In der Kälte Alaskas (eBook)
208 Seiten
Kampa Verlag
978-3-311-70523-9 (ISBN)
Dana Stabenow, geboren 1952 in Anchorage, Alaska, wuchs bei ihrer alleinerziehenden Mutter auf, die im Golf von Alaska auf einem Fischerboot arbeitete. Die Eiseskälte in ihrem Heimatstaat im Winter und das Springen der Lachse in den Flüssen im Sommer kennt die Autorin ebenso gut wie ihre Protagonistin. Stabenow erwarb einen Bachelor in Journalismus und einen Master in Creative Writing und schreibt seither Kriminalromane und Science Fiction. Für In der Kälte Alaskas, den ersten Band der derzeit dreiundzwanzig Bände umfassenden Kate-Shugak-Reihe, wurde sie mit dem Edgar Award ausgezeichnet. 2007 wurde sie vom Staat Alaska zur Künstlerin des Jahres gekürt. Die Autorin selbst sagt über ihren Werdegang: »Ich bin in Anchorage geboren und auf einem Fischerboot in Südalaska aufgewachsen, und ich wusste, dass es irgendwo da draußen einen wärmeren, trockeneren Job geben musste.«
Dana Stabenow, geboren 1952 in Anchorage, Alaska, wuchs bei ihrer alleinerziehenden Mutter auf, die im Golf von Alaska auf einem Fischerboot arbeitete. Die Eiseskälte in ihrem Heimatstaat im Winter und das Springen der Lachse in den Flüssen im Sommer kennt die Autorin ebenso gut wie ihre Protagonistin. Stabenow erwarb einen Bachelor in Journalismus und einen Master in Creative Writing und schreibt seither Kriminalromane und Science Fiction. Für In der Kälte Alaskas, den ersten Band der derzeit dreiundzwanzig Bände umfassenden Kate-Shugak-Reihe, wurde sie mit dem Edgar Award ausgezeichnet. 2007 wurde sie vom Staat Alaska zur Künstlerin des Jahres gekürt. Die Autorin selbst sagt über ihren Werdegang: »Ich bin in Anchorage geboren und auf einem Fischerboot in Südalaska aufgewachsen, und ich wusste, dass es irgendwo da draußen einen wärmeren, trockeneren Job geben musste.«
1
Die zwei Männer kamen am späten Morgen von Sü-den her auf einem Schneemobil angefahren, einem schwarz-silbernen Ski-doo LT. Der Fahrer hatte buschige Augenbrauen und einen noch buschigeren Bart, und an seiner Kapuze trug er eine Pelzkrempe, die von der Feuchtigkeit seines Atems mit Reif überzogen war. Es war ein großer, kräftiger Mann, der durch Parka, Daunenoverall, Pelzmukluks und dicke Fellhandschuhe noch massiger wirkte. Sein breites Grinsen mit halb geöffnetem Mund erinnerte an ein Zähnefletschen. Alles in allem sah er aus wie ein von Eddie Bauer ausgestatteter John Wayne, bereit, eine Horde Eindringlinge von seiner Goldmine am Hang des White Mountain zu vertreiben.
Der Mann, der hinter ihm saß und sich verzweifelt an seinen Sitz klammerte, hatte nur die Hälfte seines Kalibers und keinen Pelzbesatz an der Kapuze. Über seinem bleichen Gesicht lag eine zerbrechliche Maske feinen Reifs. Er trug einen Daunenschneeanzug, der mindestens drei Nummern zu groß für ihn war, sodass die Hosenbeine über seinen Schnürschuhen herunterhingen. Ihm war das Grinsen längst vergangen. Er sah eher aus wie Sam McGee aus Tennessee, kurz bevor er in den Ofen der Alice May gestopft wird.
Das ohrenbetäubende Knattern des Schneemobils hallte durch die Landschaft und störte die arktische Ruhe dieses Dezembertags. Es schreckte einen Elch auf, der gerade an der Rinde einer dürren Birke knabberte. Es scheuchte einen Biber zurück in seinen Bau, der sich in einem sprudelnden Bach befand. Es weckte einen Weißkopfseeadler, der im Wipfel einer Fichte saß und mit zornerfüllten Augen auf die beiden Männer hinunterstarrte. Der Himmel war von jener kristallinen Klarheit, die es nur in den Regionen des hohen Nordens und nur im Winter gibt; hell, durchscheinend, farb- und wolkenlos. Die erste Röte des Sonnenaufgangs umriss erst jetzt die zackigen Berggipfel im Osten, obwohl es schon weit nach neun Uhr war. Der Schnee bedeckte in sanft geschwungenen Hügeln den Boden unter den Erlen, Fichten und Balsampappeln.
»Ich muss mal pinkeln«, schrie Fred Gamble dem Fahrer ins Ohr.
