Aufstand der Frauen (eBook)

Ein Fall für Kostas Charitos
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
320 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-61532-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Aufstand der Frauen -  Petros Markaris
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Dieser Fall stellt Kostas Charitos auf eine schwere Probe. Gerade zum Polizeichef von Athen befördert, ermittelt er zum ersten Mal nicht selbst. Stattdessen muss die neue Leiterin des Mordkommissariats, Antigoni Ferleki, den Mord an einer Archäologin aufklären. Ein Fall, der Sprengkraft birgt, denn im Hintergrund agiert eine Gruppe amerikanischer Investoren, die viel Geld nach Attika bringen wollen. Und für Geld tun manche Menschen alles.

Petros Markaris, geboren 1937 in Istanbul, ist Verfasser von Theaterstücken und Schöpfer einer Fernsehserie, er war Co-Autor von Theo Angelopoulos und hat deutsche Dramatiker wie Brecht und Goethe ins Griechische übertragen. Mit dem Schreiben von Kriminalromanen begann er erst Mitte der Neunzigerjahre und wurde damit international erfolgreich. Er hat zahlreiche europäische Preise gewonnen, darunter den Pepe-Carvalho-Preis sowie die Goethe-Medaille. Petros Markaris lebt in Athen.

Ich werfe einen letzten Blick in den Spiegel. Die Uniform sitzt wie angegossen. Adriani streicht die Tressen glatt. Dann betrachtet sie mich von allen Seiten. »Perfekt!« Sie begleitet mich zur Tür und wünscht mir viel Erfolg.

Eigentlich sollte ich zu diesem Anlass in einem Dienstwagen vorfahren. Aber das würde meine Nervosität nur noch steigern, und die ist schon groß genug. So ende ich wieder in meinem Seat. Es ist nicht viel los auf den Straßen, aber heute wäre mir jeder Stau egal. Meine Gedanken sind voll und ganz bei der Beförderungszeremonie und meinen neuen Pflichten. Der Polizeipräsident ist nicht das Problem. Wir kennen uns aus unzähligen Meetings. Die Begegnung mit dem Minister macht mir Sorgen. Ich bin kein großer Redner, und offizielle Anlässe verunsichern mich.

Als ich in der Katechaki-Straße ankomme, stelle ich den Seat auf dem Parkplatz ab. Als die Beamten am Empfang mich in Uniform erblicken, beeilen sie sich, mir zu gratulieren. Eine zweite Glückwunschrunde folgt im Vorzimmer des Polizeipräsidenten.

Der Polizeipräsident erhebt sich, sobald ich sein Büro betrete. Er kommt mir entgegen und drückt mir herzlich die Hand.

»Ich freue mich, dass mein Personalvorschlag angenommen wurde, und auch noch einstimmig!«, sagt er. »Diese Beförderung haben Sie voll und ganz verdient.« Er hält inne und blickt mich lächelnd an. »Und jetzt haben wir eine Überraschung für Sie.« Er geht zum Telefon und wählt eine interne Durchwahl. »Er ist da«, sagt er knapp.

Ich bin neugierig, was die Überraschung sein könnte. Als die Tür aufgeht, verschlägt es mir die Sprache. Auf der Türschwelle stehen der Vizepolizeipräsident und Gikas, mein ehemaliger Chef.

Mein Gesichtsausdruck bringt den Polizeipräsidenten und seinen Stellvertreter zum Lachen. Gikas packt meine Hand und schüttelt sie mit Nachdruck.

»Glückwunsch, Kostas! Sie haben sich die Beförderung aus eigener Kraft erkämpft. Glückwunsch auch an Sie, Herr Polizeipräsident. Sie haben eine hervorragende Wahl getroffen.« Dann lässt er meine Hand los und wendet sich wieder mir zu. »Ich wollte Ihnen nicht am Telefon, sondern persönlich gratulieren.«

»Ich danke Ihnen«, sage ich und kann meine Verlegenheit nicht verbergen. Mit niemandem habe ich weniger gerechnet als mit Gikas.

»Ich danke dir, Thanassis«, verbessert er mich. Danach sagt er zu meinen Vorgesetzten: »Nach den Glückwünschen gehe ich lieber und lasse Sie Ihre Arbeit tun.«

Ich begleite ihn zur Tür. »Nochmals herzlichen Dank, Thanassis. Du hast mir damit eine große Freude gemacht.«

»Und du mir mit deiner Beförderung«, lautet seine Antwort.

