Stürmisch die Nacht (eBook)

Nordsee-Krimi
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
206 Seiten
beTHRILLED (Verlag)
978-3-7517-4822-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Stürmisch die Nacht - Nina Ohlandt, Jan F. Wielpütz
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Sylt ist von der Außenwelt abgeschnitten! Kurz vor Heiligabend peitscht ein eiskalter Wintersturm über die Nordseeküste. Im Hafen von List finden mehrere Fischkutter Zuflucht vor den tosenden Wellen. Doch der vermeintlich sichere Hafen wird zum eisigen Grab, als Thore Hansen, der Kapitän eines der Boote, leblos im zugefrorenen Hafenbecken treibt.

John Benthien, Hauptkommissar der Flensburger Kriminalpolizei, will auf seiner Heimatinsel eigentlich Überstunden abfeiern, doch stattdessen übernimmt er mit seinem Team - und mit Hilfe seines Vaters - die Ermittlungen. Ein Mordfall zeichnet sich ab, und die Hintergründe sind so undurchsichtig wie die winterliche Nordsee ...

Dieser Krimi ist zeitlich nach dem Roman 'Kalte Marsch' von Nina Ohlandt und Jan F. Wielpütz angesiedelt. Wie jeder Kurzkrimi der 'Jahreszeiten-Reihe' kann er eigenständig und ohne Kenntnis der anderen Benthien-Krimis gelesen werden.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.





<p><strong>Nina Ohlandt</strong> wurde in Wuppertal geboren und machte in Paris eine Ausbildung zur Sprachlehrerin. Später war sie als Übersetzerin, Sprachlehrerin und Marktforscherin tätig, bis sie zu ihrer wahren Berufung zurückfand: dem Krimischreiben im Land zwischen den Meeren, dem Land ihrer Vorfahren. Nina Ohlandt starb 2020. Ihre Krimireihe wird von Jan F. Wielpütz fortgesetzt.</p>

Ein Toter in der Nacht


Die Scheibenwischer des alten Citroëns XM kamen nur ruckelnd gegen die Schneeflocken an, die aus dem Nachthimmel herabrieselten und eine dichte Schicht auf der Windschutzscheibe bildeten. John Benthien, erster Hauptkommissar der Flensburger Kriminalpolizei, hatte die Scheibe nur notdürftig freigekratzt, für mehr war keine Zeit gewesen. Er stellte den Wischerhebel auf höchste Stufe und folgte langsam der verschneiten Hafenstraße in Richtung des Lister Hafens. Links und rechts lagen die Häuser noch im Dunkeln. Der Schnee hatte sich wie eine Haube aus Zuckerwatte auf die Reetdächer gelegt.

Der Anruf aus dem Präsidium in Flensburg hatte ihn vor einer Viertelstunde um kurz vor fünf Uhr erreicht. John hatte in seinem alten Friesenhaus in den Lister Dünen neben dem prasselnden Kamin auf dem Sofa gesessen und in einem Buch gelesen. Wie so oft in den vergangenen Wochen hatte er nicht schlafen können. Einer Legende nach gab es, was die Nachtruhe betraf, lediglich zwei Arten von Menschen: Die einen taten auf Sylt grundsätzlich kein Auge zu, während die anderen wie die Murmeltiere schliefen. John hatte nie an solches Seemannsgarn geglaubt, schließlich war er auf der Insel aufgewachsen und hatte sämtliche Zwischenstadien erlebt. Doch in letzter Zeit wachte er mitten in der Nacht auf und konnte partout nicht mehr einschlafen. Vielleicht lag es am Alter, die fünfzig rückten unaufhaltsam näher.

Nach dem Telefonat mit dem Präsidium hatte er sich schnell Hose und Jacke angezogen. Von dem alten Kapitänshaus, das er sich mit seinem Vater Ben teilte, waren es weniger als zwei Kilometer bis zum Lister Hafen. Bei diesen Wetterverhältnissen aber kam er nur im Schneckentempo voran. Zum Glück waren ansonsten keine Autos auf der Straße.

Im Autoradio, das noch ein Kassettenfach hatte, endeten gerade die Nachrichten. Ein Sturmtief hing seit knapp einer Woche über der Nordsee zwischen zwei Hochs fest, eine Blockadelage, die auch in den kommenden Tagen Nordfriesland und die Inseln mit Schnee, Eis und Wind überziehen würde. Alle Fährverbindungen waren eingestellt, ebenso der Zugverkehr über den Hindenburgdamm, und an einen geregelten Flugverkehr war nicht zu denken. Sylt blieb wie Amrum und Föhr vorerst vom Festland abgeschnitten.

