Auch Katzen brauchen Urlaub (eBook)

Die schönsten Geschichten

Gesine Dammel (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2024 | 1., Originalausgabe
180 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-78176-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Auch Katzen brauchen Urlaub -
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Ferienzeit! Frauchen und Herrchen packen die Koffer und verreisen ... und die Katze? Muss allein zu Hause bleiben oder, noch schlimmer, in die Tierpension. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, denkt sich da so mancher Stubentiger und beschließt, sein Schicksal eben selbst in die Pfote zu nehmen. Denn: Auch Katzen brauchen schließlich Urlaub.

Von einer geheimnisvollen Katze, die es unbedingt nach Ägypten zieht, einer anderen, für die Venedig das Ziel der Träume ist, und wieder einer, die entdeckt: Ferien auf dem Land sind schöner als erwartet. Abenteuerliche, heitere und erstaunliche Geschichten über unsere schnurrenden Freunde auf Reisen - von Victor Auburtin, Bettina Balàka, Claire Beyer, Petra Busch, Dorette Deutsch, Ellen Dunne, Roberta Gregorio, Gabriela Jaskulla, Tatjana Kruse, Christiane Lind, Theresa Prammer, Jutta Richter, Roda Roda, Sabine Trinkaus, Hans Traxler und Franziska Wolffheim.

Claire Beyer

Bastet


Mein Haus mit Garten liegt inmitten einer Siedlung am Stadtrand. Ein perfektes Idyll, gäbe es da nicht den Fluglärm, der vom frühen Morgen bis zum späten Abend andauert. Ich wusste, dass das Haus in der Einflugschneise des Großflughafens lag, war aber überzeugt, diesen Krach – wäre er nur erst zur Gewohnheit geworden – ebenso ausblenden zu können, wie beispielsweise das Läuten von Kirchenglocken. Ich hatte mich grenzenlos getäuscht. Immer wieder schnellte der Kopf hoch, wenn eine Maschine besonders tief flog oder mehr Krach verursachte als andere. Erstaunt stellte ich dagegen fest, dass es meiner zugelaufenen Katze – ich nannte sie ihrer Zartheit wegen Rose – im Gegensatz zu mir nicht laut genug sein kann. Diese seltsame Vorliebe beschränkte sich zwar ausschließlich auf alles, was flog, war aber nicht zu übersehen. Sie saß mucksmäuschenstill am Fenster, stellte die Pfoten zierlich nebeneinander, hob den Kopf zum Himmel, fixierte den metallenen Riesen und verfolgte so lange wie möglich dessen Flug. Mir schien, als sei ihre Faszination für diese mächtigen Vögel grenzenlos und nur noch durch vorüberfliegende Hubschrauber zu übertreffen. Ihre Freude milderte meine Genervtheit, und ich blieb schließlich – wenn auch nicht gänzlich bekehrt – ruhig und gelassen, wenn über uns der Himmel dröhnte.

Von dieser Eigenart abgesehen war die Katze ein braves, fast schon zu braves Tier. Es ließ sich nicht leugnen, sie verhielt sich so, als hätte sie Angst davor, wieder fortgejagt zu werden. Sie verschonte die Polstermöbel, warf keine Blumentöpfe vom Fensterbrett, kletterte nicht an den Gardinen hoch und ließ das Katzenstreu dort, wo es hingehörte. Nie gab sie mir einen Anlass, mich über sie zu ärgern oder es gar zu bereuen, dass ich sie aufnahm, als sie zitternd vor Kälte und Hunger vor meiner Eingangstür saß. Das war vor einem Jahr, und weil sich keiner gemeldet und einen Anspruch auf sie erhoben hatte, blieb sie und ging seitdem auch nie nach draußen. Jedenfalls nicht allein. Manchmal begleitete sie mich, wenn ich in den Garten ging, saß dann mit großen Augen neben mir, wenn ich umgrub, das Unkraut jätete oder Gemüse erntete. Gelegentlich knabberte sie an einem Grashalm oder roch an einer Blume. Tagetes liebte sie besonders. Sie tauchte förmlich ein in sie, und dann war ihre Nase gelb vom Blütenstaub.