Es folgt noch ein letzter Händedruck, bevor er geht. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass er extra nach Athen kommt, um mir alles Gute zu wünschen, und ich bin sehr gerührt.

»Es gibt nicht viel zu sagen«, sagt der Polizeipräsident, als wir allein zurückbleiben. »Das Rundschreiben ist bereits an die Dienststellen gegangen. Jetzt ist es offiziell, dass Sie der neue Vorgesetzte aller Abteilungsleiter sind. Lassen Sie uns zum Minister gehen, damit auch er Ihnen gratulieren kann.«

»Wenn wir beim Minister fertig sind, möchte ich Sie gern allein sprechen«, sagt der Vizepolizeipräsident zu mir.

Sobald wir das Ministerbüro betreten, erhebt sich der Minister und kommt auf mich zu.

»Ich wollte Sie persönlich beglückwünschen«, sagt er. »Ich habe nur das Beste über Sie gehört. Ich bin sicher, dass der Herr Polizeipräsident die richtige Wahl getroffen hat.«

»Vielen Dank, Herr Minister«, erwidere ich, als wir uns vor meinen beiden lächelnden Vorgesetzten die Hand reichen.

»Ich möchte betonen, dass meine Tür jederzeit für Sie offen steht«, fügt er hinzu. Er verstummt kurz und wendet sich dann an den Polizeipräsidenten: »Bei diesem erfreulichen Anlass möchte ich gleich ein wichtiges Thema mit Ihnen besprechen.« Dann sagt er zu mir: »Es betrifft vor allem Sie und Ihre neuen Pflichten.«

Glückwünsche ade, heißt das wohl. Wir nehmen um den Konferenztisch Platz.

»Heute Morgen hat mir der Minister für Entwicklung und Investitionen mitgeteilt, dass eine Gruppe multinationaler Unternehmen ihre Firmensitze nach Griechenland verlegen will. Die Chefs planen eine Reise, um dafür eine passende Gegend auszuwählen. Weitere Einzelheiten sind noch nicht bekannt, aber Sie verstehen sicher, wie wichtig dieser Besuch für uns ist.«

»Für wann ist das geplant?«, fragt der Polizeipräsident.

»Der Ministerkollege hat mir keinen konkreten Termin genannt. Aber er hat betont, dass der Premier überzeugt ist, Griechenland würde dadurch zu einem der finanzstärksten Länder Europas.« Er hält inne und blickt uns an. »Sie begreifen, dass die Sicherheit dieser Personen höchste Priorität hat. Daher möchte ich, dass dieser Aufenthalt bereits im Vorfeld sorgfältig vorbereitet wird.«

»Zunächst brauchen wir das detaillierte Reiseprogramm, Herr Minister«, erläutere ich. »Sobald wir das Ankunftsdatum und die Orte kennen, die sie besuchen wollen, arbeiten wir einen präzisen Plan aus. Andernfalls machen wir bestimmt Fehler, die zu Verzögerungen führen.«

»Schön, beginnen Sie mit einem ersten Brief‌ing. Ich komme auf Sie zurück, sobald ich die Reisedaten und das Besuchsprogramm habe«, antwortet er.

»Das war ein guter Einstand auf Ihrem neuen Posten«, sagt der Polizeipräsident zufrieden. »Sie werden das Brief‌ing übernehmen.«

»Warten wir erst ein paar Tage ab. Ein verfrühtes und ungenaues Brief‌ing stiftet nur Unruhe. Das sollten wir lieber vermeiden.«

Darüber sind wir uns beim Abschied einig. Der Polizeipräsident geht in sein Büro, während ich den Vizepolizeipräsidenten begleite.

»Es gibt noch eine dringende Sache, die wir besprechen müssen«, sagt er, sobald wir in seinem Büro Platz genommen haben.

