Judasmord (eBook)

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
336 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3480-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Judasmord - J.T. Ellison
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Blutige kleine Fußspuren weisen den Weg. Erschlagen liegt die schwangere Corinne Wolff in ihrem eigenen Haus. Neben ihr sitzt ihre kleine Tochter. Taylor Jackson ist entsetzt. Wer tut so etwas?

Der Hauptverdächtige ist der Ehemann - bis bekannt wird, dass hinter der adretten Fassade der Familie der Abgrund eines weit verzweigten Pornorings lauert. Stecken dessen Mitglieder hinter dem Mord? Und hinter den heimlich gedrehten Videos von Taylor, die den Medien zugespielt werden und drohen, ihre Karriere zu zerstören?

Taylor ahnt nicht, mit wem sie es wirklich zu tun hat - und das könnte sie das Leben kosten ...



J.T. Ellison wuchs in Colorado und Virginia auf und arbeitete nach dem Studium zunächst im Weißen Haus, bevor sie als Finanzanalystin und Marketing Director in die Privatwirtschaft wechselte, wo sie für verschiedene Verteidigungs- und Luftfahrtunternehmen tätig war. Ihr Debüt und gleichzeitig ihren Durchbruch erlangte sie mit ihrer »Taylor-Jackson-Reihe« . Für die Recherche hat sie eng mit der Forensischen Abteilung des Metro Police Department Nashville sowie dem FBI zusammengearbeitet, um ihre Bücher möglichst authentisch zu gestalten. Sie lebt mit ihrem Mann in Nashville.

3. KAPITEL


Taylor traf Fitz auf dem Parkplatz des Criminal Justice Centers. Wolken huschten über den grauen Himmel. So schön der Frühling in Nashville auch war, das Wetter gebärdete sich vollkommen schizophren. In der einen Minute sonnig, in der nächsten stürmisch. Sie nahm ihre Sonnenbrille ab und hakte sie mit einem Bügel in den Ausschnitt ihres Pullovers.

„Hey“, rief Fitz und zeigte auf einen weißen Chevy Impala, ein offizielles Fahrzeug des Departments. „Ich muss noch mal kurz ins Büro. Willst du was trinken?“

Mit einem Nicken machte Taylor sich auf den Weg zu dem Wagen. Sie setzte sich auf den Beifahrersitz und schob ihn ein wenig zurück, um Platz für ihre langen Beine zu schaffen. Fitz verschwand in den Eingeweiden des CJC und kehrte ein paar Minuten später mit zwei Dosen Cola light zurück. Er reichte ihr eine davon und setzte sich dann hinters Lenkrad. Taylor öffnete ihre Cola, nahm einen Schluck und stellte die Dose zwischen ihren Oberschenkeln auf den Sitz.

Einen kurzen Moment schaute die Sonne hervor und blendete sie. Zeit, die Sonnenbrille wieder aufzusetzen, eine neue Ray Ban, die sie im Malpensa-Flughafen in Mailand erstanden hatte. Sie hatte große, dunkle Gläser und verschaffte ihr eine beinahe glamouröse Aura – eine winzige Hommage an die neu erwachte Europäerin in ihr. Man sah und spürte viel mehr von einem fremden Land, wenn man es mit jemandem bereiste, der die Sprache sprach. Taylor hatte schon mehrere Reisen nach Übersee unternommen, doch nie hatte sie die Länder dabei so intensiv erlebt wie jetzt Italien an der Seite von Baldwin.

Sie hatte Probleme, sich hier wieder zu akklimatisieren. Sie vermisste die Leichtigkeit der italienischen Lebensart. Die geruhsamen Autofahrten, die Pausen, um etwas zu essen und guten Wein zu trinken; die symmetrische Schönheit der Olivenhaine und Weinberge, die von Zypressen gesäumten Alleen und das Gefühl, sehr, sehr jung zu sein. Und wenn sie ehrlich war, war es auch verdammt nett gewesen, drei Wochen lang keine einzige Leiche zu sehen.

Das zarte erste Sonnenlicht wurde wieder von Wolken verdunkelt, doch Taylor behielt ihre Sonnenbrille trotzdem auf. Diese Übergangsmonate waren einfach nur nervig. Sie wollte, dass es entweder kalt oder warm war, sonnig oder bewölkt. Aber nicht dieses Durcheinander.

Fitz lenkte den Wagen vom Parkplatz.

„Wie geht es dir?“, fragte er.

