Die APPwendung -  Franklyn Foxx

Die APPwendung (eBook)

eBook Download: EPUB
2024 | 4. Auflage
448 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-1711-2 (ISBN)
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Wir schreiben das Jahr 2028 - die Menschen wollen sich nicht mehr vorschreiben lassen, was sie glauben sollen. Kirchenaustritte und Missbrauchsskandale zwingen den Vatikan dazu, eine Kirchenreform in Deutschland zu initiieren. Ein erzkatholischer Bischof, eine desillusionierte Ordensfrau und ein machthungriger Generalvikar nutzen die Reform, um noch mehr Macht zu erlangen und Reichtümer anzuhäufen. In diesen Zeiten des Wandels geht eine junge Berliner Studentin einen anderen Weg. Sie erfindet eine Glaubens-App, gründet ein Start-up-Unternehmen und ermöglicht es Menschen ihren individuellen Glauben zu finden und zu gestalten. Der Vatikan setzt im Wettbewerb um Gläubige stoisch auf seine Reformbemühungen, die Erzkonservativen auf den Hinzugewinn von Macht und das Start-up auf die virale Verbreitung seiner Apps.

Autor

Im Flow


Sitz der Seelsorgeeinheit Mitteldeutschland im August 2029

Als Robert Friedrich an der Klosterpforte klingelte, standen Giselberta und ihre Hebamme, Klara Stelter, an Johanns Bett und redeten über seine bevorstehende Untersuchung bei der Kinderärztin. Giselberta hatte die erfahrene Hebamme vor Jahren auf einer Pilgerreise ihrer Kirchengemeinde kennengelernt. Sie lebte nach der Trennung von ihrem Mann allein und hatte zwei erwachsene Töchter. Als examinierte Krankenschwester und Hebamme bereitete sie sich mittlerweile auf die letzten Jahre ihres Erwerbslebens vor. Spiritualität und das Leben im Kloster faszinierten Klara. Es waren Bereiche, die ihr vor dem ersten Treffen mit Giselberta geheimnisvoll und so weit weg vom realen Leben erschienen waren. Mittlerweile faszinierte sie diese weitestgehend unbekannte Welt. In Gesprächen mit Giselberta gelangte sie an Wissen, das ihren persönlichen Horizont erweiterte und sie zu innerem Frieden führte. Beides spürte Klara ganz deutlich. Johann entwickelte sich prächtig und Giselberta ging ganz in ihrer Mutterrolle auf – das spiegelte ihr zumindest Klara nach ihren ersten Besuchen. Giselberta war sich sicher, dass der kleine Johann bei ihr das bekommen würde, was ihm bei den meisten Pflegefamilien oder in Kinderheimen verwehrt bleiben würde, die Liebe und Nähe einer fürsorglichen Mutter. Ihr Handy klingelte. Die Novizin am Empfang meldete ihr die Ankunft Robert Friedrichs. Dieser Anruf kam Giselberta eher ungelegen, aber sie wusste, dass der Aufenthalt dieses Gastes ihre Aufmerksamkeit und persönliche Begleitung erforderte.

„Gehen Sie ruhig, Schwester Giselberta, ich bin ja bei Johann und einen weiteren Termin habe ich heute nicht mehr.“ Klara schenkte Giselberta ein Lächeln, die wusste, dass es von Herzen kam.

„Na dann, bis gleich und danke, Klara.“

Am Empfang sah sie ihren Gast in Schwarz mit Sonnenbrille und Mundschutz.

„Herzlich willkommen, Herr Friedrich. Hatten Sie eine angenehme Anreise?“, fragte sie und nahm sich den Zimmerschlüssel aus der Rezeption.

