Lückenbüßer (eBook)

Spiegel-Bestseller
Kluftinger ermittelt
eBook Download: EPUB
2024
512 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3243-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lückenbüßer -  Volker Klüpfel,  Michael Kobr
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»Wählt's den Klufti. Also mich. Und jetzt lasst mir meinen Frieden, ich muss endlich was schaffen, Himmelarschkreizkruzifixmalefizsaubande!« Es ist ein großer Tag für Interims-Polizeipräsident Kluftinger, der einen Einsatz in den Bergen leitet. Der Einsatz läuft völlig aus dem Ruder, ein Polizist kommt ums Leben. Ist Kluftingers chaotische Planung schuld am Tod des Kollegen? Eigentlich kann er schlechte Schlagzeilen überhaupt nicht gebrauchen, denn er kandidiert für den Gemeinderat - zunächst nur als Lückenbüßer, um die Liste zu füllen. Aber als er erfährt, dass sein Intimfeind Doktor Langhammer gegen ihn antritt, ist sein Ehrgeiz geweckt. Schnell wird klar, dass mehr hinter dem Todesfall in den Bergen steckt als ein tragisches Unglück. Kluftinger steht vor der wichtigen Frage: Warum musste der Kollege sterben?

Volker Klüpfel und Michael Kobr kennen sich schon länger, als sie sich nicht kennen: seit ihrer gemeinsamen Schulzeit im Allgäu-Gymnasium in Kempten. Nach dem Studium wurde Klüpfel Journalist, Kobr Realschullehrer. Inzwischen sind sie beide Vollzeit-Autoren und vor allem durch die Krimis mit Kommissar Kluftinger bekannt. Doch die beiden haben auch ohne den grantigen Allgäuer reüssiert: mit dem Urlaubsroman In der ersten Reihe sieht man Meer und mit dem Thriller Draußen.

Altusried hat einen prominenten Sohn: Kommissar Kluftinger. Volker Klüpfel, Jahrgang 1971, kommt wenigstens aus dem gleichen Ort. Nach dem Abitur zog es ihn in die weite Welt - nach Franken: In Bamberg studierte er Politikwissenschaft und Geschichte. Danach arbeitete er bei einer Zeitung in den USA und stellte beim Bayerischen Rundfunk fest, dass ihm doch eher das Schreiben liegt. Seine letzte Station vor dem Dasein als Schriftsteller war die Feuilletonredaktion der Augsburger Allgemeinen. Die knappe Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie, mit der er im Allgäu lebt. Sollte noch etwas Zeit übrig sein, treibt er Sport, fotografiert und spielt Theater. Auf der gleichen Bühne wie Kommissar Kluftinger.

»Zefix, kann der nicht ein bissle leiser fliegen? Man versteht ja sein eigenes Wort nicht mehr!« Kluftingers Blick ging zum Himmel, wo nicht weit über seinem Kopf ein Helikopter kreiste, der mit seinen Rotorblättern nicht nur für infernalischen Lärm, sondern auch für mächtig Wind sorgte und ihm und seinen Kollegen ordentlich die Frisuren zerzauste. Ein paar der mit schweren Maschinengewehren bewaffneten Männer neben ihm folgten seinem Blick. Kluftingers Funkgerät knackte, doch es war zu laut, um etwas verstehen zu können. Deswegen presste er es sich fest ans Ohr und versuchte, alles um sich auszublenden: die aufgeregten Schreie, die Polizeiautos und Geländewagen, die mit zuckenden Blaulichtern um ihn herumstanden und ab und zu ihr Martinshorn erklingen ließen, den Lärm und den Abgasstrom des Helikopters. So gelang es ihm immerhin, die Worte »Verdächtige … geflohen … Trinkwasser« auszumachen, der Rest ging in dem plötzlich einsetzenden Dröhnen des olivgrünen Kettenfahrzeugs unter, das sich neben ihm in Bewegung setzte.

Mit einem Schnauben ließ Kluftinger das Funkgerät sinken. Sein Blick fiel auf eine Gruppe vermummter Männer und Frauen, die gerade ein paar Meter weiter aus einem Transporter sprangen. Sie waren allesamt schwarz gekleidet, bis auf die Zähne bewaffnet und wirkten mit ihren Helmen und Schutzwesten ein wenig wie aus einem Science-Fiction-Film. Sie gehörten zur Anti-Terror-Gruppe, einer Spezialeinheit der Bayerischen Polizei, und warteten nur auf einen Befehl von Kluftinger. Ihm als Polizeipräsidenten oblag das Oberkommando über diesen Einsatz. Was sollte er ihnen sagen? Ihm fehlten Informationen darüber, was genau oben am Berg geschehen war, und wenn er sie einfach aufs Geratewohl losschickte, konnte weiß Gott was passieren.

