Let’s make things better! (eBook)

Ein Holocaust-Überlebender über die Kraft des Positiven

, (Autoren)

eBook Download: EPUB
2024
224 Seiten
Mosaik (Verlag)
978-3-641-32225-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Let’s make things better! - Gidon Lev, Julie Gray
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Das Gute existiert in der Welt - wir müssen es nur sehen!
Gidon Lev ist hoffnungsvoller Optimist. Das Leben hat ihn gelehrt, dass trotz Schmerz und Leid ein Leben voller Liebe möglich ist. Als Sechsjähriger wird er nach Theresienstadt deportiert, er verliert seine gesamte Familie, bis auf seine Mutter. Immer wieder stellt das Leben ihn auf die Probe, doch bis heute kämpft er für ein friedliches Zusammenleben und gegen das Vergessen, gegen das Leugnen des Holocausts. In Schulen, im täglichen Leben - und auf Instagram und TikTok. Dort erreicht er junge Menschen mit seiner Botschaft, die Welt jeden Tag ein bisschen besser zu machen.

Nun beantwortet er Fragen seiner Follower, teilt seine Lebensgeschichte und seine tägliche Lebensrealität, berichtet, wie wir ein gutes Leben leben können und gibt uns Zuversicht in schweren Zeiten.

Gidon Lev wurde 1935 in der Tschechoslowakei geboren. Mit sechs Jahren kam er ins Konzentrationslager Theresienstadt, das er überlebt hat. Mit seiner Mutter, der einzigen weiteren Überlebenden seiner Familie, emigrierte er nach Brooklyn und später nach Toronto. 1959 zog er nach Israel, um sich ein neues, freies Leben aufzubauen. Gidon Lev war zwei Mal verheiratet, hat sechs Kinder, 15 Enkel und zwei Großenkelinnen. Mit seiner Lebensgefährtin Julie Gray lebt er im Norden von Israel. In den sozialen Medien setzt er sich für Toleranz und ein friedliches Miteinander ein. Der Krieg im Nahen Osten resultierte jedoch in so viel Antisemitismus auf TikTok, dass er sich auf Instagram zurückzog.

Einleitung

Gidon, der kleine Junge, der nie so ganz erwachsen wurde, hält ein Nickerchen. Er schläft in einer von der Sonne gebleichten Hütte in der Wüste Negev, wenige Kilometer von der Grenze nach Ägypten entfernt. Der staubige Wind pfeift in den Ritzen unserer Hütte und lässt die Palmblätter auf dem Dach rascheln. Gidon trägt das Hemd mit dem orange-blau-grünen Madraskaro, das er vor ein paar Tagen in einem Secondhandshop entdeckt hat. Außerdem brachte er Stühle für den Esstisch und eine Suppenkelle mit. In dieser Hütte hat auch schon Schimon Peres gewohnt – jedenfalls erzählt man uns das.

Morgen werden wir Gidons neunundachtzigsten Geburtstag feiern, und dieser Ausflug in die Wüste ist seine Geburtstagsüberraschung von mir. Anlässlich früherer Geburtstage waren wir auch schon beim Ziplining, sind mit einem Ballon gefahren und haben Indoor-Skydiving gemacht, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Bis jetzt hat Gidon keine Ahnung, was wir morgen anstellen werden, aber er spielt gerne mit.

Wie es meine Gewohnheit ist, beobachte ich Gidons Brust, während er schläft – die einzige Zeit, wo er mal still liegt. Bewegt sie sich auf und nieder? In letzter Zeit ist er viel langsamer geworden. Neun Jahrzehnte eines gut und wahrhaftig gelebten Lebens fordern ihren Preis.

Ich versuche, nicht zu oft über die Tatsache nachzudenken, dass Gidon mir nur noch für eine sehr kurze Zeit geliehen ist. Aber natürlich kann ich das nicht ignorieren. Ich gebe mir Mühe, mich auf ein Leben ohne Gidon vorzubereiten, doch ich bin nicht sicher, ob es eine weiche Landung geben wird, nachdem ich so lange in diesem wundervollen Orbit geschwebt bin. Gidon hat mich verändert, aber er hat mich noch nicht verlassen. Vielleicht verlässt er mich nie so ganz.

Am Vorabend seiner neunzigsten Runde um die Sonne frage ich mich zum millionsten Male: Was bewegt diesen Mann, was hält Gidon Lev so lebendig? Was hat ihn und mich, dieses höchst seltsame Paar, bis zu diesem Moment gebracht, den wir auf einer Ziegenfarm mitten in der Wüste verbringen? Wie bin ich hierhergekommen?

Plötzlich öffnet Gidon eines seiner blauen Augen und lächelt mich verschmitzt an. »Aha!« Er lacht, freut sich, dass er mich überrascht hat.

