Ich will dies, das und dich (eBook)
400 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44665-2 (ISBN)
Saskia Louis kam 1993 mit einer Menge Fantasie zur Welt, die sie seit der vierten Klasse nutzt, um Geschichten zu schreiben. Zusammen mit ihren älteren Brüdern wuchs sie in der Kleinstadt Hattingen auf und über die Jahre hat sie ihr Zuhause in unterhaltsamer Frauenliteratur und Fantasy gefunden. Heute wohnt sie in Köln und wünscht sich, dass Menschen mehr singen als schimpfen würden. Ihr größter Traum ist es, den Soundtrack zu der Verfilmung eines ihrer Bücher zu schreiben.
Saskia Louis kam 1993 mit einer Menge Fantasie zur Welt, die sie seit der vierten Klasse nutzt, um Geschichten zu schreiben. Zusammen mit ihren älteren Brüdern wuchs sie in der Kleinstadt Hattingen auf und über die Jahre hat sie ihr Zuhause in unterhaltsamer Frauenliteratur und Fantasy gefunden. Heute wohnt sie in Köln und wünscht sich, dass Menschen mehr singen als schimpfen würden. Ihr größter Traum ist es, den Soundtrack zu der Verfilmung eines ihrer Bücher zu schreiben.
Prolog
Wenn man heulend, regendurchnässt und mit blutender Platzwunde am Kopf an einer Bushaltestelle endet, die einem mithilfe von künstlerisch wertvollem Graffiti die Worte Fuck you entgegenschreit, muss man irgendwann im Leben die falsche Abzweigung genommen haben. In meinem Fall war es womöglich nicht nur eine.
Wo soll ich anfangen? Ich schätze, alles begann mit meinem kleinen Problem: Ich lüge zu viel.
Es ist keine große Sache. Es sind meistens nur Kleinigkeiten. Notlügen, die ich einbaue, ohne es zu merken. Wie zum Beispiel, dass ich zu spät zur Arbeit gekommen bin, weil meine Bahn ausgefallen ist.
Okay, nein, das ist gelogen.
Erstens: Ich merke es immer, wenn ich lüge. Weil ich es mit Absicht tue.
Zweitens: Wenn ich zu spät komme, rutschen mir Dinge heraus wie: »Mein Hamster ist gestorben, und ich musste ihn noch kurz im Garten begraben, und dann konnte ich vor lauter Tränen meine Schaufel nicht finden, und … Es tut mir leid, was habe ich verpasst?« Ich habe einen Hamster – mittlerweile meinen siebten, wenn man all meinen Notlügen Glauben schenkt –, aber ich besitze keinen Garten. (Natürlich nicht. Ich wohne in der Kölner Innenstadt und gebe monatlich mehr für meine Miete aus als in fünf Jahren für Klamotten.)
Drittens: Es sind nicht nur Kleinigkeiten. Ab und zu sind es auch ein wenig größere Sachen. Und ein wenig ist eigentlich auch nicht korrekt. Das sage ich nur, damit es nicht so schrecklich klingt.
Gut, für den Fall, dass die nächsten Geständnisse ein schlechtes Licht auf mich werfen könnten: Ich bin kein schlechter Mensch. Das ist ausnahmsweise die Wahrheit. Ich kann Richtig und Falsch unterscheiden. Ich bin in einem Haushalt groß geworden, in dem mir mit dem Fegefeuer gedroht wurde, wenn ich meine Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Engel saßen im Fernseher und verrieten es meinen Eltern, wenn ich unerlaubterweise Videokassetten ansah. Mein Opa persönlich warf Blitze aus dem Himmel, wenn ich Süßigkeiten aus dem Schrank stahl und meine Zähne nicht putzte.
Meine kleine Schwester kam sehr schnell dahinter, dass das Schwachsinn war, aber ich habe, bis ich zehn war, im Fernseher nach besagten Engeln gesucht und mir den ein oder anderen Stromschlag geholt.
Das tut jetzt gar nichts zur Sache. Wie gesagt: Ich kann Richtig und Falsch unterscheiden. Gut und Böse dank all der Disneyfilme, die ich gesehen habe, auch. Ich helfe blinden Leuten in den Bus, spende an Greenpeace, erkläre meiner Mutter geduldig, wie sie eine E-Mail mit Anhang verschickt und würde für meine beste Freundin ein Jahr lang auf Schokoladenkuchen verzichten. Alles in allem bin ich ein guter Mensch. Es ist nur das Lügen. Ansonsten ist mein moralischer Kompass wirklich intakt.
