House of Hunger -  Alexis Henderson

House of Hunger (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
368 Seiten
Festa Verlag
978-3-98676-141-7 (ISBN)
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Marion lebt in einem Slum, ohne Hoffnung, dem Elend jemals zu entkommen. Bis sie die seltsame Anzeige in der Zeitung entdeckt:
GESUCHT: Blutmagd von außergewöhnlichem Geschmack. Nicht älter als 19.
Obwohl sie weiß, dass die Adligen im hohen Norden das Blut derer trinken, die in ihren Diensten stehen, bewirbt sich Marion auf die Stelle - und wird angenommen.
Doch das berüchtigte Haus des Hungers der Gräfin Lisavet könnte zu ihrem Grab werden ...

In diesem düsteren und fesselnden Roman der Bestsellerautorin von DAS JAHR DER HEXEN wird eine junge Frau in die oberen Ränge einer Gesellschaft gezogen, in der Blut Macht bedeutet.

S. T. Gibson: »Ein unvergessliches Fest der Dekadenz und Verdorbenheit. HOUSE OF HUNGER festigt Hendersons Platz als eine der großen Gothic-Autorinnen unserer Generation.«



Die Autorin Alexis Henderson hat einen Hang zu Dark Fantasy und Hexerei. Sie wuchs in einer Stadt auf, die für ihre Geistererscheinungen bekannt ist: in Savannah, Georgia. Darin hat ihre Liebe zu Geistergeschichten wohl ihren Ursprung. Wenn Alexis ihre Nase nicht gerade in ein Buch steckt, malt sie oder schaut zusammen mit ihren Katzen Horrorfilme. Alexis lebt heute in Charleston, South Carolina. THE YEAR OF THE WITCHING, ihr erster Roman, wurde ein internationaler Bestseller.

1

Zu bluten heißt zu sein.

Vanessa, Erste Blutmagd im Haus des Hungers

Bevor sie das erste Mal zur Ader gelassen wurde, als sie noch immer den Namen trug, den ihre Eltern ihr gegeben hatten, war Marion Shaw eine Magd in einem Stadthaus im südlichen Prane.

An jenem Morgen – dem Morgen, den sie später als den Beginn ihres zweiten Lebens bestimmen würde – kniete sie auf dem Hartholzboden des Salons, die Ärmel bis zu ihren knochigen Ellbogen aufgerollt, eine Scheuerbürste in der Hand.

Auf der anderen Seite des Raumes saß Lady Gertrude in einem Polstersessel und sah ihr bei der Arbeit zu.

Sie war eine durchtriebene Frau mit blauen Augen, silbergrauem Haar und einer eingedrückten, aristokratischen Nase. Altersflecken und Sommersprossen überzogen ihre Haut. Während andere Adlige es vorzogen, die Hausmädchen ihrer Arbeit zu überlassen, gefiel es Lady Gertrude, über sie zu wachen und ihnen mit Argusaugen zuzusehen, als wollte sie sicherstellen, dass sich ihre Bediensteten jeden Penny, den sie ihnen bezahlte, redlich verdienten.

»Du hast eine Stelle übersehen«, sagte sie höhnisch und packte ihren Gehstock, um auf einen winzigen Fleck auf den Dielen zu deuten.

Marion wischte sich eine dunkle Haarlocke aus ihrem Auge. Sie gab sich Mühe, auf ihren Tonfall zu achten. »Ich werde sorgsamer sein, gnädige Frau.«

»Das solltest du auch. Es gibt hübschere Mädchen als dich, die nicht so träge sind und glücklich wären, deine Stelle einzunehmen«, sagte sie und biss auf ein trockenes Stück Teegebäck. Sie spuckte Krümel, als sie wieder sprach. »Du bist langsam geworden … und faul. Ich kann es in deinen Augen sehen. Das bisschen Licht, das in ihnen gefunkelt hat, ist schon lange erloschen, und nun schleppst du dich auf Händen und Knien durch meine Räume wie ein gewöhnlicher Trunkenbold. Mit deinem zerzausten Haar und der besudelten Schürze …«

»Seien Sie versichert, dass dieser Boden makellos sein wird, sobald ich mit ihm fertig bin«, redete Marion dazwischen. Sie spürte, dass sich der Zorn in ihrer Magengrube wie Säure sammelte. »Sie haben mein Wort.«

Lady Gertrude runzelte die Stirn. Ihre schlaffe Haut legte sich wie ein Stück Stoff in Falten. Marion drängte sich der Gedanke auf, dass sie recht einsam sein musste. Seit Langem verwitwet, ohne eigene Kinder oder Freunde oder nahe Verwandte, pflegte sie, von der Sonntagsmesse einmal abgesehen, keine sozialen Kontakte. Und so folgte sie Marion jeden Tag von einem Zimmer zum nächsten und sah ihr zu, wie sie die Böden schrubbte, das Tafelsilber polierte und sich manchmal, wenn es ihr Gesundheitszustand erlaubte, sogar in die Küche mühte, wo sie blieb, bis ihre schmerzenden Knie sie zurück in die Behaglichkeit ihres Salons zwangen.

