G. F. Unger 2283 (eBook)

Ritt für den Toten

(Autor)

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2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6967-9 (ISBN)

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G. F. Unger 2283 - G. F. Unger
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Dodge City war damals schlimm. Auch ich gehörte zu den schlimmen Burschen dieser Stadt.
Man kannte mich, Red Jim Flannaghan, ganz genau.
Eigentlich machte ich mir nichts aus Whisky. Doch weil ich wusste, dass die drei Chanessy-Brüder im Lonestar Saloon saßen, wollte ich hinein.
Mit einigen Freunden hatte ich diesen Chanessys und deren Mannschaft einen üblen Streich gespielt. Unten am Brazos River hatten wir sie überrumpelt und ihnen die Herde weggenommen.
Es war klar, dass sie seitdem hinter meinem Skalp her waren wie wilde Indianer. Warum auch nicht?
Natürlich war es eine Dummheit von mir, aber ich wollte die Burschen nicht lange nach mir suchen lassen. Die Chance, sie vor meinen Colt zu holen, wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Ich ging also einfach frech in den Lonestar Saloon hinein ...

Ritt für den Toten

Dodge City war damals schlimm. Auch ich gehörte zu den schlimmen Burschen dieser Stadt.

Man kannte mich, Red Jim Flannaghan, ganz genau.

Eigentlich machte ich mir nichts aus Whisky. Doch weil ich wusste, dass die drei Chanessy-Brüder im Lonestar Saloon saßen, wollte ich hinein.

Mit einigen Freunden hatte ich diesen Chanessys und deren Mannschaft einen üblen Streich gespielt. Unten am Brazos River hatten wir sie überrumpelt und ihnen die Herde weggenommen.

Es war klar, dass sie seitdem hinter meinem Skalp her waren wie wilde Indianer. Warum auch nicht?

Natürlich war es eine Dummheit von mir, aber ich wollte die Burschen nicht lange nach mir suchen lassen. Die Chance, sie vor meinen Colt zu holen, wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Ich ging also einfach frech in den Lonestar Saloon hinein ...

Doch ich kam den Chanessys nicht sehr gelegen. Sie waren schon immer Burschen, die nichts überstürzten, sondern alles der Reihe nach erledigten.

Im Moment war ich noch nicht an der Reihe, denn sie hatten bereits mit einem indianergesichtigen Burschen ein scharfes Pokerspiel in Gang gebracht.

Bei meinem Eintritt blickten sie nur kurz von ihren Karten auf und grinsten mich an.

Doch dann wandten sich die drei Chanessys wieder dem Spiel zu. Daran konnte ich erkennen, dass ihnen das viele Geld auf dem Tisch erst einmal wichtiger war und ich noch etwas warten sollte.

Der Barmann war ein guter Junge, der mich mochte. Er goss mir nicht nur aus einer besonderen Flasche den Whisky ein, sondern blieb auch noch eine Weile bei mir.

Seine leisen Worte habe ich noch genau in Erinnerung.

»Jim«, flüsterte er, »jetzt glaube ich doch, dass du zu den Gentlemen gehörst, die nicht viel älter werden als ein Gaul. Die Wetten stehen zehn zu eins gegen dich. Und wenn diese drei Giftpilze nicht erst noch den dicken Pokerpott gewinnen wollten, wärst du jetzt schon mächtig in Not.«

Ich dachte über seine Worte nach, aber leider war es schon zu spät.

Obwohl ich immer noch an mein Glück glaubte und mir gar nicht vorstellen konnte, dass man mich bald zum Stiefelhügel vor die Stadt bringen würde, verspürte ich plötzlich ein flaues Gefühl in der Magengegend.

Ich will nicht sagen, dass mir richtig bange wurde, aber von meinem Selbstbewusstsein ging eine Kleinigkeit verloren.