»Ich höre.«

»Jetzt, da Sie die Leitung der Polizeidirektion Attika übernommen haben, bleibt Ihnen keine Zeit mehr für die Mordkommission. Wir müssen also einen neuen Abteilungsleiter finden. Haben Sie jemanden im Auge?«

Ich überlege kurz. »Der Geeignetste wäre Dermitsakis, er ist der Dienstälteste. Aber eine interne Lösung finde ich nicht gut. Seine Ernennung könnte zu Eifersüchteleien und Konflikten unter den Kollegen führen. Mir wäre jemand von einer anderen Dienststelle lieber. Dermitsakis sollte die verdiente Beförderung erhalten, aber in einer anderen Abteilung.«

»Ich bin völlig Ihrer Meinung. Die Sache mit Dermitsakis lässt sich einfach regeln. Bei der Drogenfahndung wird die Stelle des Leiters neu besetzt. Die kann er übernehmen. Aber jetzt zur Mordkommission!« Er hält inne und blickt mich an. »Ich hätte einen Vorschlag, aber ich weiß nicht, wie Sie dazu stehen«, sagt er abwartend.

»Nur keine Hemmungen«, ermuntere ich ihn. »Sagen Sie mir, an welchen Kandidaten Sie gedacht haben. Wir können alles diskutieren.«

»Es geht um keinen Kandidaten, sondern um eine Kandidatin.«

Ich traue meinen Ohren nicht. »Schlagen Sie vor, eine Frau an die Spitze der Mordkommission zu berufen?«, frage ich, als ich meine Stimme wiedergefunden habe.

»Glauben Sie nicht, es wäre der geeignete Moment für eine Abteilungsleiterin in der Mordkommission? Jetzt, da die kriminelle Gewalt gegen Frauen so rasant ansteigt? Jetzt, da sich Femizid als Begriff durchgesetzt hat?«

»Die Mordkommission befasst sich nicht nur mit Verbrechen an Frauen, sondern mit einer ganzen Reihe von Fällen, die häufig auch zur organisierten Kriminalität führen«, antworte ich so ruhig wie möglich. »Das ist Punkt eins. Punkt zwei ist, dass es zu Reibereien zwischen der Abteilungsleiterin und dem männlichen Personal kommen könnte. Derzeit haben wir nur eine Polizistin im Team, die als Koordinatorin fungiert und Internetrecherchen durchführt. Und der dritte und letzte Punkt ist eine Frage: Wie wird sich eine weibliche Führungskraft auf die Kooperation zwischen den Abteilungen auswirken? Das alles kann den Verlauf der Ermittlungen stark beeinflussen.«

Der Vizepolizeipräsident blickt mich an. »Ich will Ihre Vorbehalte nicht kleinreden«, sagt er. »Am besten treffen Sie die Kandidatin kurz selbst, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Später können Sie das richtige Bewerbungsgespräch führen. Sie heißt Antigoni Ferleki. Sie wartet im Büro nebenan.«

»Gut, dann rede ich kurz mit ihr, und wir kommen später darauf zurück.« Ich will die Sache nicht gleich vom Tisch wischen. Lieber bleibe ich flexibel, damit wir nicht schon am ersten Tag nach meiner Beförderung aneinandergeraten.

Der Vizepolizeipräsident kehrt mit der Kandidatin zurück. »Darf ich Ihnen Kommissarin Antigoni Ferleki vorstellen?« Nach ein paar einführenden Worten zieht er sich zurück, damit wir uns ungestört unterhalten können.

Die Ferleki setzt sich mir gegenüber. Sie muss um die vierzig sein. Sie gehört zur Gruppe der unauf‌fällig aussehenden Menschen. Sie ist weder hübsch noch hässlich, weder groß noch klein, weder dick noch dünn. Wäre ihr Lächeln nicht gewesen, hätte ich sie in die Kategorie »farblos und unscheinbar« eingestuft. Aber als der Vizepolizeipräsident sie mir vorstellte und sie mich dabei anlächelte, wirkte sie wie verwandelt.

»Wo haben Sie bisher im Polizeikorps gedient?«, frage ich, um das Gespräch in Gang zu bringen.

»Angefangen habe ich in der Personalabteilung, in der Folge wurde ich zur Direktion für Organisation und juristische Ermittlungsunterstützung...

Erscheint lt. Verlag 24.7.2024
Reihe/Serie Kostas Charitos
Übersetzer Michaela Prinzinger
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Original-Titel I Exejersi ton Kariatidon
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Athen • ausländische Investoren • Feminismus • Femizid • Griechenland • Kommissarin • Kostas Charitos • Krimi • Protagonistin • Urlaubskrimi
ISBN-10 3-257-61532-9 / 3257615329
ISBN-13 978-3-257-61532-6 / 9783257615326
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