Chosen - Träume aus Gold (eBook)

388 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-32132-1 (ISBN)
Die Töchter der großen Adelshäuser Vesmons werden ihr Leben lang auf den Tag vorbereitet, an dem sie an den Royal Games teilnehmen, um die Gunst des Prinzen zu erlangen. Ohne magische Ausbildung wäre Iris nie für die Spiele infrage gekommen, bis sie urplötzlich den Platz ihrer Schwester Hyacinth einnehmen muss. Kaum am Königshof angekommen, findet sie sich in einem Netz aus Intrigen wieder und ihre einzige Hoffnung zu überleben, ist ihr Mentor Cylus, der sie trotz seiner unnahbaren Art schon bald ihr eigentliches Ziel aus den Augen verlieren lässt ...
* New Adult * Romantasy * Enemies to Lovers * Royals * Spice * Love Triangle
Zwischen Narnia und Westeros lebt Emily Bähr im magischen Nordirland, wo sie als Grafikdesignerin den Lebensunterhalt für sich und ihre Katzen verdient. Als bekennender Nerd liebt sie Science-Fiction, Kinobesuche und Pokémon und würde bei der ersten Gelegenheit auf den Mars auswandern. Da dies allerdings unwahrscheinlich ist, flüchtet sie sich in die fantastischen Welten in ihrem Kopf, während sie im Schutz der Nacht Wikipedia nach unnützem Wissen durchforstet.
1
Lights, Camera
Draußen auf dem Hof herrschte so viel Betrieb wie schon seit Jahren nicht mehr. Eine ganze Schar Fernsehleute hatte sich um den Van des VBC versammelt. Wie Ameisen huschten sie umher und riefen sich so laut Anweisungen zu, dass ich sie selbst durch das geschlossene Fenster hörte. Eine jagte mir Gänsehaut über die Arme.
Beeilt euch. Noch dreißig Minuten.
Dreißig Minuten, bis ich unten durch die Tür treten würde.
Dreißig Minuten, bis sich die Augen der Nation auf mich richten würden.
Dreißig Minuten, bis mein bisheriges Leben vorbei sein würde.
Dreißig Minuten in Freiheit.
Mit einem Seufzen zog ich den Vorhang vollends zu, um den Spalt zu schließen, durch den ich heimlich das Geschehen vor dem Haus verfolgt hatte. Danach strich ich über den Rock meines neuen Kleids. Der türkisfarbene Crêpe-Stoff fühlte sich seltsam fremd auf meiner Haut an und war mit Abstand das Teuerste, das ich je getragen hatte. Bis jetzt. Das luftige Kleid saß nicht. Zu eng am Oberkörper und zu lang an meinen Armen und Beinen, weil es für jemand anderen gemacht worden war. Ich konnte nicht einmal den Reißverschluss am Rücken richtig zumachen, aber das würde sich legen.
»Steh gerade.«
Meine Mutter war hereingekommen, ohne anzuklopfen. Eine solche Alltäglichkeit, dass der scharfe Klang ihrer Stimme mich nicht einmal erschreckte, sondern nur automatisch zu Gehorsam zwang. Ich straffte die Schultern, richtete mich auf, als ob das allein einen anderen Menschen aus mir machen könnte. Jemanden, der mehr den Anforderungen von Lydia Boness entsprach, als ich es tat.
Sie trat an mich heran und begann sofort, an mir herumzuzupfen. »Du hast Staub auf das Kleid gebracht«, ließ sie mich wissen. »Ich habe dir doch gesagt, dass du dich nicht hinsetzen sollst.«
»Tut mir leid.« Leugnen war zwecklos, denn die einzige staubfreie Fläche auf der Fensterbank passte perfekt zur Größe meines Pos, den meine Mutter nun abklopfte wie einen Teppich. Ich verkniff mir einen Kommentar dazu, dass das hätte vermieden werden können, wenn jemand gewischt hätte, damit ich mich nicht wie eine Seiltänzerin durch das Anwesen bewegen musste.
»Es muss gehen«, murrte sie. »Sieh nur zu, dass dir so was nicht im Palast passiert.«
Ich verdrehte die Augen. »Natürlich nicht.«
»Na, dein Selbstbewusstsein möchte ich haben.«
Welches Selbstbewusstsein? Ich würde mich lieber unter dem verstaubten Teppich verkriechen, als in diesen Palast zu gehen. Oder gleich das Land verlassen und in eines ziehen, in dem die königliche Familie nicht alle paar Jahrzehnte diesen Zirkus veranstaltete, um eine Braut für den Prinzen zu finden.