»Würd ich Ihnen hier nicht raten«, brüllte Jack Morgan über den Lärm des Schlittens hinweg zurück.
»Warum nicht?«, schrie Gamble. Die Eiskruste auf seiner Wange platzte, und ein dünner Splitter fiel herab.
»Der Schnee ist hier tiefer, als er aussieht. Reicht Ihnen wahrscheinlich bis über den Kopf. Sie könnten einsinken und nie wieder auftauchen. Halten Sie durch. Es ist nicht mehr weit.«
Der Schlitten umrundete schlingernd und rutschend eine Baumgruppe, und Gamble musste sich festklammern, wobei er zähneknirschend vor sich hin fluchte. Morgans Grinsen wurde breiter.
Unvermittelt brachen sie in eine Lichtung ein. Morgan bremste so abrupt, dass Gamble nach vorn geschleudert wurde. Als er sich wieder aufgerichtet hatte und um sich blickte, war Gambles erster Eindruck, dass die winterliche Szenerie, die da vor ihm ausgebreitet lag, zu makellos, zu geordnet, zu vollkommen war, in einer Welt voller fehlerhafter, unordentlicher, unvollkommener Menschen.
Die Blockhütte auf der Lichtung stand an der Kante eines Felsens, der dreißig Meter tief zum halb zugefrorenen Kanuyaq River abfiel. Am anderen Ufer des Flusses stieg das Land steil zu den scharfen Spitzen der Quilak Mountains an. Die Hütte, die aussah, als wäre sie natürlich dort gewachsen und nicht von Menschenhand erbaut, stand in der Mitte eines kleinen Halbrunds von Gebäuden. Links und etwas nach hinten versetzt befand sich ein Außenabort, hoch, schmal, zweckmäßig. Mehrere Vertiefungen im Schnee rundherum deuteten darauf hin, dass er mehr als einmal versetzt worden war. Das gab Gamble eine Vorstellung davon, wie lange das kleine Gehöft hier schon stand. Daneben war ein Bau, der Garage und Werkstatt beherbergte. Durch das offene Tor waren ein Schneemobil, ein kleiner Lastwagen und diverses Zubehör zu sehen. Gamble fand den Anblick dieser Errungenschaften moderner Technik ausgesprochen beruhigend. Direkt neben der Hütte stand erhöht ein Gestell, in dem, seitlich gestapelt, ein Dutzend Fünfundfünfzig-Gallonen-Kanister Chevron Dieselöl gelagert waren. Gleich rechts von der Hütte befand sich ein Gewächshaus, dessen Kunststoffscheiben dicht beschlagen waren. Daneben schloss ein Vorratsspeicher, etwa drei Meter über dem Boden auf Holzpfählen thronend und mit nur einer Tür, zu der eine schmale Leiter hinaufführte, den Halbkreis ab.
Die Fußwege, die die Gebäude miteinander verbanden, waren mit beinahe chirurgischer Präzision durch den Schnee geschnitten. Das so entstandene Halbrund festgetretenen Schnees wurde von Wällen begrenzt, so abgezirkelt und gleichmäßig hoch wie eine gestutzte Gartenhecke. Eine Spur führte direkt zum Holzstoß, mindestens drei Klafter, schätzte Gamble, die Scheite feinsäuberlich geschlagen und gestapelt.
Außerhalb der Wege gab es nirgendwo Fußabdrücke. Wer auch immer hier wohnte, schien lieber für sich zu bleiben.
Der Glanz des Holzes an jedem einzelnen Gebäude verriet die regelmäßige Pflege mit Holzöl. Auf keinem der Dächer fehlte auch nur eine Schindel. Der übliche Berg alter Autoreifen, zu abgefahren, um noch verwendet zu werden, aber zu schade zum Wegwerfen; der Haufen von Holzresten, alle unterschiedlich lang, aber eines Tages vielleicht doch noch für irgendetwas gut; der Turm von Blazo-Kisten, die als Regale dienen sollten; die Ansammlung glänzender Öldosen als mögliche Wasserbehälter; die unordentlichen Stapel rostiger leerer Fünfundfünfzig-Gallonen-Fässer, aus denen Öfen geschnitten werden konnten, wenn der alte es nicht mehr tat – all diese lebensnotwendigen Dinge fehlten. Das war höchst unbuschmäßig und richtiggehend unalaskisch.
