Das Haus Zamis 93 (eBook)

Der Nekromant

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6782-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus Zamis 93 - Susanne Wilhelm
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Dorian setzte mir sofort nach! Er ließ mir keine Sekunde, um Atem zu schöpfen. Diesmal bekam er mich zu fassen, drückte mich gegen den Stamm eines Baumes, der nahe am Haus stand. Als sein heißer Atem über meine Wange strich, musste ich an die Liebesnacht denken, die wir zusammen verbracht hatten. Und damit auch an das Kind, das in mir heranwuchs.
Dann legte Dorian die Hände um meinen Hals und drückte zu ...

Kaum hat sich Coco Zamis mit dem Café Zamis in Wien etabliert, kündigt sich neues Unheil an: Cocos verschwundener Bruder Volkart meldet sich bei ihr und fleht um Hilfe. Er befindet sich in der Gewalt eines Nekromanten, von dem er sich erhofft hatte, seinen vor Jahren ermordeten Zwillingsbruder Demian zum Leben zu erwecken.
Karl und Lilian wittern eine Falle und beschwören Coco, ihr Refugium, das Café Zamis, nicht zu verlassen ...

1. Kapitel


»Was ist das da?« Ich deutete auf den Klumpen. Hatte er sich gerade bewegt?

Karl kam zu mir herüber, ging in die Hocke und spähte in das Fach. »Oh. Das hatte ich vorletzte Woche ja noch aufessen wollen ...«

»Das war mal ein Sandwich?« Ich schloss es aus seinem Kommentar und der dreieckigen Form.

Karl nickte. »Und ein leckeres dazu. Das kommt davon, wenn es hier plötzlich vor Kundschaft nur so wimmelt. Dabei vergisst man glatt sein Mittagessen. Und jetzt ist es ungenießbar.«

»Wenn du es nicht mehr willst, nehme ich es.« Ein scheußlicher Gestank kündigte Vindobenes Ankunft an. Eilig erhob ich mich und gewann einen Schritt Abstand von dem niederen Dämon. Normalerweise ernährte sich der ehemalige Gehilfe von Skarabäus Toth von den negativen Emotionen der Menschen. Doch nun hob er das verschimmelte Sandwich auf und schob es sich in den Mund. Demonstrativ genüsslich kaute er darauf herum. Kurz glaubte ich, zwischen seinen Lippen etwas krabbeln zu sehen. »Hmm...«, machte er. »Schimmelkäse mit Fleischbeilage.«

Ich wandte mich Karl zu. »Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass es deine Aufgabe ist, den Tresen sauber zu halten?« Ich kam mir schrecklich kleinbürgerlich vor. War ich etwa allen Zwängen meines bisherigen Lebens entkommen, um nun darüber zu streiten, wer wann was putzte? Das war bestimmt nicht das, was ich mir vorgestellt hatte.

Karl zuckte mit den Schultern. »Ich mach doch sauber, Pupperl. Man kann ja mal was übersehen. Reg dich nicht auf. Du tust so, als würden wir ein Nobelrestaurant führen.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich will nur, dass die Kunden, die hier reinkommen, nicht gleich rückwärts wieder rausgehen. Wenn du alles verkommen lässt, was wir gerade erst renoviert haben, kannst du am Ende wieder nur Getränke an Leute wie Tschick ausschenken.«

»Coco hat recht«, sprang mir Lilian bei. Dorian Hunters Ehefrau kam gerade mit einem Wischmopp und einem Eimer in der Hand aus der Richtung der Billardtische. Immerhin, eine war auf meiner Seite. »Es ist doch alles so hübsch geworden. Nun muss man dafür sorgen, dass es auch so bleibt.«

Karl wandte sich halb ab und murmelte etwas vor sich hin. Es klang nach: »Früher hatte man hier zumindest noch seine Ruhe.«

Wie um seine Worte zu bestätigten, klopfte in diesem Moment jemand an die Glasscheibe der Tür. Ich spähte hinüber. Wir hatten noch nicht geöffnet, aber offensichtlich brauchte irgendjemand sehr dringend einen Kaffee.

Es klopfte erneut.

Ich ging zur Tür, um den Störenfried auf später zu vertrösten. Doch auf halbem Weg erkannte ich das Gesicht des Mannes durch das Glas. »Georg!«

Das einzige Mitglied meiner Familie, das mir noch etwas bedeutete. Ich hatte mir schon Gedanken gemacht, weil ich seit meinem Auszug aus der Villa Zamis nichts mehr von ihm gehört hatte. Nun, da ich fort war, nahm er meinen Platz als Sündenbock der Familie ein, wenn etwas schiefging. So viel hatte ich von Norbert Helnwein erfahren.

Als ich öffnete und ihn einließ, war seine Miene ernst.

