Lassiter 2705 (eBook)

Pailletten und Patronen
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2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6612-8 (ISBN)

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Lassiter 2705 - Marthy J. Cannary
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Durch das trockene Flusstal zog Qualm und verbarg die Toten. Der Rauch hatte den beißenden Geruch von schmorendem Harz und war schwarz wie das Herz des Teufels. Er brannte Ellie Massey im Hals.
Die junge Schwarze hustete und stützte sich ab.
Sie hatte einen Streifschuss an der Hüfte, einen anderen am Schenkel und fühlte sich so schwach, dass sie keinen weiteren Schritt laufen wollte. Sie sah nach ihrem Vater, der ein paar Yards weiter im Geröll lag, und nach Lassiter - dem Weißen, der sie gerettet hatte. Sie wischte sich das eintrocknende Blut von den Händen.
'Mr. Lassiter!', rief Ellie und kroch ein Stück. 'Sind Sie tot? Sind Sie tot, Mr. Lassiter?'
Die lähmende Stille ließ Ellie schaudern. Sie pfiff Behold The Lamb Of God, ein Kirchenlied aus dem Repertoire ihres Vaters, das sie mochte. Sie pfiff es, bis sie vor dem reglosen Lassiter kniete...


Pailletten
und Patronen

Der zweite Teil eines Doppel-
bandes von Marthy J. Cannary

Durch das trockene Flusstal zog Qualm und verbarg die Toten. Der Rauch hatte den beißenden Geruch von schmorendem Harz und war schwarz wie das Herz des Teufels. Er brannte Ellie Massey im Hals.

Die junge Schwarze hustete und stützte sich ab.

Sie hatte einen Streifschuss an der Hüfte, einen anderen am Schenkel, und fühlte sich so schwach, dass sie keinen weiteren Schritt laufen wollte. Sie sah nach ihrem Vater, der ein paar Yards weiter im Geröll lag, und nach Lassiter – dem Weißen, der sie gerettet hatte. Sie wischte sich das eintrocknende Blut von den Händen.

»Mr. Lassiter!«, rief Ellie und kroch ein Stück. »Sind Sie tot? Sind Sie tot, Mr. Lassiter?«

Die lähmende Stille ließ Ellie schaudern. Sie pfiff Behold The Lamb Of God, ein Kirchenlied aus dem Repertoire ihres Vaters, das sie mochte. Sie pfiff es, bis sie vor dem reglosen Lassiter kniete...

Der Traum zeigte ihm das Tal hinter den Hügeln, durch das Feuerstöße fauchten und die Schreie der Getroffenen gellten. Er stand auf dem Dach der Steinmühle, die mit Schieferschindeln gedeckt war und einen gemauerten Schornstein besaß. In den Händen hielt er ein Gewehr, dessen Lauf aus reinem Gold bestand. Aus der Mündung rann dünnflüssiges Blut.

Vor der Mühle tobte der Kampf zwischen den Farmern und den Afroamerikanern.

Die erbitterten Schusswechsel hatten einen feinen Dunst aus Pulverdampf hinterlassen, der sich mit dem tiefschwarzen Qualm aus dem Mühlgraben mischte. Das Holz im Graben brannte lichterloh, die Flammen schlugen nach der Mühle, die tosende Feuersbrunst verschlang die Rufe all jener, die sich in ihrer Nähe aufhielten. Es war, als nähme man den Männern die Stimmen.

Das goldene Gewehr blutete weiter.

Der Mann der Brigade Sieben richtete es gegen sich selbst, drückte es an die Brust, mit dem Laufende voran. Seine Rippen gaben knackend nach. Er spürte, dass die Waffe ihn durchbohrte. Sie schob sich unter seinem Herzen hindurch und trat am Rücken wieder aus. Er tastete nach dem Abzug. Er hörte den Hahn klackend auf die Zündkapsel schlagen.

Der Schuss riss Lassiter aus seiner Ohnmacht.

Das leere Flussbett mit seinen Dutzenden Leichen kehrte zurück, und mit ihm der unselige Kampf der Farmer des Städtchens McCormick, die gegen die schwarzen Familien in den Hügeln vorgegangen waren. Die Luft hatte vom Gewehrfeuer geglüht, das Grollen der Schüsse von der Felswand zurückgeschallt, die steil am nördlichen Ufer aufragte.

