Lyenna -  Larissa Mücke

Lyenna (eBook)

Der ewige Fluch
eBook Download: EPUB
2024 | 2. Auflage
383 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-3017-3 (ISBN)
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»Ich sehe dich.« Nur eine Berührung von ihr bedeutet den Tod. Seit Jahren bereist Lyenna den Kontinent, auf der Suche nach einer Lösung für ihren Fluch. Sie bleibt immer in Bewegung, blickt nie zurück. Der Kontakt zu anderen Menschen ist für sie undenkbar. Bis sie im Königreich Valádey eine Prinzessin kennenlernt, die ihre Neugier weckt. Doch wie lange wird es dauern, bis Lyennas Vergangenheit sie einholen wird? | Welt der Mavéa | Young Adult Romantasy mit LGBT+ Themen

Larissa Mücke wurde im Jahr 2000 in Papenburg geboren und mag es nicht, über sich selbst in der dritten Person zu schreiben. Weitere Informationen zur Autorin gibt es auf musictothemoon.webnode.page

1 • Entkommen


»Verdammt, das kann doch nicht wahr sein«, fluchte ich leise und riss den gelblichen Zettel mit meinem Gesicht vom Baumstamm. Es war drei Monate her, seit ich diese verhängnisvolle Nacht im Palast verbracht hatte und seitdem war ich nicht einmal in die Nähe der hohen Mauern gekommen. Ich hatte Valádey zwar noch nicht verlassen, aber hielt mich ausschließlich am Rande der Stadt auf. In dem Gebiet, in dem die meisten Menschen kaum etwas besaßen und zu viele eigene Sorgen hatten, um sich mit der fremden Frau zu befassen, die mit verhülltem Gesicht durch die Straßen zog.

Ich hatte gedacht, ich müsste nur eine Weile abwarten und mich ruhig verhalten, bis der kleine Vorfall im Palast vergessen sein würde, aber anscheinend war das nicht der Fall. Seufzend musterte ich den Aushang in meiner Hand. Es war kein besonders gutes Bild von mir, der Soldat hatte mein Gesicht immerhin kaum gesehen, aber es reichte. Der König hatte sogar genug investiert, um die Farbe meiner Augen auf dem Papier darzustellen. Ein leuchtendes Orange, das einen scharfen Kontrast zur schwarzen Tinte bildete. Mit dem Finger fuhr ich über den Text, der unter meinem Bild stand.

Gesucht. Lebendig. 700 Taláre Belohnung.

Eine Menge Geld für eine Frau, die nichts getan hatte, außer in den Palast einzubrechen. Ich hatte ja nicht einmal etwas gestohlen, selbst das Kleid hatte ich zurückgelegt. Aber das war dem König offenbar egal. Wahrscheinlich fühlte er sich in seiner Ehre verletzt, weil eine Frau es geschafft hatte, in seinen Palast zu schleichen und ohne eine Spur wieder zu verschwinden. Oder der Soldat war mittlerweile gestorben und sie ahnten, dass ich etwas damit zu tun hatte.

Was auch immer der Grund war, wieso der König mich finden wollte, siebenhundert Taláre waren viel Geld. Unfassbar viel. Insbesondere für die Menschen um mich herum, die sich so eine Belohnung wahrscheinlich nicht einmal vorstellen konnten. Ich konnte nur hoffen, dass die Bewohner hier wie in den meisten Städten nicht lesen konnten, ansonsten würde es schwierig werden, es ohne Probleme aus Valádey herauszuschaffen.

Aber es half nichts. Es wurde Zeit, dass ich aus dieser Stadt verschwand, wie schon aus all den Städten zuvor. Ich hatte gehofft, dass ich dieses Mal länger bleiben könnte, doch diesen Gedanken konnte ich nun wohl aufgeben. Vermutlich würde ich in ein neues Königreich reisen müssen, um dem König ganz zu entkommen. Immerhin erstreckten sich die Grenzen dieses Reiches kaum weiter als ihre Hauptstadt, so würde ich nicht weit reisen müssen.

