Kaiser Friedrich II -  Christoph Lanzendörfer

Kaiser Friedrich II (eBook)

Vom Staunen -- Essay
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
152 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-7268-8 (ISBN)
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Kaiser Friedrich II, Friedrich von Hohenstaufen, Fedrico da Svevia - alles Namen, die einen der markantesten Herrscher der europäischen Geschichte bezeichnen. Auch heute noch gibt er Anlass zu Mythenbildungen. Sein Schloss "Castel del Monte" reizt heute ganze Universitätsseminare zum Versuch von Rätsellösungen. In diesem Text wird der Versuch gemacht, Friedrichs Biografie in Beziehung zu setzen seinem Grundantrieb: Der Neugier, dem Staunen.

Dr. Christoph Lanzendörfer ist Arzt und Psychotherapeut. Nebenberuflich ist er kommunalpolitisch aktiv (SPD-Fraktionsvorsitzender im Rat seiner Heimatstadt Bassum / Niedersachsen). In seiner Freizeit beschäftigt er sich literarisch, dies ist nach ähnlichen Schriften über Caligula, Hatschepsut, Antonia Gramsci, Julian 'Apostata', Venedig und Giordano Bruno der siebte Text aus einer Reihe. Daneben schreibt er Romane, die er aber nicht veröffentlicht, sondern als das unvermedliche Selbstgemachte zu Weihnachten verschenkt.

Die weltliche Kirche und ihre Päpste


Aus den Lehren des Wanderpredigers Jeshua Ben Yosef, latinisiert Jesus, der in seinen namensgebenden Latschen durch Wüste und Städte lief, um den Leuten „das wichtigste Gebot"3, die Nächstenliebe, zu vermitteln, wurde im Laufe der Zeit ein Machtkomplex, der sich um die weltlichen Güter mit den anderen Mächtigen stritt. Ausgangspunkt war die „konstantinische Wende", als Kaiser Konstantin, un-bestritten ein wahrer Massenmörder unter allen, die ihm nicht genehm waren (sogar seinen Sohn und seine eigene Ehefrau ließ er töten), sich vor einer Schlacht zum Christentum bekannte (ob er jemals getauft war, ist umstritten). Konstantin hielt sich Jesus als seinen Kriegsgott, den er immer vor Kämpfen um Unterstützung anrief. Er ließ auch zum ersten Konzil rufen (1. Konzil von Nicaea 325). Er saß diesem Konzil vor und steuerte die Texte. Ziel war es offensichtlich, dem neuen Glauben als Staatsreligion einen Rahmen zu geben. Es wurde das verbindliche „Bekenntnis von Nicaea" beschlossen, gleich einige Anathemata (Verfluchungen) und Exkommunikationen ausgesprochen.

