Vergissmeinnicht (eBook)
528 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491968-3 (ISBN)
Wenn Quinn nach seinen Abenteuern im Saum eines weiß, dann das: Matilda ist seine große Liebe, ganz egal, wie anstrengend ihre Familie ist. Eigentlich sollten sich die beiden gerade nur auf den großen Schulball freuen. Wenn da nicht dieses rätselhafte Sternentor-Ritual wäre, durch das Quinn als angeblicher Auserwählter die Welt retten soll. Und flüchtige Schwarzalben, die versteckt werden wollen, sowie ein ominöses Orakel, das im entscheidenden Moment immer wieder verschwindet. Mit anderen Worten: ein ganz normaler Dienstag. Dann gerät Matilda auch noch ins Visier mächtiger Feinde. Zusammen mit Quinn muss sie Geheimnisse entschlüsseln, die den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten ...
Der spannende und romantische dritte Band der Vergissmeinnicht-Trilogie - perfekt zum Einkuscheln und Mitfiebern in der Winterzeit.
Mit Was-bisher-geschah-Kapitel für den schnellen Wiedereinstieg.
Noch mehr magische Lesestunden mit den Büchern von Kerstin Gier:
Wolkenschloss
Die Vergissmeinnicht-Reihe:
Band 1: Was man bei Licht nicht sehen kann
Band 2: Was bisher verloren war
Band 3: Was die Welt zusammenhält
Die Silber-Reihe:
Das erste Buch der Träume
Das zweite Buch der Träume
Das dritte Buch der Träume
Kerstin Gier, Jahrgang 1966, hat 1995 ihr erstes Buch veröffentlicht und schreibt seither überaus erfolgreich für Jugendliche und Erwachsene. Ihre Edelstein-Trilogie, die Silber-Reihe und ihre Vergissmeinnicht-Bände wurden zu internationalen Bestsellern, mehrere Romane von ihr sind verfilmt worden. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln. Eva Schöffmann-Davidov, Jahrgang 1973, ist eine der renommiertesten Kinder- und Jugendbuchillustratorinnen Deutschlands. Nach ihrem Studium an der Fachhochschule für Gestaltung in Augsburg machte sie sich in der Kinder- und Jugendliteratur schnell einen Namen und gewann im Lauf ihrer Karriere zahlreiche Preise für ihre Gestaltungen. Als Fachhochschuldozentin gab sie ihr Wissen und ihre Erfahrung auch an junge Künstler*innen weiter. Heute illustriert sie Kinderbuchserien und Jugendbücher unter anderem von Bestsellerautor*innen wie Kerstin Gier oder Tanya Stewner. Die Illustratorin lebt mit ihrer Familie in Augsburg.
Prolog
Than unterdrückte ein Ächzen. Er ärgerte sich, das Mietauto so weit weg geparkt zu haben – dieses Mädchen war eindeutig schwerer, als es aussah. Anstelle von Blut musste Blei durch ihre Adern fließen. Der blonde Lockenkopf lag an seiner Brust, ihre Beine baumelten über seinen Unterarm.
Es wäre einfacher gewesen, sie wie einen nassen Sack über seine Schulter zu werfen, aber dann hätte er sich auch gleich eine rote Flagge auf die Stirn tackern können, mit der Aufschrift »Achtung, Entführung!«.
Obwohl – die Leute in dieser Stadt schienen nicht besonders aufmerksam zu sein, niemand hatte ihnen jedenfalls bisher auch nur die geringste Beachtung geschenkt. Lediglich ein Mann, der einen plattnasigen Hund Gassi führte, schenkte Than im Vorbeigehen ein mitleidiges Lächeln.
Er schnaubte verächtlich. Es stimmte, was Frey immer sagte: Menschen besaßen einfach keinerlei gesunde Instinkte mehr. Man konnte völlig unbehelligt eine Leiche durch die Stadt schleppen.
Sein nasser Sack lebte allerdings noch.
»Leicht wie eine Feder«, nuschelte das Mädchen. Offenbar hatte er das mit dem Chloroformgemisch getränkte Tuch nicht lange genug auf ihr Gesicht gedrückt.
»Von wegen Feder«, knurrte er. »Du wiegst doppelt so viel wie das Reh, das ich neulich erlegt habe.« Er spannte seinen Bizeps an, aber sie gab kein Wort mehr von sich. Mit einem erleichterten Seufzer bog er in die Seitenstraße ein, in der er den Mietwagen geparkt hatte. Als er sie auf die Rückbank gleiten ließ, waren ihre Augen wieder geschlossen. Sie rührte sich auch nicht, als er ihre Fuß- und Handgelenke mit Tape fixierte.
Erst Minuten später, schon fast auf der Stadtautobahn, kam sie wieder zu sich. Than beobachtete im Rückspiegel, wie sie sich mühsam aufrichtete und verwundert zuerst ihre gefesselten Hände betrachtete, sich dann umsah und unvermittelt zu weinen begann. Und zu reden.