Sie war schon den zweiten Sommer bei mir, als ich an einem Dienstagvormittag vom Wochenmarkt zurückkam. Salat und Gemüse waren in einen Reiseprospekt eingewickelt, und ich wollte das nasse Papier entsorgen, als Rose mit einem Satz auf den Tisch sprang, was sie ansonsten nie tat. Sie starrte auf die bunten Fotos, die die Angebote begleiteten, schien zu lesen, zu wählen, zu überlegen und drückte dann ihre Pfote auf Marsa Alam, eine in Ägypten gelegene Destination.

Ich überließ der Katze ihr papierenes Spielzeug und erledigte, wie an jedem anderen Dienstag auch, meine Hausarbeit. Zur Mittagszeit aber wollte ich den Tisch für mich haben. Rose jedoch, die inzwischen schläfrig auf dem Reiseprospekt lag, verteidigte ihren Platz mit allem, was ihr zur Verfügung stand. Sie krallte, fauchte, buckelte und starrte mich wütend an. Mir blieb angesichts dieser Wesensveränderung nichts anderes übrig, als meinen Teller ans Tischende zu stellen und den Stuhl zu verrücken. Die Katze bewegte sich keinen Zentimeter, noch nicht einmal das Hühnerklein im Futternapf konnte sie locken.

Am Abend kam eine Freundin zu Besuch, die ich längere Zeit nicht gesehen hatte. Sie stand kurz vor ihrem Jahresurlaub und freute sich darauf, mehr Zeit mit mir zu verbringen, wie sie immer wieder betonte. Sofort verlor sie sich in Reisefantasien. Sie hatte so viele Ziele im Kopf wie mein Hefekranz Rosinen, die ich im Übermaß in den Teig einarbeitete, weil sie die getrockneten Weinbeeren so gern aß. Während sie mit Genuss in das Gebäck biss, zeigte sie auf die Katze, die über dem Prospekt eingeschlafen war. Als Freizeitbuddhistin, Esoterikerin – hin und wieder zumindest –, Veganerin, wenn kein Hamburger in der Nähe ist, und Tierfreundin mit großem Herz, sah sie mich fragend an, und ich erzählte ihr von dem seltsamen Verhalten des Tieres und der Aktion mit dem Reiseprospekt. Es gibt keine Zufälle, rief sie aus und kam sofort zu dem Ergebnis, dass sich die Katze nach dem Ort sehne, auf dem die Pfote gelandet war. Ich widersprach. So, so, argumentierte sie, ob ich denn vergessen habe, dass sich die Katze mein Haus und damit zweifelsfrei mich ausgesucht habe, sie zu versorgen. Und das mit den Flugzeugen sei ein weiteres Zeichen, das könne ich doch nicht übersehen! Sie strich der Katze über den Kopf, und als habe Rose genau zugehört, begann sie, laut zu schnurren. Ich musste mich für diesen Abend geschlagen geben, wusste aber insgeheim, dass sich meine Freundin bereits am nächsten Tag nicht mehr an dieses Gespräch erinnern würde.

Aber sie sollte mich überraschen!

Gleich am frühen Mittwochmorgen rief sie an – ich war kaum wach –, und es gelang ihr schließlich, mich zu überreden, mit ihr und der Katze nach Ägypten zu reisen. Ihren Argumenten war aber auch wenig entgegenzusetzen. Ich habe schon zu lange in meiner Wohnung gehockt, sei fast darin festgewachsen, und es sei dringend notwendig, dass etwas Exotik und Buntheit mein Gemüsebeet-Dasein aufpoliere. Mit Freude würde sie sich um alles kümmern. Impfpass, Gesundheitsschein, Tickets (auch die Katze reise nicht umsonst), Futter, eine katzenfreundliche Unterkunft in Marsa Alam und Sonnencreme für uns beide.

