Karawane nach Cood (eBook)
256 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-29880-5 (ISBN)
Sascha Raubal wurde 1972 in Ulm an der Donau geboren und zog mit 4 Jahren nach Bayern. Er studierte Informatik an der TU München, arbeitete danach zuerst als Software-Entwickler und ist inzwischen freiberuflich als Spezialist für elektronischen Datenaustausch (kurz EDI) unterwegs. Seine erste Geschichte schrieb er mit etwa acht bis zehn Jahren. Dieses potentielle Meisterwerk der Weltliteratur - irgendwas über eine intelligente außerirdische Fliege - kam leider nie über wenige Seiten hinaus und muss heute als unwiederbringlich verschollen gelten. Seine erste ordentliche Veröffentlichung hatte er 2015 im Machandel-Verlag, den ersten Band einer inzwischen vierteiligen Reihe über den Münchner Privatdetektiv Kurt Odensen. Die Abartigen sind eine insgesamt zwölfteilige Reihe, Band 1 erschien im September 2022, Band 12 wurde am Ostersonntag 2023 fertig geschrieben. Geplant ist, etwa alle drei Monate einen Band zu veröffentlichen.
Sascha Raubal wurde 1972 in Ulm an der Donau geboren und zog mit 4 Jahren nach Bayern. Er studierte Informatik an der TU München, arbeitete danach zuerst als Software-Entwickler und ist inzwischen freiberuflich als Spezialist für elektronischen Datenaustausch (kurz EDI) unterwegs. Seine erste Geschichte schrieb er mit etwa acht bis zehn Jahren. Dieses potentielle Meisterwerk der Weltliteratur – irgendwas über eine intelligente außerirdische Fliege – kam leider nie über wenige Seiten hinaus und muss heute als unwiederbringlich verschollen gelten. Seine erste ordentliche Veröffentlichung hatte er 2015 im Machandel-Verlag, den ersten Band einer inzwischen vierteiligen Reihe über den Münchner Privatdetektiv Kurt Odensen. Die Abartigen sind eine insgesamt zwölfteilige Reihe, Band 1 erschien im September 2022, Band 12 wurde am Ostersonntag 2023 fertig geschrieben. Geplant ist, etwa alle drei Monate einen Band zu veröffentlichen.
1
Zum zweiten Male ertönten die Hörner, unheilverkündend schallten sie von den Gipfeln des Sandsteingebirges bis weit über das Umland hinaus. Der tiefe Klang verriet Mikail, dass es sich um einen Säugling handeln musste. Armer kleiner Wurm. Was das Kind wohl hatte? Schnell zwang er sich, an etwas anderes zu denken. Lia! Er sollte sie heute unbedingt von der Schule abholen. Ja, sie würde sich freuen.
Mikail schnappte sich den nächsten Sack Korn und warf ihn auf den oberen Boden. Vater würde toben, wenn er das sah, doch der übertrieb es einfach mit der Ängstlichkeit. Vorsichtshalber wandte er sich um und warf einen Blick aus dem Scheunentor. Niemand in Sicht. Gut. Die restlichen vier Säcke folgten, dann kletterte er selbst hinauf und stapelte alles ordentlich.
Gerade wollte er wieder hinabsteigen, da trat Toivo ein. Seine von Natur aus dunkle und von der Sonne noch mehr gebräunte Haut war wie fast immer bedeckt von Schweiß und Staub.
»Schon fertig?« Vater zog misstrauisch die Brauen hoch.
»Hab mich beeilt«, antwortete Mikail und ging zur Leiter. »Ich will nachher Lia abholen.«
Toivo schnaubte verärgert. »Als wenn das so eilig wäre. Du hast es mal wieder im Schnellverfahren erledigt.« Er packte seinen Sohn an den Schultern, als dieser den Erdboden erreichte, und schüttelte ihn. »Kerl, verdammt, du hast das Horn gehört. Hast du immer noch nicht begriffen, welchem Risiko du dich aussetzt? Und uns gleich dazu?«
Mikail verzog das Gesicht. »Es war niemand da, ich hab aufgepasst.«
»Aufgepasst!« Vater schüttelte verzweifelt den Kopf. »Weil du ganz sicher jeden hörst, der plötzlich hereinplatzt. Was, wenn dein Freund Loris aufgekreuzt wäre?«
»Was dann?« Mikail machte sich los. »Er ist mein Freund, er würde dichthalten, das weißt du.«
»Ja, er ist dein Freund. Und er ist ein guter Kerl, keine Frage. Aber du kennst seine Eltern. Rutscht ihm einmal etwas heraus, dann ist das das Ende.« Er schwieg eine kurze Weile und sah Mikail eindringlich in die Augen. »Gerade, weil du so auf Lia aus bist.«
»Was höre ich da?«, tönte eine wohlbekannte Stimme herein. »Der Kerl ist auf Lia aus? Mein Schwesterherz? Sehr eigenartig, dafür hält er sich aber ganz schön zurück. Vielleicht sollte ich ihm mal kräftig in den Arsch treten, damit er endlich in die Pötte kommt.«
Mit einem breiten Grinsen trat Loris um die Ecke. Toivo ließ seinen Sohn los und zwang ein erfreutes Lächeln auf sein Gesicht. »Gut, dann brauche ich es nicht zu erledigen.« Er verließ die Scheune, klopfte Mikails bestem Freund im Vorbeigehen auf die Schulter und warf nur noch einen mahnenden Blick zurück, bevor er ganz draußen war.
