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Niemand wird ihr glauben (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
329 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-30673-1 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
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Es ist jemand im Haus.
Eine Mutter ist allein zu Hause mit ihren beiden Kindern. Draußen tobt ein Blizzard. Als sie ihren Sohn ins Bett bringt, hört sie ein Geräusch. Ist es das alte Gebälk, das im Schneesturm ächzt? Bevor sie hier eingezogen ist, haben die Leute sie davor gewarnt, dass es in diesem Haus spukt. Doch sie glaubt nicht an Monster. Da hört sie wieder das Geräusch. Es ist der Klang von Schritten, ungewöhnlich schwer und langsam. Sie kommen die Treppe hoch, immer näher. In dieser Sekunde hat sie drei Möglichkeiten: Soll sie sich verstecken? Weglaufen? Oder sich verteidigen?

Tracy Sierra lebt in New England in einem antiken Haus aus der Kolonialzeit samt eigenem Friedhof. Wenn sie nicht gerade schreibt, arbeitet sie als Anwältin oder verbringt Zeit mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und sieben Hühnern. »Niemand wird ihr glauben« ist ihr Debütroman. Für die Figur des Eindringlings hat sie sich von der wahren Geschichte des Serienkillers Israel Keyes inspirieren lassen.

Kapitel 1

Es war jemand im Haus.

Sie stand im dunklen Schlafzimmer ihres Sohnes. Hinter der offenen Tür lag die steile Treppe am Ende des langen Flurs im gedämpften Schein eines Nachtlichts. Die Lampe hatten sie angebracht, damit die Kinder nachts die Stufen erkennen konnten und ohne zu stolpern von ihren Schlafzimmern in das ihrer Eltern tapsen konnten, wenn sie Durst hatten oder Trost brauchten oder sich eingenässt hatten.

Das alte Haus ließ den Wind durch die Ritzen hineinziehen und seine Rippen knacken. Die Geräusche, mit denen es sich gegen den Sturm stemmte, sein stockender Atem, waren ihr vertraut. Doch durch all das Getöse hindurch erklangen Laute, die sie wie angewurzelt verharren ließen. Ebenfalls vertraut, aber nicht um diese Zeit. Nicht angesichts der Tatsache, dass sie die Einzige war, die wach war. In der kurzen Stille zwischen den eisigen Böen hörte sie ein schweres Keuchen auf der Treppe.

Das bildest du dir nur ein.

Ihr Sohn war, ein paar Schritte von ihr entfernt, wieder eingeschlafen. Ihre Tochter schlummerte im Zimmer nebenan.

Einen Moment lang ließ sie die Hoffnung, dass es ihr Mann war, aufatmen.

Hör auf damit. Das ist unmöglich.

Oder vielleicht ihre Tochter, die wieder einmal schlafwandelte. Sie hatten die Zimmertür des Mädchens, die sich zur alten Treppe öffnete, verriegelt – es wäre zu gefährlich gewesen, sie nachts dort herumlaufen zu lassen. Aber es war möglich, dass sie ihr Zimmer durch die andere Tür verlassen hatte. Die Tür, die sie offen ließen, damit sie nachts auf die Toilette gehen konnte, um ihr das Gefühl zu geben, dass sie trotz allem ein großes Mädchen war, dass sie ihr vertrauten und sie sich selbst vertrauen durfte.

Ja, das wäre eine Erklärung. Und wahrscheinlich hast du das Babyfon nicht gehört.

Das Babyfon. Nachdem ihre Tochter drei Nächte in Folge schweigend und im Tiefschlaf im Dunkel des Elternschlafzimmers neben ihrem Bett gestanden hatte, hatte ihr Mann das Gerät mit Bewegungsmelder vor der Schlafzimmertür des Mädchens angebracht.

»Was soll ich sagen?«, hatte ihr Mann mit einem Schulterzucken bemerkt. »Mit Kameras kenne ich mich aus.«

Klick, Surr, Piep, erwachte in ihrem Schlafzimmer von da an der Monitor zum Leben, bevor ihre Tochter auf dem zu sehen war, verschwommen und bleich wie durch ein Nachtsichtgerät, aufblitzende Augen wie die eines Tieres. Einer von ihnen (sie, immer war sie es) stand auf, um ihre Tochter abzufangen, bevor sie sich versehentlich verletzen konnte. Dann führte sie ihr kleines Mädchen zurück ins Bett, strich das dunkle Haar aus den leeren, offenen Augen weg und blieb bei ihr sitzen, bis sie den Kopf zurück auf das Kissen sinken ließ.