Schön. Da ich mir das jetzt vom Herzen geredet habe, können wir zu den größeren Lügen kommen, die ich schon verbreitet habe: Zum Beispiel habe ich meiner Schwester erzählt, dass ich Jugendliche dabei beobachtet hätte, wie sie sich an ihrem Küchenfenster zu schaffen machten und es aufbrachen, sodass ihr geliebter Wellensittich abhauen konnte. Dabei war es meine beste Freundin Elisa, die die Blumen meiner Schwester gegossen und vergessen hat, den Käfig sowie das Fenster zu schließen.
Okay, nein. Ich war es. Ich hatte alle Pflanzen meiner Schwester während ihres Urlaubs gekonnt umgebracht und ihren Wellensittich noch dazu. Auch wenn ich mir bis heute nicht sicher bin, ob Flying Louie wirklich das Zeitliche gesegnet oder irgendwo im Grüngürtel seine eigene Familie gegründet hat und sehr glücklich ist. (Aber wahrscheinlich lüge ich mir damit ebenfalls nur was vor.)
Ich hatte vorgehabt, Karla die Wahrheit zu sagen. Wirklich. Aber sie wirft mir seit zwanzig Jahren bei jeder Gelegenheit an den Kopf, wie verantwortungslos und schusselig ich doch sei, und ich hatte ihr nicht noch mehr Zündstoff geben wollen. Die Lüge ist mir so rausgerutscht, und im nächsten Moment war sie schon zur Polizei gestapft, um Anzeige gegen die nichtexistierenden Jugendlichen zu erstatten und … ja, dann war es irgendwie zu spät gewesen.
Wie auch immer. Die Lüge lastet seitdem auf mir, aber ich habe mich damit arrangiert. Ich zünde jedes Mal eine Kerze für Flying Louie an, wenn ich einer Kirche einen Besuch abstatte. Was relativ häufig ist. Na ja, einmal im Jahr eben. Zu Weihnachten, mit meiner Familie. Ich glaube nicht an Gott und bin schon vor zwei Jahren aus der Kirche ausgetreten, auch wenn meine Eltern natürlich keine Ahnung davon haben. Doch das zähle ich zu den kleinen Notlügen. Denn meine Mutter würde einen Herzinfarkt bekommen, wenn ich ihr beichten würde, dass meine Zweifel an Gott und der Bibel daher rühren, dass ich keine Engel im Fernseher hatte finden können.
Okay, wo war ich? Ach, ja, die größeren Lügen.
Mein Vermieter denkt, dass ich Autorin bin und der zweite Name auf meinem Klingelschild mein Pseudonym ist. Dabei ist es Elisas Nachname, die seit zwei Jahren mit mir zusammenwohnt, obwohl Herr Henning ausdrücklich gesagt hat, dass er keine WGs in seinem Gebäude haben will. Und letztens hat mein Boss gefragt, wer schon in Neuseeland gewesen ist und optimalerweise auch unglaublich gern campen geht. Er hat jemanden gesucht, der wertvolles Insiderwissen für den Auftrag einer neuseeländischen Outdoorfirma besitzt.
Meine Hand ist von ganz allein nach oben geschossen. Obwohl ich in meinem Leben noch nicht näher an Neuseeland herangekommen bin als beim Essen einer Kiwi und der Gedanke, in einem Zelt auf dem Boden zu schlafen, für mich in etwa so erquickend wie ein Brief vom Finanzamt ist.
Aber was ist mir anderes übrig geblieben? Ich brauche den Auftrag, damit ich in meinem Job endlich weiterkomme. Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt und arbeite seit einem Jahr als Junior Project Managerin für eine Marktforschungsfirma, die Unternehmen hilft, ihre Produkte und Dienstleistungen optimal nach den Bedürfnissen ihrer Zielgruppen auszurichten. Trotz meines Titels durfte ich noch kein einziges Projekt leiten, obwohl ich meinen Master in Markt- und Medienforschung mit 1,7 abgeschlossen habe und mir beim Einstieg versichert worden ist, dass ich sehr schnell mehr Verantwortung übernehmen würde.
Das Ganze ist noch ein wenig tragischer, weil die Hälfte wieder gelogen ist. Ich bin bereits dreißig – schön, einunddreißig! –, arbeite tatsächlich seit fünf Jahren dort, und mein Abschlusszeugnis trug die Note 1,3. Keine Ahnung, warum ich selbst deswegen lüge. Unterm Strich bin ich verdammt gut in meinem Job. Das ist die Wahrheit. Ich schwöre auf meinen Hamster Skippy den Siebten.
