Sudtirol. Handbuch zum Einheimisch-Werden -  Erica Giopp

Sudtirol. Handbuch zum Einheimisch-Werden (eBook)

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
148 Seiten
Edition Raetia (Verlag)
978-88-7283-901-0 (ISBN)
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Ein Land voller (Berg-)Verrückter! Eine junge Italienerin verlässt ihre Stadt, Freunde, Spaghetti Carbonara und zieht für ein Jahr nach Südtirol: eine Region, die nicht wirklich Italien ist, in der man ein Deutsch spricht, das nicht wirklich deutsch ist, in der alle Sportarten ausüben, die nicht wirklich 'normal' sind ... Laut der Römerin Erica Giopp ist Südtirol ein Berg zum (Er-)Klettern, ein fremdes Land, das es zu entdecken gilt, mit bizarren Missverständnissen, gegensätzlichen Gefühlen und starken Gerüchen. Ein lebenslanges und unterhaltsames Survival-Handbuch für alle, die die große Herausforderung annehmen, in Südtirol zu leben, und sich trotz allem dazu entschließen zu bleiben.

Erica Giopp studierte orientalischen Sprachen, pendelte zwischen Rom und Peking. 2016 ging sie auf Weltreise und schrieb darüber das Buch 'Un anno in Barcastop' (Gambrinus-Preis für Reiseliteratur). Seit 2020 lebt sie in Südtirol, lernte Deutsch, begann mit Klettern und Skitourengehen, und isst jetzt auch Knödel.
Ein Land voller (Berg-)Verruckter!Eine junge Italienerin verlasst ihre Stadt, Freunde, Spaghetti Carbonara und zieht fur ein Jahr nach Sudtirol: eine Region, die nicht wirklich Italien ist, in der man ein Deutsch spricht, das nicht wirklich deutsch ist, in der alle Sportarten ausuben, die nicht wirklich "e;normal"e; sind Laut der Romerin Erica Giopp ist Sudtirol ein Berg zum (Er-)Klettern, ein fremdes Land, das es zu entdecken gilt, mit bizarren Missverstandnissen, gegensatzlichen Gefuhlen und starken Geruchen. Ein lebenslanges und unterhaltsames Survival-Handbuch fur alle, die die gro e Herausforderung annehmen, in Sudtirol zu leben, und sich trotz allem dazu entschlie en zu bleiben.

Böhmische Liebe

Südtiroler Spitzbuam

Freie Leit


Herr und Frau Südtiroler sind freie Leute.

Die nun folgende Bestandsaufnahme soll keineswegs eine allgemeingültige Charakterisierung der Einwohner Südtirols sein, das wäre etwa so vermessen wie von „den“ Chinesen zu sprechen: Es sind einfach zu viele unterschiedliche. Viel eher dient sie der Vertiefung meiner Studien über alle möglichen Arten von Südtiroler:innen, mit denen ich während des ersten Jahres, in dem ich in Südtirol weilte, zu tun hatte. Deshalb mein Appell an alle Kalterer, Deutschnofner, Kurtatscher und Ultner Südtiroler:innen: Fühlt euch in Gottsnomm nicht betroffen! Niemals würde ich es auch nur wagen, eine eingehende Untersuchung eurer Hauspotschn, Haarschnitte oder Fingernägel vorzunehmen, weshalb jedwede Ähnlichkeit oder Übereinstimmung als purer Zufall gewertet werden soll.

Tschurtschenthaler, Oberpertinger, Untersteiner, Runggaldier, Schwingshackl, Großgasteiger, Mayer mit y und Maier mit i: freie Leit.

