GEMINAE (eBook)

Nicht alles ist gut
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
576 Seiten
Amelie Albrecht (Verlag)
978-3-98995-625-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

GEMINAE -  Amelie Albrecht
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Zoran glaubt, seine Rebellengruppe ganz gut im Griff zu haben. Gemeinsam stellen er und seine Freunde sich gegen das brutale Regime des Metropolenbundes, wenn auch nur mit mäßigem Erfolg. Doch als der quirlige Kalian eines Tages verschwindet und bewusstlos in den Armen eines Fremden wieder auftaucht, gerät alles aus den Fugen. Plötzlich soll ihr Viertel ausgelöscht werden, und dann verschwindet auch noch ihr jüngstes Mitglied, die kleine Saya. Nyco, der Fremde, weigert sich zu gehen und will stattdessen helfen. Obwohl Zoran ihn nicht gut kennt, muss er sein Angebot annehmen - doch Nyco hat dunkle Geheimnisse, und bald ziehen sich die Fäden der Regierung immer enger um sie. Zoran weiß nicht, wie lange er seine Freunde noch beschützen kann...

Geboren 2002, fing die junge Autorin schon früh mit dem Schreiben an. Ihre Jugend verbrachte sie in der schönen Oberlausitz zwischen einer Menge Büchern und unfertigen Geschichten. Wenn sie nicht gerade an Romanen, Kurzgeschichten und Theaterstücken schreibt, verliert sie sich gern in Bibliotheksbüchern und alten Akten. Ihre Zukunft möchte sie als Archivarin verbringen. Sie lebt in Erfurt.

Geboren 2002, fing die junge Autorin schon früh mit dem Schreiben an. Ihre Jugend verbrachte sie in der schönen Oberlausitz zwischen einer Menge Büchern und unfertigen Geschichten. Wenn sie nicht gerade an Romanen, Kurzgeschichten und Theaterstücken schreibt, verliert sie sich gern in Bibliotheksbüchern und alten Akten. Ihre Zukunft möchte sie als Archivarin verbringen. Sie lebt in Erfurt.

Kapitel 1


Nyco

 

Nicht alles hat einen perfekten Anfang

 

Ich konnte es nicht fassen.

Keuchend wirbelte ich im Gras herum, sprachlos, verwirrt und irgendwie auch wütend. Ich wusste nicht, was mich in diesem Moment mehr aus der Fassung brachte: der schreiende Typ mit der offensichtlich ungeladenen Waffe, der mir die ganze Zeit völlig wirkungslose Befehle entgegen schrie, oder die Schlägertypen der Regierung, die aus irgendeinem Grund gegen mich waren.

Es waren etwa zehn Mann, nicht allzu schwer bewaffnet. Wahrscheinlich Wachposten, auf jeden Fall Gardisten. Und sie schossen nur wegen dieses Typen auf mich.

Ich fluchte laut, als ich einen weniger gut gepanzerten Gardisten mit einem beherzten Tritt in die Magengegend davon abhielt, mir näher zu kommen, als meine Komfortzone zuließ. Und die war im Moment leider verdammt klein. Seine Waffe fiel zu Boden, eine schöne mit handlichem Griff, die ich mir kurzerhand schnappte. Schließlich war ich sonst so gut wie unbewaffnet.

Ungläubig schüttelte ich den Kopf. War ich gerade wirklich in einen Kampf verwickelt worden?

Lass dich nicht von deinen Gefühlen ablenken.

Da war viel Frust in mir, aber meine Kopfstimme hatte recht. Mit einer schnellen Bewegung schob ich den Gardisten neben mir beiseite und versuchte in dem Tumult um mich herum den Jungen ausfindig zu machen, der für das ganze Chaos hier verantwortlich war, als mich plötzlich ein vertrautes prickelndes Gefühl überkam.

Links von dir.

Ich drehte mich zur Seite und drückte ab.

Tot.

Schnell rollte ich mich nach vorn ab, um einem Schlag von hinten auszuweichen, und verlor dabei die geliehene Waffe. Fluchend wollte ich nach ihr greifen, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Und dann sah ich ihn.

Der Typ rannte in mein Blickfeld und winkte mir zu, gefolgt von einem Gardisten. »Versuch mal, einen zu erschießen!«, rief er mir zu.

Ich seufzte.

Wer zum Glauben ist dieser Kerl bloß?