»Ich wusste schon in der Umkleidekabine, dass dieses Sommerkleid falsche Signale aussenden würde«, jammerte sie. »Aber meine Eitelkeit hat gesiegt, und ich habe es trotzdem gekauft. Oder vielmehr genau deswegen. Eitelkeit gehört nicht umsonst zu den sieben Todsünden, sie fällt unter Hochmut, Superbia. Leopold und ich haben mal ein Referat über Todsünden und Kardinaltugenden gehalten. Wir haben eine Eins plus dafür bekommen.« Sie schluchzte laut auf. »Andererseits gilt Hochmut nur als Todsünde, wenn man damit gleichzeitig gegen eins der Zehn Gebote verstößt, sofern ich das richtig in Erinnerung habe, und Gott wird mir verzeihen, Gott verzeiht sowieso alles, was man ehrlich bereut, das sollten Sie wissen, es ist nie zu spät, ganz gleich, was man getan hat …«
Than drehte sich zu ihr um. »Ich bereue nur, dir nicht den Mund zugeklebt zu haben. Halt die Klappe, sonst fahr ich rechts ran und hole das nach.« Befriedigt registrierte er ihre erschrocken aufgerissenen Augen, bevor er seinen Blick wieder auf die Fahrbahn lenkte.
Eine Sekunde lang blieb es still, dann sprach sie einfach weiter. »Aber es ist wahr! Gott liebt Sie. Auch wenn Sie gerade eine Sünde begehen. Ich frage mich allerdings, ob Ihre Motive Luxuria, also der Wollust, entspringen, oder Avaritia, der Habgier. Oder beidem. Und ob ich Sie überhaupt siezen sollte, Sie kommen mir für einen Entführer viel zu jung vor. Und viel zu hübsch und gepflegt für einen Triebtäter. Wobei ich mich damit natürlich nicht auskenne. Um Lösegelderpressung kann es aber auch nicht gehen, da hättest du wohl eher Lilly Goldhammer von Feinkost-Goldhammer entführt, ihre Eltern sind Millionäre.« Sie schniefte. »Wahrscheinlich arbeitest du also für einen Mädchenschmugglerring. Mit einer minderjährigen, blonden Jungfrau erzielt man bestimmt einen guten Preis, hab ich recht?«
Sie weinte zwar immer noch, aber Than hatte nicht den Eindruck, dass sie angemessen ängstlich wirkte. Vielleicht waren das die Nachwirkungen des Betäubungsmittels, die sie dazu brachten, all ihre Gedanken laut auszusprechen. Und irgendwie kroch dabei ein ungutes Gefühl in ihm hoch. Das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte.
Sie legte ihren Kopf schief. »Deinem Akzent nach kommst du aus dem Ausland. Ich nehme an, dass du dir angewöhnt hast, deine Opfer nur als Ware zu betrachten, damit du diesen herzlosen Job überhaupt machen kannst«, plapperte sie, wobei sie im Rückspiegel seinen Blick suchte. »Aber ich bin sicher, unter dieser wunderschönen harten Schale steckt ein verletzlicher Junge, der wahrscheinlich aus purer Not in diese Situation geraten ist. Und an diesen verletzlichen Jungen appelliere ich jetzt. Schau mich an! Ich bin ein Mensch, keine Ware! Ein fühlendes Wesen! Ich heiße Luise Martin und werde nächstes Jahr mein Abitur machen.«
Than erstarrte.
»Und dann ein freiwilliges soziales Jahr«, fuhr sie fort. »Weil es mir immer schon ein großes Bedürfnis war, anderen Menschen zu helfen. Nächstenliebe liegt mir sozusagen im Blut. Ich habe Eltern, die mich vermissen werden, einen Zwillingsbruder, der ohne mich nicht klarkommt, und eine kleine Schwester, die mich dringend als Vorbild braucht! Ich tanze gern, und seit neustem gärtnere ich auch. Ich liebe die Natur. Und ich singe ziemlich gut. Weshalb auch ich damals das Engelsolo im Krippenspiel hätte singen sollen und nicht meine Cousine Matilda, auf die ich manchmal eifersüchtig bin.« Erneutes Schniefen. »Was aber bitte unter uns bleibt, ja? Wie bei Pfarrer Petersen im Beichtstuhl. Ich sage es dir nur, damit du erkennst, dass ich ein Mensch bin, mit Schwächen, genau wie du. Und ich sehe, dass meine Worte bei dir angekommen sind, ich sehe es in deinem Gesicht.«
In der Tat. So eine Scheiße. Wie dämlich konnte man denn sein? Er hatte das falsche Mädchen erwischt! Zornig schlug er mit der Faust auf das Lenkrad. Bei ihrem Zusammentreffen in der Schule vor einigen Wochen hatte er sich ausschließlich auf Quinn und die verfluchte Jeanne d’Arc konzentriert, das Menschenmädchen hatte ihn nicht weiter interessiert. Er hatte sie gerade lange genug angeschaut, um sie auf der Party wiederzuerkennen. Dass sie eine Doppelgängerinnen-Cousine besaß, hatte er ja nicht ahnen können. Jetzt war er heilfroh, ihr den Mund nicht zugeklebt zu haben. Denn wenn er mit dem falschen Mädchen bei Frey aufgekreuzt wäre, hätte er auf einen Schlag alle gesammelten Pluspunkte wieder verspielt. Aber noch war es nicht zu spät. So schnell gab sich ein Sohn des Nordens nicht geschlagen. Er straffte die Schultern, setzte den Blinker und wechselte auf die linke Spur. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als noch einmal zur Party zu fahren und seinen Fehler wiedergutzumachen.
