Der verliebte Schwarzbrenner und wie er die Welt sah (eBook)
432 Seiten
C.Bertelsmann Verlag
978-3-641-29544-8 (ISBN)
Småland 1852: Algot Olsson, Sohn eines Schweinezüchters, bleibt nach dem Tod seines Vaters nur ein Kartoffelacker und ein Destillierapparat für den Hausgebrauch. Doch Algot hat Grips, Geschäftssinn und eine Idee: Für die Gleisarbeiter, die gerade die ersten Eisenbahnschienen verlegen und wie alle Schweden nur grauenvollen Fusel gewohnt sind, brennt Algot richtig guten Schnaps und ist damit so erfolgreich, dass der missgünstige Graf Bielkegren ihn mit allen Mitteln sabotiert.
Zum Glück hat Algot gute Freunde an seiner Seite: den aus Bayern geflohenen Druckermeister Helmut, der es mit der Wahrheit manchmal nicht ganz so genau nimmt, und dessen ebenso hübsche wie resolute Tochter Anna Stina. Gemeinsam trotzen sie den Intrigen des Grafen, und so wird aus Algots Schwarzbrand kurzerhand ?Apotheker Otterdahls Tropfen gegen trübe Gedanken? - ein weiterer Verkaufsschlager und, wie sich zeigt, wahres Wundermittel, das nicht nur des Königs Zahnschmerzen heilt, sondern sogar Kriege vereitelt. Doch hilft es auch bei hoffnungsloser Verliebtheit?
Rasant, voller genialer Pointen und aberwitziger Verstrickungen - der neue Roman von Bestsellerautor Jonas Jonasson ist »ein wunderbarer Weg, sich in diesen düsteren Zeiten in eine heitere Welt zu beamen.« Münchner Merkur
Jonas Jonasson, geboren 1961 im schwedischen Växjö, arbeitete nach seinem Studium in Göteborg als Journalist unter anderem für die Zeitungen »Smålandsposten« und »Expressen«. Später gründete er eine eigene Medien-Consulting-Firma. Doch nach 20 Jahren in der Medienwelt verkaufte er seine Firma und schrieb den Roman, über den er schon jahrelang nachgedacht hatte: »Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand«. Das Buch wurde weltweit zu einem Bestseller und auch höchst erfolgreich verfilmt. Seitdem beglückt Jonas Jonasson seine Fans immer wieder mit turbulent witzigen Romanen, jeder ein wahres Feuerwerk an genialen Einfällen und jeder ein gefeierter Bestseller.
Übel riechende Nachbarschaft
1852
Algot wäre nie auf die Idee gekommen, dass er alles und noch viel mehr verlieren würde, wie er da so im Stall zwischen all den vielen Schweinen seines Vaters stand und Mist schaufelte. Mit seinen gerade mal einundzwanzig Jahren war er noch nicht bereit, das Lebenswerk seines Vaters zu übernehmen, jedenfalls vorerst noch nicht. Aber in ein, zwei Jahren vielleicht?
Ebenso wenig konnte er ahnen, geschweige denn wissen, dass in genau diesen ein, zwei Jahren allein in seinem Umkreis mehr passieren würde als in einer schwedischen Provinz des neunzehnten Jahrhunderts während einer ganzen Lebensspanne. Was er hingegen wusste, weil er das von seiner kränkelnden Mutter gelernt hatte, war, dass auf Regen stets Sonnenschein folgt.
Alles fing damit an, dass sich die Gräfin auf Schloss Kronogården mehr Platz für ihre Vollblut-Araberpferde wünschte. Diese trefflichen Tiere waren ihr Ein und Alles, und die Gräfin echauffierte sich darüber, dass sie nicht mehr Auslauf auf ihrer Weide hatten. Schweine, Schafe und Bauersleute konnten ruhig etwas enger zusammenrücken, aber Vollblut-Araber! Das war weit unter deren Würde. Obendrein sollten diese makellosen Geschöpfe mit der Zeit immer mehr werden. Zum einen, weil jedes einzelne Exemplar ihr Seelenfrieden bescherte, zum anderen, weil … nun, das brauchte der Graf nicht zu wissen.
Da traf es sich gut, dass Algots Vater, der Schweinezüchter Olsson, über einen Hektar Land in direktem Anschluss an das Sägewerk von Kronogården und in annehmbarer Entfernung vom Schloss besaß. Die Gräfin dachte sich ihn und seine Familie einfach weg, und damit hatte sie auch schon ihren Plan ausgeheckt: Der Schweinestall des Bauern sollte zum Pferdestall umfunktioniert werden. Aus dem Schlachthaus konnte ihr Gatte eine Schmiede machen. Das Wohnhaus taugte allemal zur Futtereinlagerung, wenn man ein, zwei Wände rausnahm. Das Grundstück grenzte übrigens direkt an die vorhandene Pferdeweide an, die sich mit einem Schlag um das Dreifache vergrößern würde.