„Ich habe einen Wasserschaden in meinem Badezimmer“, schmollte sie.

„Ich habe dir doch gesagt, dass man kein neues Haus kauft. Wenn du was Richtiges genommen hättest, stabil und solide, wie die großen alten viktorianischen Villen in East Nashville, hättest du diese Probleme jetzt nicht.“

„Nein, Fitz. Ich hätte nur Termiten und Straßenbanden. Vielen Dank, aber Gentrifizierung ist nicht so mein Ding.

„Verwöhnter Fratz.“

„Das hat damit gar nichts zu tun. Wir wollten nur etwas ... Luftiges.“

Fitz lachte. „Luftig, ist klar. Du wolltest etwas, das groß genug ist für den vermaledeiten Billardtisch und einen Haufen Kinder.“

Taylor schaute ihn misstrauisch an. „Wie um alles in der Welt kommst du denn darauf?“

Er erwiderte ihren Blick mit hochgezogener Augenbraue. Das verlieh seinem Gesicht einen leicht schiefen Ausdruck, wie Popeye mit geröteten Falten. „Willst du etwa keinen?“

„Keinen was?“

„Einen Haufen Kinder mit dem Fed.“ Er sagte es so ruhig, dass sie sofort wachsam wurde.

„Wo hast du solche Sachen nur immer her? Ich habe nie irgendetwas übers Kinderkriegen gesagt. Wir schaffen es ja noch nicht einmal zu heiraten, also bin ich bestimmt nicht auf der Jagd nach Nachwuchs. Ich weiß noch nicht mal, ob ich überhaupt welchen haben will.“ Sie schaute aus dem Fenster und sah Downtown Nashville vorbeiziehen wie einen Schleier, der gelüftet wurde. Aus Steinen und Zement wurde Laub. Sie waren im West End und fuhren Richtung Hillwood. Eine idyllische Fahrt durch die Vororte. Hatte das Fitz zu seiner Frage veranlasst?

„Okay, Mädchen, ich bin überzeugt. Aber ich habe gehört, dass dieser Tatort ein wenig verstörend ist. Wenn du also mit dem Gedanken gespielt hättest, ein Kind zu haben, hätte ich dir geraten, ihn lieber nicht zu betreten und nicht hinzuschauen.“

„Meine Güte, Fitz, jetzt sag endlich, was da los ist.“

„Parks ist da. Hey, da steckt ein Foto hinter der Sonnenblende, kannst du das mal herausholen?“

Gut, dachte Taylor. Bob Parks war ein besonnener Streifenpolizist der Metro Police. Wenn es am Tatort etwas Wildes gäbe, wüsste er, wie es zu zähmen war, damit die Presse nicht zu verrückt spielte. In der Erwartung, ein Tatortfoto zu sehen, klappte sie die Sonnenblende herunter. Doch stattdessen fiel ihr das Bild eines Bootes in den Schoß. Sie drehte es richtig herum, um es anzusehen. Es war ein hübsches Boot mit hohen Segeln, das durch unglaublich blaues Wasser segelte.

„Ja ...?“

„Parks sagte, es wäre da draußen ein wenig gruselig, das ist alles.“

„Nein, ich meine, was ist mit dem Boot?“

„Ich denke darüber nach, es zu kaufen.“

Taylor schaute sich das Bild noch einmal an. Es war ... nun ja, es war ein Boot. Mehr hatte sie mit Segeln nicht am Hut.

„Wann willst du damit fahren?“

„Meine Güte, LT, man nennt das segeln. Und es ist für die Zeit nach meiner Pensionierung.“

Fitz presste die Lippen aufeinander. Taylor kannte diese Geste – er hatte alles gesagt, was es zu sagen gab. Er hatte sie vor dem Tatort gewarnt und ihr eine Bombe über die Zukunft in den Schoß fallen lassen; mehr würde er nicht von sich geben. Großartig.

Ein Krankenwagen schoss an ihnen vorbei; er kam aus der entgegengesetzten Richtung. Er fährt ins St. Thomas, dachte sie und bekreuzigte sich innerlich, wie jedes Mal, wenn sie eine Sirene hörte. Nach dreizehn Jahren bei der Truppe, davon fünf in der Mordkommission, war sie nicht so abgestumpft, dass sie kein Mitgefühl mehr für die Menschen auf dieser Welt hatte, die eine helfende Hand benötigten.