Cousine Plappermaul hatte indes nicht eine Sekunde zu reden aufgehört. »Du musst keine Angst haben! Ich habe zwar dein Gesicht gesehen, dieses unvergesslich schöne, kantige Gesicht, aber ich verspreche dir, dass ich niemandem von dir erzählen werde, wenn du mich freilässt«, versicherte sie eifrig. »Und da kannst du jeden fragen: Luise Martin hält ihre Versprechen … Oh! Du fährst zurück? Das ging ja … schneller, als ich dachte.« Sie strahlte ihn im Rückspiegel an. »Es freut mich, dass meine Worte dich berühren konnten. Ich habe das mal in einer True-Crime-Doku gehört, ich dachte nicht, dass es funktionieren würde, aber ich wusste, dass du ein gutes Herz hast, weil … hach, ich wusste es einfach!« Sie war wie so ein nerviges Lied im Radio, das man nicht ausstellen konnte. »Du wirst es nicht bereuen! Ich kann dir helfen! Meine Familie und ich, wir haben viel Übung darin, Gutes zu tun. Und jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient. Auch du. Gerade du. Weißt du, ich könnte der Engel sein, den Gott dir geschickt hat, um …«
»Schnauze!«, sagte er in exakt dem Tonfall, den er auch ungehorsamen Blutwolfwelpen gegenüber anschlug, und der war so einschüchternd, dass Plappermaul tatsächlich verstummte. Aber vermutlich hielt das nicht lange. Fürs Erste würde er sie knebeln und im Kofferraum verstauen müssen. Wenn er dann das richtige Mädchen bei Frey abgeliefert hatte, konnte er sich immer noch überlegen, was er mit der Doppelgängerin machen sollte. Quinns Freundin hätte er kein Haar krümmen dürfen, doch niemand hatte etwas über die Cousine gesagt. Die nun Zeugin seines Versagens war. Allein das war ein Grund, sie mit einem Stein um den Hals im Stadtweiher zu versenken, vom nervtötenden Gequatsche mal abgesehen.
Sein Handy klingelte. Das Display zeigte ein Foto seines Waffenbruders Kjell-Sigge, wie er mit angekokeltem Haar und Rußflecken im Gesicht verdutzt in die Kamera schaute. Than hatte es gegen das ursprüngliche Profilbild ausgetauscht, auf dem sich der Aguaner mit im Wind wehender Wallemähne beim Baden in einem Eisloch präsentiert hatte.
»Was gibt es?«, fragte er ungehalten auf Norwegisch. Das fehlte noch, dass jemand merkte, was für einen Mist er hier gerade gebaut hatte. »Ich bin …«
»Ich weiß«, fiel Kjell-Sigge ihm ins Wort. »Aber du musst die Mission abbrechen und herkommen. Sofort. Es gab einen Schwarzalbenüberfall auf zwei Portale in Schattenstadt.«
»Was?« Than kam gar nicht dazu, sich über den Abbruch seiner gescheiterten Mission zu freuen. Er runzelte die Stirn. »Gleich zwei Portale?« Es kam immer wieder vor, dass Schwarzalben versuchten, sich durch Portale zu schmuggeln, um aus dem Saum auf die Erde zu gelangen, manchmal auch mit Gewalt. Was sie dann meistens mit ihrem Leben bezahlten. Aber etwas in Kjell-Sigges Stimme sagte Than, dass es dieses Mal anders war.
»Es waren viele. Die Aktion ist offensichtlich von langer Hand geplant worden, mit Hilfe von Insiderinformationen. Das Portal nach Paris haben sie förmlich...
Erscheint lt. Verlag | 27.11.2024 |
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Reihe/Serie | Vergissmeinnicht |
Mitarbeit |
Cover Design: Eva Schöffmann-Davidov |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Booktok • Bücher Bestseller 2024 • Bücher Bestseller 2025 • Cornelia Funke • Dämonen • die man gelesen haben muss • Edelstein-Trilogie • Fantasy-Bücher • Farbschnitt • Feen • Kerstin Gier Neuerscheinung • Magie • Mythische Wesen • Ostergeschenk • Parallelwelt • Parkour • portal fantasy • Sagen • Silber-Trilogie • TikTok • tiktok made me buy it • Träume • Wasserspeier • Weihnachtsgeschenk • Zeugnisgeschenk für Jugendliche |
ISBN-10 | 3-10-491968-2 / 3104919682 |
ISBN-13 | 978-3-10-491968-3 / 9783104919683 |
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