Jerry Cotton Sonder-Edition 236 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6720-0 (ISBN)
Scheich Khalef in New York! Die Fifth Avenue stand kopf. Pausenlos zog die große Begleitung des Ölmilliardärs durch Luxusgeschäfte und Nightclubs. Aber überall lauerten Feinde des Herrschers aus Nahost. Sie entführten schließlich einen Prinzen und mehrere Lieblingsfrauen. Phil und ich setzten unser Leben ein, um sie vor einem schrecklichen Schicksal zu bewahren. Denn Haremsdamen killt man nicht ...
1
Im Nightclub Samum in der Nähe des UN-Headquarters verkehrten hauptsächlich Leute, für die eine Zeche erst ab tausend Dollar aufwärts beginnt. Arabische UN-Diplomaten verstreuten hier ihre Petro-Dollars. An guten Abenden steckten sie den Stripperinnen bündelweise Banknoten in den Ausschnitt, und die Portiers kriegten auch ihren Teil ab.
Ich hatte mich in einen Leihfrack gezwängt. Der 38er drückte unter der Achsel. Gerade brachte die Bauchtänzerin Sheila Gordon, die als Attraktion angekündigt war, ihren Auftritt. Die Musik hatte sich zu einem Stakkato gesteigert.
Sheila schüttelte und wackelte mit allem, was sie hatte, und das war eine Menge. Die letzten Hüllen fielen.
Nicht mal das sprichwörtliche Feigenblatt blieb. Die Gäste gerieten in Raserei. Sie klatschten und trampelten wie toll. Ein Übergewichtiger im Burnus, der ganz vorne an der Bühne auf seinem Sitzkissen saß, zitterte heftig und war so rot angelaufen wie ein gesottener Krebs. Seine wild rotierenden Sexualhormone mussten ihn hart an den Rand eines Schlaganfalls versetzt haben.
Sheila beugte sich mit provozierendem Lächeln noch weiter vor und dann zurück. Ich schluckte heftig. Nach der Vorstellung wollte ich den Tanz- und Stripstar in ihrer Garderobe sprechen. Dienstlich. Sheila hatte sich ans FBI gewandt und behauptet, eine staatswichtige Angelegenheit in petto zu haben.
Sie war schwarzhaarig, vollbusig und glutäugig, eine wahre Wuchtbrumme. Das Spotlight heftete sich auf ihren Körper. Langsam erlosch das Licht.
Da, im letzten hellen Schimmer, sah ich, wie ein kleiner Gegenstand Sheila seitlich am Hals traf. Sie zuckte heftig zusammen. Ihre Augen verdrehten sich. Das Licht erlosch vollends. Das aufgeputschte Publikum hatte in der Bombenstimmung nichts bemerkt.
Aber ich fürchtete um das Leben des Showstars. Ich musste schleunigst zu Sheila, flankte von der Galerie, auf der ich gesessen hatte, und rannte den Mittelgang entlang, vorbei an den reichen Klubgästen und den Girls an den Tischen. Was sich da im Dunkeln alles abspielte, konnte man höchstens ahnen.
Der Bühnenvorhang war gefallen. Im schwachen Lichtschimmer von der Seite stellte sich mir ein stämmiger Mann im Smoking in den Weg. Es handelte sich um einen Ordner.
»Anfassen gilt nicht, Mister!«, sagte er rau.
Er hielt mich für einen Gast, der die Kontrolle über sich verloren hatte und zu dem Star des Abends auf die Bühne eilen wollte.
»FBI«, erklärte ich.
Er hörte nicht oder wollte nicht hören. Statt lange mit ihm zu debattieren, stieß ich ihn hart zurück, dass er niederstürzte, und eilte auf die Bühne. Undeutlich sah ich Sheila am Boden kauern. Sie stöhnte.
»Licht!«, rief ich. »Schnell!«
Als nichts geschah, entfachte ich mein Gasfeuerzeug an. In seinem Schein schaute ich in die Augen einer sterbenden Frau, die voller Angst und Qual waren. Sheila hielt eine Hand auf ihren Hals gepresst.