Das muss es sein. Sie schlafwandelt.

Dennoch konnte sie sich nicht dazu bringen, sich zu rühren. Konnte den Blick nicht von dem Nachtlicht am Ende des Flurs abwenden. Ein Teil von ihr erinnerte sich, dass ihre Tochter auf der Treppe ganz anders klang. Einem Teil von ihr war bewusst, dass ihre Tochter, seit sie schlafwandelte, kein einziges Mal die Treppe hinuntergegangen war. Und die Geräusche kamen eindeutig von der Treppe.

Der verdrehte Reim eines Kinderlieds ging ihr durch den Kopf, eine der endlos wiedergelesenen Zeilen, die inzwischen ihr Gedächtnis bevölkerten.

If wishes were fishes we would have some to fry. If wishes were fishes we would eat and not die.

Ein dumpfer Schlag, ein Innehalten.

Er hat sich den Kopf gestoßen.

Das passierte nur Leuten, die mit den Eigenheiten des alten Hauses nicht vertraut waren. Jeder Mensch über eins achtzig musste den Kopf schief legen oder sich ducken, um der Stelle, wo die Treppe eine Kurve machte und die Decke tiefer hing, auszuweichen.

Es waren leise, raschelnde Geräusche zu hören, während sich die Person aufrichtete. Überlegte. Sich erneut bewegte.

Jetzt sah sie Finger, die sich wie weiße Spinnenbeine um das Geländer schlangen.

Der Eindringling zog sich langsam hoch, bis er am oberen Ende der Treppe stand, die Gesichtszüge durch die Dunkelheit und den schwachen Schein des Nachtlichts in seinem Rücken bis zur Unkenntlichkeit verwaschen. Für den Bruchteil eines Augenblicks erkannte sie in der Silhouette ihren Mann. Sie öffnete den Mund, um ihm zuzurufen, wie er nach Hause gekommen war.

Aber dein Mann würde sich nicht den Kopf stoßen. Er ist nicht groß genug.

Mit diesem Gedanken kam die Klarheit. Die Umrisse der Figur gehörten zu einem Fremden.

Es ist ein Mann.

Er war groß. Seine Arme hingen locker und lang an seinen Seiten herab. Seine Gegenwart hatte etwas entfernt Vertrautes, Ranziges an sich, etwas Falsches und Verdorbenes, das ihr bekannt vorkam, sie aber nicht richtig zuordnen konnte.

Hast du ihn schon einmal gesehen? Wer ist er?

Er legte den Kopf schief und starrte den langen Flur hinunter ins Dunkel, in das sie eingehüllt war.

Objektiv, nach rein logischen Gesichtspunkten war ihr klar, dass er sie unmöglich sehen konnte. Wie oft hatte sie selbst genau an dieser – an seiner – Stelle verharrt, in exakt der gleichen Haltung? Wie oft hatte sie den dunklen Flur hinuntergespäht und mitten in der Nacht versucht zu erkennen, ob ihr kleiner Junge dort in der Tür stand, ohne jemals etwas anderes als einen Schatten erkennen zu können. Das bodennahe gedämpfte Nachtlicht am Treppenabsatz machte einen blind für alles, was sich außerhalb seiner schwach beleuchteten Reichweite befand. Erst wenn sie die Schlafzimmertür des Jungen erreicht hatte, konnte sie sicher sein, dass er sich tatsächlich dort befand, statt in seinem Bett zu liegen und zu schlafen.

Das Licht wird ihn ebenfalls blind machen.

Das Gesicht des Mannes verwandelte sich im Dämmerlicht in einen Totenkopf. An den Stellen, wo die Augen sein sollten, war alles schwarz. Auf seinen Lippen zeichnete sich ein übertriebenes Grinsen ab. Seine ganze Erscheinung wirkte übermächtig, jenseits des Normalen. So massiv, dass sogar sein Mund, seine Nasenlöcher und seine Ohren fleischig wirkten.

