Das Ende einer Nachtschicht -  Peter Langsdorff

Das Ende einer Nachtschicht (eBook)

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2024 | 1. Auflage
228 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-8987-7 (ISBN)
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Die Geschichte Als junges Mädchen musste Liane Kappel mit ansehen, wie ihr Vater binnen weniger Minuten an einem Herzinfarkt starb. Damals fasste sie den Entschluss, später einmal als Ärztin im Krankenhaus arbeiten zu wollen. Nun ist sie mit 32 Jahren eine engagierte Assistenzärztin. Als während der Nachtschicht eine ihr anvertraute Patientin stirbt, droht ihr Leben aus den Fugen zu geraten. Sie sieht sich für den Tod dieser Patientin verantwortlich, da sie nicht zugelassene Medikamente verordnet hatte. Der leitende Oberarzt Dr. Hartmut Stilmeyer stellt Liane Kappel vor die Wahl:Entweder informiert er die Klinikleitung oder sie lässt sich auf sein unmoralisches Angebot ein.

Der Autor Peter Langsdorff, Jahrgang 1957, ist pensionierter Polizeibeamter und lebt mit seiner Ehefrau in der Nähe von Bremen. Neben Interesse an naturwissenschaftlich-technischen Themen gehören auch Sport und Musik zu seinen Freizeitbeschäftigungen.

Kapitel 1


Liane Kappel saß noch einige Minuten in ihrem Auto. Sie hatte versucht, die letzten Stunden so gut es nur ging zu vergessen oder besser gesagt: zu verdrängen. Aber wahrscheinlich war ihr das wieder einmal nicht gelungen. Ihre Mutter würde sie gleich ausführlich befragen, wie ihr Tag in der Klinik so gelaufen war. Liane konnte sich gegenüber ihrer Mutter einfach nicht verstellen. Sie wusste genau, wenn etwas mit ihrer Tochter nicht in Ordnung war. Dazu kannte sie ihre Liane einfach zu gut, so, wie eine Mutter halt auch das Unausgesprochene und jede Stimmungsschwankung wahrnahm und bei jedem Zweifel nachhakte. Liane konnte sich in den meisten Fällen dagegen kaum wehren. In solchen Momenten war sie ihrer Mutter in gewisser Weise ausgeliefert; sie fürchtete sich geradezu davor, in solch ein Kreuzverhör zu geraten.

„Mein Kind, es ist heut aber wieder sehr spät geworden“, begrüßte sie ihre Tochter, noch bevor sie die Haustür geschlossen hatte. Als hätte sie schon die ganze Zeit auf sie gewartet, um wieder jemanden um sich zu haben, mit dem sie reden konnte.

Sie war seit drei Jahren nahezu vollständig auf den Rollstuhl angewiesen, seit sie an Multiple Sklerose erkrankt war. Viel zu selten konnte sie das Haus verlassen und wurde von ihrer Tochter und einem Pflegedienst betreut.

„Hattest Du einen anstrengenden Tag? Ich bin schon ganz gespannt, was Du zu berichten hast. Aber komm doch erst einmal an.“

Liane gab ihrer Mutter einen flüchtigen Kuss auf die Wange und setzte sich neben sie.

„Mama, wie geht es Dir, und was machen die Beschwerden? Hast Du das Gefühl, die neuen Medikamente lindern die Schmerzen?“

Liane konnte die Antwort schon fast erahnen. Der Gesichtsausdruck ihrer Mutter verriet es ihr unmissverständlich. Immer, wenn sie sich mit den Händen an den Lehnen des Rollstuhls klammerte, waren die Schmerzen am schlimmsten. Da konnte sie ihrer Tochter nichts vormachen. Als Medizinerin hatte sie das notwendige Wissen; sie kannte das Krankheitsbild, die damit einhergehenden Schübe, die ihre Mutter in unregelmäßigen Abständen ereilten und fast wahnsinnig werden ließen.

„Bis um die Mittagszeit herum ging es mir eigentlich ganz gut“, begann sie über ihr Befinden zu berichten.