Diese Kirche wandelte sich dann immer mehr in einen Staatsbetrieb der Herrschenden und entwickelte nun gar nicht nächstenliebende Praktiken, um ihre Macht darzustellen. Vor Fälschungen und Lügen war man, im Interesse des Glaubens selbstredend, nie verlegen. So machte der lateinische Bibelübersetzer Hieronymus, einer der vier katholischen Kirchenväter, aus der Aufforderung „eine Schwester zum Weibe" (1. Kor. 9,5) zu nehmen, also jemanden aus der Gemeinde (Brüder und Schwestern) zu heiraten, schlicht das Gegenteil: Das Griechische αδελφηνγψναικα (eine Schwester zur Frau) übersetzte er ins Lateinische mit mulierem sororem (eine Frau zur Schwester zu haben, sie also nicht zu berühren). Damit wurde des Hieronymus pathologische Leibfeindlichkeit Glaubensbestandteil (griechisch-lateinische Bibel, Theile/Stier, S. 684). Da Martin Luther aus dem Griechischen übersetzte und nicht aus der kanonisierten (Konzil von Trient) „Vulgata"-Fassung des Hieronymus., war seine Formulierung in der „Biblia Germanica" von 1545: „...eine Frau zum Weibe umbher zu führen". Der bekannteste Satz zur Festigung des Papsttums ist eine besonders plumpe Fälschung: Du bist Petrus, und auf diesem Fels will ich meine Kirche bauen (Mt. 16,18)4. Nirgends sonst hatte Jesus von Kirche gesprochen oder das nur angedeutet. Der Text wurde eindeutig später eingeführt. Und er kann nur im Griechischen eine Bedeutung haben, denn nur dort ist der Eigenname Πετρος und der Fels πετρα als Wortspiel verständlich, nicht aber im Aramäischen. Zumal Simon vorher immer als Simon und nicht als Petrus auftrat. Hettinger (1897, IV, S. 529) zitiert Kyrill von Alexandria, der die Vielsprachigkeit des Herrn rühmt: „Es gefiel dem Herrn, den Simon von dem Worte πετρς Πετρος nennen, denn auf ihm wollte er seine Kirche gründen." Dem Kyrill hatte der Herr sich wohl griechisch gezeigt und erklärt. Und bis zu Franz Hettinger (1819-1890, Theologie-Professor in Würzburg und „Konsultator" des 1. Vatikanischen Konzils) reicht dann die Kette von Verdrehungen und Lügen. In seiner fünfbändigen „Apologie des Christentums", die letzte und siebte Auflage erschien nach seinem Tod 1897, erklärte er unter anderem die angeblich bibelgetreue Folgerung, die unweigerlich im Primat des römischen Ortsbischofs, der seit dem 14. Jahrhundert seine Urkunden als Papa signierte, dem „Jurisdiktionsprimat", seinem einzig gültigen Lehramt und damit auch seiner Unfehlbarkeit mündete. All dies habe Jesus dem Simon verheißen, der in der katholischen Kirche nicht mehr mit seinem richtigen Namen, sondern mit Petrus angesprochen werden darf. Hettinger erzählt viel von den altgriechischen Kirchenlehrern, von dem, was Jesus nun wirklich wollte, er zitiert viel und gipfelt darin: Petrus müsse der erste seiner Kirche sein, denn ihm habe sich der Herr nach seiner Auferstehung zuerst gezeigt und Petrus habe die Reihe der Apostel aufgefüllt. In den mir zur Verfügung stehenden drei Ausgaben (4. Aufl. 1873, S. 523; 6. Aufl. 1887, S. 527; 7. Auf. 1897, S. 539, jeweils 4. Band) steht dies unverdrossen so. Und es ist gelogen: Zuerst zeigte sich Jesus drei Frauen, unter ihnen Maria von Magdala (Lk. 24,10). Und in der Apostelgeschichte (Apg. 1,26) lässt sich unschwer lesen, wie es war: „Und sie warfen das Los über sie und das Los fiel auf Matthias; und er wurde zugeordnet zu den elf Aposteln."

Nix Simon, Petrus oder Papst.

