Verstörende Ermittlungen -  Karl Richard Lindscheid

Verstörende Ermittlungen (eBook)

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2024 | 1. Auflage
138 Seiten
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978-3-7597-1691-0 (ISBN)
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Hamburg um 1400 - Roberecht Erik Tarnus betreibt auf dem Kattrepel einen Laden mit gebrauchten Textilien. Der Kattrepel, die heutige Reeperbahn ist mit seinen Hurenhäusern und obskuren Schänken mit zwielichtigen Wirten ein verrufener Ort. Zunehmend bekommt Tarnus auch Aufträge, die er als "Späherdienste" bezeichnet: Nachforschungen über verschwundene Familienmitglieder, nicht aufgeklärte Dieb-stähle, Buhlschaften untreuer Eheleute und vieles mehr. Tarnus zur Seite steht Hiltrud, die ihn mit Rat und Tat unterstützt und auch selbst in die Ermittlungen eingreift wie in diesem Fall: Ein verängstigtes Mädchen, ihr Tantchen in "lethargischem Schlaf", geheimnisvolle Nonnen und ein prügelnder Eheherr - Hiltrud und Tarnus ermitteln. Ihr ganzer Scharfsinn ist gefragt, aber auch Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen. Der dritte Roman mit Roberecht Erik Tarnus, spannend und verstörend zugleich.

Karl Richard Lindscheid ist promovierter Mediziner und hat lange in Klinik und Praxis ärztlich gearbeitet. Seit vielen Jahren ist er als freier Schriftsteller und Journalist tätig. Zwischen 2010 und 2020 erschienen fünf Romane und vier Erzählsammlungen sowie eine Arbeit über den Schriftsteller Eduard von Keyserling. In seinem 2021 erschienenen Roman "Die Gelbe Drohne" taucht er mit dem Protagonisten Roberecht Erik Tarnus kriminalistisch in das Milieu der Hansestadt Hamburg um das Jahr 1400 ein. 2022 folgte mit "Erbschaftsangelegenheiten" der zweite Band zu diesem Thema. Der jetzt vorliegende Roman "Verstörende Ermittlungen" knüpft daran an.

I


„Gut geschlafen?“, fragte Tarnus und legte seinen Arm um Hiltrud.

„Viel zu lange“, antwortete Hiltrud und öffnete die Augen.

„Eigentlich bin ich schon länger wach, aber ich habe noch gedöst.“

„Ist dir beim Dösen etwas eingefallen?“, wollte Tarnus wissen.

„Ach, Erik, mir ist viel durch den Kopf gegangen, doch dann hast du gemaunzt, dich von rechts nach links geworfen und dann wieder von links nach rechts.“

„Du hättest mich wecken können“, meinte Tarnus.

„Manchmal ist es besser, man arbeitet etwas im Schlaf ab und dann ist es erledigt. Sag mal, hängt das noch mit dieser alten Geschichte zusammen? Du weißt, dieser Überfall damals.“

„Nein“, Tarnus schüttelte den Kopf, „wenn ich mich recht erinnern kann, dann ging es um meinen Laden hier auf dem Kattrepel und meine Späherdienste. Und dann kam noch Gilgs Gutshof nahe Elmshorn dazu, auf dem du doch so gerne bist.

Irgendwie habe ich das alles nicht unter einen Hut bekommen.“ Hiltrud lachte. „Wenn dir das schlechte Träume bereitet – vieles ergibt sich doch einfach.“ Sie streichelte zärtlich Tarnus‘ Gesicht. „Du warst vor etwa zehn Tagen bei Hannes dem Bader zur Rasur.“

„Woher weißt du das?“

„Nach zehn Tagen wird dein Bart piekig und nach weiteren drei oder vier Tagen wieder weicher.“

„Soll ich zu Hannes gehen?“

„Nein, Erik. Ich habe das nur gesagt als Zeichen, wie gut wir uns kennen und dass der eine sich auf den anderen stützen kann.“

„Das hast du schön gesagt.“ Tarnus küsste Hiltrud. „Sieh es mal so: Ich möchte so viel Zeit wie möglich mit dir verbringen, und da frage ich mich eben ab und zu, ob es richtig ist, meinen Laden für gebrauchte Sachen hier auf dem Kattrepel weiter zu betreiben. Und dann wäre da noch meine Spähertätigkeit …“

„Die in der letzten Zeit sehr einträglich war“, unterbrach Hiltrud. „Weißt du was, Roberecht Erik Tarnus? Wir ziehen uns jetzt an und dann gehe ich in die Küche, um den Frühstücksbrei zu bereiten.“

„Haferbrei mit Emmer und Einkorn?“, wollte Tarnus wissen.