Sie rang nach Luft. Seine Präsenz, diese körperlichen Details waren es, die ihr die Kehle zuschnürten. Sein kurzes Haar stand an den Seiten ab, wie bei einem Kind, das über Nacht unruhig seinen Kopf hin und her geworfen hatte. Sein dunkles Shirt steckte nur zur Hälfte in der Hose. Er verlagerte sein Gewicht. Kratzte sich an der Nase. Dann rieb er sich den Kopf an der Stelle, wo er sich gestoßen haben musste.

Ihre Augen wurden groß. Das Blut rauschte durch ihren Körper und hämmerte in ihren Ohren bis zur Taubheit. Sie merkte, dass sie zitterte, und schämte sich für einen kurzen Moment ihrer völligen Unfähigkeit, den eigenen Körper zu kontrollieren. Sie erinnerte sich an diese Art der Scham. Sah vor sich wieder diesen Linoleumboden. Kein Kampf, keine Flucht, nur völlige und erschütternde Bewegungslosigkeit.

Und die Zeit. Tick, tick, tick, musste irgendwo eine Uhr rufen. Tack, tack, tack, ungezählte Sekunden, die verstrichen.

Eine Minute, zwei? Zehn? Atme. Denk nach. Er sieht dich. Nein, er kann dich nicht sehen?

Die Größe des Mannes machte ihr auf erdrückende Weise klar, wie klein sie war. Sein Schatten klebte an der Decke, hochgeworfen vom schwachen Schein des Nachtlichts.

Er ist in dein Haus eingedrungen. Dein Haus!

Das war der Grund, warum der Schrecken sie aushöhlte bis zur Bewegungsunfähigkeit.

Jemand, der diesen Schritt wagen würde. Den nichts aufhielt.

O ja. So jemand meint es ernst.

Aber … vielleicht ist er nicht wirklich da? Vielleicht siehst du Gespenster.

Der Gedanke nahm Gestalt an. Vielleicht war der Mann nichts als ein lebhafter Albtraum. Oder er war der Angst entsprungen, die sie zwischen Daumen und Zeigefinger rieb, irgendeiner Sorge, die sich nahtlos in eine morbide Fantasie verwandelt hatte, während sie schlaflos an die Zimmerdecke starrte.

Wie kommst du auf diese schrecklichen Dinge? Das ist es. Nicht mehr. Eine ausufernde Fantasie. Ein Traum. Eins, zwei, drei, einatmen, ausatmen, Augen auf. Und dann, puff, wird er verschwinden. Du wirst sehen.

Doch nachdem sie sich gezwungen hatte, die Augen zu schließen und wieder zu öffnen, war der Mann nicht verschwunden.

Erst jetzt fiel ihr auf, dass er Turnschuhe trug. Irgendwo tief in ihrem Inneren begriff sie, was das bedeutete. Er konnte in diesen Turnschuhen nicht durch den Schneesturm gelaufen sein. Sie stellte sich vor, wie er unten auf der Bank im Eingangsbereich saß. Wie er seine Schneestiefel auszog. Wie er sie ordentlich nebeneinander auf den Boden stellte. Wie er die Turnschuhe aus einer Tasche nahm und anzog. Ein gewissenhafter Hausgast – der vorhatte, eine Weile zu bleiben.

Er meint es sehr, sehr ernst.

Ihr Blick huschte zur Seite. Es fiel noch immer Schnee. Das Weiß der Flocken war das Einzige, was sie draußen erkennen konnte. Sie berührten die Scheiben, bevor sie weiterschwebten und sich in den Ecken der Fenster niederließen und sie abrundeten. Bis der Nordostwind einsetzte, würde ein Meter Schnee liegen, vielleicht mehr. Zur Bettgehzeit hatten mindestens sechzig Zentimeter den Boden bedeckt. Und jetzt … Nun, von der Stelle, an der sie stand, konnte sie das nicht erkennen. Aber sie wusste, dass ihr Haus, das gesamte Grundstück, die ganze Welt fest in Schnee...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2024
Übersetzer Melike Karamustafa
Sprache deutsch
Original-Titel Nightwatching
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte 2024 • eBooks • Neuerscheinung • Psychothriller • Thriller
ISBN-10 3-641-30673-6 / 3641306736
ISBN-13 978-3-641-30673-1 / 9783641306731
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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