Loris baute sich vor Mikail auf und starrte ihm herausfordernd in die Augen. Sie waren beinahe gleich groß, Mikail hatte etwa zwei Fingerbreit mehr zu bieten. Wie üblich trug der Sohn des Eisenunternehmers gute, neue Kleidung und hatte das lange schwarze Haar in einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Mikails Hemd und Hose dagegen waren trotz des derben Stoffes durch die Arbeit auf dem Hof immer recht schnell ruiniert, und seine braunen Locken sahen meist wie ein explodiertes Vogelnest aus.
»Du bist also hinter meiner kleinen Schwester her, ja?« Loris hob die Fäuste und boxte Mikail in die Schulter. »Dann wird’s aber Zeit, dass du das in die Tat umsetzt, du Depp. Stattdessen bringst du sie auch noch dazu, alle anderen davonzujagen. Ihr und eure bescheuerte Idee. Du bist neunzehn, sie siebzehn, was soll der Unsinn?«
Mikail streckte ihm die Zunge raus und lachte. »Lass das mal unsere Sache sein, ja? Wir haben uns das so vorgenommen, und du mischst dich nicht ein. Was willst du eigentlich hier? Nix zu tun oder was?«
Loris zuckte die Schultern. »Nö, nicht viel. Das heißt, wenn es nach meinem alten Herrn ginge, müsste ich ständig im Geschäft mithelfen. Aber …«
»Aber du bist ’ne faule Sau und hast nicht die geringste Lust dazu, schon klar.«
»Das war jetzt aber unschön formuliert«, moserte Loris und lachte. »Faul war ich ja nun noch nie. Ich hab nur … Besseres zu tun.«
»Wie zum Beispiel hier rumzuhängen, zu lauschen und blöde Sprüche zu machen.«
Loris kicherte. »Jaja, lauschen. Da hab ich ja ein gar furchtbares Geheimnis erfahren. Du bist hinter Lia her. Als wenn ich das nicht wüsste.«
Innerlich atmete Mikail auf. Wenn das alles war, was Loris gehört hatte … Er vertraute seinem Freund wirklich, doch Vater hatte recht: Allzu schnell rutschte ein falsches Wort heraus. Außerdem wollte er Loris nicht unnötig in die Zwickmühle bringen.
»Allerdings«, fuhr dieser mit erhobenem Zeigefinger fort, »habe ich auch noch eine Botschaft zu überbringen. Von meiner lieben Frau Mutter.«
»Au weh.«
»Genau.«
»Was will sie denn?«
»Keine Ahnung. Klang aber nicht besorgniserregend. Eher sogar, als ob sie gute Nachrichten für uns hat. Wir sollen uns heute Nachmittag bei ihr einfinden. Um drei.«
Unwillkürlich dachte Mikail wieder an den Klang der Hörner. Um drei würden sie zum letzten Mal ertönen. Er schluckte. »Gut, um drei bin ich bei euch.«
»Prima, dann sehen wir uns spätestens da.« Loris klopfte ihm auf den Oberarm und wandte sich zum Gehen. »Ach ja … du weißt, wann Lia heute Schluss macht?«
»Hau ab!« Mikail schnappte sich eine Handvoll Stroh vom Boden und warf es grinsend hinter Loris her.
Natürlich wusste er sehr genau, wann die Schule aus war. Bis dahin war aber noch einiges zu tun. Die Dürre rückte immer näher, und noch waren nicht alle Felder abgeerntet. Den letzten Sack Gerste hatte er gerade eingelagert, doch die anderen Getreidesorten wurden teilweise eben erst reif. Neben etwas Viehzucht bauten seine Eltern hauptsächlich Getreide an, das in Ors trockenem Klima guten Ertrag abwarf.
Er hatte schon genug Zeit verquasselt, nun musste er schleunigst zurück aufs Feld und seinem Bruder helfen. Dann war gerade noch Zeit für ein paar Bissen zu Mittag, und wenn er schnell war, erwischte er Lia noch an der Schule.
