Craving the sun -  Helèn Collignon

Craving the sun (eBook)

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2024 | 2. Auflage
351 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-3007-4 (ISBN)
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Wem kannst du noch trauen, wenn dir deine große Liebe das Herz gebrochen hat? Nach ihrer überstürzten Kündigung steht Evelyn vor einem Scherbenhaufen. Sie muss nicht nur ihre seelischen Narben heilen, sondern auch ihr Leben neu sortieren. Als sie auf den Musikstudenten Aiden Rayleigh trifft, fühlt sich jede Begegnung mit ihm wie ein Déjà-vu an. Doch ihre Bemühungen, alles hinter sich zu lassen, scheinen vergebens, denn die Dämonen ihrer Vergangenheit sind Evelyn immer einen Schritt voraus.

Helèn Collignon wurde im Oktober 1992 in den Niederlanden geboren. Sie liebt das Schreiben seit dem Teenageralter. Mit ihrem Freund und ihren zwei Katzen lebt sie in der Nähe von Aachen. Neben dem Laufen und Serien-Binge-Watchen liebt sie es, stundenlang am Laptop zu schreiben, dabei ohrenbetäubend lauten Rock zu hören oder auf der Couch zu lesen. Ihre Inspiration zieht sie aus ihren sehr lebhaften Träumen.

Oktober

Als ich die Lider aufschlage, weiß ich sofort, wo ich mich befinde. Dort, wo ich niemals wieder sein wollte. Und doch besucht mein Verstand diesen Ort beinahe jede Nacht.

Ich erkenne ihn an dem Geruch, an der vertrauten Umgebung, aber am allermeisten an dem Gefühl in mir. An der nackten Panik, die sich mit scharfen Krallen in meinen Körper gräbt und das Monster aus meinen Erinnerungen wieder zum Leben erweckt.

Mein Kopf ist in ein weiches, flauschiges Kissen gebettet, das mir die Illusion eines Zuhauses vorgaukelt, dabei bin ich in der Hölle.

Ruckartig richte ich mich in dem Bett, in dem ich liege, auf. Nur langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit und ich schaue mich um, bevor ich in das Gesicht blicke, das ich am liebsten für immer aus meinem Gedächtnis verbannen würde. Alex’ Präsenz neben mir auf der Matratze ist so mächtig, dass meine Fingerspitzen kribbeln. Kalte, blaugraue Augen starren hasserfüllt in meine.

Sein Körper ist bis in den letzten Muskel angespannt und sein Griff ist um mein Handy gekrallt, das er mir vor die Nase hält, damit ich die Worte lesen kann, die ich ohnehin schon auswendig kenne. Liams Nachricht an mich. Die Nachricht, die Alex alles missverstehen lassen hat, was jemals zwischen meinem Chef und mir war.

Obwohl ich weiß, dass ich ihm nicht entkommen kann – egal, wie sehr ich mich anstrenge oder welche Taktik ich dieses Mal anwende –, springe ich vom Bett und gebe dem Fluchtinstinkt nach. Er rauscht wie Gift durch meine Adern. Ich renne durch Alex’ und mein ehemaliges Schlafzimmer und schicke ein Stoßgebet gen Himmel, dass ich dieses Mal die rettende Tür erreiche, bevor mich mein Ex-Freund aufhält. Meine Finger berühren die Klinke und ich schluchze vor Erleichterung auf, als ich mich dagegen stemme, um in den rettenden Flur zu gelangen.

Dann werde ich an den Haaren zurückgerissen. Mein Körper fällt nach hinten und ich stürze auf mein Steißbein.

Doch es ist nicht der scharfe Schmerz, der durch meinen Rücken schießt, der mich lähmt, sondern die Verzweiflung, weil ich versagt habe. Schon wieder.

Ein gequälter Laut dringt aus meiner Kehle und ich taste zitternd nach Alex’ Hand, um seinen Griff abzuschwächen. Seine Nägel kratzen über meine Haut, als er mich gnadenlos hinter sich her schleift, geradewegs in den Flur, in den ich flüchten wollte.

»Alex, bitte«, winsele ich gepresst. Er lässt mich ohne Vorwarnung los und ich lande auf dem Boden.