Er raufte sich die Haare: Das alles hier war viel zu laut, viel zu hektisch, viel zu viel. Noch dazu für ihn, der nur durch ungünstige Umstände ins Amt des Interims-Polizeipräsidenten hineingerutscht war. Eigentlich war er als der Leiter des K1 der Kemptener Kriminalpolizei für Kapitalverbrechen im Allgäu zuständig. Anti-Terror-Einsätze wie dieser gehörten hingegen beim besten Willen nicht zu seinem Fachgebiet.

Er schloss kurz die Augen und atmete tief ein, versuchte, das chaotische Treiben für einen Moment auszublenden, ließ im Geiste die Einsatzfahrzeuge verschwinden, all die Polizistinnen und Polizisten, die Soldaten in Tarnuniformen, die schweren Geländewagen und gepanzerten Fahrzeuge. Was zurückblieb, waren grüne Wiesen und sanfte Berghänge, die sich mit dem typischen Nadelwald abwechselten, durch den sich Wanderwege schlängelten. Dazu der Lift, dessen Sessel fast lautlos der Bergstation entgegenfuhren, und der makellos blaue Himmel eines Spätsommertages. Ein alpines Paradies, mitten im Oberallgäu.

Vor allem im Winter war Kluftinger schon oft hier gewesen, das Ofterschwanger Horn war mit seinen gemütlichen Liften und den sonnigen Pisten eines seiner Lieblings-Skigebiete. Dass er es einmal auf solche Weise erleben würde wie heute, wäre ihm bei seinen Ausflügen niemals in den Sinn gekommen.

Als er die Augen wieder öffnete, kehrte die Realität sofort mit voller Wucht zurück. »Richie, ich brauch jetzt endlich verlässliche Informationen, sonst kann ich …«

Mit einem ohrenbetäubenden Knall explodierte nur wenige Meter über ihm etwas in der Luft. Reflexhaft duckte sich Kluftinger und hob schützend die Hände über den Kopf, verharrte ein paar Sekunden in dieser Position, um dann vorsichtig unter seinem Arm hervorzulugen und zu prüfen, ob die unmittelbare Gefahr vorbei war. Eigentlich lag ihm ein »Welcher Depp war das?« auf der Zunge, doch er schluckte die Frage hinunter. Niemand agierte in solch einer Situation leichtfertig oder gar fahrlässig, das war ihm klar. Mit wackligen Beinen stand er auf, da hörte er die Schüsse.

Er wandte den Kopf und erkannte, wie zwei bewaffnete, maskierte Männer aus dem Wald herausrannten und mit einem Mal auf die beiden Soldaten anlegten, die sich als Schutz etwas oberhalb von ihnen postiert hatten, allerdings ohne nennenswerte Deckung. Einer von ihnen taumelte, der andere kam ihm zu Hilfe, wobei er mit der rechten Hand nach einem Sanitäter winkte.

Kluftinger schüttelte ungläubig den Kopf. Kreuzhimmel, wie hatte das nur alles so aus dem Ruder laufen können? Hektisch schaute der Kommissar sich um, suchte nach einem bekannten Gesicht und entdeckte schließlich seinen Kollegen Roland Hefele, der gerade sein Fernglas absetzte. Ihre Blicke trafen sich. Hilfesuchend zuckte Kluftinger mit den Schultern.

Hefele verstand. »Schnappen wir sie uns!«, rief er mit entschiedener Miene, zog seine Waffe aus dem Schulterholster und bedeutete dem Kommissar mit einer Handbewegung, ihm zu folgen.

Ursprünglich war nicht geplant gewesen, dass Kluftinger sich selbst aktiv beteiligte, doch er konnte nun mal nicht nur herumstehen und das Chaos verwalten. Also rannte er hinter Hefele den Hügel hinauf. Schon nach kurzer Zeit begann sein Puls zu rasen, sein Atem pfiff, und seine Lungen brannten. Dennoch fühlte er sich leichter als eben im Kommandostand, den sie in einem olivgrünen Zelt untergebracht hatten. Endlich konnte er etwas tun, selbst ins Geschehen eingreifen. Kluftingers Funkgerät meldete sich wieder. Keuchend blieb er stehen.

»Roland, wart, der Richie!«, rief er Hefele nach.

»Maier für Klufti?«

»Klufti hört?«

»Das SEK hat das Ziel der Terroristen ausgemacht: Sie wollen das Trinkwasserreservoir am Berg zerstören.«

»Richie, wir … sind … an denen dran … auf dem Weg nach oben«, keuchte der Kommissar zur Antwort.