Als er aus der Scheune lief, rannte er fast in Alex, den Gockel hinein. »Du blödes Vieh!«, schimpfte er lachend. »Irgendwann rennt dich wirklich noch mal jemand über den Haufen.« Alex sah ihn nur scheel von der Seite an. Der Hahn reichte Mikail bis zur Hüfte, die übliche Rasse, die hier von Bauern gehalten wurde, bei denen genug Platz war. Das gab schöne große Eier und ordentlich Fleisch. In der Stadt hielten sich auch einige Leute Hühner, eher zum Spaß, die waren dann aber nicht einmal halb so groß. »So ein dicker Brocken, und dann ein Erbsenhirn«, lästerte Mikail grinsend und kurvte um den stolzen Gockel herum. »Geh, kümmer dich um deine Mädels, sonst kommst du demnächst in die Suppe!«
Auf dem Weg am Haus vorbei rief Mutter ihn aus dem Küchenfenster.
»Mikail, sei so lieb, und gehe Vater bei den Rindern zur Hand, ja?«
»Ich sollte eigentlich Tomasch helfen.«
»Der schafft den Rest auch noch alleine.« Pilar winkte ab. »Ist nicht mehr viel, und er weiß schon Bescheid. Aber Vater braucht ein paar starke Hände bei dem Bullen. Der will mal wieder nicht so, wie er soll.«
Ach, der nun wieder. So ein störrisches Mistvieh aber auch. Wenn er nicht so fleißig Nachwuchs produziert hätte, wäre er schon längst geschlachtet worden. Aber so ein großer, stattlicher Stier sorgte auch für große Nachkommen mit viel Fleisch und einer guten Milchleistung. Dafür nahm Vater die Scherereien in Kauf. Vor allem, da meist Mikail derjenige war, der das Biest zur Raison bringen musste.
Er schlug also den Weg zum Stall ein und hörte seinen Vater schon von weitem fluchen. Ja, das klang nach einem der üblichen Trotzanfälle des Bullen.
»Björn, du dämliches Drecksvieh, komm jetzt da raus!«
Als Mikail den Stall betrat, musste er unwillkürlich schmunzeln. Björn der Bulle stand in einem der kleinen Abteile, in denen die trächtigen Kühe kurz vor der Geburt gehalten wurden. Ein dicker Strick lag um seinen Hals, an dem Vater mit vor Zorn und Anstrengung hochrotem Kopf zerrte wie ein Wahnsinniger. Björn sah ihn nur aus seinen großen Augen an und rührte sich keinen Fingerbreit. Zum Glück waren diese gezüchteten Rinder nicht aggressiv, im Gegensatz zu den wildlebenden Arten. Bei zwei Metern Risthöhe hätte der Stier seinen Besitzer mit einem einzigen Tritt zermalmen oder ihn mit den beachtlichen Seitenhörnern aufspießen können. Nur die Stirnhörner, bei wilden Rindern tödliche Waffen, waren bei Hausrindern wie Björn zu zwei lächerlichen Höckerchen zurückgebildet. Statt bösartig zu werden, stand der Bulle einfach nur vor der Kuh und bewegte sich nicht. Er wollte das trächtige Weibchen beschützen; eigentlich ein feiner Zug von ihm, hier jedoch vollkommen unnötig. Im Gegenteil, sollte irgendetwas bei der Geburt schiefgehen, könnte man nicht einmal eingreifen.
»Na, spinnt er mal wieder?« Mikail trat schmunzelnd zu seinem Vater. Der atmete ächzend aus, ließ den Strick locker und reichte ihn an Mikail weiter.
»Das Übliche. Björn und seine Vatergefühle. Man sollte den Viechern das unbedingt abzüchten.«
»Dann werden sie am Ende wieder gefährlich.«
Toivo winkte schwer schnaufend ab. »Jaja, kann sein. Na los, hol das blöde Vieh da raus. Trixi wirft bald, dann müssen wir zu ihr kommen.«
»Ist recht.« Mikail wickelte sich das Seil um den Unterarm und stemmte sich gegen den Boden. »Na, dann komm mal, du unterbelichteter Fleischberg. Raus jetzt!« Er zog, und Björn sah ihn wie immer erstaunt an, bevor er dem Zug nachgab und widerwillig den ersten Schritt machte. Der lernte es auch nie, dass er gegen Mikail nicht...
Erscheint lt. Verlag | 16.8.2024 |
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Reihe/Serie | Die Abartigen |
Verlagsort | Ahrensburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Abenteuer • Ausgrenzung • Dystopie • Freundschaft • Toleranz |
ISBN-10 | 3-384-29880-2 / 3384298802 |
ISBN-13 | 978-3-384-29880-5 / 9783384298805 |
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