Und wahrscheinlich wäre ich längst zur Senior Project Managerin befördert worden, wenn der Sohn vom Boss nicht bei uns angefangen und innerhalb von sechs Monaten die einzig freie Senior-Executive-Stelle in den Allerwertesten geschoben bekommen hätte. Aber sicherlich hat er sich die Stelle dank seiner harten Arbeit, nicht seiner DNA, verdient.
(Was offensichtlich Schwachsinn ist, der Typ kann eine PowerPoint-Präsentation nicht von Mario Kart unterscheiden – das Spiel, das er die Hälfte seiner Arbeitszeit auf seiner Switch zockt.)
Zu sagen, dass ich deswegen frustriert bin, wäre ebenfalls gelogen, denn ich bin fuchsteufelswild und würde den Kerl gern jeden Tag mit Schildkrötenpanzern abwerfen. Echten, versteht sich. Da das jedoch strafrechtlich eine Grauzone ist und auch der Artenschutz vermutlich etwas dagegen hätte, begnüge ich mich damit, ihm Hamsterköttel in seine geliebten brasilianischen Kaffeebohnen zu mischen, die er mit niemandem teilen will. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mir meinen Hamster einzig und allein aus dem Grund gekauft.
Ich bin nicht stolz darauf, aber … Okay, ich bin ein wenig stolz drauf. Immerhin verstecke ich seit einem Jahr unbemerkt Nagetier-Exkremente in einer für jeden zugänglichen Kaffeeküche. Das ist schon eine beachtliche Leistung.
Doch als mein Boss mich gefragt hat, ob die Beförderung seines Sohnes für mich in Ordnung sei, ich würde auf jeden Fall die nächste freie Stelle bekommen, habe ich nur gelächelt und genickt. Wie ein verdammter Wackeldackel.
Also ja: Meine Hand ist bei der Frage nach Neuseeland-Erfahrung nach oben geflogen, und die letzte Woche habe ich damit verbracht, mir Wikipedia-Artikel über den Inselstaat und Camping durchzulesen. Letzteres war keine anregende Lektüre, wenn ich das bemerken darf.
So, das ist es. Mein kleines großes Problem. Ich lüge zu viel und weiß es und kann nicht damit aufhören. Aber das ganze Lügen macht mich weder glücklicher noch zufriedener. Das Gegenteil ist der Fall. Denn irgendwann habe ich den Überblick darüber verloren, was ich wem erzählt habe und wie man durchs Leben kommt, ohne wie wild zu flunkern. Auch wenn ich das wirklich ändern will.
Ja. Das ist eigentlich alles, was man über mich wissen muss, um zu verstehen, wie ich an besagter verregneter Bushaltestelle der Hölle enden konnte.
Okay, nein, das ist gelogen. Das waren viel zu wenig Informationen. Aber ich greife vorweg. Fangen wir doch mit Silvester an. Denn das Ende des Jahres ist immer auch ein Anfang. Die Möglichkeit, alles besser zu machen. Der Tag, den ich jedes Jahr nutze, um darüber nachzudenken, was ich richtig und falsch in meinem Leben mache. Jedes Jahr am 31. Dezember nehme ich mir eine Stunde Zeit, um eine Liste der Dinge zu schreiben, die ich verbessern will. Die ich umsetzen will, um die fantastischste Version meiner selbst zu werden.
Es ist klar, worauf das hinausläuft, oder?
Denn ja. Das ist natürlich gelogen. Ich habe noch nie...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2024 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | CEO Liebesromane deutsch • ceo romance deutsch • das und dich • feel good Roman • Frauenroman • Große Gefühle • Gute Vorsätze • humorvolle Bücher für Frauen • Humorvoller Frauenroman • Ich will dies • Köln • Liebesgeschichte • Liebesgeschichten • Liebeskomödie • Liebesromane • liebesromane ceo • Liebesromane deutsch • Liebesromane mit happy end • Liebesroman mit Humor • Liebesroman mit Witz • Lovestory • lustige Liebesromane • Neujahrsvorsätze • office love • Office romance • Persönlichkeitsentwicklung • Romantic Comedy • Romantik • romantisch • Romantische Bücher • Romantische Komödie • Roman zum Lachen • Saskia Louis • Wohlfühlroman |
ISBN-10 | 3-426-44665-0 / 3426446650 |
ISBN-13 | 978-3-426-44665-2 / 9783426446652 |
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