»Ihr seid was? Es ist nicht vorgesehen, dass wir von der Kripo eingreifen. Unsere Aufgabe ist es, die Einsatzkräfte zu koordinieren.«

»Richie, jetzt nerv mich nicht. Jede Minute zählt. Also komm mit oder bleib, wo du bist, mir egal. Und out.«

Kluftinger hatte den Funkspruch kaum beendet, da sah er bereits, wie links von ihm aus dem Wald eine Gestalt im schwarzen Overall herausbrach und wild winkend auf sie zurannte.

»Offenbar hat der Richie sich spontan fürs Mitkommen entschieden«, kommentierte Hefele, der den Hügel zu Kluftingers Erstaunen ziemlich leichtfüßig nahm. Er musste bei seinem Satz nicht einmal zusätzlich Luft holen.

Maier stieß zu ihnen, als sie bei dem verletzten Soldaten ankamen, den der Heckenschütze vom Wald aus getroffen hatte. Die Uniform des Mannes hatte einen großen roten Fleck auf Höhe der Schulter, wo einer seiner Kameraden gerade einen Druckverband anlegte.

»Schlimm?«, fragte Hefele.

»Schon. Großer Blutverlust«, antwortete der Soldat. »Wir müssen ihn schnell abtransportieren.«

»Brauchst du auch Hilfe?« Maier beugte sich zu Kluftinger herunter, der seine Hände auf die Knie gestützt hatte, um besser Luft zu bekommen. »Dein Kopf ist so rot wie die Sonne von Barbados!«

Kluftinger winkte ab. »Ruf lieber einen Hubschrauber, Richie, wir müssen …«

»Aaaahhh!« Mit einem schrillen Schrei sprang urplötzlich eine vermummte Gestalt wie aus dem Nichts gegen Maiers Rücken und warf ihn zu Boden. Mit aufgerissenen Augen starrte Kluftinger auf die beiden Körper, die sich wild auf dem steinigen Weg wälzten, eingehüllt in eine Staubwolke. Es war nur schwer auszumachen, wer wer war.

»Stopp! Es reicht jetzt«, kreischte Maier, doch der Angreifer ließ nicht von ihm ab, sondern fixierte den Beamten mit einem Knie auf dem Boden und verdrehte ihm einen Arm nach hinten, sodass er einen Schmerzensschrei ausstieß. Dann zog der Vermummte eine Waffe und hielt sie Maier an den Hinterkopf. Hilfesuchend blickte Kluftinger zu Hefele, der ratlos mit den Achseln zuckte.

»Ich geb auf«, wimmerte Maier. Da riss sich die Gestalt die schwarze Sturmhaube herunter.

»Lucy?«, entfuhr es dem Kommissar.

»Wer?«, rief Maier, der in seiner Lage nicht nach hinten blicken konnte. »Lucy? Du? Sag mal, spinnst du eigentlich? Lass mich sofort los, sonst …«

»Sonst was, hm?« Luzia Beer, ihre junge Abteilungskollegin, grinste. »Wenn ich das richtig sehe, habe ich die Waffe in der Hand.«

»Aber so entspricht das nicht den Absprachen. Niemand hält sich hier an irgendetwas«, zeterte Maier.

Lucy hingegen grinste übers ganze Gesicht. »Würdest du das auch einem echten Terroristen sagen, wenn das hier keine Übung wäre?« Lachend ließ sie Maiers Arm los und stand auf.

Der rappelte sich hoch und klopfte sich den Staub von der Kleidung. »Sag du doch auch mal was, Chef. Das ist hier eine konzertierte, ernst zu nehmende Anti-Terror-Übung von sämtlichen Polizeikräften, der Bundeswehr und des THW, kein Spielplatz für offensichtlich zwanghaft aggressive Kollegen, die ihre Gewaltfantasien ausleben wollen.«

»Kollegin bitte«, verbesserte Lucy. »Und ich bin nun mal für die dunkle Seite der Macht eingeteilt worden – als Heckenschützin. Also stell dich jetzt bitte nicht so mädchenhaft an,...

Erscheint lt. Verlag 26.9.2024
Reihe/Serie Kluftinger-Krimis
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte allgaeu krimi • Allgäu • Alpen • Alpenkrimi • Autorenduo • Bayernkrimi • bayrischer Krimi • Bestsellerduo • Bücher Mord • Humor • Käsespätzle • Kässpatzen • Kommissar • Lederhosen • lustiger Krimi • Mundart • Regiokrimi • Regionalkrimi • Steinpilze • Witziger Krimi
ISBN-10 3-8437-3243-4 / 3843732434
ISBN-13 978-3-8437-3243-7 / 9783843732437
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