Jerry Cotton Sonder-Edition 242 (eBook)

Killer für Paris gesucht

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7161-0 (ISBN)

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Jerry Cotton Sonder-Edition 242 - Jerry Cotton
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Wir wussten, dass millionenschwere Heroinladungen aus Paris nach New York geschmuggelt wurden. Sie verseuchten unsere Stadt mehr und mehr. Wir wussten ebenfalls, dass ein gefährlicher Killer namens Jerry Conk bei diesem teuflischen Geschehen eine entscheidende Rolle spielte, und wir jagten ihn. New Yorker Cops erschossen ihn schließlich in Notwehr. Da schlüpfte ich in seine Haut, flog nach Paris - mit dem Erste-Klasse-Ticket des Mörders. Paris bereitete mir einen würdigen Empfang. Aber nicht mit seinen bezaubernden Frauen, dafür mit heißem Blei und der gnadenlosen Unterwelt der Seine-Metropole!

1


Als Jerry Conk den uniformierten Polizisten mit der Maschinenpistole sah, ahnte er, dass seinem üppigen Leben eine jähe Wende drohte. Wie in einer Vision sah Conk die grauen, kahlen Wände seiner letzten Gefängniszelle vor sich, erinnerte sich an den faden, eintönigen Geschmack des Essens, an die qualvollen Nächte unbefriedigter sexueller Gier. Er schauderte und biss sich auf die Unterlippe.

Conk blieb vor einem Schaufenster stehen, betrachtete die Auslage und wechselte die Richtung – die Straße hinauf und weg von dem Polizisten mit der Maschinenpistole.

Er beschleunigte seine Schritte. Wenn er entkommen wollte, musste er raus aus dieser Straße, die nur schmal war und nahezu menschenleer, eine richtige verdammte Mausefalle. Conk rechnete, dass er eine gute Chance hatte, seinen Häschern zu entwischen, wenn er die Second Avenue erreichte mit ihren Zugängen zu den Subwaystationen und den großen Supermärkten.

Dann entdeckte Jerry Conk die beiden Streifenwagen auf der Kreuzung, sah sechs Polizisten auf den Bürgersteigen. Damit wurden die Schlupflöcher der Second Avenue für ihn so unerreichbar wie der Mars. Er wechselte erneut die Richtung und ging zurück auf den einzelnen Polizisten zu.

Der Beamte sah nicht zu Conk hinüber. Er hielt den Blick auf ein Haus der anderen Straßenseite gerichtet, und vielleicht dachte er nicht einmal an Conk, sondern an die fällige Rate für seinen Privatwagen oder an den unausgestandenen Ärger mit seiner Frau. Conk hatte den Eindruck, er könnte unbemerkte an dem Polizisten vorbeikommen.

Als sie noch zwanzig Schritte trennten, schrillte von der Kreuzung her eine Trillerpfeife. Der Polizist fuhr leicht zusammen, drehte sich um, sah Conk an und erkannte ihn. Er hob die Maschinenpistole. Sein Daumen verschob den Sicherungshebel, und er öffnete den Mund, um Conk anzurufen und ihn aufzufordern, die Hände hochzunehmen.

Conk sah die Bewegung des Polizisten, gleichzeitig sah er vor sich seinen orangeroten Corvette Stingray, das volle Flaschenregal seiner Hausbar und die blonde Haarpracht seiner Freundin Neddy. Er roch Neddys Parfüm, und er fühlte die kühle Glätte ihrer Schenkel und Arme auf seiner Haut. Er dachte, dass die verdammte Kugelspritze in den roten Fäusten eines kläglich bezahlten Straßencops ihn für den Rest seines Lebens vom Stingray, den Flaschen der Hausbar und von Neddy abschneiden würde, wenn er jetzt aufgäbe.

Conk riss mit der linken Hand seine Jacke auf. Er trug den Revolver nicht unter der Achsel, sondern am Gürtel. Die Finger seiner Rechten schlossen sich um den Griff.

