K2 - Der härteste Berg der Welt (eBook)
274 Seiten
Benevento (Verlag)
978-3-7109-5163-3 (ISBN)
Hans Kammerlander, geb. 1956, ist Extrembergsteiger und lebt im Südtiroler Ort Ahornach. Er stand auf zwölf Achttausendern, zudem gelangen ihm fünfzig Erstbegehungen. Walther Lücker, geb. 1957, ist freier Journalist und Fotograf und lebt in Sand in Taufers, Südtirol. Er begleitete Hans Kammerlander auf mehreren Expeditionen.
Hans Kammerlander, geb. 1956, ist Extrembergsteiger und lebt im Südtiroler Ort Ahornach. Er stand auf zwölf Achttausendern, zudem gelangen ihm fünfzig Erstbegehungen. Walther Lücker, geb. 1957, ist freier Journalist und Fotograf und lebt in Sand in Taufers, Südtirol. Er begleitete Hans Kammerlander auf mehreren Expeditionen.
Wie
Hans Kammerlander
Alpingeschichte
schrieb
Walther Lücker
Ein steiles Leben: Hans Kammerlander zählt zu den erfolgreichsten Höhenbergsteigern unserer Zeit. Hier kniet er im Jahr 1996 auf dem Gipfel des Mount Everest, des höchsten Bergs der Welt. Für den zweithöchsten Berg, den K2, brauchte er insgesamt drei Versuche, bis er schließlich 2001 den Gipfel erreichte.
Das sechste und jüngste Kind einer Südtiroler Bergbauernfamilie: Sabine, die ältere Schwester von Hans, sorgte sich viel um den jungen Buben, erst recht nach dem viel zu frühen Tod der Mutter.
»Kein anderer Achttausender hat mir so viel abverlangt«, sagt Hans Kammerlander. »Mit keinem anderen Berg habe ich so gekämpft wie mit dem K2. Zu keinem anderen Berg der Welt bin ich so oft hingereist. Kein anderer Gipfel hat mich so viel Kraft gekostet.« Das klingt, als wolle einer sagen, er habe gelitten und sich an der Grenze des Möglichen gewähnt. Das mag den Funken jener Wahrheit haben, die es für gute Geschichten braucht. Doch derlei Aussagen eines Mannes, der zwischen 1983 und 2001, also fast zwanzig Jahre, lang zu den weltbesten Bergsteigern gehörte, sind ebenso ein Signal dafür, dass er auch die andere Seite erlebt hat, als er das Ziel erreicht hatte – Glück, Zufriedenheit, Genugtuung, dass er den Erfolg genießen konnte, dem er so lange nachgelaufen war. Tatsächlich ist die Geschichte, die den Südtiroler Extrembergsteiger Hans Kammerlander mit dem zweithöchsten Berg der Erde verbindet, zu gleichen Maßen beachtlich, abenteuerlich und beeindruckend.
Als kleiner Junge stand Hans oft daheim vor dem elterlichen Bauernhof, der hoch über den Dächern von Sand in Taufers im Südtiroler Ahrntal in einen sehr steilen Hang in Ahornach hineingebaut worden war. Die vergletscherten Gipfel des Alpenhauptkammes sah er von daheim aus zwar nicht, sehr wohl aber den Peitlerkofel, die Marmolada, das markante Dreieck des Piz Boè und weitere Berge zwischen Furkelpass und Prags. Hinter ihm lag der Große Moosstock, der 3.059 Meter hohe Hausberg. Kammerlander bestieg ihn als Achtjähriger zum ersten Mal. Heimlich folgte er einem deutschen Ehepaar, das ihn nach dem Weg gefragt und ihn neugierig gemacht hatte. Als ihn die beiden Erwachsenen oben entdeckten, wie er unweit vom Gipfelkreuz hinter einer der schwarzen Felsplatten kauerte, bekam er nicht die erwartete Ohrfeige, sondern einen rotbackigen Apfel. Unten, nahe dem letzten Bergbauernhof in Ahornach, holte er seine Schultasche aus dem Gebüsch und trollte sich heim, dem Donnerwetter entgegensehend. Hundertmal hat er diese Geschichte schon erzählt, und doch ist sie immer wieder gut. Vor allem muss man sie kennen, um dem Menschen Hans Kammerlander näherzukommen.