»Hilfe!«, stöhnte sie. »Bitte, helfen Sie mir!«
Ich zog ihre Hand mit Gewalt vom Hals weg. Ein winziger Pfeil steckte neben ihrer Halsschlagader. Es war kaum zu glauben, dass er Sheilas Tod verursachte, und doch war sie nicht mehr zu retten. Denn der Pfeil war mit Curare vergiftet, dem Pfeilgift der Amazonasindianer. Ich merkte es an der Art, wie sich Sheilas Pupillen verkleinerten, wie ihre Muskeln erschlafften und sie schwer nach Luft rang.
Denn Curare ist ein Nervengift, das die Muskeln lähmt und durch Atemlähmung tötet. Ein Ritz in der Haut genügt, um selbst einen Jaguar zu erledigen.
Endlich flammte das Licht auf. Sheila lag, bis auf ein paar Glasperlen und Schmuck, nackt auf der Bühne.
Aber jetzt war sie kein Sexsymbol mehr, sondern ein Mensch, der mit dem Tod rang und diesen Kampf nicht mehr gewinnen konnte. Ich rief nach einem Arzt. Der Tumult draußen hatte nachgelassen und verstummte völlig.
Man merkte, dass etwas Außergewöhnliches im Gange war. Erst erschienen drei Männer vom Klubpersonal und mit ihnen Sam Feisal, der Besitzer, ein Omar-Sharif-Typ mit makellosem Anzug.
»Was haben Sie Sheila angetan?«, herrschte er mich an.
»Ich bin G-man.« Ich kannte Feisal, der ursprünglich mit Vornamen Sami geheißen hatte, vom Hörensagen. »Auf Miss Gordon ist ein Mordanschlag verübt worden. Sie muss schleunigst unter die eiserne Lunge.«
Sheila zupfte mich schwach am Ärmel. Während Feisal und seine Angestellten aufgeregt durcheinanderredeten, wollte Sheila mir noch etwas sagen. Ich beugte mich zu ihr nieder. Zunächst verstand ich nicht, was sie wollte.
Dann hörte ich ganz klar: «.... Mordanschlag auf Scheich Khalef ...«
Ein Zittern durchlief Sheilas Körper. Sie verlor die Besinnung. Ich begann sofort mit Mund-zu-Mund-Beatmung, bis ein dicklicher kleiner Mann erschien. Er stellte sich als Arzt vor. Ich zeigte ihm den winzigen Pfeil, den ich längst aus der Wunde gezogen hatte, und nannte das Wort Curare.
Die Brauen des Arztes rutschten nach oben. »Hier in New York City?«
»Ganz offensichtlich.«
Ich überließ es dem Doc, sich um Sheila zu kümmern, und konnte mich an die Verfolgung des Killers machen.
Das tödliche Geschoss war aus der Tür rechts von der Bühne gezischt. Dort ging es zu den Garderoben und der Schaltkabine des Ton- und Beleuchtungsmeisters, wie mir einer der Rausschmeißer erklärte.
Ich befahl Feisal, der inzwischen seinen Schock überwunden hatte, sämtliche Ausgänge zu sperren. Der Notruf an die City Police und die Ambulanz war schon ergangen. Ich eilte hinaus, gerade als Sheila Gordon ihren letzten seufzenden Atemzug tat. Danach versagten ihre Lungen den Dienst.
Ein Bodyguard Feisals breitete sein Jackett über Sheilas Blößen. Hinter mir hörte ich den temperamentvollen Nightclubbesitzer Befehle schreien. Er rief auf zur Jagd nach dem Killer. Es wurde auch Zeit, dass er schaltete.
Sheilas Kolleginnen und ein Akrobat im hautengen Trikot standen im Gang. Betreten schauten sie mich an.
»Habt ihr jemand gesehen?«, fragte ich. »Wer hielt sich bei dieser Tür auf?«
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete der Akrobat. »Die ganze Zeit war das Licht aus.«
Das verriet mir genug. Der Killer musste sich entweder selbst Zutritt zur Schaltkabine verschafft oder einen Komplizen dort gehabt haben. Wenn ein Fremder den tödlichen Curarepfeil abgeschossen hatte, was ich annahm, brauchte er einen schnellen Fluchtweg.
