Das Haus Zamis 99 (eBook)

Das Schwarze Zimmer
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7284-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus Zamis 99 - Diana Dark, Rüdiger Silber
Systemvoraussetzungen
1,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Aus Hunderten kleiner, schwarzer Stecknadelköpfe starren mich die Raben an. Ich selbst rührte mich nicht. Schon in der Stadt hatte ich die Erfahrung gemacht, dass sich die Raben zurückzogen und davonflogen, wenn ich mich ihnen zu nähern versuchte. »Danke!«, sagte ich leise. Dann noch einmal, auf Russisch: »Spasibo!« Fast hätte ich als Drittes hinzugefügt: »Krrrooaak!«
Doch mir war nicht zum Lachen.
Die Vögel legten den Kopf schief und schwiegen.
Sie warteten ... lauerten ...
Nach mehreren einzeln abgezählten Herzschlägen trat ich den Rückzug an. Ich stieg wieder in die Fahrstuhlkabine und fuhr abwärts.
Auf mich wartete Theodotos Wolkow, mächtigster Dämon Moskaus und wahrscheinlich ganz Russlands - und zugleich meine Zielperson, die ich fassen und meinem neuen Herren Asmodi zum Fraß vorwerfen sollte ...

1. Kapitel


Asmodi stand aufragend zwischen ihren gespreizten Schenkeln und beobachte mit garstigem Grinsen, was dem eigenen Blick der jungen Hexe aufgrund des geschwollenen Bauchs entzogen war. Die gewölbte Bauchdecke regte und beulte sich wie ein zugeschnürter Sack, in dem ein Wurf Welpen oder Ferkel zappelt. Die Schmerzen waren grauenvoll. Das waren keine normalen Geburtswehen, so viel war der Hexe klar. Vielmehr glichen sie der Folter, die sie einst durchlitten hatte, als Achthon, der dämonische Balg des furchtbaren Comte de Guedelon, ihrem Leib entschlüpft war.

Jetzt flauten die Bewegungen unter der blasenförmigen, zum Platzen gespannten Bauchdecke ab. Sie zeigte keine Ausstülpungen mehr. Doch die Schmerzen ließen nicht nach. Sie verlagerten nur ihr Zentrum ... und steigerten sich noch!

Gequält spürte die Hexe, wie ein Schwall warmer Flüssigkeit zwischen ihren Beinen hervorschoss. Zugleich senkte sich die Wölbung der Bauchdecke ganz langsam. Fingerbreit um Fingerbreit gab sie der Hexe den Blick auf das frei, was aus ihrem Inneren ins Freie kroch.

Sie hätte ihr Grauen hinausgeschrien. Doch die junge Hexe schrie ja schon vor Schmerz, so laut Lunge und Stimmbänder konnten.

Wer der Vater der Ausgeburt war, ließ sich nicht ersehen ... außer dass er ein Monster sein musste. Aber das war nicht das Schrecklichste. Viel schrecklicher war, dass man der Missgestalt auf den ersten Blick die Mutter ansah. Denn das nasse, blutverklebte Ungeheuer, das gerade mit spitzen Zähnen die Nabelschnur durchnagte, besaß eine groteske Mischung aus Pitbullschnauze und dem Gesicht der jungen Hexe.

Aus böse glimmenden Augenschlitzen belauerte es die Frau, die es zur Welt gebracht hatte. Sowie die Nabelschnur durchtrennt war, kroch es auf ihren geschrumpften Bauch und begann den Schweiß aufzulecken.

Asmodi beugte sich vor. In seiner Faust schimmerte eine Harpyienkralle. Er bohrte sie in den Bauch der Hexe und schlitze Haut, Fett- und Muskelgewebe fingerlang auf. »Nun atze dich, mein Sohn«, sprach er und kraulte den Bastard unter der unförmigen Kinnlade. »Auf dass du groß und stark und grausam wirst!«

Und wie ein Terrier, der in einen zu engen Kaninchenbau vordringt, wühlte der Bastard sich durch den blutigen Spalt in die Hexe hinein.

Gegenwart

Ich erwachte mit einem hellen, spitzen Schrei. Keuchend schnappte ich nach Luft.