„Mit Emmer und Einkorn“, bestätigte Hiltrud.

„Dazu noch Honig aus dem Alten Land? Schlaraffenland“, brummte Tarnus, „nicht nur am Morgen.“

„Werde nicht anzüglich.“ Hiltrud schlug Tarnus gespielt auf den Kopf. „Gehe lieber in deinen Laden und sieh dir mal die Regale an. Dann sprechen wir uns wieder.“

„Hiltrud, was ist das denn?“ Tarnus kam in die Küche zurück. „Ich erkenne meinen Laden gar nicht mehr wieder. Alles aufgeräumt und vor allem – da ist ja fast keine Ware mehr drin. Der ganze Krempel von Ausschussware ist weg.“

„Da sind jetzt nur noch Sachen drin, die wir beide gebrauchen können. Zwei Hüte für den feinen Pinkel Roberecht Erik Tarnus, wenn er einen Gang zur Reichenstraße macht, dazu noch die entsprechenden Umhänge. Weiter eine Auswahl von Gugeln, wenn der Schauermann Erik ein Schankhaus betreten will, und so weiter. Und da gibt es noch Ähnliches für die feine Magd Hiltrud, die auch in der Reichenstraße arbeiten könnte, etwas zum Anziehen für die Arbeitsmagd Hiltrud aus etwas geringer gestelltem Hause und da wäre noch etwas, was man vielleicht einmal brauchen könnte, sozusagen im Notfall. Hast du es gesehen?“

„Du meinst das Gewand einer Nonne? Das habe ich gesehen und mich gewundert. Aber dann dachte ich mir, du würdest es mir erklären.“

„Nun iss schon mal.“ Hiltrud wies auf zwei Schälchen auf dem Küchentisch. „Honig habe ich schon hineingegeben.“

Tarnus griff zum Löffel.

„Ich wollte dieses Nonnengewand nicht einfach wegtun“, sagte Hiltrud. „Einerseits habe ich zu viel Respekt vor diesen Ordensfrauen, die der Welt entsagen, ihr Leben Gott weihen und ihren Dienst tun. Auf der anderen Seite – wer weiß, vielleicht kann man diese Kleidung ja einmal brauchen. Eigentlich liebe ich Maskeraden nicht, aber in dem Beruf eines Spähers muss man manchmal listig sein.“

„Späherin“, ergänzte Tarnus, „Späherin Hiltrud.“ Dann wiegte er den Kopf. „Hiltrud, ich habe ja keine Ahnung gehabt, was du hier bewegt hast.“

„Manches erledigt sich eben von selbst“, meinte Hiltrud. „Denk nicht so viel nach, grüble nicht so viel. Lass uns erst einmal frühstücken und dann will ich dir noch etwas zeigen.“

„Was?“, wollte Tarnus wissen.

„Erst das Frühstück.“

„Nun gut.“ Tarnus nahm einen weiteren Löffel aus seinem Schälchen.

„Lecker“, Tarnus legte seinen Löffel neben das geleerte Schälchen.

„Eigentlich weiß ich gar nicht mehr, ob ich dir das sagen sollte. Es ist mir fast peinlich.“

„Nun sag schon.“

„Du hattest ja überlegt, den Räucherofen für die Kleidungsstücke abzuschaffen. Aber ich dachte daran, wenn mal ein schönes Stück hereinkäme für einen von uns beiden, dann könnte es ja sein, dass er weiter benötigt würde. Und als ich in diesen Überlegungen steckte, da kam das herein.“ Hiltrud stand auf und kam wenig später aus dem Laden zurück. „Das hier.“ Sie hielt ein Kleidungsstück vor Tarnus hin.