»Wo ist der Hinterausgang? Gibt es noch weitere Ausgänge?« Ich zeigte die FBI-Marke.
»Da lang, G-man, dort ist der Hinterausgang. Dann gibt's noch den Lieferanteneingang auf der rechten Gebäudeseite. Was ist denn mit Sheila?«
»Sie ist tot«, antwortete ich knapp und drängte mich zwischen den spärlich bekleideten Tänzerinnen hindurch.
Ein schlauchartiger Gang führte zum Hinterausgang. Ich gelangte in einen schmutzigen Hinterhof, in den wenig Licht fiel. Der Unterschied zwischen hier und dem luxuriösen, orientalisch aufgemachten Nightclub war beträchtlich.
Ein Ausgang führte zur East 46th Street. Ich versetzte mich in die Lage des Killers. Schon hörte man Sirenengeheul von Polizei und Ambulanz, die heranjagten. Der Fluchtweg über die 46th Street war der schnellste und einfachste für den Killer. Genau deswegen hatte er sicher einen anderen genommen, denn dort würde man ihn sofort zu fassen versuchen.
Ich wandte mich zu der Mauer, die den Hof hinten abschloss. Ein Geräusch war zu hören. Undeutlich gewahrte ich einen Menschen über der Brüstung der neun Fuß hohen Mauer. Ein metallisches Schnappen und eine rasche Bewegung folgten.
Ich warf mich zu Boden, ohne nachzudenken, und machte eine Rolle zur Seite. Das rettete mir das Leben. Eine Maschinenpistole ratterte oben von der Mauer los und spuckte Mündungsfeuer. Die Geschosse hagelten durch den Hof.
Ein Bodyguard vom Nightclub, der gerade aus der Hintertür getreten war, schrie auf und brach verwundet zusammen. Ich rollte durch den Dreck und schoss mit dem 38er, den ich nicht losgelassen hatte, schräg nach oben. Ein Aufschrei ertönte. Doch es hörte sich mehr nach einem Schreckensruf als nach einem Schmerzensschrei an.
Meine Kugel musste dem MP-Killer haarscharf am Kopf vorbeigezischt sein. Er verschwand von der Mauer. Auf der anderen Seite hörte ich die hastigen Schritte von zwei flüchtenden Personen.
Ich stand auf und nahm Anlauf. Jetzt galt es, fix zu sein. Die Gangster hatten eine MP. Wenn ich Pech hatte, würden sie mich damit durchlöchern.
Als ich an der Mauer hochschnellte, fegte ein Patrol Car zur Einfahrt herein.
Meine Hände krallten sich in die obere Mauerkante. Ich schlug hart gegen den Beton. Der Leihfrack, den ich mir zur Tarnung im Nightclub Samum hatte anziehen müssen, platzte aus den Nähten.
Ich zog mich an der Mauer hoch, lugte hinüber, sah zwei Männer durch einen Torbogen auf die East 45th Street rennen und rollte mich über die Mauerkrone. Auf der anderen Seite war ein flacher Schuppen. Ich sprang auf den Boden hinunter, zog wieder den 38er und spurtete hinter den Gangstern her.
Sie stiegen gerade in einen goldfarbenen Cadillac mit...
Erscheint lt. Verlag | 25.5.2024 |
---|---|
Reihe/Serie | Jerry Cotton Sonder-Edition |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Action Abenteuer • action romane • action thriller • action thriller deutsch • alfred-bekker • Bastei • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • erste fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Heft • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Krimi deutsch • krimi ebook • Krimi kindle • Kriminalfälle • Kriminalgeschichte • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Kriminalromane • kriminalromane 2018 • kriminalromane deutsch • Krimi Reihe • Krimireihen • krimi romane • Krimis • krimis&thriller • krimis und thriller kindle • Krimi Urlaub • letzte fälle • martin-barkawitz • Polizeiroman • Romanheft • Roman-Heft • schwerste fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • spannende Thriller • Spannungsroman • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • Wegner |
ISBN-10 | 3-7517-6720-7 / 3751767207 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6720-0 / 9783751767200 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 924 KB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich