Beifang (eBook)

Commissario Laurenti hat noch einiges zu tun
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
256 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60879-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Beifang -  Veit Heinichen
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Was zieht Commissario Laurenti da aus dem Meer? Nahe der Segelyacht A, die seit den Sanktionen gegen Russland im Hafen von Triest festgesetzt ist, treibt ein tote Skipperin. In der Nacht hat es einen Anschlag auf das Schiff gegeben. Was hat die Leiche damit zu tun? Proteo Laurenti und sein Team stoßen auf ein Netz aus Gefälligkeiten, Eigeninteressen und Hinterzimmerdeals, in das die ganze Stadt verwickelt scheint. Offenbar auch ihr alter Bekannter Raffaele Raccaro. Aber ist er Strippenzieher oder nur ein kleiner Fisch? In jedem Fall ist er bereit, Opfer zu bringen, solange er davon profitiert... »Proteo Laurenti gehört zur Riege der großen Kommissare« Der Spiegel

Veit Heinichen, geboren 1957, lebt seit über fünfundzwanzig Jahren in Triest. Seine Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt. Ausgezeichnet u.a. mit dem Radio Bremen Krimipreis und dem Premio Internazionale Trieste, gilt Veit Heinichen nicht nur als glänzender Autor, sondern auch als »großartiger Vermittler italienischer Lebensart« (FAZ).

Veit Heinichen, geboren 1957, lebt seit über fünfundzwanzig Jahren in Triest. Seine Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt. Ausgezeichnet u.a. mit dem Radio Bremen Krimipreis und dem Premio Internazionale Trieste, gilt Veit Heinichen nicht nur als glänzender Autor, sondern auch als »großartiger Vermittler italienischer Lebensart« (FAZ).

Zwei


Nach unendlich vielen Prozessen in zahllosen Instanzen, nach Befangenheitsanträgen, Gegengutachten zu medizinischen Attesten samt Prozessverschiebungen sowie drohenden Verjährungsfristen war die härteste Strafe für Raffaele Raccaro gewesen, dass seine Gefängnisstrafe zuerst in Sozialarbeit umgewandelt wurde, an die sich ein mehrjähriger Hausarrest anschloss. So hatte Lele, wie Raccaro von Freunden und geneigten Geschäftspartnern genannt wurde, sich mit seinen zweiundsiebzig Jahren täglich frühmorgens in einem seiner Wohnung nahe gelegenen städtischen Altersheim einzufinden. Achtzehn Monate lang musste der kleine drahtige Mann Gleichaltrigen Frühstück und Mittagessen servieren, er musste Demente und Bettlägerige füttern. Immerhin: Die Körperpflege mutete man ihm nicht zu. Was Raccaro aber am meisten wurmte, war, dass er jeden zweiten Tag auf dem Heimweg in der Questura seine Anwesenheit mit Unterschrift zu dokumentieren hatte. Und auch von seiner Wohnung in der obersten Etage, der vierzehnten, fiel sein Blick ausgerechnet auf das Polizeipräsidium. Wie er sich aufgrund der unzähligen Verhöre erinnern konnte, lag im dritten Stock des mächtigen Gebäudes das Büro des Commissario, der ihm das alles einst eingebrockt hatte. Proteo Laurenti. Er würde diesen Namen nie vergessen. Zusammen mit dem Vorzimmer waren es drei Fenster, an denen er die Präsenz des Polizisten ablesen konnte, sofern sie geöffnet waren oder dort Licht brannte. Allein aus diesem Grund hatte es Tage gegeben, an denen Raffaele Raccaro keine Lust verspürte, auf seine Terrasse hinauszutreten, um die ihn fast alle beneideten. Erst mit der Zeit war es ihm gleichgültig geworden, obgleich er davon überzeugt war, dass auch Commissario Laurenti ständig zu seiner Wohnung in dem ziegelroten Hochhaus hochstarrte. Es musste eine herbe Niederlage für ihn gewesen sein, dass Raccaro seine Strafe nicht im Knast hatte absitzen müssen.

Darin aber täuschte Lele sich. Laurenti hatte anderes zu tun, als an gelöste Fälle zu denken. Selbst wenn Gerichtsverfahren nicht zu eindeutigen Strafen geführt hatten.

Lele, auch in der Lokalpresse erschien Raffaele Raccaro mit seinem Spitznamen, hatte sich sogar ohne große Mühe mit dem Verlust seiner beiden unehelichen Söhne Aurelio und Giulio abgegeben – diese Nichtsnutze. Dem Commissario aber war er zuvorgekommen. La legge è uguale per tutti stand in jedem Gerichtssaal groß an der Wand: Vor dem Gesetz sind alle gleich. Doch wer über ausreichende Mittel verfügte, konnte mithilfe von ausgefuchsten Experten versuchen, etwas am Urteil zu drehen – so viel wusste Raccaro. Dann war das Gesetz zwar für alle gleich, aber manche waren eben doch ein wenig gleicher.

Seit Lele wieder uneingeschränkt hingehen durfte, wo er wollte, und dem Commissario dabei gelegentlich auf der Straße begegnete, grüßten sie sich sogar, wenn auch distanziert mit einem Kopfnicken. Leles Radius hatte sich altersbedingt reduziert, zu Fuß war er nur noch in der näheren Umgebung unterwegs, am Corso Italia, in der Via San Nicolò oder auf der majestätischen, zum Meer hin geöffneten Piazza dell’Unità d’Italia, die an drei Seiten von den eleganten Palazzi der Macht umsäumt war, dem Rathaus, der Landesregierung und der Präfektur. Seine Limousine stand gleich nebenan auf ihrem festen Platz im unterirdischen Parkhaus unter dem Burghügel San Giusto. Chauffieren musste ihn, wenn er doch einmal das Auto benutzte, Antonia d’Antimi, eine androgyne Sechsunddreißigjährige mit schmalem Modigliani-Gesicht und dem Haarschnitt des jungen Alain Delon. Sie war Geschäftsführerin der Raccaro Development Studios und vertrat die Interessen ihres Chefs in allen Belangen der öffentlichen Hand. Manch einer vermutete verwandtschaftliche Bindungen zwischen ihm, Antonia und ihrer Zwillingsschwester Maria.

Von seiner Filmfirma im Palazzo Vianello hatte Raffaele Raccaro sich noch vor den Gerichtsverfahren getrennt, damit ihm deren schmutzige Finanzgeschäfte nicht angekreidet werden konnten. Nur die drei Supermärke zeugten noch von der früheren Größe seines Imperiums. Und eben seine Lobbyfirma unter der zuverlässigen Führung von Antonia d’Antimi. Die Büros der Development Studios besuchte Lele nur noch sporadisch, doch wenn es um die Zukunft der Stadt ging, zog er noch immer, wo es ging, die Fäden im Hintergrund. Nach langen Jahren der Stagnation und des Niedergangs hatten frische und von der Lokalpolitik unabhängige Kräfte Triest endlich wieder in eine Wachstumsphase geführt. Dass die Stadt neuen Auftrieb bekam, hatte kaum jemand vorausgeahnt, die bisherige Gemächlichkeit wurde allseits gelobt, doch inzwischen musste man die Plätze immer stärker gegen Touristen oder zugewanderte Unternehmer verteidigen. Über die Jahrzehnte des Stillstands hatte sich manch einer gefragt, ob es eine Riege der Verhinderer gab, die aus genau dieser verordneten Untätigkeit einen Vorteil zogen. Immerhin gab es nun ein Projekt aus einheimischen Reihen, das angeblich Fortschritt bedeutete: Der Bau der Seilbahn vom Meer bis hinauf auf den Karst – hinweg über Wohnhäuser samt Gärten, über Naturschutzgebiete und viel befahrene Straßen. Und altvertraute Hände führten wieder die Zügel.

Raffaele Raccaro war nicht allein, nur mithilfe seines Netzwerks war er zu Macht gekommen. Seine Loge, seine Clubs, die ihm geneigten Politiker oder Funktionäre in den Institutionen der öffentlichen Verwaltung. Und bei allem Miteinander hatte jeder von ihnen immer auch seine eigenen Interessen gepflegt und verfolgt. Der eine investierte mehr in Immobilien am Ort, der andere eher auswärts, und so hielten sie es auch mit Firmenbeteiligungen und kamen sich dabei kaum in die Quere. Ganz nach den eigenen Bedürfnissen, Visionen oder Illusionen. Aber immer im Einklang darüber, dass die Basis unter Kontrolle gehalten und in die gewünschte Richtung gelenkt werden musste. Selbst die Vertreter unterschiedlicher politischer Strömungen hatten sich höchstens öffentlich angefeindet, doch anstatt wirklich durchzugreifen, hielten sie ihre Wähler lieber mit Nebenschauplätzen beschäftigt.

 

Heute war Antonia schon früher bei ihm aufgetaucht als sonst. Sie wusste, das Lele immer früh auf den Beinen war. Und sie hatte ein beträchtliches Tagespensum zu erledigen.

»Du siehst müde aus, Antonia«, sagte Raccaro beim Kaffee. Sie saßen in seinem Wohnzimmer an dem ausladenden runden Marmortisch, an dem er früher die Abendessen mit seinen Vertrauten abgehalten hatte, wenn Dinge zu besprechen waren, die nicht an die Öffentlichkeit dringen sollten. »Hast du schlecht geschlafen, oder ist es etwas anderes?«

»Ich war schon in aller Früh rudern, später wird es dafür zu heiß. Bei dem Dreckswetter der letzten Woche war an Training nicht zu denken, ich muss meine Kondition wieder aufbauen. Aber irgendetwas muss heute Nacht passiert sein, auf dem Wasser und an Land wimmelt es vor Sicherheitskräften.«

»Und ich dachte, du hättest dir die Nacht um die Ohren geschlagen, immerhin bist du noch jung.«

»Ich mache mir ernste Sorgen um Maria. Seit gestern Morgen habe ich nichts von ihr gehört. Auf meine Anrufe antwortet sie nicht. Ich kann nur hoffen, dass sie nicht in das Unwetter gekommen ist. Sogar die großen Yachten sind gestern in Seenot geraten. Du weißt ja, Zwillinge spüren, wenn mit dem anderen etwas nicht stimmt.«

»Hast du bei der Werft und der Küstenwache nachgefragt?«

»Das mache ich erst, wenn ich bis zum Nachmittag nichts gehört habe. Maria genießt einen ausgezeichneten Ruf, ich will sie nicht in Verlegenheit bringen. Gestern hat sie gesagt, dass du sie angeheuert hättest, Lele. Was für Kunden sollte sie übernehmen?«

»Nur einen. Er ist sehr reich und spricht kein Italienisch. Sie hat das Geld vorab bekommen. Und es war nicht gerade wenig, das kann ich dir versichern.«

»Das ist mir egal. Wohin sollte sie ihn bringen?«

»Zuerst zur A. Den Rückweg wollte er spontan entscheiden. Es ist nicht das erste Mal, dass wir Maria für Aufträge wie diesen angeheuert haben. Das weißt du. Sie sollte bald wieder zurück sein. Sie war mit einem schnellen Schlauchboot unterwegs.«

»Woher kennst du den Mann?«

»Eine meiner Verbindungen.«

»Legst du die Hand für ihn ins Feuer?«

»Das würde ich nicht einmal für dich tun, Toni.« Lele verzog das Gesicht zu etwas wie einem Grinsen.

»Ich mache mir auf...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2024
Reihe/Serie Proteo Laurenti
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Belletristik Neuerscheinung 2024 • borderless • Buch für Männer • Commissario Laurenti • Die Zeitungs • Donna Leon • entfernte Verwandte • Friaul • Italien • Italienische Küche • ItalienKrimi • Korruption • Martin Walker • neue Bücher 2024 • Politischer Kriminalroman • Politkrimi • Scherbengericht • Segelyacht A • Stadt der Winde • Superjacht • Triest • Urlaubslektüre Italien • Veit heinichen • Wolfgang Schorlau
ISBN-10 3-492-60879-5 / 3492608795
ISBN-13 978-3-492-60879-4 / 9783492608794
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