Im Herbst 2017 rief mich überraschend ein älterer Mann an und sagte, er brauche Hilfe beim Schreiben eines Buches. Er sei ein Überlebender des Holocaust, erklärte er, und wollte die Geschichten seines Lebens erzählen. Und ob ich ihm helfen könne. Hätte ich Lust, mich mit ihm auf eine Tasse Kaffee zu treffen? Ich sagte Ja.

Wie fast immer in den ganz gewöhnlichen und doch potenziell lebensverändernden Momenten unseres Daseins hatte ich keine Ahnung, was dieses eine Wort, dieses Ja, auslösen würde.

Von dieser Tasse Kaffee an hat Gidon Lev fröhlich damit weitergemacht, die Flugbahn meines Lebens umzuleiten.

Als ich Gidon kennenlernte, versuchte ich gerade ohne großen Erfolg, eine Art »Eat Pray Love« durchzuziehen, mich also an einem exotischen Ort neu zu »erfinden«. 2010 hatte ich meinen Bruder durch Selbstmord verloren, was mich vollkommen aus der Bahn geworfen hatte. Ich ertrank förmlich in meiner Trauer und fand, es wäre eine ziemlich gute Idee, von Los Angeles nach Israel zu ziehen. Ich sprach kein Wort Hebräisch. Nach allem, was ich durchgemacht hatte, stand auf meiner Stirn deutlich der Schriftzug »Traurige, ahnungslose amerikanische Lady«, aber na ja …

Es folgten ein paar heroische Jahre, in denen ich ehrenamtlich arbeitete, schrieb, neue Freunde fand und eine seltsame, sicher recht komische Mischung aus Englisch und Hebräisch sprach. Ich kam zurecht. Aber ich stellte auch fest, dass man vor der Trauer nicht davonlaufen kann. Ich wusste es noch nicht, aber ich brauchte einen Lebenspartner, einen Menschen, bei dem ich mich sicher genug fühlen konnte, um meine Trauer zu erforschen und vielleicht – ganz vielleicht – wieder ein Gefühl von Sinn und Hoffnung zu finden.

Bei unserer ersten Tasse Kaffee, der rasch eine zweite folgte, stellte Gidon Lev meine vorgefassten Meinungen über Holocaust-Überlebende – und ältere Menschen insgesamt – schnell auf den Kopf. Als Nächstes forderte er alles heraus, was ich bisher für höfliche Gesprächskonventionen gehalten hatte. Er war sehr neugierig. Er wollte alles über mich wissen: Warum ich in Israel war, was mit meinem Bruder passiert war, wie ich damit zurechtkam. Gidon erklärte mir, wie wichtig es ihm sei, dass Menschen sich ehrlich ausdrücken und zum Herzen der Dinge vordringen. Und auf irgendeine Weise fühlte ich mich in seiner schamlosen Direktheit sicher.

Sehr bald wurde mir klar, dass ich einen unverbesserlichen Geschichtenerzähler und menschlichen Dynamo getroffen hatte, der nichts so sehr liebte, wie ordentlich Unruhe zu stiften. Liebe Leserinnen und Leser, er hatte mich beim ersten Shalom.

Es dauerte nicht lange, bis wir begriffen, dass wir zusammengehörten. Wir teilten so ziemlich alles, von der Fünf-Sekunden-Regel für Lebensmittel, die auf den Boden fallen, bis zum Essen mit einer gemeinsamen Gabel und unserer Liebe zu Simon & Garfunkel – all das brachte uns sehr schnell zusammen. Ein paar Monate nach unserem Kennenlernen zogen wir zusammen, und dann schrieben wir zusammen das Buch The True Adventures of Gidon Lev: Rascal. Holocaust Survivor. Optimist. Ich war Gidons Freundin, seine Geliebte, seine Lektorin und Managerin. Und er war der Soßenkoch, mein Ad-Hoc-Therapeut und mein Fels in der Brandung.

Seit jenem ersten Ja und der schicksalhaften Tasse Kaffee vor vielen Jahren haben Gidon und ich die Welt bereist und viele ernste Würdenträger in europäischen Städten getroffen. Wir haben Kränze niedergelegt und uns auf Flughäfen verlaufen, und wir haben im Lebensmittelladen mitten in der Abteilung für Reis und Nudeln gestritten. Einmal sind wir beide gleichzeitig durch ein Viehgitter gefallen, als wir spätnachts auf dem Gelände einer Farm auf den Golanhöhen unterwegs waren. Fragen Sie nicht!

Ich habe gelernt, dass Gidon unberechenbar wie das Wetter ist. Ich halte mich einfach fest, als ginge es um mein Leben, und folge ihm, bitte hier und da um Entschuldigung und bezahle die vielen Strafzettel für falsches Parken.