Der Polizist starrte Conk entsetzt an. Vielleicht hatte er niemals zuvor auf einen Menschen geschossen, oder er hatte einfach nicht damit gerechnet, dass Conk Widerstand leisten könnte. Auf jeden Fall zögerte er eine verhängnisvolle Sekunde lang, den Finger zu krümmen.

Jerry Conk war sehr schnell. Die scharfen Peitschenschläge seines Revolvers zerrissen die Stille dieser unbedeutenden Nebenstraße zur Second Avenue.

Der Polizeibeamte stürzte nach vorne. Die Mütze flog vom Kopf, als würde sie von einer unsichtbaren Hand fortgeschleudert. Der Mann fiel mit dem Gesicht in den Rinnstein.

Conk rannte quer über die Fahrbahn. Von der Kreuzung schrillte zum zweiten Mal die Trillerpfeife. Der Motor eines Streifenwagens heulte auf. Mit durchdrehenden Reifen setzte sich das Fahrzeug in Bewegung. Nicht anders als ein losgelassener Jagdhund, der die Verfolgung eines Wildes aufnimmt.

Conk stürzte sich in eine Türnische. Er prallte mit der Schulter gegen die Tür, die verschlossen war und dem Anprall standhielt. Mit dem Revolverlauf zerschlug er die Glasfüllung, griff durch die Öffnung nach dem Drehknauf.

Der Streifenwagen erreichte die Höhe des Hauseingangs und wurde hart gestoppt. Seine Türen flogen auf. Zwei Polizisten sprangen heraus.

Conk feuerte. Ein Polizist ließ sich auf die Straße fallen, der andere ging hinter dem Wagenheck in Deckung. Er erwiderte Conks Schüsse, dem es im selben Augenblick gelang, die Tür zu öffnen und in den langen halbdunklen Hausflur zu flüchten.

Der Fahrer des Streifenwagens hatte sich aus dem Wagen gerollt und Conks Schüsse in Kauerstellung dicht an den Vorderrädern abgewartet. Jetzt richtete er sich auf, riss die Maschinenpistole aus der Halterung auf der Türinnenseite und rannte in Zickzacksprüngen über die Straße. Der Beamte hinter dem Wagenheck gab Feuerschutz. Mit der Maschinenpistole im Anschlag drang der Streifenwagenfahrer ins Haus ein.

Conk hatte im ersten Anlauf versucht, den Hof zu erreichen, aber die Tür am Ende des Flurs war verschlossen, ohne Glas und nicht aufzubrechen. Er rannte zurück zur Flurmitte, um über die Treppe in die oberen Etagen zu fliehen.

Die Gestalt des Streifenwagenfahrers zeichnete sich in der Türöffnung ab. Conk feuerte. Der Fahrer ließ sich gegen die Flurmauer fallen, und Conk glaubte, getroffen zu haben. Er warf sich herum und hetzte die Treppe hoch.

Der Polizeibeamte, den alle Kugeln verfehlt hatten, feuerte eine lange Serie. Ein halbes Dutzend oder mehr Kugeln trafen Jerry Conk in Kopf und Rücken. Sein Körper bäumte sich auf und erstarrte für eine Zehntelsekunde, bevor er rücklings die Stufen hinunterfiel. Hart schlug Conks Kopf auf den Steinboden des Flurs.

Vergeblich hatte ich den Jaguar in halsbrecherischer Slalomrallye durch New Yorks Verkehrsgewühl gejagt. Als Phil und ich die schmale Nebenstraße zur Second Avenue erreichten, war alles schon passiert.

Die Cops umstanden Jerry Conks Leiche.