Müde blinzelte Lassiter das Gesicht an, das über ihm war.

Er erkannte die junge Schwarze, die ihn mit weit aufgerissenen Augen anschaute, wusste ihren Namen, der Ellie lautete, wusste auch, dass ihr Vater, Reverend James Massey, in seiner Kirche die Waffen ausgegeben hatte. Das Mädchen ergriff Lassiter bei den Schultern und rüttelte ihn.

»Mr. Lassiter!«, rief Ellie. »Mr. Lassiter! So wachen Sie doch auf! Kommen Sie zu sich!«

Der Hals schmerzte Lassiter auf quälende Weise, als hätte ihm jemand einen Halsring umgelegt und mit Schrauben festgezogen. Der Mann der Brigade Sieben fasste sich ans rechte Ohr, das feucht von seinem eigenen Blut war, und stemmte sich mit dem Arm in die Höhe.

»Mr. Lassiter!«, sagte Ellie und weinte. »Sie sind am Leben! Sonst ist es kaum noch jemand...«

Bill Kimber...

Unvermittelt tauchte in Lassiters Gedanken der Name jenes Mannes auf, der mit einem Messer auf ihn eingestochen hatte. Er und Lassiter hatten im Flussbett miteinander gekämpft, nachdem Ellie auf Kimber geschossen hatte. Die Klinge hatte Lassiter am Hals getroffen, und als er seinen Gegner hatte packen wollen, war Kimber ein weiterer Farmer zu Hilfe gekommen.

»Wo... ist dein Vater?«, presste Lassiter hervor und hielt sich den Hals. Er fühlte das Blut unter seinen Fingern pulsieren. »Ist er tot? Ellie, sag mir die Wahrheit! Ist er tot?«

»Ich... ich weiß es nicht.« Das Mädchen schluchzte und warf den Kopf zur Seite. »Er liegt dort vorn... Er... er bewegt sich nicht.«

Die lockeren Steine im Flussbett rutschten unter Lassiters Händen weg und erschwerten ihm das Fortkommen. Er robbte bäuchlings vorwärts, durch die staubenden Kiesel, hin zu den abgetretenen Schuhsohlen, die er von James Massey sah. Der Reverend war in den Rücken getroffen worden. Lassiter griff nach dem Bein des Reverends, zog und zerrte daran und rief Masseys Namen.

Sie hatten gemeinsam in der Kirche gestanden.

Die Gewehre hatten in einer Truhe gelegen, die Massey hinter dem Altar seiner Kirche versteckt hielt, und als der Prediger später die Snider-Enfield-Büchsen an seine Gemeinde ausgab, war Lassiter bewusst geworden, dass Massey den Zorn der weißen Farmer lange erwartet hatte. Lassiter hatte Scham darüber empfunden, selbst zu den Weißen zu gehören.

»James!«, rief Lassiter und stieß Massey an. »Sie sind fort! Du hast sie vertrieben!«

Die Wangen des Reverends waren losem Ruß bedeckt, der Mund stand ein Stück offen, die oberen Zahnreihe war entblößt. Massey blutete aus einer klaffenden Schusswunde, die tief ins Fleisch reichte und von einer Gewehrkugel verursacht worden war. Mit einer Hand hielt Massey noch sein eigenes Gewehr fest.

Verzweifelt wälzte Lassiter Massey auf den Rücken.

Er presste das Ohr auf die Brust des Gottesmannes, lauschte auf einen Herzschlag oder einen Atemzug, auf einen Funken Leben, der noch in diesem Körper steckte. Als er sich gerade Masseys Tochter zuwenden wollte, vernahm er ein leises Ächzen.