»Du hast was mit ihm!« Seine große, schwere Gestalt beugt sich über mich und schreit mir in die Ohren. »Ich wusste es. Schon seit dem Sommerfest, als dich dieser alte ekelhafte Sack angefasst hat. Du gehörst mir! Nur ich darf dich berühren. Sonst keiner.«

Bei seinen Worten beschleunigt sich meine Atmung. Gleich ist es so weit. Gleich wird er mich schlagen. Wieder. Und wieder. Immer wieder. Und ich kann rein gar nichts dagegen tun.

Trotzdem versuche ich es. Die Angst in mir treibt mich dazu an. »Alex, bitte. Da war nie etwas zwischen ihm und mir. Du musst mir glauben.«

Ich stütze meinen Oberkörper auf die Unterarme, spüre die kalten Fliesen unter meinen Fingerkuppen. Das altbekannte Kribbeln einer heranrollenden Panikattacke rauscht durch meine Gliedmaßen.

Meine Schulter brennt vom Aufprall auf dem Boden und gleich kommt der Schmerz in meinem Gesicht dazu, weil er mich schlagen wird, wie damals schon. Das Blut meiner aufgeplatzten Lippen kann ich bereits jetzt schmecken.

Bitte, ich muss aufwachen. Ich will das nicht schon wieder durchleben.

Alex schaut mich mit diesem herablassenden Blick an, mit dem er mich jedes Mal in meinen Träumen straft. Die Abscheu darin ist unverkennbar.

»Du hast es nicht anders verdient, Evelyn.« Die Kälte in seiner Stimme nimmt mir die Luft zum Atmen. Als er einen entschlossenen Schritt auf mich zu macht, kneife ich die Augen fest zusammen und spanne jeden Muskel in mir an.

Der Schlag, der mich trifft, ist hart und unerbittlich. Weil ich mir auf die Lippe beiße, fließt Blut und ich wanke zur Seite. Ich sollte mich verteidigen. Die Arme schützend vor meinen Kopf heben oder mich zusammenkauern, aber das hat in den Nächten zuvor nie etwas gebracht. Wenn es nicht Alex’ Hand war, die mich verletzt hat, dann war es im Fall einer Gegenwehr von mir sein Fuß. Egal, was ich ausprobiere, es endet immer gleich.

Es tut weh. Mein ganzer Körper tut weh.

Meine Augen halte ich geschlossen und ich bemühe mich um eine flache Atmung, um mich zu beruhigen. Trotzdem zucke ich zusammen, als sich warme Haut an meine heiße Wange legt und sanft darüberstreicht.

»O Evelyn.« Der Klang dieser Stimme ist so schön, so fürsorglich, dass sie mir Qualen bereitet, die jenseits vom Physischen liegen.

Obwohl ich mit aller Willenskraft dagegen ankämpfe, öffnen sich meine Lider und ich erkenne Liam, der vor mir kniet.

Alex ist verschwunden.

Sofort durchströmt mich Erleichterung und ich seufze auf.

Liams eisblaue Augen blicken tief in meine. Um seinen Mund liegt ein bedauernder Zug, sein Gesicht sieht von Sorge zerfressen aus.

Wach auf. Wach auf. Wach auf.

Nichts passiert. Ich bin gefangen in meinem Traum, dazu verdammt, mich immer wieder mit Alex und Liam auseinanderzusetzen.

Die Hölle mit Alex zu durchleben, zerstört jedes Mal von Neuem einen Teil von mir. Und doch ist es Liams trauriger Blick, der mir den Rest gibt, denn für Alex empfinde ich nichts als Hass und Verachtung. Gefühle, die leichter beiseitezuschieben sind als meine undefinierbaren Empfindungen für Liam. Er war meine Bezugsperson, mein Ruhepol, mein Anker, mein ein und alles. Ich habe ihm alles anvertraut, er wusste, dass Alex mich geschlagen und mit mir geschlafen hat, obwohl ich es nicht wollte. Er wusste alles von mir.