Nun ging es nur noch darum, den Bauern zu überzeugen. Das Eigentumsrecht galt nun mal für jedermann, hohen wie niederen Standes. Bedauerlicherweise.
Die Gräfin wusste, dass der Graf sie für etwas unbedarft hielt. Über die Jahre hatte sie es hübsch bleiben lassen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Dann hätte er ihr nur mehr Verantwortung aufgehalst, anstatt alles so zu lassen, wie es war: nämlich dass sie im Großen und Ganzen ihre Ruhe hatte. Zumal Antoinette auf den Trichter gekommen war, wie sie es anstellen musste, um ihren Willen durchzusetzen.
Diesmal beschloss sie aber doch, die Verhandlungen mit dem Schweinezüchter höchstselbst in die Hand zu nehmen. Der Graf war nicht ganz auf der Höhe. Es gab irgendwie Ärger mit dem Wald, dem Sägewerk, den Pächtern oder den Tagelöhnern. Wenn nicht gar mit allen auf einmal. Glücklicherweise besprach Gustav seine Sorgen nie mit ihr, aber da sie mittlerweile im siebenundzwanzigsten Ehejahr angelangt waren, wusste sie seine Sorgenfalten auch so zu deuten.
Vom Schloss war es nicht weit bis zu den Schweinen. Antoinette warf sich in etwas Schlichtes, bevor sie sich auf den Weg zum Bauern machte, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen.
Schon bald fand sie den Gesuchten. Und nicht nur den. Zusammen mit seinem Sohn trottete er den Weg vom Schweinestall zum Wohnhaus entlang.
»Bonjour, Monsieur Olsson!«
Die Gräfin war stolz auf sich, weil sie sich zuvor nach seinem Namen erkundigt und ihn sich sogar gemerkt hatte. Auch einfache Leute mochten durchaus einen gewissen Respekt verdienen. Den Sohn übersah sie hingegen geflissentlich.
Sven und Algot hatten just die Schweine gefüttert und waren nun unterwegs zum dritten Familienmitglied, damit sie auch etwas in den Magen bekamen. Esther ging es schon längere Zeit gar nicht gut, aber sie war eine Kämpfernatur. Für den heutigen Tag hatte sie ihnen Blutpudding mit Preiselbeermarmelade in Aussicht gestellt.
Doch was war das? Ging die Gräfin da etwa auf Svens Grund und Boden spazieren? Natürlich durfte sie das, wenn ihr der Sinn danach stand – und jetzt rief sie ihn auch noch. Mit Namen. Und kam näher!
Der Schweinezüchter murmelte seinem Sohn zu: »Was glauben wir, um was es da gehen könnte?«
Bauern im Allgemeinen und Schweinezüchter im Besonderen waren mit Sicherheit gleich nach Armenhäuslern, Pächtern und Tagelöhnern das Letzte, womit sich eine waschechte Gräfin für gewöhnlich abzugeben beliebte.
»Um irgendeinen Schweinkram«, sagte Algot. »Also, wenn Ihr mich fragt, Vater.«
Für die Gräfin lief es von Anfang an nicht gut. Der Bauer konnte ja kein Französisch. Und sie wohnte seit mittlerweile bald drei Jahrzehnten in Schweden, ohne auch nur einen Gedanken ans Erlernen der Landessprache zu verschwenden. An diesem speziellen Tag hätte es freilich nicht geschadet.
Trotz alledem trug sie ihr Anliegen in ihrer Muttersprache vor, während sie zugleich der Reihe nach auf das, dies und jenes Gebäude zeigte, welche sie zusammen mit dem ganzen Grund und Boden käuflich zu erwerben gedachte. Um abschließend gestisch zu verdeutlichen, dass es dabei um einen hübschen Batzen Geld gehen könnte.
Sven fragte seinen Sohn, ob er sie verstanden habe.
»Wo du doch Sprachen kannst.«
Algot hatte eine Schulbildung, wie sie die wenigsten, wenn nicht gar kein anderer zum Bauernhoferbe Bestimmter Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in Schweden genoss. An die Gräfin gewandt, intonierte er, so deutlich er nur konnte:
»Könnt. Ihr. Versuchen. Es. Auf. Schwedisch. Zu. Erklären. Frau. Gräfin?«
Das konnte die Gräfin nicht. Im Gegenteil, nichts in ihrem Mienenspiel ließ darauf schließen, dass sie auch nur erahnte, was Algot da soeben geäußert hatte. Eventuell deutete einiges darauf hin, dass sie ob seiner Einmischung irritiert war.
»Na, das klappt ja famos«, sagte Sven.