Natürlich war es nur ein Traum gewesen. Dennoch war ich schweißgebadet. Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. Dann blickte ich meinen Nebenmann zur Linken an, der in derselben Reihe, aber auf der anderen Seite des Mittelganges saß. Er hatte irgendetwas zu mir gesagt. Zwar auf Russisch, aber mit einem Zungenschlag oder in einem Dialekt, den ich nicht verstand. Offenbar war mein Schrei laut genug gewesen, um ihn von dem Bordfilm abzulenken, den er sich ansah. Ich versuchte ein Lächeln. »Spasibo! U menya vsyo horosho«, nickte ich. ›Danke! Mir geht's gut‹, hatte ich ihm auf Russisch zu verstehen gegeben.

Der Mann nickte zurück und setzte den Kopfhörer wieder auf. Erneut richtete er den Blick auf den kleinen Bildschirm, der über einem Schwenkarm an der Seitenarmlehne des Nachbarsitzes befestigt war.

Auch weitere Flugreisende, die sich nach mir umgewandt hatten, sowie die herzueilende Stewardess beruhigte ich mit dem gezwungenen Lächeln.

Ich befand mich an Bord des Direktfluges von Wien-Schwechat nach Moskau-Domodedowo.

Leider reiste ich in Gesellschaft.

»Ich habe Sie betrachtet, Fräulein Coco«, tönte es rechts von mir. »Sie sahen so unschuldig aus im Schlaf! Aber der kleine, entzückte Schrei, mit dem Sie eben aufgewacht sind, dieses erregende Keuchen, das zwischen Ihren Lippen hervordrang – das klang überhaupt nicht mehr unschuldig! Und Sie sind ja ganz verschwitzt! Wovon haben Sie bloß geträumt?«

Ich schloss wieder die Augen und schwieg. Ich ahnte bereits, was als Nächstes kommen würde.

»Handelte der Traum etwa von mir?«

Bingo!

»Ihr Erröten beweist es: Sie haben von mir geträumt.«

Als ich auch darauf nichts erwiderte, fuhr er fort: »Woher ich das wusste? Weil auch ich keuche und schwitze, wenn ich von Ihnen träume!«

Mein Reisebegleiter hieß Helmut von Bergen – Fürst Helmut von Bergen. Er gehörte zur Schwarzen Familie. Asmodi hatte uns zusammengespannt. Noch so eine Schurkerei, die ich Asmodi niemals vergessen wollte.

Aus meiner Sicht war von Bergen der Fürst der Kotzbrocken. Sein tatsächliches Alter kannte ich nicht, weil er ein Dämon war. Aber er wirkte wie Anfang sechzig. Vom Aussehen her hätte er ein passables Double des Schauspielers Peter Simonischek abgegeben. Als Filmregisseur und Dandy mit einer Vorliebe für um den Hals geschlungene Seidenfoulards, eierschalfarbene Anzüge und schiefergraue Maßhemden war er eine beliebte Persönlichkeit für die Klatschpresse – gewesen. Sein Stern war verblasst. Asmodi schätzte es nicht, wenn es Mitglieder der Schwarzen Familie allzu sehr in die Öffentlichkeit drängte.

Einen Spitzenplatz jedoch belegte er unangefochten: auf der Messlatte für Ekelpakete.

Zu Beginn hatte er noch den Grandseigneur gegeben. Seine Komplimente waren zwar ermüdend, aber immerhin kavaliersgerecht gewesen. Leider hatte es nicht lange gedauert, bis er in das ihm offenbar gemäßere Rollenfach gewechselt war – das des ungenierten, ordinären Lüstlings. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht irgendwann anfing, mich zu begrapschen ...

Asmodi hatte sich spendabel gezeigt. Wir flogen Business Class. Aber in dem Airbus A320 der Aeroflot gewährten selbst die teuren Sitze nur beschränkte Beinfreiheit. Daher hatte ich von Bergen den Fensterplatz, den er begehrte, bereitwillig abgetreten, obwohl die Sitznummer auf meinem Flugticket eingetragen war,. Denn ich wollte nicht über seine Knie hinwegsteigen müssen, wenn ich meinen Platz verließ.