Aber es gab eh nichts mehr, was mich an diesem Ort hielt. Wenn ich bis jetzt noch keine Hinweise entdeckt hatte, dass hier jemand lebte, der meinen Fluch brechen konnte, dann wäre jeder weitere Tag Zeitverschwendung. Auch wenn ich in dieses Königreich meine größte Hoffnung gesteckt hatte, weil es so nah an dem Ort lag, an dem ich verflucht wurde; aber offensichtlich war diese Hoffnung nur ein falscher Trugschluss gewesen. Hier würde ich genauso wenig eine Antwort finden wie in den zwölf Königreichen zuvor, also konnte ich auch ebenso gut weiterziehen.

Ich zerriss meinen Fahndungszettel in kleine Stücke und ließ sie achtlos zu Boden fallen, bevor ich das schwarze Seidentuch über meinem Mund und meinen Haaren zurechtrückte, und meine langen Handschuhe sorgfältig wieder nach oben zog. Wenn jemand versuchen sollte, mich aufzuhalten, würde derjenige meine Haut nicht berühren können, und so würde er zumindest nicht sterben müssen. Einen Unfall wie mit dem Soldaten wollte ich nicht noch einmal riskieren. Ich hatte bereits genug Unschuldige getötet.

Entschlossen griff ich meine Tasche fester und drehte mich um, blieb aber sofort wieder stehen. Vor mir stand ein ganzes Dutzend Menschen, einige von ihnen sogar mit Mistgabeln und Fackeln bewaffnet. Einige ihrer Gesichter erkannte ich. Da war der Bäcker, bei dem ich in den letzten Wochen mein Brot gekauft hatte, der Sohn der Schneiderin, die meinen Umhang geflickt hatte, und der Wirt, dem ich ein großzügiges Trinkgeld gegeben hatte, dafür, dass er mich beim Anblick meiner unnatürlichen Augen nicht aus seiner Gaststätte geworfen hatte. Diese Männer waren in den letzten Monaten freundlich zu mir gewesen. Zwar immer vorsichtig, weil sie bemerkt hatten, dass ich nicht normal war, aber dennoch freundlich. Von dieser Freundlichkeit war in ihren Blicken jetzt jedoch nichts mehr zu sehen. In ihren Augen lag pure Abscheu, gepaart mit Furcht.

Eigentlich sollte ich jetzt wohl Angst haben, aber dafür war mir dieser Anblick schon viel zu vertraut. Die letzten fünf Städte, in denen ich gewesen war, hatten mich alle auf diese Art verabschiedet. Selbst wenn ich gewollt hätte, gab es keinen Ort, an dem ich dauerhaft bleiben konnte. Das war nichts, was mich überraschen konnte.

»Da ist die Hexe!«, rief der Wirt, der am weitesten vorne stand. In seiner linken Hand hielt er einen weiteren der Fahndungszettel, in seiner rechten Hand eine Axt. Natürlich, für seine Arbeit musste er in der Lage sein, zumindest ein wenig lesen zu können, und er hatte seinen Freunden mit Sicherheit sofort erzählt, dass der König nach mir suchte und jeden, der mich auslieferte, reichlich belohnen würde.

»Muss das wirklich schon wieder sein?«, murmelte ich mehr zu mir selbst, hob aber beschwichtigend die Hände.

»Nur um das klarzustellen, eine Hexe bin ich nicht!«, rief ich ihnen zu und versuchte, so wenig bedrohlich wie möglich auszusehen. Was mir vermutlich nicht besonders gut gelang. Immerhin konnten sie nur meine unmenschlich aussehenden Augen erkennen und die hatten bislang jeden Menschen vor Angst zum Zittern bringen können. »Wenn ich magische Kräfte hätte, wären wir jetzt sicher nicht in dieser Lage.«

»Es ist uns egal, was du bist! Du wirst von hier verschwinden!«

Mit diesen Worten rannte der Sohn der Schneiderin auf mich zu und ich überlegte nicht mehr lange. In einem Kampf wäre ich ihm ohne Zweifel überlegen, selbst wenn all seine Freunde ihm helfen würden. Ich hatte ein jahrelanges Training bei den besten Assassinen des Landes absolviert, und keine einzige der Kampftechniken vergessen, die mir beigebracht wurden. Aber mich jetzt auf einen Kampf einzulassen, würde mich nur unnötig aufhalten. Ich hatte eh vorgehabt, Valádey zu verlassen, also machte ich auf dem Absatz kehrt und rannte los.