Kaum hatte ich das Gespräch beendet, wurde ich unsicher. Aber nur kurze Zeit später klingelte es schon an der Haustür. Sie wolle Rose gleich zum Tierarzt bringen, hörte ich meine Freundin sagen, nicht dass ich es mir noch anders überlege. Rose war noch nie in einem Korb eingesperrt, gab ich zu bedenken, aber meine Freundin zeigte sich durch und durch optimistisch. Rose ist klug, sie erkennt die Zeichen, beruhigte sie mich. Und sie sollte Recht behalten.

Trotzdem schlief ich die Nacht vor dem Abflug keine Sekunde. Die Freundin würde uns abholen, so war es abgemacht. Als am frühen Morgen das Telefon läutete, hatte ich bereits ein schlechtes Gefühl. Eine völlig verschnupfte und jammernde Person meldete sich, zwischen zwei Hustenanfällen stammelte sie, dass es ihr unmöglich sei, den Urlaub mit uns anzutreten. Seltsamerweise war ich erleichtert und gab ihr zu verstehen, dass die Reise damit insgesamt abgesagt sei. Sie solle sich keine Gedanken machen und erst mal wieder gesund werden. Wir würden …

Nein, nein, heulte sie los, das komme überhaupt nicht in Frage. Alle Zeichen deuteten darauf hin, dass ich die Reise mit Rose antreten müsse. Sie habe unter meinem Sternzeichen im Horoskop gelesen, dass mich die nächsten Tage traumhaft schöne Dinge erwarteten. Nie im Leben würde sie es sich verzeihen, wenn ihretwegen diese Reise ausfiele. Sie käme mit, so krank wie sie sei, wenn ich nicht losfliegen würde. Ich sah auf die Uhr, fixierte die Katze (die schon im Korb saß) und bestellte ein Taxi.

Rose war der Star bei der Abfertigung. Wir wurden vorgelassen, lächelnd nahm die Flughafenangestellte unsere Papiere entgegen, und lächelnd gab sie ihr Okay. Im Flugzeug stellte ich den Katzenkorb an meine Seite und glaubte, Rose beruhigen zu müssen. Doch die schaute mit großen, runden Augen an mir vorbei, stellte ihre Ohren auf, als die Turbinen die Luft ansaugten und so der Start vorbereitet wurde. Nur ein Miau war zu hören, als die Maschine, nach der Schubbeschleunigung, über die Rollbahn abhob. Erst als wir uns abschnallen durften, sah ich wieder nach meiner Katze. Sie lag zusammengerollt in ihrer kleinen Behausung, und es schien, als sei das für sie Routine.

Ich dagegen nahm alles wie durch einen Filter wahr. Auch, dass der Platz neben mir von einer jungen Frau eingenommen worden war, die mir erzählte, dass sie ihre Reise schon vor Wochen gebucht hatte.

Der Weg zum Ausgang, nachdem ich mein Reisegepäck vom Band genommen hatte, war ein Kinderspiel. In dieser Region Ägyptens war man auf Touristen eingestellt, und entsprechend einfach wurde es den Reisenden gemacht. Der Transfer zur Unterkunft und die Beförderung des Gepäcks funktionierten ebenfalls problemlos. Tausende helfende Hände nahmen sich meiner kostbaren Fracht an. Mir fiel ein Stein vom Herzen, und ich...

Erscheint lt. Verlag 17.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Anthologien
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • aktuelles Buch • Anthologie • Bücher Neuererscheinung • Ferien • Freizeit • Geschenkbuch • insel taschenbuch 5050 • IT 5050 • IT5050 • Katzen • Neuererscheinung • neues Buch • Reise • Sommer • Tour • Zum Vorlesen
ISBN-10 3-458-78176-5 / 3458781765
ISBN-13 978-3-458-78176-9 / 9783458781769
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