Sie spielte mit ihrem neuen Verlobungsring. Der Nach-Verlobung-vor-Hochzeit-Ring, um genau zu sein. Bei seinem ersten Antrag hatte Baldwin ihr einen umwerfenden Zweikaräter von Tiffanys gekauft, dessen Platinring von perfekten kleinen Steinen im Baguetteschliff eingefasst wurde. Wunderschön, aber unpraktisch. Und da die Hochzeit nicht stattgefunden hatte – sie war ohne eigenes Verschulden kurzfristig verhindert gewesen; während Baldwin allein am Altar gestanden hatte, war sie getasert und bewusstlos nach New York geflogen worden –, war der neue Ring das Sinnbild einer zweiten Chance.

In Florenz hatte Baldwin sich ein paar Minuten davongestohlen und war zum Dinner in ihrem Lieblingslokal „Mama Ginas“ wieder aufgetaucht, eine leichte Röte um seine intensiv smaragdfarbenen Augen. Zur Freude ihres Kellners Antonio und der weiteren Gäste fiel er auf ein Knie und präsentierte ihr den neuen Ring. Einen, der ein noch tieferes Versprechen enthielt. Die fünf Diamanten im Asscher-Schliff funkelten auf ihrem Platinbett. Baldwin erklärte ihr, dass jeder Diamant für die nächsten fünf Jahre ihres gemeinsamen Lebens stünde und dass er ihr in fünfundzwanzig Jahren einen neuen kaufen würde.

Fitz’ Räuspern holte sie in die Gegenwart zurück. Er bog gerade auf die Jocelyn Hollow Road ein, und Taylor erblickte die Armada an Fahrzeugen, die sich am Ende einer normalerweise eher ruhigen Straße versammelt hatte.

Für einen Außenstehenden wirkte das Aufgebot am Tatort eines unnatürlichen Todes oft wie ein Tollhaus. Mehrere Fahrzeuge blockierten die Einfahrt in die Sackgasse. Hier standen fünf blau-weiße Streifenwagen der Metro Police. Die Polizisten, die als Erste auf den Notruf reagiert hatten, waren schon wieder fort. Wann immer 911 die Polizei rief, wurden die dem Einsatzort am nächsten stationierten Feuerwehren und Krankenwagen noch vor der Polizei losgeschickt. Das war die Standardvorgehensweise. Die Tatbeschreibung war offensichtlich gewesen; es gab keine Hektik, keinen Grund zur Eile. Es gab nichts mehr, was für dieses spezielle Opfer getan werden konnte.

Das Warum hatte begonnen.

Fitz stellte den Wagen drei Häuser entfernt ab, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Kommandozentrale am Fuß der Einfahrt. Ein Schild auf dem schwarzen Briefkasten trug in geschwungener Schrift den Namen Wolff. Taylor fragte sich immer, wieso die Leute ihren Namen an ihren Häusern bekannt gaben. Die Adresse konnte sie ja noch verstehen, aber der Name ... das kam ihr unsinnig vor. Und es war außerdem eine Frage der Sicherheit. Das Letzte, was sie je tun würde, wäre kundzutun, wo sie wohnte. Außerdem wüsste sie gar nicht, welchen Namen sie auf den Briefkasten schreiben sollte. Jackson? Baldwin? Jackson-Baldwin? Das klang ja wie ein Beerdigungsinstitut.

Auf der anderen Straßenseite hatte sich eine Menschentraube gebildet; abwartend standen die Nachbarn auf dem gelben Gras. In Taylors Schritt erkannten sie wohl eine gewisse Autorität, und als sie näher kam, fingen sie sofort an, nach ihr zu rufen. Eine Stimme erhob sich über alle anderen.

„Was ist passiert? Wir haben ein Recht darauf zu wissen, was bei den Wolffs vor sich geht.“ Angst ließ die Stimme des Mannes zittern.

Taylor drehte sich um und schaute den Redner an. Es war ein älterer Mann mit schwarzen Haaren, die sehr gefärbt aussahen. Unrasiert, dicke Brillengläser, Pyjamahose, offene Pyjamajacke...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2024
Reihe/Serie Ein Fall für Taylor Jackson
Übersetzer Ivonne Senn
Sprache deutsch
Original-Titel Judas Kiss
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20.Jahrhundert • Ermittlung • Forensik • Hass • Mord • Roman • Serienkiller • Serienmörder • Spannung • Thriller • USA • Verbrechen
ISBN-10 3-8412-3480-1 / 3841234801
ISBN-13 978-3-8412-3480-3 / 9783841234803
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