Wenig überraschend war ich schneller als die Stadtbewohner hinter mir, und der Abstand zwischen uns wurde mit jedem Schritt von mir größer. Nur meine hohen Schuhe verhinderten, dass ich so schnell rennen konnte, wie ich es eigentlich wollte. Mittlerweile bereute ich es, sie überhaupt gestohlen zu haben. Sie sahen zwar atemberaubend schön aus und ließen mich aussehen wie eine feine Dame, aber sie waren nicht gerade praktisch, um damit vor einer Meute aggressiver Männer davonzurennen. Also zögerte ich nicht lange und zog mir die Schuhe noch während des Laufens aus.

Eine wirklich nützliche Technik, die mir meine Lieblingslehrerin bei den Assassinen vor einigen Jahren beigebracht hatte. Meine besten Tricks hatte ich alle von Malaika gelernt und sie seitdem mehr als nur einmal angewendet. Sie war es auch gewesen, die mich gelehrt hatte, dass man manchmal wichtige Dinge zurücklassen musste, um sich selbst zu retten.

Also ließ ich meine wunderschönen Schuhe im Dreck zurück, ohne mich noch einmal umzusehen, und schmiss nach einigem Nachdenken auch meine Tasche an den Wegesrand. Das zusätzliche Gewicht belastete mich nur und in ihr war nichts, was ich mir nicht in der nächsten Stadt neu besorgen könnte. Nur die versteckten Messer unter meinem Kleid und das Schwert auf meinem Rücken behielt ich, für den Fall, dass es doch noch zu einem Kampf kommen würde.

Es war ein ganz anderes Gefühl, den warmen Stein unter meinen nackten Sohlen zu spüren, während ich durch die Straßen rannte. Wenn die grölenden Männer hinter mir nicht gewesen wären, hätte ich dieses Rennen vielleicht sogar genießen können. Meine Füße flogen schon fast über den Boden, aber mein Herzschlag erhöhte sich kaum. Jahrelanges Training hatte mich abgehärtet und während die Menschen hinter mir schon langsamer wurden, war ich noch nicht einmal außer Atem.

Als ich um die nächste Ecke bog, sah ich schon den nah gelegenen Wald vor mir. Nur noch ein paar hundert Meter und ich könnte Valádey ein für alle Mal hinter mir lassen. Nach einigen Stunden der Wanderung würde ich dieses Königreich nie wiedersehen müssen. Die Meute hinter mir würde mich sicherlich nicht bis in den Wald verfolgen. Sie wollten mich nicht in ihrer Stadt wissen, aber danach würden sie mich ziehen lassen. Wenn sie wirklich dachten, dass ich eine Hexe wäre, würden sie keinen Kampf mit mir beginnen. So war es bisher immer gewesen. Selbst die Belohnung vom König würde nicht ausreichen, damit sie ihr vertrautes Gelände verließen, um in der Wildnis nach mir zu suchen.

Ich überlegte bereits, wo ich als nächstes hingehen sollte. Vielleicht in ein benachbartes Königreich, oder gleich ans andere Ende des Kontinents. Aber ich würde schon einen Ort finden, an dem ich bleiben könnte, zumindest für eine Weile. Das hatte ich bisher immer.

Bevor ich Valádey jedoch für immer verlassen konnte, tauchte eine Gruppe Soldaten am Ende der Straße auf. Sie bemerkten mich sofort, nicht zuletzt dank meiner schreienden Verfolger. Ich vermutete, dass sie eh auf der Suche nach mir gewesen waren. Einige Meter vor ihnen kam ich schlitternd zum Stehen, bevor ich noch direkt in ihre Schwerter lief, die sie auf mich gerichtet hatten.

»Sieh an, genau die Frau, die wir gesucht haben«, begrüßte mich einer der Soldaten grinsend und ich seufzte leise auf. Mit den Stadtbewohnern hätte ich es ohne...

Erscheint lt. Verlag 21.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
ISBN-10 3-7598-3017-X / 375983017X
ISBN-13 978-3-7598-3017-3 / 9783759830173
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