Die Mutter von Hans starb zwei Jahre nach diesem allerersten Bergerlebnis. Viel zu früh, sagt Kammerlander bis heute. Er war das sechste Kind einer Bergbauernfamilie. Ein Nachzügler. Daheim auf dem kärglichen Hof mit ein paar Stück Vieh und üppig blühenden, aber steilen Bergwiesen musste Hans Kammerlander schon früh mit anpacken. Nach dem Tod der Mutter sorgte sich fortan die ältere Schwester Sabine um ihn. Das Wort »sorgen« ist richtig gewählt, denn als Hans Kammerlander an jenem Tag vom Moosstock herunterkam, war er nicht mehr derselbe: In ihm loderte fortan ein Feuer, eine unstillbare Sucht. Nicht umsonst heißt eines seiner Bücher Bergsüchtig (Piper Verlag, 1998).
Sein Vater war Bauer mit Leib und Seele, aber auch Schuster und oft mit seinem Wanderhandwerk unterwegs. War er daheim, hielt er die von tiefem Glauben geprägte Familie mit starker Hand zusammen. Dass ihm der Vater das Schnitzen gezeigt und ihm Geschick in der Werkstatt vermittelt hat, erwähnt Kammerlander oft und gern. Das Beten hat ihm hingegen nicht gefallen. Die Schule war ihm offenkundig ein Gräuel, das Skifahren auf selbst getretenen Pisten, vom frühen Morgen bis zur Dunkelheit, war sein Leben in jungen Jahren. Er war gut in dem, was er da tat. So gut, dass er sich viele Jahre später, 1996, am höchsten Punkt der Erde die Ski anschnallte und über die Nordflanke des Mount Everest bis in das vorgeschobene Basislager hinunterfuhr.
Im Sommer waren Klettern, Bergsteigen und Laufen genau das Seine. Über sechs Jahre gewann er sicher ebenso viele Bergläufe wie Skirennen.
Der Beginn einer lebenslangen Passion: Die Faszination am Skifahren entdeckte Hans schon sehr früh – hier auf der Wiese neben dem elterlichen Hof in Ahornach.
Kein Zweifel, der Moosstock hatte im Leben von Hans Kammerlander so gut wie alles verändert. »Damals auf dem Gipfel, mit diesem deutschen Ehepaar«, erinnert sich Kammerlander, »hat ein unglaublich weiter Weg für mich begonnen, der mich in die Gebirge der ganzen Welt geführt hat. Wenn ich mit achtzig, vielleicht auch mit neunzig, noch mal auf den Moosstock steigen könnte, dann wäre mein Weg wie ein Kreis. Das wäre doch ein schöner Abschluss.« Als Kammerlander 2024 wieder diesen Satz sagt, ist er 67 Jahre alt. Da ist noch Luft nach oben – für vieles.
Mit seinem älteren Bruder Alois durchstieg er 1972, kaum 16 Jahre alt, die Nordwand des Peitlerkofels auf der klassischen Route. Als Hans damals die paar Meter zum Gipfel hinüberlief, sah er die anderen Bergsteiger dort oben sitzen. Doch keiner von denen kam da her, wo er gerade herkam, und seine Brust schwoll vor unverhohlenem Stolz. Viel wichtiger jedoch als dieses tiefe Gefühl der Genugtuung war die Aussicht vom Peitlerkofel. Dort eröffnet sich ein Meer von Gipfeln, das vom Großglockner bis fast zum Ortler, von den Sextener Dolomiten bis in die Zillertaler Alpen reicht. Mit einem Fernglas hätte Hans Kammerlander seinen heimatlichen Hof sehen können, vor allem begriff er an diesem Tag eines: »Die Welt war eben nicht am Peitlerkofel zu Ende, wie ich immer dachte. Dort begann die Welt erst.« Und von da an bestieg der Südtiroler diese Berge – einen nach dem anderen. Ein Kletterkurs, auf dem der Bruder bestanden hatte, vermittelte ihm das nötige Basiswissen. Er bestieg sowohl Dolomitengipfel als auch die eisigen Berge am nahen Hauptkamm der Alpen in Serie. Kein Wochenende mehr ohne Nordwände mit Steigeisen, sonnige Plattenschüsse mit den ersten Kletterpatschen. Schon mit 21 Jahren bestand Hans Kammerlander die Bergführerprüfung. Endlich war er nicht mehr Maurer oder Kranführer auf der Baustelle. Seine Ausbilder erkannten in ihm ein Jahrhunderttalent. »Lange Arme, tiefer Körperschwerpunkt, eine unglaubliche Kondition, ein wachsames Auge und die Fähigkeit, selbst gigantische Wände lesen zu können«, analysierte sein langjähriger Freund, der Brunecker Arzt und Alpinist Werner Beikircher.