Meine allerliebsten Momente mit Gidon, die ihn mir ganz besonders lieb machen, sind die kleinen Augenblicke, die wir nur für uns haben. So wie damals, als er in seinem verbeulten Suzuki Splash angerast kam, um mich abzuholen, hupend und fröhlich winkend. »Gidon, hast du Spaghetti zu Mittag gegessen?«, fragte ich, denn sein Mund war noch ein wenig mit den Resten von Tomatensoße verschmiert. »Jep«, sagte Gidon und trat aufs Gaspedal.

Oder damals, als ich still an meinem Computer arbeitete und plötzlich einen ohrenbetäubenden Krach aus dem Haus hörte. Gidon hatte beschlossen, die Badezimmertür auszuhängen, damit die neue Waschmaschine durch die Öffnung passte. Während ich dastand, die Verwüstung betrachtete und ihn ungläubig ansah, erklärte er mir, mit einer Brechstange auf dem Boden liegend, nein, man könne die Tür vermutlich nicht wieder einsetzen, aber keine Sorge, er werde stattdessen einen Duschvorhang anbringen.

Oder als er, meinem inzwischen nur noch schwächlichen Protest trotzend, einen mindestens eins fünfzig Meter langen, dicken Ast an die hintere Stoßstange unseres Autos band und ihn etwa eine Meile über eine staubige Piste zog, damit wir Holz für unser Lagerfeuer hätten. Der Ast schlug ein Loch in unsere Ölwanne, was wir aber erst am nächsten Tag feststellten, ungefähr gleichzeitig mit der Erkenntnis, dass wir unser Lager gleich neben einem beliebten Wanderweg aufgeschlagen hatten. Für die Wanderer, die an uns vorbeizogen, müssen wir absolut lächerlich ausgesehen haben, wie wir in unseren Campingpyjamas dahockten und die Ölpfütze unter unserem Auto beäugten.

Gidon Lev ist ein Kobold, ein Schlitzohr und, ja, manchmal auch eine geradezu königliche Nervensäge. Nein, Gidon, ein Duschvorhang ist kein guter Ersatz für eine Tür. Doch Gidons zügellose, ungefilterte und unverwüstliche Seele ist eben auch unwiderstehlich. Für mich und ganz sicher auch für viele andere.

Nicht selten wird Gidon auf der Straße erkannt, weil er im Fernsehen aufgetreten ist oder weil man ihn von seinen Social-Media-Beiträgen kennt. Er hat eine gewisse Wirkung auf Menschen. Erst kürzlich schlug sich eine Frau in einem Café in Krakau die Hand vor den Mund, als sie ihn sah. Die meisten Leute fragen, ob sie ein Selfie mit ihm machen dürfen. Manche umarmen ihn und weinen. Mit alldem kommt Gidon, der kleine Junge, der nie ganz erwachsen wurde, mühelos zurecht. Ich habe mich oft gefragt, wie ein Mann, dessen Kindheit auf eine so brutale Weise so vollkommen anders war als meine eigene, so kompromisslos fröhlich sein kann. Doch Leiden ist relativ, würde er wohl sagen. Einsamkeit kann eine schneidende Erfahrung sein, und man muss nicht in einem Konzentrationslager eingesperrt sein, um sie zu empfinden. Es gibt tausend und eine Variante von Leiden auf dieser Welt. Gidon hält sich nicht für einen Schiedsrichter oder ein herausragendes Beispiel des Schmerzes. Dafür ist er viel zu weise und demütig. Doch er versteht seinen Platz in der Geschichte und die Verantwortung, die damit einhergeht.

Ich habe mindestens zehntausend Stunden mit dem Versuch zugebracht, herauszufinden, was es ist, das Gidon so unermüdlich neugierig, verspielt, fröhlich und optimistisch macht. Mehr als sechzigtausend Stunden, um es genau zu sagen. Ich kann nur vermuten, dass Gidon irgendein magisches Vitamin G in seinen Adern hat. Und glauben Sie mir, wenn ich könnte, würde ich...

Erscheint lt. Verlag 13.11.2024
Übersetzer Ulrike Strerath-Bolz
Sprache deutsch
Original-Titel Let’s make things better!
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte 2024 • Anti-Semitismus • Biografie • Biographien • Bookstagram • Booktok • Buch TikTok • eBooks • Eddie Jaku • Edith Eger • from the river to the sea • Gaza • Genozid • HAMAS • hans-erdmann schönbeck • Hoffnung • Holocaust • Holocaust-Überlebender • Israel • Jewish • Juden • Konzentrationslager • Krieg • kz, • Liebe • Marcel Reich-Ranicki • Margot Friedländer • mein leben • MICHEL FRIEDMAN • mrgidonlev • Mutmachbuch • nanette blitz könig • Nationalsozialismus • Netanjahu • Neuerscheinung • Sawsan Chebli • Theresienstadt • thetrueadventures • Toleranz • Tova Friedman • Verfolgung
ISBN-10 3-641-32225-1 / 3641322251
ISBN-13 978-3-641-32225-0 / 9783641322250
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