Eigentlich keine schlechte Sache, dachte John. Die übliche Invasion der Festtagsgäste würde vielleicht ausbleiben und das Weihnachtsfest wirklich ein besinnliches werden.

Er spürte, wie er zu zittern begann, und schob den Heizungsregler auf Maximum. Doch es kam nur lauwarme Luft aus dem Gebläse. Der betagte Motor brauchte schon unter normalem Witterungsbedingungen viel zu lange, um warm zu werden. Vermutlich konnte John froh sein, dass er überhaupt angesprungen war.

Das Wetter drohte auch seine Festtagsplanung durcheinanderzuwirbeln. Noch eine Woche bis Weihnachten, und er wollte Heiligabend mit seiner Tochter Celine und seinem Vater hier auf der Insel verbringen. Ben war vorgestern mit einem der letzten Züge angekommen. Ob Celine es unter den derzeitigen Umständen ebenfalls hierher schaffen würde, war mehr als fraglich.

Obwohl sie mittlerweile volljährig war und bestens allein klarkam, bedauerte John inzwischen, dass er nicht bei ihr in Flensburg geblieben war. Er musste Überstunden abfeiern und hatte die freien Tage dazu nutzen wollen, das Kapitänshaus auf Vordermann zu bringen und alles für gemütliche Festtage mit seinen beiden liebsten Menschen herzurichten.

Blieb zu hoffen, dass sich bis Weihnachten noch ein kleines Wetterwunder einstellte.

John steuerte den Citroën auf den Fähranleger zu und blieb hinter dem Notarztwagen und dem Rettungsdienst stehen. Davor parkten zwei Streifenwagen. Das Blaulicht flackerte in der Nacht und erhellte die bunten Fassaden der Läden und Restaurants auf dem Hafenvorplatz.

Bevor er ausstieg, klappte John den Innenspiegel auf seiner Seite herunter. In der Eile hatte er auf die morgendlichen Instandsetzungsmaßnahmen verzichtet. Die braunen Haare, in die sich die ersten silbernen Strähnen schlichen, standen ihm strubbelig vom Kopf, und unter seinen müden Augen zeichneten sich dunkle Schatten ab. Er fuhr sich mit der Hand über die Wange, wo die grauen Bartstoppeln sprossen. Etwas zerknittert, dachte er, aber nach der durchwachten Nacht hätte es schlimmer sein können.

Der eisige Wind wehte ihm die Schneeflocken ins Gesicht, als er die Wagentür öffnete. John stieg aus, schloss den Reißverschluss seiner Jacke und schlug den Kragen hoch. Dann ging er zu den drei Streifenpolizisten hinüber, die mit den Rettungssanitätern und einem Mann in Zivil, vermutlich dem Notarzt, am Rand des Hafenbeckens in einem Halbkreis standen.

John ließ den Blick kurz über den Hafen schweifen. Wie gewöhnlich lag der Seenotkreuzer Pidder Lüng hier, ebenso das Forschungsschiff Mya II, der Whiskykutter The Angel’s Share und zwei Schiffe der Adler-Ausflugslinie. Die Stammgäste hatten allerdings unerwarteten Besuch von fünf Fischkuttern bekommen, die Zuflucht vor dem Sturm gesucht hatten. Sie lagen in einer Reihe an der Hafenmauer vertäut. Ihre Festmacherseile, die an Land reichten, waren mit Schnee bedeckt, und lange Eiszapfen hingen an ihnen herab.

Das Hafenbecken war zu weiten Teilen zugefroren. Lediglich eine schmale Furt war von der Einfahrt in Richtung der Schiffe zu erkennen, wo das Eis offenbar erst vor Kurzem aufgebrochen worden war.

Als John sich der Gruppe näherte, löste sich daraus eine junge Frau in Polizeiuniform und kam ihm entgegen. Ihr Gesicht war vom Wind gerötet, und ihre Augen tränten. Es war Soni Kumari, die neue Polizeichefin von Sylt, die den altgedienten Kollegen Arndt Schäfer ersetzt hatte. Unter ihrer Wintermütze lugte schwarzes Haar hervor.

»Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte sie und streckte John zur Begrüßung die Hand hin. »Ich weiß es zu schätzen, dass Sie Ihren Urlaub unterbrechen.«

»Kein Problem«, antwortete er. »Wenn Not am Mann ist, bin ich selbstverständlich zur Stelle.«

Kriminalrat Gödecke hatte sich vorhin am Telefon mehrmals dafür entschuldigt, dass er John die wohlverdienten Ferien verdarb. Da er aber nun einmal vor Ort war, bei diesem Wetter und zu dieser nachtschlafenden Stunde … Gödecke hatte im Gegenzug versprochen, einen todesmutigen Hubschrauberpiloten zu finden, der ein paar Kollegen zu seiner Verstärkung auf die Insel flog.