Die Stewardess kam mit Getränken vorbei. Ich hörte, wie von Bergen murrte: »Wussten Sie schon, Fräulein Coco, dass die russischen Fluglinien den Wodka-Ausschank verboten haben? Zu viele Besoffene, die über die Stewardessen hergefallen sind! Ich wäre wirklich lieber mit Austrian Airlines geflogen.«

Ich erhob mich und trat auf den Mittelgang hinaus. Aus dem Gepäckfach über den Sitzen fischte ich den Rucksack hervor, der mein Handgepäck darstellte. Dann begab ich mich auf den Weg zu den Toiletten.

Die Toiletten befanden sich ganz hinten am Heck des Fliegers, sodass ich den Passagiertrakt in voller Länge durchmessen musste.

Ich passierte die Abtrennung zur Touristenklasse. Hier bot jede Sitzreihe zweimal drei Plätze, getrennt durch den Mittelgang, und es gab noch weniger Fußraum zwischen den Reihen. Die Touristenklasse war nicht ausgebucht. Ich erblickte etwa ein Dutzend leerer Sitze.

Als auffallende Frau den engen Mittelgang eines Passagierflugzeugs mit gelangweilten Fluggästen abzuschreiten, hat etwas von einem Spießrutenlauf.

Kurz vor den WCs merkte ich, dass ein Mann, der in Reihe 22 oder 23 saß, mir entgegenstarrte. Er machte seine beiden Sitznachbarn aufmerksam, die mich nun ebenfalls anglotzten. Diese Art unverschämter Aufmerksamkeit hatte ich seit meinem Zusammensein mit dem Fürsten zur Genüge genossen. Nur die drei Gaffer sahen den Mittelfinger, den ich im Vorbeigehen in Hüfthöhe für sie ausstreckte. Sofort stupsten sie einander an, und alle drei senkten rasch den Blick, als würde sich plötzlich etwas ungemein Spannendes auf den Sitzlehnen ihrer Vordermänner abzeichnen. Wenige Schritte später schloss ich mich in einer der beiden Klokabinen ein.

Das Übelkeitsgefühl im Bauch war bereits abgeflaut. Ich blickte in den Spiegel. Ein klammer Film überzog meine Stirn, was ihr einen porzellanartigen Glanz verlieh, und Schweißperlen standen auf der Oberlippe. Ich wischte sie mit der Zungenspitze fort.

Die Träume kamen immer wieder, als eine beständige Mahnung, was meine derzeitige Lage verschuldet hatte. Als ob es einer solchen Mahnung überhaupt bedurft hätte.

Ich hatte mein ungeborenes Kind an Asmodi verpfändet, und er hatte mich übertölpelt. Der Fötus war nun in seiner Gewalt. Wahrscheinlich schwamm er in irgendeiner höllischen Nährlösung, die das Böse in ihm fütterte. Ich hatte mir noch nicht einmal einen Namen für mein Kind überlegen können. Es gab eine Zeit, da hätte es Dorian geheißen. Falls es ein Junge war. Aber die Zeit war vorbei. Außerdem wusste ich selbst das nicht: ob es ein Junge war oder ein Mädchen! Schlimmer noch: Sogar des Vaters meines Kindes konnte ich jetzt nicht mehr sicher sein. Denn um das Maß vollzumachen, behauptete Asmodi, meine Erinnerung an die Zeugungsnacht sei eine von ihm bewirkte Illusion gewesen. Nicht Dorian Hunter sei der Vater – sondern er selbst, Asmodi, der Fürst der Dämonen, habe mir beigewohnt und mir seinen Samen eingepflanzt.

Dorian Hunter bedeutete mir nichts mehr. Er war tot. Zumindest hatte Asmodi es behauptet. Seine Worte klangen mir noch im Ohr: »Ach ja, ich musste auf dem Weg durch den Garten euren Hüter des...

Erscheint lt. Verlag 27.7.2024
Reihe/Serie Das Haus Zamis
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Coco Zamis • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • Dorian Hunter • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Spin-Off • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-7284-7 / 3751772847
ISBN-13 978-3-7517-7284-6 / 9783751772846
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 2,6 MB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Eine fesselnde Liebesgeschichte zwischen Jess & Ana

von Anna L. Jaensch

eBook Download (2024)
epubli (Verlag)
7,99
Die übernatürlichen Phänomene Schottlands

von Lachlan Sinclair

eBook Download (2024)
tredition (Verlag)
9,99