Gamble kam der Verdacht, dass das Gras, wenn der Schnee geschmolzen war, nicht wagen würde, höher als zweieinhalb Zentimeter zu wachsen, oder die Tomaten im Gewächshaus weniger als zwölf Früchte pro Staude zu tragen. Ein unerwartetes und ganz ungewohntes Gefühl der Unzulänglichkeit überkam ihn, und plötzlich wünschte er, er hätte sich die Zeit genommen, einen Parka und Stiefel zu besorgen, die Winteruniform des alaskischen Buschs, bevor er zu dieser Fahrt aufgebrochen war. Dann wäre er wenigstens angemessen gekleidet gewesen für eine Begegnung mit Jack London, der zweifellos dort in der Hütte saß, To Build a Fire schrieb und damit Generationen von Englischschülern an den Highschools von Alaska das Leben schwer machte.
Endlich merkte Gamble, dass sein Mund offen stand, und er klappte ihn zu, wobei er sich fragte, durch welche Art von Zeitschleife sie auf dem Weg hierher gewandert waren und ob sie sie je wiederfinden würden, um in ihr eigenes Jahrhundert zurückzukehren.
Morgan schaltete den Motor aus. Die Stille traf sie wie ein Schlag, und Gamble war vorübergehend wie betäubt. Dann fasste er sich. »Der Szene fehlt nur das Nordlicht«, sagte er. »Dann könnten wir sie auf eine Postkarte drucken.«
Jack Morgan grinste.
Gamble atmete tief ein, und die eisige Luft brannte in seiner Lunge. Er hustete. »Hier wohnt sie also?«
»So ist es«, bestätigte Morgan. Seine tiefe Stimme dröhnte über die Lichtung. Wie zur Bestätigung hörten sie das Krachen der Hüttentür, die zugeschlagen worden war. Gamble zog die Augenbrauen hoch, und wieder sprang etwas Eis von seinem Gesicht.
»Tja, wenigstens wissen wir jetzt, dass sie zu Hause ist«, sagte Morgan gelassen und stieg vom Schlitten.
»Scheiße, was ist das denn?«, rief Gamble, und sein Gesicht schien, wenn das möglich war, noch bleicher zu werden.
Morgan blickte auf und sah ein riesiges graues Tier mit steifer Halskrause und buschigem Schwanz über den Hof in ihre Richtung traben. »Hund«, sagte er lakonisch.
»Hund?«, wiederholte Gamble und versuchte vergeblich, dem Blick aus den gelben Augen des Tieres auszuweichen, die ihm unbeirrbar folgten. Er fummelte in seiner Tasche, bis seine behandschuhten Finger den Kolben seiner .38er Police Special fanden. Als er wieder aufblickte, lag ein bedächtiger, abwägender Ausdruck in den immer noch auf ihn gerichteten Augen, und er erstarrte. »Schaut mir eher aus wie ein verdammter Wolf«, brummte er schließlich, bemüht, es dem anderen an Gelassenheit gleichzutun.
»Nicht doch«, entgegnete Jack und hielt dem Hund eine locker zur Faust geballte Hand mit der Fläche nach unten hin. »Nur zur Hälfte. Hey, Mutt, wie geht’s dir, mein Mädchen?«
Die Hündin streckte vorsichtig ihre Schnauze vor, schnupperte zweimal und nieste. Sie wedelte kurz mit dem Schwanz, ehe sie ihren Blick wieder auf den anderen Mann richtete. Beinahe sah es so aus, als hätte sie eine Augenbraue hochgezogen.
»Halten Sie ihr die Hand hin«, sagte Morgan.
»Wie bitte?«
»Machen Sie eine Faust, Handfläche nach unten, und halten Sie sie ihr hin.«
Gamble schluckte, verabschiedete sich im Stillen von seiner Hand und gehorchte.
Mutt schnupperte, musterte ihn ein drittes Mal auf eine Weise, dass er nur hoffen konnte, nichts Aggressives auszustrahlen, dann trat sie zur Seite, offenbar bereit, die beiden Männer zur Tür der Hütte zu geleiten.
»Da ist das Klo«, bemerkte Morgan und zeigte auf den schmalen Bau.
»Was?«
»Sie wollten doch pinkeln …«
Gamble blickte vom Hund zum Häuschen und wieder zum Hund. »Doch nicht so dringend.«
»Das ist ja ein verdammter Türsteher«, sagte er, als er sicher in der Hütte stand und die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte.
»Möchten Sie was trinken?« Die Stimme der Frau klang merkwürdig. Zu laut für ein Flüstern, nicht tief genug für ein Knurren und so rau wie eine stumpfe Säge, die durch eine alte Steinwand getrieben...
Erscheint lt. Verlag | 14.11.2024 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Kate Shugak |
Übersetzer | Mechtild Ciletti |
Verlagsort | Zürich |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Alaska • Eis • Ermittlerin • Ermittlungen • FBI • Gletscher • kalt • Kälte • Leiche • Mord • Polizei • Schnee |
ISBN-10 | 3-311-70523-8 / 3311705238 |
ISBN-13 | 978-3-311-70523-9 / 9783311705239 |
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