John folgte Soni Kumari. Als sie bei der Gruppe ankamen, traten die Männer beiseite und gaben den Blick auf einen Körper am Boden frei, der mit einer Decke verhüllt war.

Mit einem knappen Nicken grüßte John die Streifenkollegen und sah den Mann in Zivil an. »John Benthien von der Kripo Flensburg. Sie sind der Arzt?«

»Richtig. Tadeus Witmer. Ich … ich habe meine Praxis hier in List erst vor ein paar Monaten eröffnet, und ich … also ganz ehrlich, mit so etwas habe ich noch nicht zu tun gehabt. Ich weiß nicht, was Sie von mir erwarten, aber …«

»Schon gut, beruhigen Sie sich. Die Rechtsmedizin wird sich um alles Weitere kümmern.« John blickte auf den Körper, der vor ihm auf dem Boden lag. »Es geht für den Moment lediglich darum, das wohl Offensichtliche festzustellen.«

»Wenn es nur das ist …« Witmer kniete sich hin und hob die Decke an. »Er ist ganz augenscheinlich tot.«

Der Tote war vollständig angezogen. Dunkelblaue Hose und ein Troyer in der gleichen Farbe. Das Gesicht mit dem dichten Bart war blau marmoriert, und ein grauer Haarkranz lag nass und gefroren um die Halbglatze.

»Ist er ertrunken?«, fragte John.

»Eventuell.« Der Arzt hob den Kopf des Toten an und drehte ihn zur Seite, sodass John das Loch in der Schädeldecke sehen konnte. »Vermutlich war dies der Auslöser für seinen Tod. Entweder hat ihn die Verletzung sofort getötet, oder aber er wurde bewusstlos und ist dann ertrunken. Der Rechtsmediziner müsste feststellen, ob sich Wasser in der Lunge befindet.«

»Könnte die Kopfverletzung von einem Sturz stammen?«

»Das weiß ich nicht … vielleicht ein Sturz aus größerer Höhe auf das Eis.« Witmer zog die Schultern hoch. »Vielleicht aber auch ein Schlag. Das fragen Sie lieber den Rechtsmediziner.«

»Natürlich. Vielen Dank erst mal.«

»Kann ich dann gehen?«

»Einen Moment noch.« John erhob sich, holte sein Smartphone hervor und wählte die Nummer von Gödecke. Als er die Stimme des Kriminalrats hörte, fragte er: »Wie sieht es mit der Spurensicherung aus?«

»Unterwegs, zusammen mit der Verstärkung. Der Pilot konnte mir allerdings nicht garantieren, dass sie es auf die Insel schaffen, aber sie versuchen es.«

»In Ordnung.«

John beendete das Gespräch und wandte sich wieder Witmer zu. »Die Spurensicherung ist auf dem Weg hierher. Sie kümmert sich um den Abtransport. Ich würde Sie und die Sanitäter aber bitten, noch vor Ort zu bleiben, bis die Kollegen eintreffen. Sollten sie wegen des Wetters nicht landen können, müssen Sie die Leiche fortschaffen.« John wandte sich Soni Kumari zu. »Vielleicht können wir einen provisorischen Schutz errichten?«

»Wir kümmern uns darum«, sagte sie und sprach dann kurz mit ihren Streifenkollegen.

»Wer hat den Toten gefunden?«, fragte John, als Kumari wieder bei ihm war.

»Der Hafenmeister, beim Versuch, das Eis im Hafenbecken aufzubrechen.«

John blickte noch einmal zu der Furt in der Eisdecke. »Das bedeutet, der Tote war im Wasser unter dem Eis?«

»So ist es. Der Hafenmeister hat sich von der Hafeneinfahrt nach innen durch das Eis vorgearbeitet, und dann ist er auf die...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2024
Reihe/Serie John Benthien: Die Jahreszeiten-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Entspannen • Familiengeheimnis • Gosch • Inselkrimi • John Benthien • Krimis • Küstenkrimi • List • Mordfall • Nordseeinseln • Nordseekrimi • Nordsee-Krimi • Nordseeküste • Spannungsroman • Strand • Sylt • Urlaubskrimi • Weihnachten • Weihnachtskrimi • Westerland • Winter
ISBN-10 3-7517-4822-9 / 3751748229
ISBN-13 978-3-7517-4822-3 / 9783751748223
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