Mit Südtirolern zu tun haben heißt, sich mit freien Menschen zu messen, mit Menschen, die das Konzept „Lebensqualität“ in neue Sphären erhoben haben und das Beste aus dem Trendbegriff Work-Life-Balance herausholen. Tatsächlich haben die Südtiroler ihre Freizeit zu einem Kult gemacht. Sie arbeiten – nein, sie puggln, lougisch –, aber außerhalb der Arbeit gibt es eine Welt, sehr oft eine sportliche, der eine enorme Bedeutung beigemessen wird. Deshalb wird in Südtirol üblicherweise von 8 bis 17 Uhr gearbeitet, und zwar an fünf Tagen pro Woche – anzi, viereinhalb, denn der Freitagnachmittag wird gerne wörtlich und damit freigenommen; einige ganz Passionierte berichten mit vor Glück strahlenden Augen, dass sie Turnusarbeit machen und vor Sonnenaufgang einstempeln, um noch vor dem Mittagessen fertig zu sein. Oder sie fangen nachmittags an und arbeiten bis tief in die Nacht, sodass sie die ganze restliche Zeit darauf verwenden können, sich körperlich zu ertüchtigen: mit Radfahren, Bergläufen, Klettertouren, auf Enduro-Trails, beim Paragliding. Die meisten leben unweit ihres Arbeitsorts, und auch wenn sie sagen, viel Zeit im Berufsverkehr zu verlieren, ist doch glasklar, dass sie keinen Schimmer davon haben, was „richtiger“ Verkehr bedeutet. Wer sich über verstopfte Straßen in Bozen beschwert, war garantiert noch nie auf der Grande Raccordo Anulare in Rom.

Aber was ist mit Einkaufen? Shopping? Arztbesuchen? Friseurterminen? Ladies and gentlemen, meine Damen und Herren, signore e signori: In Südtirol muss alles, was nicht mit Sport zu tun hat, selbstverständlich während der Arbeitszeit erledigt werden (dafür gibt es sogar extra Freistunden vom Arbeitgeber). Denn keine Arztpraxis, kein Geschäft, Friseur- oder gar Schönheitssalon hat nach 18 Uhr, am Samstagnachmittag oder – Gott bewahre! – gar am Sonntag geöffnet. Und so wird sichergestellt, dass die Menschen ihre Freizeit dann wirklich exklusiv ihrer körperlichen Ertüchtigung widmen können: allein, mit Freunden oder mit der ganzen Familie. Da sieht man sie dann, die Südtiroler:innen, wie sie auf dem Rad, mit Rodel oder Paragleiter, mit Fullface-Helm oder ohne, mit Offroad-Crossbuggy-Kinderwagen oder Kraxe die Berge hinauf- und hinabwuseln, um ihre unantastbare Freizeit dem Sport zu weihen.

Die freien Leit erkennt man an ihrem alpin-urbanen Outfit. Selbst im Büro tragen die Südtiroler:innen einen Casual-Look, der fast schon an Funktionskleidung grenzt, so als wäre ein Teil von ihnen allzeit bereit, zu einer Bergtour auf einen Viertausender aufzubrechen oder zu einer Klettertour im siebten Grad mit Abseilen im Doppelstrang. Sie tragen im Alltag eine Windjacke, auch Hardshell genannt, Zustiegsschuhe, und wenn sie ein Hemd anhaben, sind sie jederzeit darauf gefasst, es sich vom Leib zu reißen, um die gestählte, lediglich von einem High-Performance-Thermo-Unterhemd bedeckte Brust freizulegen. Willens, alles stehen und liegen zu lassen, den Kuli auf den Schreibtisch zu werfen, um beim geringsten Anzeichen von Schönwetter, beim ersten Anflug von Leerlauf bei der Arbeit, beim ersten abgesagten Meeting … den nächstbesten Gipfel zu erklimmen. Die Ausrüstung ist – je nach Gusto – bereits im Kofferraum: Seile, Skier, Trinkflasche und Rucksack, Lauf- oder auch Fußballschuhe, denn die Serie B des FC Südtirol ist nur der Anfang, man rüstet sich für die Champions League.

Herr und Frau Südtiroler in Zivil sind im Allgemeinen keine Fashionistas. Weder passen sie auf die städtischen Laufstege von Mailand noch auf die in Paris, und wenn es die Saison erfordert, tragen sie das klassische weiße Unterhemd, die Canottiera, mit Würde und Nonchalance, ohne besonderes Drama. Sie tragen keine großen Marken, auch haben sie es nicht nötig, sich als eine urigere, rauere Version von sich selbst zu inszenieren, außer es handelt sich um einen marketingstrategischen Notfall. Sie waschen und rasieren sich, schneiden sich die Haare (natürlich nur, falls sie es schaffen, einen Friseurtermin zu ergattern und sich dafür einen halben Tag von der Arbeit freizunehmen). Sie strahlen zwar keine Eleganz aus, vernachlässigen ihr Erscheinungsbild aber auch nicht.

In seiner Freizeit hingegen, in seinem natürlichen Habitat, zeigt der Südtiroler Archetyp das Beste von sich und seinem Outfit, indem er die Highlights der aktuellen Kollektion alpiner Modeperlen zur Schau stellt.