Marion polierte den Boden, bis sie ihr Spiegelbild darin sehen konnte. Weit auseinanderstehende Augen starrten sie an. Ihre Nase war fest, die vollen Lippen leicht geöffnet, die Zunge hinter den Zähnen versteckt. Ihre Haut hatte eine tiefe gelbbraune Farbe, ihr Haar war ein Wirrwarr aus Locken. Sie warf sich selbst einen finsteren Blick zu, gerade als die Kirchenglocken zwölfmal läuteten. Mit einem stockenden Seufzen wandte sie sich von ihrem Spiegelbild ab, warf die Scheuerbürste mit einem Klatschen in den Putzeimer und mühte sich langsam auf die Füße.

Gemäß dem neuen Arbeitsrecht wurde allen Arbeitern eine Pause von einer Stunde nach ihrer siebten Arbeitsstunde zugestanden – eine Vorsichtsmaßnahme, nachdem sich nicht weniger als sechs Mädchen nach einer 20-Stunden-Schicht in einer Baumwollspinnerei zu Tode geschuftet hatten. Lady Gertrude war zwar keine besonders gutherzige Frau, doch sie glaubte fest an Recht und Ordnung, auch wenn ihr die Gesetze keinen Vorteil brachten. Und so schickte sie Marion umgehend aus dem Haus, als die Glocken zwölf Uhr schlugen.

Anders als so viele aus ihrem Stand konnte sich Lady Gertrude kein Stadthaus leisten, das weiter als nur einen Steinwurf von den eher … unansehnlichen Ecken Pranes entfernt lag, und Marion brauchte nur ein paar Minuten, bis sie den ersten Zipfel der Slums erreichte. Sofort wurde ihr Schritt beschwingter und ihre Laune besser, wenn auch nur ein bisschen.

Nach und nach wichen die ansehnlichen Backsteinhäuser alten Lagerhallen und Baracken, die in eine Dunstglocke gehüllt waren. Marion drängte sich die überfüllten Straßen hinunter, vorbei an den Schlachthöfen und dem angrenzenden Fleischmarkt. Sie stapfte durch halb gefrorenen Mist und an den Gestellen entlang, an denen die Kadaver von Rindern schwingend an ihren Hufen hingen. Instinktiv zog sie die Schultern gegen die aufziehende Kälte hoch. Der Herbst hatte gerade erst begonnen, doch an diesem Tag war es für die Jahreszeit ungewöhnlich frisch und die Straßen waren schon von einer dicken Schicht aus Schnee und Matsch überzogen.

Die Menschenmassen verteilten sich über den Viehmarkt und liefen an den Pferchen vorbei, in denen sich die Rinder drängten und zitterten – vor Kälte oder aus Angst vor dem Gang in den Schlachthof, oder beidem. Marion richtete ihren Blick auf ihre Stiefel, als sie an ihnen vorüberging. Schon seit fast zehn Jahren lief sie täglich über den Viehmarkt, und noch immer konnte sie sich nicht dazu überwinden, den Tieren in die Augen zu schauen.

Marion lief weiter. Der wallende Dunst hing tief und war so dicht, dass die Sonne kaum einen Weg hindurch fand. Die Straßen waren überfüllt, so wie immer um die Mittagszeit. Menschenmengen versammelten sich um die Verkaufsstände, und wenn Marion etwas Geld für ein Stück gebratenen Aal oder einen Hering übrig gehabt hätte, hätte sie sich vielleicht unter sie gemischt. Doch das hatte sie nicht, und so ging sie weiter und bahnte sich ihren Weg durch die Massen und über die vereisten Straßen, während ihr der Schneematsch in die Stiefel sickerte.