Mit dieser Art von Lügen und Verdrehungen mussten auch die Menschen im Mittelalter umgehen. Der Unterschied zur Neuzeit aber war der: Maria Conte Mastai Ferretti, Papst Pius IX, war ein nach psychiatrischen Kriterien (Hasler, Bd. 1, S. 151: Stellungnahme Matussek und Pongratz; Wolf) psychisch, wenn nicht schizophren erkrankter Mann, der zudem auch noch an Epilepsie litt (eigentlich ein „Weihehindernis", er hätte nie Priester, also auch nicht Papst werden dürfen). Er hatte gerade die weltliche Basis, den Kirchenstaat, verloren. Jetzt kämpfte er verbissen um seine Lieblingsidee: Seine Unfehlbarkeit. Die Menschheit insgesamt tangierte dieses Ersuchen mittlerweile nicht mehr besonders. Das war im Mittelalter völlig anders. Wer in der uns damals „bekannten Welt" lebte, musste sich mit dem Papsttum und seiner Macht auseinandersetzen. Neben frommem Mord kamen dann auch langfristiger wirkende Erzeugnisse auf den Markt: Urkundenfälschungen. Etwa um 800 herum wurde eine Fälschung als „Konstantinische Schenkung" herausgegeben. Sie besagte, noch einmal zusammengefasst, dass Kaiser Konstantin anlässlich seiner Taufe Bischof Silvester von Rom die westliche Welt geschenkt und ihn zum Oberherrn eingesetzt habe. Erst im 15. Jahrhundert wurde diese Fälschung von Nikolaus von Kues und Lorenzo Valla unabhängig von einander als solche entlarvt. Und nach dem 1. Vatikanischen Konzil erkannte auch die katholische Kirche nach Hinweisen des bereits exkommunizierten Ignaz Döllinger (der dann Mentor der Altkatholiken wurde, die die Dogmatik ablehnen und sich auf die alte Kirche ohne Konzilsbeschlüsse berufen) offiziell ihre eigene Fälschung als rechtswidrig an. Wurde die Donatio Constantin! anfangs noch im innerkirchlichen Machgefüge benutzt, so konnte sie bald als Waffe gegen die weltliche Macht benutzt werden. Im Jahre 1054 trafen sich in Konstantinopel Patriarch Michael Kerrularios und der Delegat Papst Leos IX, Umberto da Silva Candida. Eigentlich ging es um die glaubenswesentliche Frage, ob es beim Osterabendmahl gesäuertes oder ungesäuertes Brot zu geben habe, aber bald stand die Machtfrage im Raum. Und Umberto da Silva schien noch keine klassische Diplomatenschule durchlaufen zu haben: er verhandelte nicht, sondern schrie und gebot im Namen des Papstes, denn Konstantin habe in seiner Urkunde ja gesagt: „sacrosanctam Romanam ecclesiam decrevimus veneranter honorare et amplius, quam nostrum imperium"5. So stehe es im Kapitel 11 der Donatio. Und dann exkommunizierte man sich im Zeitraum vom 16. bis zum 21.7.1054 schriftlich und ergänzend lautstark gegenseitig am Altar der Hagia Sophia. Das große morgenländische Schisma entstand dadurch und gilt bis heute.

Im Kampf gegen die Kaiser wurde dieses Instrument weiter geschärft, die Päpste sahen darin die Begründung für ihre Weltherrschaft und ihren höheren Rang den weltlichen Fürsten gegenüber. Wobei sich aber auch ein Denkfehler eingeschlichen hatte: Wenn die Schenkung echt gewesen wäre, dann wäre ja staatliche Macht begründend für die kirchliche Gewalt gewesen: Der Kaiser als Oberlehnsherr der Kirche. Letztlich war es demnach imperialer Gunst geschuldet, wenn die Kirche auf irgendetwas Begründung suchte. Und diese Gunst hätte auch zurückgenommen werden könne.

Und nun kommen die Päpste zu Zeiten Friedrichs II zum Zuge. Sie fingen an, zu begründen, dass sie aus eigenem Recht, weil sie Gottes Vertreter waren, die Häupter der Welt zu nennen seien. Längst war aus der synodalen, also gemeinschaftlich getragenen Kirche ein bewaffneter Machtapparat des einen, obersten Vertreters, des Papstes nämlich, geworden.

Ihr mächtigster Sachwalter war Lotario Conti dei Segni, von 1198 bis 1216 Papst Innozenz III. Er wurde bereits im zweiten Wahlgang gewählt, und das in einem Alter Von 37 Jahren. Vorher war er bereits im kurialen Dienst. Zum Kardinaldiakon weihte ihn Gregor VIII, sehr gut abgepasst, denn dieser Papst überlebte seine Wahl nicht einmal zwei Monate. Segni hatte in Paris und Bologna studiert und verkehrte, seinen Biografen zufolge, nur in kirchlichen Kreisen. Er erwarb einiges an Erfahrung in Verwaltung, galt als hervorragender Kirchenrechtler. Man konnte diesem drittjüngsten Papst in der Geschichte also schon etwas zutrauen. Und er packte resolut zu: Gleich nach seiner Wahl zwang er den rechtmäßigen Senator Roms, also den Stadtpräfekten, Scottus Paparone, zum Rücktritt, um Platz zu...

Erscheint lt. Verlag 3.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-7597-7268-4 / 3759772684
ISBN-13 978-3-7597-7268-8 / 9783759772688
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