„Was ist das denn?“ Tarnus staunte. „So etwas habe ich noch nie gesehen, höchstens davon gehört. Das ist ja ein Nachthemd, welches fast durchsichtig wirkt, das ganz viele Blicke zulässt, ein Nachthemd für eine schöne Frau.“ Tarnus machte eine Pause. „Sag mal, Hiltrud, dieses Nachthemd würdest du für mich tragen? Ich bin ganz betreten.“

Hiltrud lachte. „Ich bin froh, dass es dir gefällt. Aber erst räuchern.“ Dann wurde sie ernst. „Eigentlich passt das nicht, was ich noch mit dir besprechen wollte, aber das Geschäft gehört nun einmal zu unserem Leben dazu. Gestern hast du mir von deinem letzten Auftrag erzählt: Wie du das verschollene Boot aufgespürt und seinem Eigentümer wieder zugeführt hast.“

„Stimmt.“ Tarnus nickte. „Viel herumgefragt, elbauf und elbab geschippert und dann letztlich erfolgreich gewesen. Aber eigentlich war alles Routine. Was ich dir noch nicht erzählt habe: Nach Abzug aller Unkosten bleiben zwölf Silberlinge als Gewinn, die sind noch in meinem Säckel.“

„Großartig.“ Hiltrud umarmte Tarnus. „Dann sind wir ja wohlhabende Leute. Ich habe Kassensturz gemacht: Wir verfügten bis jetzt über 76 Silberlinge, mit den zwölf Silberlingen dazu wären das 88 Silberlinge.“

Tarnus schüttelte den Kopf. „Unvorstellbar, dass ich mal über solche Beträge verfügen könnte – ich meine natürlich: wir.“

„Und alles ehrlich verdient.“

„Natürlich. Das ist doch wohl Ehrensache“, sagte Tarnus. „Doch was tun mit dem Geld? Für ein Haus wird es nicht annähernd reichen. Und in irgendein Konsortium würde ich das Geld nicht stecken.“

„Da kommen wir zu dem Thema, welches ich gerne besprechen würde“, sagte jetzt Hiltrud. „Und es gehört auch zu den Gedanken, die dir den Schlaf vergällen: Das ist dein Laden hier auf dem Kattrepel, das ist deine Spähertätigkeit und das ist die Zeit, die du gemeinsam mit mir verbringen willst. Nun, deinen Laden habe ich aufgeräumt und reduziert, der Punkt sollte abgearbeitet sein. Was die Spähertätigkeit angeht, die würde ich an deiner Stelle nicht aufgeben, sie war zuletzt sehr einträglich. Und dass wir nicht jeden Tag miteinander verbringen können, das ist uns beiden klar, dafür bist du zu viel auf Achse und ich muss eben manchmal zu Gilgs Gutshof nahe Elmshorn. Aber hast du mal darüber nachgedacht, ein klein wenig in eine angenehme Wohnung zu investieren? Ich will dir nicht zu nahetreten, aber unser Domizil hier auf dem Kattrepel ist außerordentlich zweckmäßig …“

„Sehr schlicht“, warf Tarnus ein. „Hiltrud, ich ahne es, du hast etwas vor.“

„Du warst ja weg“, sagte Hiltrud. „Und in dieser Zeit hatte ich ein Gespräch mit deinem Vermieter.“

„Der alte Hein, ein lieber netter Herr, manchmal etwas kauzig.“ „So wird er von allen Leuten genannt, doch Heinrich von Thusius weiß sehr genau, was er will. Auf der anderen Seite ist er wirklich ein angenehmer Verhandlungspartner.“

„Das dürfte auch für dich zutreffen.“ Tarnus grinste. „Ich nehme mal an, du hast dich wie die besagte Magd aus der Reichenstraße gekleidet, ihn aufgesucht und dich als meine Beauftragte legitimiert.“

„Genau so war es. Und der Herr von Thusius war erstaunt und erfreut zugleich. Da würde...

Erscheint lt. Verlag 17.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
ISBN-10 3-7597-1691-1 / 3759716911
ISBN-13 978-3-7597-1691-0 / 9783759716910
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