Denn die Chanessys waren wirklich schlimme Pilger und wurden in einigen Staaten steckbrieflich gesucht. Genauer gesagt: Sie waren richtige Banditen. Auf Tim und Lefty waren damals je zweitausend und auf Sego dreitausend Dollar Belohnung ausgesetzt. Nur hier in Kansas lag noch nichts gegen sie vor.

Nun, ich verspürte also jenes Gefühl der Ungewissheit, und vielleicht gerade deshalb sagte ich zu Charly, dem Barmann: »Zehn zu eins stehen die Wetten gegen mich? Pass auf, mein Junge, ich habe noch etwa fünfhundert Dollar übrig. Vielleicht kannst du sie für mich unterbringen?«

»Das kann ich.« Charly grinste. »Dort im Hinterzimmer sitzen Gentlemen, die jede Wette annehmen.«

Er nahm mein Geld und ging.

Der Bursche, mit dem die Chanessys spielten, gefiel mir immer besser. Ich erkannte gleich, dass er zu der verwegenen, rastlosen Sorte gehörte, für die das Leben nichts anderes als ein prächtiger Spaß ist. Das war einer von meiner Sorte, der Zickzackfährten ritt und dessen Campfeuer so verstreut waren wie die Sterne am Himmel.

In der Tischmitte lag ein Haufen Geld – etwa fünftausend Dollar. Dafür musste ein Spitzencowboy mehr als zehn Jahre arbeiten.

Aber der Bursche war ganz lässig und sorglos. Er blickte kaum in seine Karten und betrachtete die Chanessys mit Wohlwollen und Vergnügen. Es war ganz klar, dass dieser Mister stets an sein Glück glaubte und nie enttäuscht wurde.

Die Chanessys aber wirkten angespannt und gierig, und als sie dann ihre Karten zeigten, waren diese wirklich nicht schlecht. Sego Chanessy, der drei Asse und zwei Könige aufdeckte, war auch sehr sicher und beugte sich schon vor, um das Geld zu sich heranzuziehen, als der Fremde lässig sagte: »Nichts ist gut genug gegen meinen Straight Flush!«

Und dann zeigte er eine Folge von Karten bis zum Buben.

Von diesem Moment an wurden die drei Chanessys gemein. Das war nun einmal ihre Art. Ihre Taschen waren leer. Das Geld lag auf dem Tisch. Um wieder Geld in die Taschen zu bekommen, hätten sie eine Bank berauben oder einen Geldtransport überfallen müssen.

»Das ist kein Straight Flush, Mister. Was Sie für einen Buben ansehen, ist eine Dame. Ihnen fehlt also der Bube. Sie haben sich geirrt, Mister. Tut mir leid!«

Nun war alles klar.

Die Gäste an den benachbarten Tischen erhoben sich sofort, um aus den Schusslinien zu kommen. Der Barmann hinter mir, der inzwischen mein Geld untergebracht hatte und zurückgekommen war, seufzte tief – und der Fremde, der mir so gut gefiel, staunte eine Weile.

Dann sagte er trocken: »Es ist ein Bube!«

Und damit hatte er genau gesagt, was Sego Chanessy erwartete.

»Niemand nennt mich einen Lügner!«, brüllte Sego auch sofort und schnellte von seinem Stuhl auf.

Das tat auch der Fremde, und ich kann nur sagen, dass er ein Mann war, der gut für sich sorgen konnte. Leider aber war Sego Chanessy der beste Mann des Kleeblattes und zog deshalb einen Sekundenbruchteil schneller.

Und dann krachten die beiden Schüsse.

Es war eine Sache, wie sie fast jeden Tag in Dodge City auf ähnliche Art passierte, denn die Stadt war noch ohne Gesetz und voller Revolverhelden und wilder Jungs.

Sego und der Fremde trafen sich fast gleichzeitig.

Die beiden anderen Chanessys aber erinnerten sich an mich und dachten nicht ganz zu Unrecht, dass ich mir diese Chance nicht würde entgehen lassen.

Als Sego also loslegte, glitten auch seine beiden Brüder Tim und Lefty von den Stühlen, wirbelten zu mir herum und zauberten ihre Revolver aus den Holstern.