Ein Lieutenant legte die Hand an die Mütze. »Wir haben noch nichts unternommen, G-man.«

»Nichts unternommen? Soviel ich sehe, haben Sie ihn erschossen!«

Der Lieutenant geriet ins Stottern. »Ich meinte in Bezug auf den Abtransport und die Feststellung der Todesursache.«

»Das FBI wünschte sich Jerry Conk lebend.«

Das Gesicht des Lieutenants verfinsterte sich. »Der Bursche schoss einen meiner Männer zusammen wie ein Stück Vieh und verletzte einen zweiten Beamten. Meine Leute handelten in berechtigter Notwehr, als sie in der gleichen Währung zurückzahlten!«

Phil ging neben Conks Körper in die Hocke und untersuchte die Taschen, aus denen er Brieftasche, eine Geldrolle, ein goldenes Feuerzeug und einen Schlüsselbund holte.

»Okay, Lieutenant«, sagte er, als er sich aufrichtete. »Sie haben neunundneunzig Prozent der Arbeit geleistet. Wir überlassen Ihnen auch das schäbige eine Prozent: Abtransport, Aufräumen und so weiter. Beim nächsten Mal benachrichtigen Sie uns, bevor Sie Ihre Armee aufmarschieren lassen! Dank Ihrer Gründlichkeit können einige Leute, die bei Jerry Monk Morde bestellt und bezahlt haben, weiterhin ruhig schlafen.«

Wir stiegen in den Jaguar. Ich wendete den Wagen und fuhr zur Second Avenue zurück. Erbittert warf ich einen Blick auf den Haftbefehl für Jerry Conk, den ich am Armaturenbrett festgeklemmt hatte. Keine vierundzwanzig Stunden war dieser Haftbefehl alt. Im Fahndungsrundtelegramm an alle Dienststellen der City und State Police war ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass Jerry Conk als Zeuge für die Aufklärung mehrerer Morde wichtig war und dass er nach Möglichkeit unter der Mitwirkung von FBI-Beamten festgenommen werden sollte. Der Übereifer der Cops hatte eine wichtige Fährte verschüttet.

Phil untersuchte Conks Brieftasche. Er fand die Quittung eines Wohnungsmaklers über eine Mietvorauszahlung.

»Halte an der nächsten Telefonzelle«, sagte er. »Ich rufe den Makler an.«

Als er von dem Telefongespräch zurückkam, nannte er eine Adresse.

»Classon Point, 40 Patterson Avenue, Apartment G 19. Conk mietete diese Wohnung vor einem halben Jahr. Der Makler rühmte ihn als pünktlichen Mietzahler, obwohl das Apartment sechshundert Dollar kostete.

»Er ließ sich für einen Mord mit zehntausend Dollar honorieren. Eine Kleinigkeit bei solchen Einkünften, pünktlich die Miete zu zahlen.«

Patterson Avenue Nummer 40 war ein marmorverkleidetes Hochhaus mit automatischen Eingangstüren, einem uniformierten Portier, chromglänzenden Aufzügen und Blick über den East River für alle Wohnungen von der dritten Etage an aufwärts.

Phil blickte eine halbe Minute lang vom großen Fenster in Conks Wohnzimmer auf das Gewimmel der großen und kleinen Schiffe zwischen Rikers Island und College Point.

»Ich wünschte, ich könnte mir 'ne Sechshundert-Dollar-Miete leisten«, brummte er.

Dann machten wir uns an die Arbeit.

Wir durchsuchten Jerry Conks Wohnung gründlich. Conk hatte seine Laufbahn als Berufsmörder vor drei Jahren begonnen. Nach unseren Informationen hatte er immer allein gearbeitet und sich nie an einen einzelnen Auftraggeber verkauft. In die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den großen Rauschgiftgangs, die seit Jahren miteinander um das Monopol für die Belieferung des riesigen New Yorker Markts kämpften, hatte er vermutlich dreimal eingegriffen, jedes Mal gegen ein sehr hohes Honorar. Wahrscheinlich war es Conk gewesen, der Lydia Laux, die Frau des Hafenbosses Ed Laux, bei einem vorgetäuschten Verkehrsunfall in ihrem Wagen...

Erscheint lt. Verlag 17.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-7517-7161-1 / 3751771611
ISBN-13 978-3-7517-7161-0 / 9783751771610
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