Ein eisiger Wind zog sich durch die Gassen und zerrte an ihrem Mantel, als sie sich ihrem liebsten Sitzplatz näherte – die Stufen vor der düsteren Hintertür eines verlassenen Lagerhauses am Rande von Prane, von der aus man auf die Straßenrinne und die lange Narbe der nördlichen Eisenbahngleise dahinter blicken konnte.

Es fing an zu regnen, und Marion zog sich in den Schatten des Vordachs zurück und fischte eine Streichholzschachtel und ihre letzte Zigarette aus der hinteren Tasche ihres Mantels. Sie zündete sie an und nahm einen Zug, dann legte sie ihre Hand um die Glut, um sie vor dem Wind zu schützen. Zwischen den Zügen schnaufte und schlotterte sie und blies sich den Rauch durch die Finger, um sie zu wärmen.

Die Zigaretten bewirkten wahre Wunder, um ihren quälenden Hunger zu besänftigen, und mit einem halben Penny für die Packung waren sie außerdem viel billiger als das, was die Lebensmittelstände an der Straße im Angebot hatten, die, so fand Marion, alle überteuert waren.

»Wenn das nicht die Perle von Prane ist.«

Marion drehte sich um und sah Agnes, die durch das Gedränge in ihre Richtung stapfte. Sie hob ihre Hand, und Marion erwiderte ihren Gruß mit zwei erhobenen Mittelfingern. Agnes war ein hageres, verbittertes Streichholz von einem Mädchen mit blassbraunen Augen und schütterem Haar, das in einem Zopf wie ein Rattenschwanz an ihrem Rücken hinunterhing. Genau wie Marion hatte Agnes ihre frühen Kindheitsjahre als Taschendiebin an geschäftigen Straßenecken verbracht. Eigentlich hatten sie sich so kennengelernt und schnell begriffen, dass Diebstahl ein Gewerbe war, dem sich leichter zu zweit nachgehen ließ. Agnes sorgte für die Ablenkung, indem sie ihre Zielpersonen vollquatschte und sie beschäftigte, während Marion sich von hinten heranschlich, um sich einen Geldbeutel oder ein seidenes Taschentuch aus dem Mantel eines vornehmen Herrn zu schnappen. Aber als sie zehn waren und die rechtlichen Konsequenzen für Diebstahl zu saftig wurden, hatte Agnes eine ehrliche Arbeit am Fließband gefunden, wo sie Streichhölzer anfertigte und von früh bis spät kleine Holzstäbchen in Schwefel tauchte. Kurz darauf hatte sich Marion die Stelle als Küchenmädchen bei Lady Gertrude gesichert.

Trotz ihrer neuen Beschäftigungen legten die beiden Mädchen großen Wert darauf, sich am Mittag an der Straßenecke zu treffen, wo sie sich zuerst begegnet waren. Doch Marion und Agnes waren keine Freundinnen, denn Marion hatte keine Freunde. So, wie sie es sah, waren Freunde Luxus, der Leuten vorbehalten war, die Zeit miteinander verbringen konnten, so wie die Mädchen, die mit ihren Sonnenschirmen und weißen Handschuhen über die Main Street schlenderten und sich am Nachmittag in ihre Salons zurückzogen, um etwas Tee zu trinken und zu plauschen. Nein. Mädchen wie Marion und Agnes hatten weder die Zeit noch eine Verwendung für Freunde. Sie waren nichts weiter als feste Bestandteile im Leben der anderen, ein Stück von Prane, genau wie der üble Geruch und die Krähen und die Ratten, die nachts in Rudeln durch die Straßen zogen.

Marion reichte Agnes den Rest ihrer Zigarette und schob beide Hände in ihre Rocktaschen, um sie wenigstens ein bisschen warm zu halten. Sie hatte noch fünf Stunden Arbeit vor sich, und es war schwer, den Boden mit steif gefrorenen Fingern zu schrubben.

Agnes zog schweigend an ihrer Zigarette. Der Rauch waberte durch die Lücken ihrer fehlenden Zähne. Die Zeit, die sie damit zubrachte, am Fließband zu schuften und die giftigen Phosphordämpfe einzuatmen, tagein, tagaus, bis der chemische Gestank sie wie eine zweite Seele erfüllte, ließ sie abgezehrt aussehen. Das war etwas, das Marions Mutter immer gesagt hatte. Dass die Menschen in Prane zwei Seelen hatten – eine, die...

Erscheint lt. Verlag 30.5.2024
Übersetzer Heiner Eden
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-98676-141-1 / 3986761411
ISBN-13 978-3-98676-141-7 / 9783986761417
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