Reinhold Messner, 1982 schon zum Weltstar in der damals noch kleinen Nische des Achttausender-Bergsteigens avanciert, muss die Entwicklung von Kammerlander ähnlich beobachtet haben. Unter den Geislerspitzen in Villnöß aufgewachsen, holte er den jungen Bergführer Kammerlander in seine Alpinschule. Unter der berüchtigten Nordwand der Furchetta, wo Emil Solleder und Fritz Wiessner erstmals den sechsten Grat in den Dolomiten kletterten, brachte Kammerlander Gästen in Kursen die ersten Schritte im lotrechten Fels bei. Am späten Nachmittag kletterte er mit dem Sterzinger Bergführer Hanspeter Eisendle mal eben durch genau diese Furchetta-Wand, und zum Abendessen waren die beiden wieder zurück bei ihrer Gruppe auf der Glatschalm.
Kammerlander galt als der Verrückteste in dieser neuen Südtiroler Klettergeneration. Verrückt in des Wortes Ursprung. Er verrückte Grenzen. Und es schien fast, als würde er das nach Belieben tun. Binnen weniger Jahre notierte er fünfzig Erstbegehungen in seinem Tagebuch. Darunter so beeindruckende Routen wie die »Fata Morgana« oder die »Shit Hubert« in der Südwand des Piz Ciavazes am Sellastock. Mehr als sechzig Mal durchstieg er solo schwierige Routen wie die Cassin an der Kleinen Zinne, die beiden großen Kanten an der Tofana di Rozes, die Mauro-Minuzzo-Route an der Großen Zinne, die Route von Lino Lacedelli, dem Erstbesteiger des K2, in der Südwestwand der Cima Scotoni. Dort schreckte er am frühen Morgen zwei Japaner in ihren Biwaksäcken auf. Kammerlander war auf der Überholspur. Als er 1983 die »Messner« in der Peitler-Nordwand ganz allein kletterte und dabei in arge Bedrängnis geriet, hätte ihn dieses entrückte Treiben fast das Leben gekostet.
Ein Jahr zuvor, 1982, hatte Reinhold Messner den gerade 26 Jahre alten Hans Kammerlander am Bauernhof in Ahornach angerufen, um ihn zum Versuch einer Winterdurchsteigung der noch nicht durchstiegenen Südwestwand des Cho Oyu im Himalaja mitzunehmen. Die grundlos tiefen Schneemassen und wuchtigen Winterstürme des Himalaja ließen die Expedition scheitern, doch kaum ein halbes Jahr später waren Messner und Kammerlander wieder da, diesmal mit Michl Dacher, einem deutschen Spitzenbergsteiger aus dem bayerischen Peiting. Dacher hatte vier Jahre zuvor mit Reinhold Messner als erster Deutscher den K2 bestiegen. Die Zahl derer, die das Höhenbergsteigen richtig gut konnten, war damals noch klein, und Kammerlander bewegte sich in Messners Fußstapfen so geschickt wie auf seinen Steigeisen. Er sog Messners Wissen über Höhen und Taktik, über Gefahren und die Kunst des Überlebens auf wie ein trockener Schwamm.
Zusammen wurden die beiden in der Folge die erfolgreichste Seilschaft an den Achttausendern. Reinhold Messner und Hans Kammerlander erreichten binnen von nur vier Jahren sieben der höchsten Gipfel der Welt. Am 8.188 Meter hohen Cho Oyu hatten sich...
Erscheint lt. Verlag | 9.8.2024 |
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Zusatzinfo | durchgehend farbig bebildert |
Verlagsort | Wals |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Schlagworte | Achttausender • Alpinismus • Asien • Basislager • berg k2 • bergsteiger geschenke • Berühmte Bergsteiger • Bildband • Buch Bergsteigen • bücher über berge • Compagnoni • der zweithöchste berg der welt • Erstbesteigung • erstbesteigung k2 • Expedition • Extrembergsteiger • gefährlichster berg der welt • Gerlinde Kaltenbrunner • Geschichte • Gipfel • Himalaja • Himalaya • Höhenbergsteigen • K2 • k2 berg buch • k2 besteigung • Kammerlander • Karakorum • Lacedelli • Manaslu • messner kammerlander • Mount Everest • Pakistan • Reinhold Messner • Schicksalsberg • schwierigster Achttausender • Seven Second Summits • Sherpa • zweithöchster Berg |
ISBN-10 | 3-7109-5163-1 / 3710951631 |
ISBN-13 | 978-3-7109-5163-3 / 9783710951633 |
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