Nachdem sie ihre Korrekturen beendet hatte, betrachtete meine Mutter mich mit diesem missmutigen Zug um die Lippen, der verriet, dass ihr nicht gefiel, was sie sah. Ihr Blick genügte, dass ich jede Imperfektion wie ein Brennen spürte. Meine unförmigen Brüste, meinen breiten Po und die Speckfalten an meinem Bauch, die matten braunen Locken, den Pickel an meinem Kinn.
»Es ist Zeit«, sagte Mutter, und ich nickte ergeben. Vor ein paar Tagen hatte ich noch gegen den Gedanken, an den königlichen Spielen teilzunehmen, rebelliert, doch nach langen Gesprächen mit meiner Familie war mir gar nichts anderes übrig geblieben, als mich auf diese Nummer einzulassen. Ich spürte nicht mal mehr Wut, nur Resignation.
Ich folgte Mum aus dem Ankleideraum und sah mich ein letztes Mal in meinem Zimmer um. Tief atmete ich den vertrauten Geruch der Bücher und meiner liebsten Duftkerze ein, damit ich ihn nicht vergaß, wenn ich erst im Palast war. Dann wurde ich erneut zur Eile angetrieben.
Unten im Salon wartete meine Schwester auf uns. Die Vorhänge waren zugezogen, und nur ein einzelner gedimmter Kronleuchter spendete schummriges Licht wie bei einer Séance. Als ich eintrat, erhob sich Hyacinth ächzend aus ihrem Stuhl und schloss mich in eine innige Umarmung. Sie war die Einzige, die lächelte.
Ich legte die Arme um sie, um sie zu stützen. Uns fehlte das nötige Geld, um einen Magier dafür zu bezahlen, ihr gebrochenes Bein zu heilen, weshalb es dauern würde, bis sie wieder vollkommen fit war.
»Bist du aufgeregt?«, flüsterte sie mir zu.
»Nein.«
»Lügnerin.«
Als sie von mir abließ, erkannte ich die Tränen, die in ihren Augen schimmerten. Erleichterung und Neid gingen in ihrem Innern Hand in Hand, daran bestand kein Zweifel, und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als mit ihr Platz zu tauschen. Lieber wäre ich von der Leiter gefallen, lieber hätte ich mir das Bein gebrochen. Aber dieses eine verdammte Mal hatte es meine sonst so viel anmutigere Schwester erwischen müssen.
»Das Armband, Iris«, erinnerte mich meine Mutter streng.
Nickend trat ich einen Schritt zurück, bevor ich das Schmuckstück aus meinem Ärmel fischte, das Hyacinth für mich verzaubert hatte. Keine Ahnung, ob die Magie für Umstehende gefährlich war, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Mir wurde flau im Magen, während ich mit den Fingerspitzen über das kühle, geflochtene Gold fuhr und meinte, den Zauber unter seiner Oberfläche spüren zu können.
»Iris«, ermahnte mich meine Mutter.
»Ich weiß.« Ich holte tief Luft, dann schob ich das Armband über meine Hand. Über meine Sicht legte sich ein Nebelschleier, der meine Umgebung verzerrte wie im Rausch. Schweiß trat mir aus den Poren, und ich hatte das Gefühl, mich gleich übergeben zu müssen.
Doch so schnell, wie der Schwindel gekommen war, war er auch wieder vorbei. Ich blinzelte ein paarmal, starrte verblüfft auf meine Hände, die nun nicht mehr wie meine aussahen. Die Finger waren länger und schmaler, die Haut ein Stück heller, und das Muttermal an meinem Ringfinger fehlte. Mein Blick wanderte weiter an mir hinab. Das Kleid war jetzt fast ein bisschen zu weit, und hellblonde Strähnen hingen in mein Sichtfeld.
»Du hast keine Ahnung, wie seltsam sich das anfühlt«, murmelte Hyacinth, die sich wieder hingesetzt hatte.
»Glaub mir, i…« Ich erschrak, denn selbst meine Stimme klang wie ihre.
»Setz dich, Iris«, ordnete meine Mutter an, nachdem sie den Reißverschluss des Kleids zugezogen hatte.
