaren Blick zu. Die...

Erscheint lt. Verlag 7.9.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • Deutsch • eBook • eBooks • Extrem • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • Lovecraft • Männer • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • Paranomal • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Top • Walking Dead
ISBN-10 3-7517-6863-7 / 3751768637
ISBN-13 978-3-7517-6863-4 / 9783751768634
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