„Ja, danke, Schwester Oberin, ich freue mich, Sie zu sehen.“

„Melden Sie sich bitte, wenn Sie etwas brauchen. Die Marmeladen aus unserem Klostergarten in Ihrem Zimmer nehmen Sie sich bitte am Abreisetag mit.“

„Vielen Dank dafür und warten Sie bitte wie gewohnt nicht mit dem Abendessen auf mich. Ihr Bischof und Ihr Generalvikar haben mich heute Abend zum Essen eingeladen.“

Mit „Wir sehen uns dann zum Frühstück“ verabschiedete er sich und nahm den Umweg durchs Treppenhaus zum Zimmer. Giselberta sah ihm nach und dachte kurz daran, wie und unter welchen Zugeständnissen und Absprachen dieser Mann wohl mit ihren Nachbarn im Generalvikariat zusammenarbeitete. Ihr kam ein Zitat des verstorbenen amerikanischen Schriftstellers und Journalisten Norman Mailer in den Sinn: „Im Leben kommt es darauf an, Hammer oder Amboss zu sein – aber niemals das Material dazwischen.“

Ihre Gedanken schweiften ab. Sie fragte sich, wie die Rollen auf dem Domhof und im Kloster verteilt waren. Als Klara mit Johann im Kinderwagen aus dem Fahrstuhl kam, verwarf sie ihre Gedanken. Solang es ihr und Johann dienlich war, würde der Herr Erbarmen mit ihnen haben. Giselberta war sich da sicher, murmelte „Herr, vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ und lächelte Klara an.

Weitere dreißig Minuten später öffnete Edmund Robert die Tür zum Büro des Bischofs.

„Herzlich willkommen, Herr Friedrich. Wir haben uns gefragt, mit welchem Wagen Sie heute zu uns kommen. Und gesehen haben wir eine schwarze Oberklassen-Limousine. Glückwunsch zur Beförderung“, bemerkte ein gut gelaunter Bischof im Ledersessel links vor seinem Wandteppich sitzend. „Nehmen Sie doch bitte Platz“.

„Danke für den freundlichen Empfang, Bischof Reimund. Ich bin froh, heute bei Ihnen und Generalvikar Edmund zu sein. Und ja, Palontex Enterprises ist wohl ebenso zufrieden mit meiner Arbeit wie der Vatikan mit Ihrem Engagement.“

Robert legte seinen Aktenkoffer auf das Ledersofa.

„Ach, Herr Friedrich, auch wir sind froh über die Zusammenarbeit mit Ihnen. Selbst wenn es zu Beginn etwas holprig war, haben Sie sich gesteigert und entsprechen unseren Erwartungen vollends. Nehmen Sie sich bitte Kaffee und Gebäck und dann lassen Sie uns gleich zur Sache kommen. Wir sind gespannt darauf, mit welchen Unterstützungsleistungen und unter welchen Bedingungen wir zukünftig hier das Wort Gottes verkünden dürfen.“ Nach diesen Worten sah Edmund ihren Gast durchdringend an.

Nachdem Robert den Nummerncode eingestellt hatte, klackten die Verschlüsse an seinem Aktenkoffer. Was er Reimund und Edmund in der Folge aus dem Vatikan präsentierte, hellte die Gesichter und Gemüter seiner Kunden deutlich auf. Edmund hatte mit positiven Ergebnissen gerechnet, hatten sich doch er und Reimund in den letzten Monaten mit Raffinesse und kaltblütiger Präzision für die kirchliche Champions League qualifizieren können. Der Palontex-Teamleiter lehnte sich in die Sofapolster und erläuterte seinen Kunden, was Papst Clemens und die römische Kurie von ihnen erwarteten und was sie ihnen dafür zugestanden.

Mit der Zusammenlegung von Bistümern und Diözesen zu einer Seelsorgeeinheit wurden gleichzeitig sämtliche Weisungsbefugnisse gebündelt und in die Hände von Reimund und Edmund gelegt. Sämtliche Investitionen der einzelnen Bistümer ab einem sechsstelligen Betrag liefen somit über ihre Schreibtische. Ihnen wurde ein Vetorecht eingeräumt. Die Kollegen der übrigen Bistümer wurden zwar nicht per se entmachtet, die päpstlichen Dekrete schränkten ihre Spielräume jedoch erheblich ein. So wurden beispielsweise Rückstellungen für Investitionen sowie die Gehälter und Pensionen des kirchlichen Personals bei einer Obergrenze gedeckelt, was die freie Verwendung von Vermögenswerten und Rücklagen oberhalb dieser Deckelung in den umliegenden Bistümern unter Reimunds und Edmunds Aufsicht stellte. Dieser Umstand sollte den beiden jährlich den Zugriff auf dreistellige Millionenbeträge für den Ausbau der Seelsorgeeinheit und Servicecenter ermöglichen. Ihnen blieb aus diesen Mitteln ein zweistelliger Millionenbetrag für strategische Sondermaßnahmen, über den kein Nachweis geführt werden musste. Sämtliche Zusagen des Vatikans waren auf drei Jahre befristet. Ein weiteres Sahnehäubchen der Finanzreform war für Reimund und Edmund die Möglichkeit zur Veräußerung von unrentablen Liegenschaften und Kirchengrundstücken samt vermieteter Immobilien.

Die Bistümer wurden durch dieses Dekret zwar nicht enteignet, doch unrentable Grundstücke und Immobilien sollten per Gutachten der Palontex Immo Select Limited bewertet und vermarket werden. Laut Palontex-Berechnungen würde so allein bis Ende 2029 ein weiterer hoher, zweistelliger Millionenbetrag in Reimunds Seelsorgeeinheit und Edmunds Kassen fließen. Diese Gestaltungsreserve war zur freien Verfügung vorgesehen und konnte für Beihilfen, Einzelfallhilfen, kirchlich-soziale Projekte und die operative Geschäftstätigkeit der Bistümer eingesetzt werden. Nur Reimund und Edmund konnten diese Mittel freigeben und reglementieren, denn bei ihnen lag die letzte Entscheidung. Reimund wurde als Gremienmitglied in zahlreiche kirchliche Verbände, Institutionen und Banken sowie als Vorsitzender der AG kirchlicher Stiftungsaufsichten berufen.

Die Firma Palontex stellte den Verantwortlichen der Seelsorgebereiche ein Sicherheitspaket zur Verfügung, das vom Personenschutz über den Objektschutz bis hin zur IT-Sicherheit mittels eines Cyber Defense Shields mit dahinterstehenden Einsatzteams reichte. Diese Leistungen wurden vom Vatikan finanziert. Es sollte sich später noch herausstellen, dass das Abwehrschild im Internet mit fünfköpfigem Einsatzteam nicht so defensiv war, wie es der Name suggerierte. Es bestand aus fünf Hackern, die im Auftrag von Palontex das Netz durchstreiften, um gezielte Aktionen für ihre Kunden durchführen oder potenzielle Angreifer auszuschalten.

„Willkommen im Jahr 2029. Damit können wir doch arbeiten, oder?“, bemerkte Edmund und schaute Reimund erwartungsvoll an.

„Der Boden ist bereitet, nun ernten wir, was wir zur Aussaat gebracht haben, und mit Ihrer Unterstützung, Robert, werden wir alle profitieren“, antwortete Reimund.

Robert nickte zustimmend. „Ich erwarte Ihre nächsten Aufträge und werde in den kommenden Monaten noch öfter bei Ihnen sein.“

„Das freut uns. Edmund wird Ihnen Notizen wie diese aushändigen, die Sie zukünftig bitte jeweils nach Erhalt vernichten werden“, sagte Reimund und nickte Edmund zu. Der holte einen Umschlag aus der Innentasche seines Sakkos hervor. „Hier erhalten Sie Informationen zu Personen, die wir bislang noch nicht von unserer Agenda überzeugen konnten. Eine Person scheint einen separaten Kommunikationsweg zu einem der Kardinäle im Vatikan gefunden zu haben. Diese Verbindung sollte kurzfristig unterbrochen werden. Der andere Kirchenmann benötigt ebenfalls Ihre Unterstützung, Herr Friedrich. Er soll die Erkenntnis gewinnen, dass er sich nicht mehr mit uns im Wettbewerb befindet. Nehmen Sie sich Zeit für ihn, damit die neuen Realitäten akzeptieren kann. Ihrem Einfallsreichtum möchten wir diesbezüglich keine Grenzen setzen. Wir freuen uns, wenn Sie diese Aufgaben schnell, diskret und ohne Spuren zu hinterlassen für uns erledigen. Darüber hinaus sind Schmierereien an Hauswänden kirchlicher Einrichtungen aufgetaucht, denen wir nachgehen müssen. Drei Bilder dazu finden Sie in diesem Umschlag. Die Polizei ordnet diese Graffitis einem stadtbekannten Sprayer zu, kann sie ihm aber nicht nachweisen. Vielleicht können Sie ihn zu einem...

Erscheint lt. Verlag 20.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7598-1711-4 / 3759817114
ISBN-13 978-3-7598-1711-2 / 9783759817112
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