Die Leiche vorm Altar -  Gerd Tesch

Die Leiche vorm Altar (eBook)

in Pfalzfelds Kirche

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
244 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-9792-6 (ISBN)
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Erzählungen, die politische Machenschaften, Liebe, Eifersucht, Liebesverrat, Rache, Feigheit, Einsamkeit und Beziehungschaos thematisieren. Die Geschichten sind auf subtile Weise miteinander verwoben. Also doch eine Art von Roman?

Gerd Tesch, 1950 im Hunsrückdorf Pfalzfeld geboren, studierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Germanistik, Allgemeine Sprachwissenschaft, ­Politikwissenschaft und promovierte in Philologie. Er arbeitete in etlichen rheinland-pfälzischen Gymnasien, zuletzt bis zur Pensionierung als Schulleiter des Gymnasiums Kirn.

10


Über das Grundbuchamt St. Goar ermittelt Bachmann, dass eine Doktor Emilia Mureau, geborene Schneider, wohnhaft in Köln, Berrenrather Straße 401, ihr Elternhaus in Pfalzfeld an einen Herrn Platzeck verkaufte. Die geschiedene Frau arbeitet als Mikrochirurgin an der Uniklinik Köln. Ihr Ex, Doktor Christian Mureau, betreibt eine Zahnarztpraxis in Rodenkirchen. In deren Wartezimmer hängt Gustave Courbets Weiblicher Akt mit Hund, wie Bachmann zu berichten weiß.

„Herr Doktor Mureau, sie waren mit Emilia Schneider verheiratet.“

„Ein Jahr“, sagt er und seine Stirn legt sich bedeutsam in Falten. „Zu Beginn unsres Studiums. Sie Medizin, ich Zahnmedizin.“

„Sie lernten sich in der Uni kennen?“

„Nein, nein … Beim Karate-Training. Sie hatte mich im Nu auf der Matte. Ich war beeindruckt, Frau Hauptkommissarin.“

Ein verstohlenes Lächeln huscht über sein hart geschnittenes, eigentümlich quadratisches, bärtiges Gesicht, dessen markantes Kinn ins Auge springt; streichholzkurz das dichte, dunkle Haar mit ersten grauen Härchen.

„Was hat Sie noch beeindruckt, Herr Mureau?“

Ohne lange zu überlegen, sagt er: „Eine blitzgescheite Frau, unsentimental, schroff und unnahbar. Was mich reizte, zunächst.“

Doktor Mureau macht eine Pause. Als müsse er seinen eigenen Worten nachdenken. Versonnen spielt er mit einem Plastik-Gebiss, das er stets in seiner Jackentasche hat. Warum erinnert er mich an Leonardo DiCaprio?, fragt sich Corinna.

„Trotz ihrer unterkühlten Strenge war sie sinnlichen Einflüssen keineswegs abhold“, fährt er fort und streift Corinna mit einem flüchtigen Augen-Blick. „Mein Etikett ‚Mureau‘ schickte ihren deutschen Namenslangweiler (akustisch) in den Keller des Vergessens. Die Parfümerie meiner Heimatstadt Grasse liebte sie notabene über alles.“

„Und dennoch nach einem Jahr bereits die Trennung?“, wundert sich Corinna (auch über Mureaus geschraubte Ausdrucksweise).

Er nestelt eine Marlboro aus seinem Etui und zündet sie mit dem Feuerzeug in der Linken an, wie Schmidt registriert, die ihn als Zeugen befragt. Genüsslich saugt er an der Zigarette, legt den Kopf zurück und Rauch quillt aus dem halbgeöffneten Mund, der perfekte Zahnarztzähne zeigt, regelmäßige, kräftige, schneeweiße Zähne.

„In unserer bescheidenen Studenten-WG gab es nur eine winzige Küche“, erinnert sich Mureau und bläst den Rauch durch die Nase. „Dorthin schleppte sie eines Tages eine dreibeinige, dickbäuchige Katze. Meine Katzenhaarallergie war ihr schnuppe. Die Katze hatte sie am Straßenrand aufgegabelt. Zwei Wochen später ein Wurf: zwei Junge, die sie Paul und Jakob nannte. Die Katzenfamilie beanspruchte fortan Emilias ganze Aufmerksamkeit. “

Hüstelnd drückt er seine Zigarette bereits nach drei Zügen im Aschenbecher aus. Filigrane Zahnarztfinger. Allein der Raucheratem!, scheint Schmidts strenger Blick zu sagen. Sie rückt etwas zurück. Er sprüht sich Mundspray in den Rachen.

„Ich war nur noch Zaungast. … Obendrein pflasterte Emilia die schmalen Wände der Küche mit Katzenbildern. Selbst in unsrer Mini-Toilette hielt Katze Einzug: Ein sündhaft teures Katzen-Aquarell des Hunsrückmalers Friedrich Karl Ströher! Es thronte über der Schüssel. Weiß der Geier, wie sie an das Bild kam.“

„Was ist aus den Katzen geworden?“

„Eines Morgens lag eines der beiden Wollknäuel tot im Korb.“

„Welches?“

„Habe ich vergessen.“

„Und dann?“

„Machte sie ohne erkennbaren Grund oder Anlass dem Spuk ein Ende: Sie ersäufte die Katzen.“

Sie binden mir einen Bären auf!“

„Natürlich, Frau Kommissarin“, sagt Mureau mit einem schrägen Grinsen. „Sie haben mich durchschaut. So ist sie halt, die Emilia. Sie hat jetzt übrigens eine Katzenphobie.“

Lässig wie Clint Eastwood wendet er sich über die Rückenlehne seines Stuhls zurück, um das geöffnete Fenster mit einem leichten Stoß zu schließen.