Bummelt man durch die Südtiroler Dorf- und Stadtzentren, kann man sich oft des Eindrucks nicht erwehren, man befände sich inmitten von Menschen, die sich für eine Achttausender-Expedition, einen Ultratrail oder einen Skilanglauf-Marathon gerüstet haben oder gerade davon zurückkehren. Wenn das Outfit diese Vermutung nicht nahelegen sollte, dann auf jeden Fall ihr Körper: sehnig, schlank, durchtrainiert. Aus Zirbenholz gemeißelt.

Der Jahreszeitenwechsel in Südtirol wird markiert vom Wegräumen der Skier und Aus-dem-Keller-Holen des Mountainbikes – und umgekehrt. Die Skier werden im Juni weggeräumt, um sie so bald wie möglich wieder hervorzukramen, idealerweise im September. Ein Südtiroler Sommer ist kurz, aber intensiv.

Der Rodelsport – oder gar das Monoskifahren – wird mit großer Ernsthaftigkeit und Hingabe praktiziert, mit Wettrennen und auf eigens präparierten Bahnen und Pisten, die auch nachts beleuchtet sind; ein paar Schnapslan gehören dabei immer dazu.

Die Klettersaison beginnt im Februar an den Südwänden, setzt sich im Sommer an den Ost- oder Nordwänden fort, kehrt im Herbst wieder an die Südwände zurück, um dann am Tor zum Gardasee und zum Winter auszuklingen, nämlich in Arco: knapp außerhalb der Landesgrenze, aber in vernünftiger Entfernung von dahoam, da mit dem Auto in einem Tag bequem erreichbar.

Und zwischen all diesem Heraus- und Wieder-weg-Geräume von Skiausrüstung und Mountainbikes gibt es da noch das E-Bike, das einen mittlerweile durch alle vier Jahreszeiten begleitet. Meine Damen und Herren, signore e signori, wisset, dass man sich zum 14. Geburtstag in Südtirol kein Moped, keine Vespa, keine Ape, dieses typisch italienische Gefährt für Möchtegernrennfahrer, wünscht, nein: Ein E-Bike muss es sein. Es ist nämlich das wahre Prêt-à-porter-Teil, es passt zu allem. Perfekt für den Sommer, wo man die ersten 1.000 Höhenmeter auf der Forststraße gemütlich mit dem Rad zurücklegen kann, um dann eine Sechser-Route zu klettern und frisch und locker-flockig ein Gipfelchen mitzunehmen, von dem aus man eine dieser viel zitierten Dolomitenaussichten genießt, die einem schier den Atem rauben. Perfekt aber auch für den Winter, da geht es zum sogenannten Bike&Ski: Auf dem Drahtesel, die Skier auf den Rucksack geschnallt, Skischuhe bereits an den Füßen, bis zur Schneegrenze strampeln, dort wird das Bike an einen Baum gelehnt und der Weg über die schneebedeckten Hänge in Form einer Skitour bis zum Gipfel fortgesetzt.

In den Tälern Südtirols leben sie derzeit noch zusammen, die neuen und die alten Bergbewohner (Montanari). Sie unterscheiden sich weitgehend durch ihre Ursprünge, Werte, Akzente und körperliche Konstitution. Nur eine Ähnlichkeit vereint sie: die Pantoffeln. Tatsächlich ist das Erste, was ein alteingesessener Bergbewohner macht, nachdem er über die Schwelle seines Hauses getreten ist, sich die schweren Bergschuhe von den Füßen zu streifen und Pantoffeln anzuziehen. Dabei handelt es sich keinesfalls um Badeschlappen, strandtaugliche Flip-Flops oder gar Plastiksandalen für felsige Meeresufer. Nein, im Haus tragen Herr und Frau Montanaro „gewalkte“ Pantoffeln aus Wollfilz oder ihre festere Variante, Lederpatschen, neuerdings gerne auch diese hässlichen Plastiktreter mit Luftlöchern auf der Oberseite. Schuhwerk jedenfalls,...

Erscheint lt. Verlag 30.4.2024
Übersetzer Bettina Conci
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Reisen Reiseberichte
Reisen Reiseführer Europa
ISBN-10 88-7283-901-7 / 8872839017
ISBN-13 978-88-7283-901-0 / 9788872839010
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