»Kimber«, hauchte Massey und bewegte die starren Lippen. »Wo... ist Kimber?«

Ein Jauchzer der Freude entfuhr Ellie, die sich mühsam erhob und zu den beiden Männern lief. Sie sank neben ihrem Vater auf die Knie, wischte ihm den Schmutz aus dem Gesicht, strich ihm zärtlich über die Brauen. »Denk nicht an Kimber, Papa! Denk nicht an ihn! Er ist... er ist gegangen.«

»Sein Sohn!«, wisperte Massey und heftete den Blick auf Lassiter. »Er hat seinen Sohn losgeschickt... Sein Sohn jagt Mrs. Cornish und ihre Töchter.« Er griff nach Ellies Hand und hielt sie fest. »Ihr... ihr müsst nach McCormick.«

Sie halfen Massey auf die Beine und brachten ihn zu den anderen Verwundeten in der Mühle. Aus den Hügeln waren Frauen herbeigekommen und hatten Verbände, Heiltinkturen, Jod und Schmerzsalben mitgebracht. Die Siedlung auf den Hügeln hatte fast zwei Dutzend Männer im Kampf verloren.

»Ich muss nach McCormick«, sagte Lassiter zu Ellie und drückte sich einen mit Bourbon getränkten Stofflappen auf die Wunde. »Falls es wahr ist, dass Mrs. Cornish und ihre Kinder in Gefahr sind, muss ich ihnen helfen. Man hatte mich ihretwegen in die Stadt geschickt.«

»Geh nur!«, sagte Ellie und nickte. »Aber komm bald zurück.« Sie deutete auf Massey. »Vater wird dich brauchen.«

Den toten Kutscher Louis Goslin hatten die Mädchen unweit der festgefahrenen Postkutsche gefunden und waren mit verweinten Gesichtern ins Lager zurückgekommen. Sie hatten Goslin das blutige Halstuch abgenommen, zeigten es ihrer Mutter und schmiegten sich in deren Arme. Sie waren bloß noch schwache, zitternde Kinder, denen Julia McCornish keinen Trost spenden konnte.

Zornig starrte Julia zu Henry Kimber.

Der vierzehnjährige Junge mit den zarten Gesichtszügen saß auf einem Baumstumpf, schnitzte an einem Stock herum und erwiderte ihren Blick flüchtig. Er hatte Goslin erschossen, war mit seinem Pferd am Gespann vorbeigeprescht und hatte im Galopp die Wallache, die ungarischen Kaltblüter, losbekommen, mit denen Goslin seine Kutsche bespannt hatte. Der Concord-Wagen hatte daraufhin seine eigene Deichsel zermalmt, war über einen Felsen gerast und zwischen zwei Pinienstämmen zum Stehen gekommen.

Vor Henry lag dessen angerosteter Lefaucheux-Revolver.

Den Griff der Waffe zierten Blumenornamente, deren erhabene Flächen sich im Laufe der Jahre blankgeschliffen hatten. Die Trommel klemmte allenthalben, wie Julia mitbekommen hatte, und von den Patronen besaß Henry kaum noch die Hälfte. Der Junge hatte viermal in die Luft geschossen, als die Mädchen in ihrer Furcht vor ihm davongelaufen waren.

Äußerlich glich Henry ganz seinem Vater Bill.

Der frühere Deputy von McCormick war mit seinem rundlichen Gesicht und dem lichten Haar keine auffällige Erscheinung gewesen, doch Julia, die vor genau drei Wochen zum Sheriff ernannt worden war, hatte sich dessen Physiognomie bis in die letzte Einzelheit eingeprägt. Sie hatte Kimber zunächst als Verbündeten betrachtet, als einen Freund ihres verstorbenen Mannes George, der vor ihr im Sheriffbüro gesessen hatte. Kimber und George hatten sich mit dem Mord an der alten Mrs. Chaseman befasst. Das schändliche Verbrechen hatte Julias Mann solcherart aufgeregt, dass dieser seinem hartnäckigen Herzfieber erlegen war.

Doch Kimber hatte sich als durchtrieben und illoyal erwiesen.

Er hatte in Georges Tod die Gelegenheit gesehen, selbst zum Sheriff von McCormick ernannt zu werden. Von Countyrichter Thomas Andrews, der zum...

Erscheint lt. Verlag 18.5.2024
Reihe/Serie Lassiter
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • Abenteurer • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g-f • GF • g f barner • g f unger • Indianer • jack-slade • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • lucky-luke • Männer • martin-wachter • Nackt • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • sonder-edition • Unger • Western • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-6612-X / 375176612X
ISBN-13 978-3-7517-6612-8 / 9783751766128
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