Noch immer vollkommen überwältigt von dieser buchstäblich außerkörperlichen Erfahrung ließ ich mich auf den Stuhl fallen, wo Mum mich schminkte und mir die Haare frisierte. Gänsehaut überzog meine Arme, als sie mit der Bürste widerstandslos durch die langen glatten Strähnen fuhr. Die Geste erinnerte mich an meine Kindheit. An eine Zeit, in der noch nicht alles von den königlichen Spielen abgehangen hatte und Mutter Hyacinth und mich gleich behandelt hatte.
»Gehen wir noch mal den Plan durch«, flüsterte meine Schwester aufgeregt und musterte mich. Ihr Blick bereitete mir Unwohlsein, denn ich wusste, dass der Stolz darin nicht unbedingt mir gebührte, sondern mehr dem Zauber, den sie in das Armband geflochten hatte. Auch wenn sie sich damit zugegebenermaßen selbst übertroffen hatte.
Ich seufzte genervt, weil mir dieses Gespräch überflüssig vorkam. Es war nicht so, als wäre unser Plan sonderlich komplex. Leichtsinnig, ja, lebensmüde sogar. Aber im Grunde ganz einfach. »Ich tue so, als wäre ich du. Gebe mich mysteriös und unnahbar, selbst mit Leuten, die du aus der Schule kennst. Mir kann nichts passieren, weil magische Herausforderungen erst nach der Halbzeit stattfinden. Am Ende dieser Halbzeit gibt es traditionell ein Wiedersehen mit der Familie. Dort tauschen wir die Rollen, und du schnappst dir den Prinzen.«
Hyacinth grinste selbstsicher. Für sie stand vermutlich außer Frage, dass der Prinz sich für sie entschied. Schließlich war sie ihr halbes Leben lang darauf vorbereitet worden, ihn zu bezirzen. Tanzkurse, teure Kleidung, der Besuch der magischen Alveston Academy – alles Privilegien, die sie genossen hatte und die mir verwehrt geblieben waren.
Wütend war ich darüber nicht. Ich war nicht für all diese Dinge geschaffen, hatte zwei linke Füße, war nicht so hübsch wie sie und hatte mich nicht einmal auf normalen Schulstoff konzentrieren können. Es war nur logisch, dass Mum sich für Hyacinth entschieden hatte, obwohl streng genommen ich die ältere Zwillingsschwester war und damit den Vortritt zu den Spielen hatte. Und ich hätte nicht tauschen wollen, wenn es nicht unbedingt notwendig gewesen wäre.
Wenigstens ist es nur für ein paar Wochen, redete ich mir ein. Dabei wusste ich genau, wie viel in dieser Zeit passieren konnte und wie schwer es mir fallen würde, so zu tun, als wäre ich die nahezu perfekte Hyacinth Boness. Nervosität schnürte mir die Kehle zu, obwohl wir alle nur erdenklichen Vorbereitungen getroffen hatten. Ich hatte die ganze letzte Woche damit verbracht, die Tagebücher meiner Schwester zu lesen, um einen Eindruck davon zu bekommen, was sie am magischen Internat alles erlebt hatte. Und durch den Zauber im Armband sah ich genauso aus wie sie. Täuschend echt für jeden, selbst die tausend Kameras, die ab heute pausenlos auf mich gerichtet sein würden.
»Iris.« Ich blickte zu meiner Mutter auf, in deren grünen Augen Sorge stand. »Ich muss dich nicht daran erinnern, was auf dem Spiel steht.«
»Ich weiß es.« Zu viel. Alles.
»Gut. Dann blamier uns nicht.« Keine weiteren Worte. Kein zärtlicher Abschied. Nicht einmal ein »Viel Glück«. Sie wandte sich einfach ab, verschwand, und für einen Augenblick war das Knarzen der Treppenstufen alles, was die Leere des Anwesens...
Erscheint lt. Verlag | 1.2.2025 |
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Reihe/Serie | Die Chosen-Reihe |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | 2024 • betrayal • Competition • eBooks • enemies to lovers • Fantasy • Forbidden Love • Love Triangle • Magie • Neuerscheinung • New Adult • Romantasy • Royals • secret identity • TikTok |
ISBN-10 | 3-641-32132-8 / 3641321328 |
ISBN-13 | 978-3-641-32132-1 / 9783641321321 |
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