Er war ein seltsam gekleideter Hampelmann, dem ich vor wenigen Minuten in die Arme gelaufen war. Er schien völlig desorientiert zu sein, und man konnte ihm sein albernes Grinsen einfach nicht aus dem Gesicht wischen. Solche Leute machten immer Ärger. Das stand ihnen buchstäblich auf die Stirn geschrieben. Ich versuchte, seine ständigen Anfeuerungsrufe und lächerlichen Ratschläge zu ignorieren, machte einen Ausfallschritt und duckte mich keuchend unter einem Schuss hindurch. Gleichzeitig riss ich mein anderes Bein hoch, kickte dem Gardisten die Waffe aus der Hand und fing sie einen Atemzug später wieder auf.

Dann hielt ich weiter Ausschau nach dem Jungen. Er stand jetzt irgendwo am Rande des Geschehens und wich den Angriffen der Gardisten ungeschickt, aber ruhig und manchmal fast wie durch Zufall aus. Als er bemerkte, wie ich ihn anstarrte, begann er zu lächeln und winkte mir wieder zu.

Er trug ein sehr seltsames Gewand. Hellblau, mit Lederbändern umschlungen und einer viel zu großen Mütze, unter der sein weißes, strubbeliges Haar hervorlugte. Um ehrlich zu sein sah er wirklich lächerlich aus.

Aber am unheimlichsten war, dass er meinen Namen kannte.

Meinen kompletten, bescheuerten Namen.

»Nyco Filline Dubberstone!«, rief er nun schon zum mindestens fünften Mal und stolperte fast über seine eigenen Füße, als er auf mich zulief. Ich verdrehte die Augen, schüttelte den Fremdscham ab und hob meine Waffe. Die Gardisten waren noch nicht besiegt.

»Nenn mich bitte einfach Nyco!«

»Mit 'i' und 'c'?«

Hinter dir. Einer mit guter Rüstung.

»Mit Ypsilon!«, rief ich ihm zu und machte eine Drehung, um auch den Gardisten hinter mir zu entwaffnen. Er schrie überrascht auf und wollte seinen Schlagstock ziehen, doch ich war schneller und schickte ihn mit einem gezielten Schuss in die Brust zu Boden. Dann wirbelte ich wieder zu dem Fremden herum. »Hör zu, ich bin absolut nicht an Ärger mit diesen Typen interessiert!«

»Das kann ich mir vorstellen!« Er musste schreien, damit ich ihn verstand. »Wer legt sich schon gerne mit der Regierung an? Ich heiße übrigens Kalian, freut mich sehr!«

Ich konnte einfach nicht fassen, wie kurzsichtig dieser Freak war. Es schien ihn überhaupt nicht zu interessieren, welche Konsequenzen das Ganze hier für uns haben würde. Ein hellblauer Blitz zuckte haarscharf an mir vorbei und zwang mich, mich wieder auf den Kampf zu konzentrieren. Doch bevor ich mich dem nächsten Gegner zuwandte, nahm ich mir die Zeit, ungläubig den Kopf zu schütteln.

Ich wusste nicht wirklich, wie er mich in diesen Kampf hineingezogen hatte. Geschweige denn, warum. Ich war ganz normal meinem täglichen Ritual nachgegangen, aufmerksam durch die Straßen von DOMINO laufend, als er plötzlich auf mich zugerannt kam.

Zuerst rannte er einfach an mir vorbei, verfolgt von einer Truppe Gardisten, aber ich dachte mir nichts dabei. Es war zwar ungewöhnlich, mitten in der Stadt am helllichten Tag Gardisten zu sehen, die jemanden verfolgten, aber Ärger machende Herumtreiber kamen ab und zu mal vor. Und ich musste es wissen. Schließlich war ich selbst einer. Nur normalerweise mit weniger Ärger.

Erst etwa eine halbe Stunde später - ich war gerade auf dem Weg zum »Verlassenen Viertel« und befand mich mitten auf der Grasebene - tauchte der Typ plötzlich wieder vor mir auf, nur um mit voller Geschwindigkeit in mich hineinzustürzen. Wir hatten beide auf dem nassen Grasboden gesessen, irgendwo auf der ungenutzten Freifläche zwischen dem Zentrum und dem Elendsviertel. Er hatte sich mit verwirrtem Gesichtsausdruck die Nase gerieben und mich etwas benommen angesehen. Aber nicht lange.

Plötzlich hatte ein überbreites Grinsen sein Gesicht bedeckt. Im Hintergrund hatte ich schon die Rufe der Gardisten gehört. Ich hatte etwas sagen, hatte weglaufen wollen, aber er hatte so schnell wie möglich nach Luft geschnappt und meinen Namen in den Himmel geschrien.

Was mich wirklich geschockt hatte. Denn den kannte sonst niemand. Wirklich niemand.