Algot probierte es trotzdem mit einer Vermutung:
»Wer weiß, vielleicht will sie unseren ganzen Besitz aufkaufen.«
»Wirklich? Wird es ihr im Schloss zu eng?«
Das nahm Algot nicht an, vielmehr neigte er verstärkt zu seiner ursprünglichen Annahme.
Aber jetzt hatte der Schweinebauer genug vom nutzlosen Herumstehen. Er hatte Wichtigeres zu tun. Wie zum Beispiel Abendessen. Außerdem war ihm ganz blümerant zumute. Was stank hier so bestialisch? Wenn das bis zu den Schweinen hinüberwehte, konnten sie davon krank werden.
Algot sagte, dies entweiche der Hochwohlgeborenen und heiße Parfüm, und keine Dame wolle gern hören, dass sie stinke. Schon gar nicht in einer Sprache, die sie nicht verstand.
O je, der Schweinezüchter hatte es nicht böse gemeint. Er bat Gräfin Bielkegren um Entschuldigung.
»Bestimmt ist an Eurem Geruch nichts auszusetzen, es ist nur so, dass ich und die Schweine etwas anderes gewöhnt sind. Ihr müsst wissen, dass Ihr uns jederzeit auf unserem Grund und Boden willkommen seid, aber den Schweinen zuliebe wäre es überaus freundlich von Euch, wenn Ihr Euch so weit wie möglich von ihrem Stall fernhalten könntet. Und nun entschuldigt mich bitte, daheim wartet der Blutpudding auf mich. Noch einen angenehmen Tag wünsche ich. Adjö.«
Und damit ging er seiner Wege.
Der Sohn lächelte der Gräfin entschuldigend zu und schloss sich ihm an.
Zurück blieb Antoinette Bielkegren. Höchst unsicher, ob ihre Botschaft bis ans Ziel durchgedrungen war. Vielleicht hatte der Jüngling verstanden? Was der Vater zum Schluss von sich gegeben hatte, war ihr schleierhaft. Bis auf das allerletzte Wort, denn das hatte wie adieu geklungen.
***
Sven setzte sich an den Küchentisch, Algot tat es ihm nach, und Esther leistete den beiden Gesellschaft. Schwerfällig ließ sie sich auf ihren Stuhl plumpsen. Die Stunde am Herd war ihr nicht leichtgefallen. Trotzdem gab es ihr ein gutes Gefühl, sich ein wenig nützlich machen zu können, statt bloß mit Schmerzen im Bett zu liegen.
Der Schweinezüchter und sein Sohn fragten sie nicht, wie es ihr ging, weil sie wussten, dass sie nicht gefragt werden wollte. Stattdessen erzählte Sven zwischen zwei Bissen von dem überraschenden Zusammentreffen mit der Gräfin:
»Genau hier draußen, gerade eben.«
»Na so was aber auch«, sagte Esther. »Was sie wohl auf dem Herzen hat?«
»Algot zufolge will sie unser Haus, den Schweinestall, das Schlachthaus und alles kaufen und uns mit den Taschen voller Reichstaler von hier wegschicken.«
»Falls ich sie richtig verstanden habe«, gab Algot zu bedenken. »Vielleicht wollte sie auch bloß ein Schwein kaufen.«
Doch da konnte Sven nur den Kopf schütteln. Ein Schwein habe sie ja schon, in Gestalt des Grafen.
Algot musste ihm lachend recht geben.
Esther ließ nicht locker. Um Klarheit bemüht, wandte sie sich an den Sohn:
»Da gibt es ja wohl einen gewissen Unterschied, ob sie unseren ganzen Besitz kaufen will oder bloß eins von dreihundert Schweinen? Du hast doch Sprache studiert, Algot!«
»Aber nicht genau die Sprache, Mutter. I can speak a little English.«
Sven führte näher aus:
»Da draußen auf der Welt gibt es verschiedene Sprachen. Die Gräfin, diese dumme Nuss, spricht nichts außer Französisch.«
»Will sie Schweinezüchterin werden?«, überlegte Esther laut.
Das hielt Sven für wenig wahrscheinlich. Aber sie importierte ja Pferde, die zu nichts anderem zu gebrauchen waren, als sich begaffen zu...
Erscheint lt. Verlag | 6.11.2024 |
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Übersetzer | Astrid Arz |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Algot, Anna Stina och det välsignade brännvinet |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 2024 • Bestseller 2024 • bestseller schweden • Der Hundertjährige • eBooks • Historische Romane • Moonshiners • Neuerscheinung • neuerscheinung 2024 • neuerscheinung bestseller 24 • Roman • Romane • Schweden • Smaland • vater weihnachtsgeschenk • Weihnachtsgeschenk Buch |
ISBN-10 | 3-641-29544-0 / 3641295440 |
ISBN-13 | 978-3-641-29544-8 / 9783641295448 |
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