»Ich liebe dich«, flüstert Liam und drückt seine Lippen auf meine. Mein Körper erstarrt zu Stein und ich bin unfähig, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

Er seufzt und drückt mich sanft zu Boden. Sein Mund wandert zu meinem Hals, streift an meinem Schlüsselbein vorbei und facht die Panik, die ich trotz meiner Bewegungsunfähigkeit spüre, noch mehr an.

Ich will ihn fragen, warum er mich küsst, anstatt mich zu beschützen, aber die Worte lassen sich nicht formen. Stumm liege ich da, Tränen laufen über meine Wange und ich warte darauf, dass ich endlich erlöst werde und aufwache.

Vielleicht ist es meine Strafe dafür, dass ich versucht habe, mich Liam in New York zu öffnen. Ja, ich habe ihn geküsst, aber schnell festgestellt, dass da kein einziges romantisches Gefühl in mir war, an das ich mich hätte klammern können.

»Hör auf«, flüstere ich. Es ist eine leise Bitte, ohne Nachdruck. Und wie schon in jener Nacht im Hotelbett macht Liam mit dem weiter, was ihn scheinbar mit Glück erfüllt. Blind für die Angst und den Unwillen in mir.

»Hör auf.«

Er zieht mir das T-Shirt hoch und streicht mit seinen Händen über meinen Bauch, während ich versuche, diesem Übelkeit erregenden Ziehen in meiner Magengegend einen Namen zu geben.

Liam schiebt den Stoff weiter rauf und seine Lippen öffnen sich leicht, als er meine nackten Rippen sieht. Der Ausdruck in seinen Augen ist wie ein wilder Sturm. Und in diesem Moment fällt mir ein, nach welchem Wort ich suche.

Enttäuschung. Bodenlose, abgrundtiefe Enttäuschung. Hass ist leicht zu erdulden. Er ist wie ein Feuer, das in einem wütet und dabei jegliche Zuneigung, die jemals für diese Person existiert hat, vernichtet. Aber Enttäuschung ist an Liebe gebunden und wandelt sie in etwas Schmerzvolles um, anstatt sie zu verschlingen. Gefühle werden nicht ausgelöscht, sondern umgekehrt.

»Hör auf«, verlange ich mit fester Stimme und stemme mich gegen Liam, der halb von mir runterrutscht. Als wäre das Finden dieses Wortes der Schlüssel für die unsichtbaren Ketten um meine Gliedmaßen, schaffe ich es, mich zu bewegen. Für einen kurzen Moment bin ich verwirrt und Liam greift mit seiner Hand in mein Haar. Nicht brutal, aber doch so energisch, dass ich mich seinem Griff nicht entziehen kann.

»Bitte, Evelyn, versuch es für mich.« Die Ähnlichkeit der Situation zu New York ist wie eine Ohrfeige. Er versiegelt meine Lippen mit seinen, hält mich an sich gedrückt, obwohl ich ihn von mir stoßen will, und hört nicht auf.

Er hört einfach nicht auf.

Um nicht länger in sein Gesicht sehen zu müssen, presse ich die Lider fest zusammen …

… und wache auf. Ein Schrei erstirbt in meiner Kehle. Bleibt stecken und schnürt mir die Luft ab. Erleichtert blinzele ich die weiße Decke an, Tränen kullern aus meinen Augenwinkeln und laufen mir die Schläfe herunter.

Gott sei Dank bin ich wieder in meinem Zimmer.

Die Panik in mir flacht nur langsam ab, denn irgendetwas an diesem Traum war beängstigender als sonst. Normalerweise wache ich auf, sobald sich Liam über mich beugt und seine Hände unter mein Shirt schiebt.

Aber dieses Mal war es anders. Als ich die Enttäuschung für ihn endlich greifen konnte, war der unsichtbare Bann, der auf mir lastete, gebrochen.

Ich will mich im Bett aufrichten, aber etwas stimmt nicht. Meine Brust fühlt sich taub an, genauso wie meine Gliedmaßen.

Mit einem flauen Gefühl im Magen befehle ich meinem rechten Arm, sich zu heben, aber er gehorcht mir nicht. Er ist nicht...

Erscheint lt. Verlag 20.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7598-3007-2 / 3759830072
ISBN-13 978-3-7598-3007-4 / 9783759830074
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