„Genug der Märchenstunde, Herr Mureau“, weist die Kommissarin ihn mit einem kalten, nahezu verächtlichen Blick zurecht wie Rene Russo Eastwood im Thriller In the Line of Fire, nachdem der bei ihrem ersten Zusammentreffen die Schönheit der Sekretärinnen gelobt hat.

Er verzieht das Gesicht und lässt sich Zeit, bevor er weiterspricht: „Ihr wurde da erst bewusst, dass sie eigentlich lesbisch sei. Jahre später erfuhr ich davon.“

Seine Mundwinkel zucken.

„Und das soll ich Ihnen nun glauben, Herr Doktor Mureau?“

Er zuckt mit den Achseln.

Sie fragt, ob er auch einen Cappuccino wolle, was er verneint. Während sie sich an der Kaffeemaschine zu schaffen macht, beobachtet sie Mureau aus den Augenwinkeln.

In seinem Gesicht arbeitet es. Sinnt er dem verkaterten Ehejahr nach? Oder lässt er sich eine neue Finte einfallen? Als Schmidt ihm gegenüber wieder Platz genommen hat, scheint er aus seinen Erinnerungen, seinen Gedanken aufzutauchen und kratzt sich am Hinterkopf.

„Wie ging die Geschichte weiter?“, fragt sie, nachdem sie ihm, trotz seines Neins, einen Kaffee hingestellt hat. „Ich versuche Ihre Ex zu verstehen. Vielleicht komme ich dem Motiv hinter der Tat auf die Spur.“

„Viel Erfolg bei der Suche“, ätzt er. „Ich hatte keinen.“

Er schlürft den Cappuccino. Dann greift er erneut nach seinem Zigarettenetui, zögert, lässt es bleiben, weil ihm im selben Moment etwas einzufallen scheint. „‚Du bist anwesend, aber nicht da‘, habe ich ihr einmal gesagt, ‚immer bist du auf dem Absprung, irgendwohin.‘“

„Was sagte Emilia dazu?“

„Nichts.“

„Wie - nichts?“

„Na ja, eben nichts.“

„Glaube ich Ihnen nicht, Herr Mureau.“

„‚Was sollte ich hier noch wollen?‘, sagte sie ein andermal“, sagt er; um dann mit blitzenden Augen nachzureichen: „Sie ist manipulativ. Sie setzt gnadenlos ihren Willen durch. Sie verführt Menschen zu Handlungen, die sie … eigentlich nicht wollen.“

Zeigen da zwei Finger auf den Sprecher zurück?, geht es Corinna Schmidt durch den Kopf, vor deren innerem Auge eine andere Geschichte abläuft, die Geschichte einer gewissen Fiona von Ardenne.(2) Doch sie fragt: „Machtdemonstration oder Machtvermeidung?“

„Wenn ich das wüsste“, seufzt er theatralisch, um dann aber nüchtern festzustellen: „Wie gesagt, leider ist ihr Motiv im Dunkeln geblieben.“

In das Schweigen hinein räuspert sich Corinna, um die Frage loszuwerden, die als Elefant im Raum steht: „Haben Sie eine Erklärung für die Tat?“

„Emilia war verbittert“, sagt er und seine Zähne malen aufeinander. „Sie wollte Wiedergutmachung. Was unmöglich ist.“

Angesichts des Fragezeichens in den Augen der Kommissarin zückt er sein Smartphone, wischt über das Display und schiebt es ihr zu.

Leidlich hat es bislang funktioniert: beim Blick in den Spiegel, vor dem Selbstbild, vor der Angst, vor der ohnmächtigen Wut.

Den Mechanismus zerschlagen: befreiend der Entschluss, vor der Tat.

Sie haben es sich redlich verdient: Er hat das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht.

„Eine Notiz, die ihr bei unsrem letzten Treffen vor ein paar Wochen in einem Restaurant wie zufällig aus der Tasche gefallen war. Ich glaube, sie wollte, dass ich sie finde.“

„Vergewaltigung? Gar zu zweit?“

Er deutet ein Nicken an.

„Aber warum in Gottes Namen ein Vierteljahrhundert nach der Demütigung?“, fragt Schmidt.

„Denken Sie an die Katzen!“, sagt er und erntet einen missmutigen Blick. „Nun, weil (Er zögert einen Moment.) einer der Muheim-Zwillinge ihr begegnet ist. Keine Ahnung, ob es Zufall war. Jedenfalls scheint diese verhängnisvolle Begegnung die alte Wunde wieder aufgerissen zu haben. Der Tropfen auf den nie abgekühlten heißen Stein. Genaueres wollte Emilia mir nicht sagen.“

„Sie sind ansonsten gut informiert über ihre Ex, Herr Mureau“, wundert sich die Kommissarin.

„Sie ahnte, dass ich es nicht verstehen würde“, sagt er nachdenklich und fügt hinzu: „Wer würde das schon?“

„Sie trauen Ihrer Ex also einen Racheakt zu?“

„Das habe ich nicht gesagt.“

„Sie schließen es aber nicht aus?“

„Wir sind befreundet, haben nie den Kontakt abreißen lassen“, weicht er aus.

„Es war keine Affekttat, Doktor Mureau“, gibt Schmidt, augenscheinlich irritiert, zu bedenken.

„Ich weiß. Der Hass sitzt tief. Ich dachte … Nun - ja, ich habe mich geirrt.“

„Heißt?“

„Das Sinnangebot ihres Berufs reichte...

Erscheint lt. Verlag 17.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7597-9792-X / 375979792X
ISBN-13 978-3-7597-9792-6 / 9783759797926
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