Als ich den Rückstoß meines alten Colts in der Hand spürte, wusste ich auch schon, dass meine Uhr noch nicht ablaufen würde. Ich spürte es sicher, obwohl ich einen heftigen Schlag an der Schläfe fühlte und dann in bodenlose Tiefe zu stürzen schien.

Ich erwachte etwa eine Stunde später auf einem Ledersofa. Mit meinem Kopf war etwas nicht in Ordnung. Nach einer halben Stunde aber wirkte das Pulver, das der Doc mir eingeflößt hatte, und die Schmerzen ließen etwas nach.

Ich setzte mich auf und blickte den alten Doc dankbar an.

Er betrachtete mich prüfend und sagte dann: »Ich habe dem Hauptmann der Bürgerwehr gesagt, dass Sie vierundzwanzig Stunden Bettruhe nötig haben, Flannaghan.«

»Zum Teufel mit der Bürgerwehr«, sagte ich, »ich habe nur dafür gesorgt, dass ich nicht totgeschossen wurde, nicht wahr?«

»Sie sind trotzdem ein Revolverheld«, sagte der Doc friedlich. »Und in genau zwölf Stunden beginnt ein Mister Wyatt Earp hier seinen Dienst als Marshal. Seine erste Amtshandlung würde sein, Sie aus der Stadt zu jagen, junger Mann.«

Nun, ganz so jung war ich nicht mehr. Ich hatte damals achtundzwanzig Sommer erlebt – aber der Doc hätte mein Vater sein können.

Von Wyatt Earp hatte ich schon gehört. Es gab damals im ganzen Westen keinen berühmteren Kämpfer als ihn. Er würde also hier in Dodge City den Stern tragen. Oh, er hatte schon viele wilde Städte gezähmt und gebändigt. Er würde auch Dodge City bändigen und zu einer friedlichen Stadt machen.

»Es sieht so aus, als ob ich wirklich fortreiten müsste«, sagte ich. »Denn ich möchte nicht der Mann sein, der von Wyatt Earp hier die erste Lektion erhält.«

Doch da kam Charly, der Barkeeper, herein. Er brachte meinen Hut mit, und in diesem Hut waren mehr als fünftausend Dollar.

Charly grinste mich an und sagte: »Die Wetten standen zwei zu eins gegen dich. Die Gentlemen haben gezahlt, obwohl du nur gegen zwei Chanessys kämpfen musstest. Aber man hat gezahlt.«

»Nimm dir tausend Dollar, mein Junge«, krächzte ich. »Und behalte mich in guter Erinnerung.«

»Das werde ich«, sagte er. »Du bist schon ein prächtiger Bursche, Red Jim.«

Und dann ging er.

Es wäre mir fast gelungen, einzuschlafen, aber da stand plötzlich der Doc neben dem Sofa und sagte: »Dieser Les Rockman möchte Sie sprechen, Flannaghan.«

»Wer ist Les Rockman, Doc?«

»Sego Chanessy hat ihn schlimm getroffen – ich glaube nicht, dass er noch einmal die Sonne aufgehen sieht«, knurrte der Doc.

Und da wusste ich, wer Les Rockman war.

Ja, er lag im Bett, und er hatte immer noch Ähnlichkeit mit einem Indianer, obwohl unter seiner tiefbraunen Haut schon die Schatten des Todes zu erkennen waren.

Aber er grinste. Es ging ihm sehr schlecht, und er hatte keine Chance mehr. Er wusste auch, dass es mit ihm bald zu Ende ging. Aber er grinste.

Wahrhaftig, er gehörte zu jener Sorte, die ich gernhatte und zu der ich ebenfalls gehörte.

Als ich nämlich an Les Rockmans Bett saß, hatte ich das Gefühl, als müsste ich Abschied von einem guten Freund nehmen. Es war ein bitteres...

Erscheint lt. Verlag 3.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-6967-6 / 3751769676
ISBN-13 978-3-7517-6967-9 / 9783751769679
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