„Aber zum Nachmittag hin sind die Schmerzen in den Armen und Beinen wieder schlimmer geworden. Ohne die Pflegerin hätte ich nicht einmal den Kaffeebecher halten können, geschweige mit Messer und Gabel etwas zu mir nehmen.“

Sie klang resigniert, als würde sie sich mehr und mehr aufgeben wollen. Liane versuchte sie aufzumuntern und so gut es ging wieder aufzubauen. Sie bat ihre Mutter um Geduld, bis die neuen Medikamente ihre Wirkung zeigten. Nach zwei Tagen war mit einem Erfolg noch nicht zu rechnen gewesen; dessen war sie sich sicher. Alles andere wäre Wunschdenken gewesen.

„Ich denke, dass Du in den nächsten Tagen spürst, wie die Schmerzen deutlich zurückgehen,“ versuchte Liane ihr Mut zu machen.

Ihr Blick verriet, dass ihre Tochter sie nicht davon überzeugen konnte, von dem was vielleicht an Linderung eintreten würde, was eventuell und hoffentlich oder vielleicht sein würde. Wer diese Krankheit hat, wünscht sich eine sofortige Besserung, jetzt und gleich ohne Verzögerung und ohne lange Erklärungen. Alles andere war ein Vertrösten und Beschwichtigen, was einen als Patient nicht gerade motivierte. Liane dachte mit dem Kopf einer Medizinerin.

Sie merkte, wie sie mit ihren Gedanken plötzlich wieder beim Notfalleinsatz war. Es ließ sie einfach nicht los. Aber warum gerade am heutigen Tage? Es fiel ihr plötzlich ein, dass sie sich an die zehnminütige Autofahrt bis zu ihrem Zuhause gar nicht mehr erinnern konnte. Sie war wie im Blindflug unterwegs gewesen, überquerte Kreuzungen und hielt vor Ampeln, ohne es überhaupt mitbekommen zu haben. Eine höchst riskante Autofahrt, für alle Beteiligten, reflektierte Liane Kappel. Sie vermied es, weiter darüber nachzudenken.

„Kindchen, an was denkst Du gerade?“, unterbrach sie ihre Mutter. War es so anstrengend heut im Dienst? Erzähl doch mal, was Du so erlebt hast.“

Liane fühlte sich verpflichtet, ihr zu antworten, sie auf andere Gedanken zu bringen, um ihrem Leben auch etwas mehr Abwechslung zu bieten, als sich nur über Schmerzen und Medikamente zu unterhalten.

Aber was sollte sie ihrer Mutter berichten? Etwa, dass sie nach einem Notfalleinsatz wieder einmal einen emotionalen Zusammenbruch hatte oder dass sie sich in letzter Zeit in Anwesenheit ihres Kollegen Dr. Stilmeyer aus irgendwelchen ihr unerklärlichen Gründen unwohl fühlte? Sie wollte weder darüber reden noch überlegen, warum das so war. Liane berichtete lieber von anderen Dingen, die unverfänglich waren und keine langen Diskussionen mit ihrer Mutter nach sich zogen.

„Übrigens den neuen Klinik-Komplex werden wir aller Voraussicht nach in einem dreiviertel Jahr beziehen können. Die ersten Abteilungen haben mit den Umzugsplanungen begonnen und stellen sich darauf ein, demnächst die ersten Kartons zu packen. Ich weiß noch gar nicht, wo ich dort meinen Dienst versehen werde. Aber auf jeden Fall freue ich mich schon, endlich ein größeres Büro zu bekommen.“

„Ja, und vielleicht auch eine neue Stelle, mit der Du mehr verdienen kannst und nicht immer so viele Schichten mit den unregelmäßigen Arbeitszeiten hast. Hatte Dr. Stilmeyer Dir so etwas nicht in Aussicht gestellt? Oder bringe ich da etwas durcheinander?“

Nun hatte ihre Mutter das Gespräch doch auf den Oberarzt gelenkt. Liane wollte dies unter allen Umständen vermeiden.

„Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass dein Kollege einen Narren an Dir gefressen hat? Kann das sein?“

„Was meinst Du denn damit, Mutter? Er ist doch verheiratet und hat zwei Kinder, und soviel ich weiß, ist er glücklich verheiratet.“

„Ist er das wirklich oder glaubst Du das nur? Es muss ja nicht unbedingt stimmen“, setzte ihre Mutter nach. Sie ließ einfach nicht locker. Liane wurde zunehmend verärgert über diese Diskussion, die ihrer Meinung nach zu nichts führte.

„Mutter, zum wiederholten Male: Ich möchte mit einem verheirateten Mann nichts anfangen, selbst wenn er mein Typ wäre, würde ich die Finger von ihm lassen. Oder meinst Du, mir steht die Rolle als Geliebte eines Oberarztes gut zu Gesicht?“

Ihre Mutter konnte nicht wissen, dass Stilmeyer für sie einfach nichts bedeutete. Im Gegenteil. Sie empfand seine Art in letzter Zeit eher als unangenehm bis zeitweilig sogar aufdringlich, und sie hoffte, dass es sich legen würde nach einer gewissen Zeit. Aber vielleicht bildete sie sich das alles nur ein, weil sie aus der beruflichen Situation heraus täglich mit ihm auf engstem Raum zu tun hatte. Da entsteht natürlich Nähe, gewollte oder auch ungewollte, das war Liane klar. Aber das musste doch lange nicht bedeuten, dass sie sich gleich den Erstbesten schnappt, der ihr über den Weg läuft.

„Wünschen würde ich es Dir schon sehr, dass Du mir davon berichten könntest, dass Du Dich Hals über Kopf in einen netten Kollegen verliebt hast. Ich meine, das entsprechende Alter hast Du doch, und beruflich bist Du so vielen weit voraus…“

„Mama, bitte, lass es gut sein!“, unterbrach sie genervt ihre Mutter.

„Wenn es soweit ist, wirst Du als Erste erfahren, dass Deine Tochter sich hoffnungslos in jemanden verliebt hat. Ich verspreche es Dir!“

Ihre Mutter hatte es wieder einmal fertiggebracht, dass sich Liane eher unfreiwillig mit ihrer gegenwärtigen Situation auseinandersetzte. Natürlich war ihr klar, dass sie nicht ewig solo durch die Weltgeschichte stolzieren würde und schon gar nicht, dass sie auf einen Märchenprinzen hoffte, der eines Tages vor ihr stehen würde und sie wachküsste. Nein, dazu ging Liane mit zu großen und wachen Augen durch den Tag. Sie wäre nicht ehrlich zu sich selbst, wenn sie behaupten würde, das Alleinsein machte ihr nichts aus. In gewisser Weise verstand Liane ihre Mutter durchaus. Aber so funktionierte das nicht. Mit ihren 32 Lebensjahren konnte es durchaus schon vorkommen, dass sie jemanden im Supermarkt, im Urlaub oder in der Diskothek kennenlernte. Aber dann doch eher durch Zufall und nicht geplant. Liane zwang sich diesen inneren Monolog abrupt zu beenden. Es führte einfach zu nichts.

Einen letzten Gedanken konnte sie dann doch nicht beiseiteschieben: Was wird eigentlich aus ihrer Mutter, wenn sie einen Mann kennenlernen würde, womöglich aus einem anderen Ort? Wer würde sich dann so intensiv und vorbehaltlos um sie kümmern?

Eine bessere Betreuung als durch ihre Tochter, und dazu noch als Medizinerin, gibt es doch gar nicht, dachte Liane. Warum fiel ihr in diesem Zusammenhang nicht ein, dass sie seit Jahren ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse und ihre Spontanität zurückstellte?

Liane schaute ihre Mutter an. Sie schien wieder Schmerzen zu haben.

„Geht es wieder los? Wo spürst Du sie am meisten?“, erkundigte sich Liane mit besorgtem...

Erscheint lt. Verlag 21.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7597-8987-0 / 3759789870
ISBN-13 978-3-7597-8987-7 / 9783759789877
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