Der Weltensammler - Ilija Trojanow

Der Weltensammler

Roman

(Autor)

Buch | Hardcover
480 Seiten
2006 | 28. Auflage
Hanser, Carl (Verlag)
978-3-446-20652-6 (ISBN)
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Ein spannender Roman über den englischen Abenteurer Richard Burton (1821-1890). Anstatt in den Kolonien die englischen Lebensgewohnheiten fortzuführen, lernt er wie besessen die Sprachen des Landes, vertieft sich in fremde Religionen und reist zum Schrecken der Behörden anonym in den Kolonien herum. Trojanows farbiger Abenteuerroman über diesen Exzentriker zeigt, warum der Westen bis heute nichts von den Geheimnissen der anderen Welt begriffen hat.
Ein spannender Roman über den englischen Abenteurer Richard Burton (1821-1890). Anstatt in den Kolonien die englischen Lebensgewohnheiten fortzuführen, lernt er wie besessen die Sprachen des Landes, vertieft sich in fremde Religionen und reist zum Schrecken der Behörden anonym in den Kolonien herum. Trojanows farbiger Abenteuerroman über diesen Exzentriker zeigt, warum der Westen bis heute nichts von den Geheimnissen der anderen Welt begriffen hat.

Ilija Trojanow, geb. 1965 in Bulgarien, aufgewachsen in Kenia, studierte und arbeitete viele Jahre in Deutschland. Seit 1998 lebt er in Bombay. Trojanow ist Autor, Herausgeber und Verleger. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit afrikanischer Geschichte, Kultur und Literatur. Der Autor erhielt zahlreiche Preise: 1995 den Bertelsmann-Literaturpreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt, ein Aufenthaltsstipendium im Künstlerhaus Schloß Wiepersdorf sowie ein Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds e.V., 1996 den Marburger Literaturpreis, 1997 den Viktor-von-Scheffel-Preis und Thomas-Valentin-Preis der Stadt Lippstadt und 2000 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. 2009 wurde ihm der Preis der Literaturhäuser verliehen und 2010 wurde er als 'poetischer Chronist der großen Exil- und Migrationsphänomene der Moderne' mit dem Würth-Preis geehrt.

"6. Beseitigen von Hindernissen
Mit weniger als zwölf Dienern kann ich den Haushalt nicht organisieren, hatte Naukaram beteuert. Burton hatte ihm daraufhin erlaubt, zwölf Diener auszusuchen und vorzuführen. Wer weiß schon, wie und wo er sie aufgetrieben hat. Es interessierte ihn nicht. Er hatte beschlossen, Naukaram bis auf weiteres gewähren zu lassen. Er akzeptierte sie, die zwölf unbekannten, dunklen Gestalten, die ins Zimmer glitten, wortlos ihre Arbeit verrichteten und ansonsten in kaum sichtbarer Unterwürfigkeit verharrten, die Handflächen übereinandergelegt, der Blick auf Burton fixiert. Manchmal vergaß er sie und erschrak, wenn sie ein Geräusch verursachten. Er teilte die Tage im Bungalow mit ihnen; die hellen Tage, die heißer und zäher wurden, saß er am Schreibtisch, hinter Jalousien, die das Draußen abblendeten. So konnte er lesen und schreiben, einigermaßen bequem, einigermaßen erträglich. Was sollte er sonst tun? Er brachte einer beliebig rekrutierten und miserabel motivierten Truppe das Alphabet des Exerzierens bei, in den Stunden nach dem Morgengrauen, und es hätte einiges an Verblendung bedurft, in der Ausbildung dieser imperialen Hosenträger eine bedeutsame Aufgabe zu sehen. Die Sicherheitslage im Umkreis dieses Außenpostens gab zu keiner Sorge Anlaß, die Einheimischen verhielten sich ruhig, die letzten Verluste lagen schon einige Jahre zurück, als bei einer Parade im Palast des Maharaja ein Elefant außer Rand und Band geraten war und einige der Sepoy niedergetrampelt hatte. Ansonsten herrschte eine solche Stille, er meinte den Pulsschlag der Borniertheit zu hören. Er ekelte sich vor dem klebrigen Stumpfsinn eines Lebens, das dem Billard und dem Bridge gewidmet war, er weigerte sich, seine Dienstdauer zu durchwarten, versunken in Polstern, so tief wie muffig, einen starren Blick auf Fingernägel gerichtet, in denen sich Sand und Staub ansammelte. Es gab nur eine Möglichkeit, sein Leben nicht zu verplempern: Sprachen lernen. Sprachen waren Waffen. Mit ihnen würde er sich von den Fesseln der Langeweile befreien, seine Karriere anspornen, anspruchsvolleren Aufgaben entgegensehen. Auf dem Schiff hatte er genug Hindustani aufgelesen, um sich grob zu orientieren, um sich vor den Einheimischen nicht lächerlich zu machen, und das war mehr wie er zu seinem Erstaunen festgestellt hatte , als selbst jene Offiziere vermochten, die vom Hind seit längerem gezeichnet waren. Einer von ihnen redete ausschließlich im Imperativ; ein anderer benutzte stets die weibliche Konjugation alle wußten, er plapperte seine einheimische Geliebte nach. Ein Schotte hatte keinen einzigen seiner Zungenschläge anpassen können, so daß ihn seine Landsleute nur mühsam und die Einheimischen überhaupt nicht verstanden. Versuchte er sich am Hindustani, antworteten sie höflich und bedauernd, sie verstünden leider kein Englisch, der Saheb möge sich einen Augenblick gedulden, sie würden jemanden holen, der übersetzen könne.
Nach den Regimentspflichten setzte sich Burton an seinen Schreibtisch und versenkte sich bis in den späten Abend hinein in die Grammatiken, die er in Bombay erworben hatte. Er wurde selten gestört. Es hatte sich schnell herumgesprochen, daß der Griffin ein Sonderling war. Es fiel ihm nicht leicht, ruhig sitzen zu bleiben. Kein halbes Jahr her, da war er von Greenwich aus aufgebrochen, in der Erwartung, aus dem Krämeralltag in das Reich famoser Heldentaten und zügiger Aufstiege überzusetzen, Ruhm und Ehre anzulaufen. Männer seines Alters kommandierten dreitausend Sikhs, eroberten Ländereien für Ihre Majestät, die größer waren als Irland.
Schweißtropfen rannen über seine Unterarme, seinen Rücken, Fliegen schwirrten um ihn herum, Afghanistan war anderswo und bereits befriedet, und ihm blieb nichts anderes übrig, als Wörter laut auszusprechen, hundertfach wiederholt...."

Zusatzinfo Mit 4 Karten für Vorsatz und Zwischentitel
Sprache deutsch
Maße 152 x 219 mm
Gewicht 685 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Burton, Richard Fr. • Deutschsprachige Literatur • Indien • Preis der Leipziger Buchmesse; Belletristik
ISBN-10 3-446-20652-3 / 3446206523
ISBN-13 978-3-446-20652-6 / 9783446206526
Zustand Neuware
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