Ich pflegte weder Kontakte noch Freundschaften, hatte keine richtigen Papiere. Ich war ein Obdachloser, ein Herumtreiber, der sich vor dem System versteckte. Dieser bescheuerte Name war natürlich auch nicht mein richtiger. Ich hieß zwar Nyco, aber den Rest hatte ich erfunden, als die Beamtin im Meldeamt bei meiner Ankunft in DOMINO nach meinem Namen fragte. Ich hatte diesen Kerl, der meinen Namen schrie, noch nie vorher in meinem Leben gesehen.

Schließlich waren die Männer aufgetaucht und attackierten uns nun beide. Seitdem versuchte ich, mich möglichst nicht umbringen zu lassen. Und rettete ihm gefühlt alle drei Sekunden das Leben, indem ich ihn aus der Schussbahn der Gardisten drängte.

Es ist wirklich nicht oft vorgekommen, dass ich mich in irgendwelchen Ärger hineinziehen lassen habe; meistens halte ich mich tunlichst aus allem heraus, was Schwierigkeiten mit sich bringen könnte. Mit der Regierung war nicht zu spaßen. Die sperrten jeden ein, der auch nur die kleinste Verhaltensauffälligkeit zeigte. Wie konnte dem Typen das nur so egal sein? Was zum Glauben war er genau? Ein Herumtreiber? Ein Außenseiter? Jedenfalls steckte er jetzt tief in der Patsche, doch es schien ihn gar nicht weiter zu beschäftigen. Immerhin war ich ja da, um ihm den Hintern zu retten. Vorerst.

Tatsächlich sah er nicht so aus, als würde er lange allein irgendwo zurechtkommen. Kampferfahrung schien er auch nicht viel zu haben. Seine Verteidigung bestand hauptsächlich aus Weglauferei, die Gardisten zu attackieren versuchte er erst gar nicht. Er tat gerade so, als wäre dieses Gefecht nur ein Spiel. Und allmählich ging mir seine kindliche Ignoranz ziemlich auf den Geist.

Als ich einen Impuls von links spürte, wandte ich mich abrupt von ihm ab.

Da. Der Mann mit dem roten Abzeichen auf der Rüstung.

Er zielt auf ihn.

Ein eisiger Stich fuhr durch meine Magengegend.

»Vorsicht!«

Heftig und ziemlich unsanft stieß ich – wie hieß er noch? Ach ja - Kalian aus dem Schussfeld und bemerte, wie der Gardist statt auf ihn auf seinen Kollegen schoss, der gerade noch hinter Kalian gestanden hatte. Es gab ein hässliches, metallisches Knirschen, als der blaue Blitz die Hüfte des anderen Gardisten traf. Die Wunde war wahrscheinlich nicht tödlich, aber sie würde garantiert nicht ohne Folgen bleiben.

Der Getroffene gab keinen Laut von sich, taumelte nur einen Schritt zurück und blieb schließlich benommen stehen. Alle um ihn herum erstarrten.

Stille breitete sich aus.

Für einen Moment blieb die Zeit stehen, und alles schien sich in Zeitlupe zu bewegen. Staub stand still in der Luft. Schweißtropfen blieben auf der Haut hängen, und der Wind hielt den Atem an.

Jetzt war mein Moment gekommen.

Jetzt.

Ich wirbelte herum und versetzte dem Bewaffneten einen dumpfen Schlag gegen die Schläfe. Einen Herzschlag später sprang ich auf, schlang meine Beine um seinen Schädel und riss ihn so zu Boden. Verzweifelt fluchend und äußerst ungeschickt versuchte der Kerl, mich mit der Faust zu treffen, doch ich konterte jeden seiner Schläge. Mit einer gezielten Bewegung schnappte ich mir meine einzige Waffe, die zweite hatte ich bereits verloren, und rammte sie ihm in den Nacken.

Die Stromstöße ließen ihn unkontrolliert zucken. Kurz darauf keuchte der Mann und sackte geschlagen zu Boden.

Ich wartete einen Moment, um zu sehen, ob er auch wirklich liegen blieb. Dann stand ich auf und klopfte mir das Gras von der Hose. Ab und zu zuckte der Körper des Gardisten noch einmal kurz zusammen, aber er war endgültig besiegt....

Erscheint lt. Verlag 30.6.2024
Verlagsort Vachendorf
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Dystopie • found family • Rebellen • Science-fiction • Young Adult
ISBN-10 3-98995-625-6 / 3989956256
ISBN-13 978-3-98995-625-4 / 9783989956254
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