»Wie geht es dir?«, fragte ich. »Wie geht es dem Rest der Familie?«

Auf die letzte Frage hin winkte er ab. »Vaters Laune ist noch schlechter als sonst. Der Rest befindet sich auf dem Weg der Besserung.«

Dorian Hunter hatte meiner Familie schwer zugesetzt. Adalmar war dem Tod nur knapp entkommen. Er war förmlich zerstückelt worden und noch immer damit beschäftigt, sich wieder zusammenzufügen. Mutter hatte ihre Beine verloren. Ob sie je wiederhergestellt werden konnten, stand bisher nicht fest. Lydia würde fürs Erste eine hässliche Narbe im Gesicht zurückbehalten, die das Schwert der Hexe von Endor geschlagen hatte. Und Volkart ... niemand wusste so recht, was mit Volkart war – oder genauer gesagt, wo er war.

Ich führte Georg zum Tresen und bot ihm etwas zu trinken an. Doch er schüttelte den Kopf. Irgendetwas bedrückte ihn, das war ihm anzusehen.

»Du bist nicht einfach hergekommen, um hallo zu sagen, nehme ich an.« Ich versuchte, damit das Eis zu brechen.

Mein Bruder schüttelte den Kopf. »Volkart ist verschwunden.«

»Ich weiß. Vater hat es mir schon erzählt.«

»Vater weiß nicht, warum er verschwunden ist«, sagte Georg. Er ließ den Blick über das Spirituosenregal schweifen. »Vielleicht nehme ich doch einen Drink.«

»Aber du weißt, warum Volkart verschwunden ist?«, fragte ich, während ich ihm aus einer Flasche einschenkte, auf die er gedeutet hatte.

»Nicht genau«, schränkte Georg ein. »Allerdings habe ich kurz vor seinem Verschwinden noch mit ihm gesprochen. Er hat einige seltsame Andeutungen gemacht. Unter anderem hat er gesagt, dass er kurz davorstehe, Demian wiederzusehen.«

Ich hielt mitten in der Bewegung inne. Demian war Volkarts Zwillingsbruder ... gewesen und damals bei unserem Zwist mit den Winkler-Forcas gestorben.

»Ich fürchte, Volkart könnte etwas zugestoßen sein«, fuhr Georg fort.

Es klang tatsächlich danach. Ich nickte, während ich ihm seinen Drink hinstellte. Gleichzeitig war ich mir bewusst, dass Karl, Lilian und Vindobene neugierig die Ohren spitzten. »Und warum erzählst du das mir und nicht Vater?«

Georg schnaubte. »Du weißt doch, wie er Volkart nach Demians Tod in das Sanatorium abgeschoben hat. Sie haben ihn totgeschwiegen. Und seit seiner Rückkehr ist er noch seltsamer geworden. Er war schon immer das schwächste Glied unserer Familie. Die anderen würden ihn lieber tot als lebendig sehen. Getreu nach unserem Familienmotto ...«

»Besser ein toter Zamis als ein schwacher Zamis«, ergänzte ich. Gleichzeitig bemühte ich mich um einen möglichst gleichgültigen Gesichtsausdruck. Hinter dieser Fassade arbeitete es. War Georg tatsächlich von sich aus gekommen oder hatte Vater ihn geschickt? War dies ein Trick, um mich vom neutralen Boden, den das Café Zamis darstellte, wegzulocken? Ich machte mir nichts vor. Georg mochte mir von allen Mitgliedern meiner Familie noch am ehesten wohlgesonnen sein, aber das änderte nichts daran, dass seine Loyalität zuallererst der Familie galt. Ich hatte Vater zutiefst verletzt und ihm mal wieder einen ganzen Haufen Schwierigkeiten bereitet. Das würde er nicht einfach so auf sich sitzen lassen.

»Und ausgerechnet du willst Volkart nun helfen?«, fragte ich vorsichtig.

Georg ignorierte die Frage. Stattdessen zog er eine Mappe unter seiner Jacke hervor. Sie war schlicht und schwarz. Er legte sie auf den Tresen. »Das hier habe ich in einem Versteck in seinem Zimmer gefunden«, sagte er. »Sieh es dir an.«

Mit diesen Worten kippte er seinen Drink in einem Zug runter, dann erhob er sich und verließ das Café. Ich blickte ihm nachdenklich hinterher.

Karl schob sich näher an mich heran und beäugte die Mappe neugierig. »Was ist das?«

Eilig zog ich die Kladde an mich heran und damit aus seiner Reichweite. »Eine Familienangelegenheit.«

Als ich mich umwandte, begegnete ich Lilians besorgtem Blick. »Sei vorsichtig, Coco. Es könnte eine Falle sein.«

Karl nickte heftig. »Sobald du das Café verlässt, bist du in Gefahr. Sowohl Asmodi als auch dein Vater haben dir Rache geschworen. Vielleicht ist diese Mappe nur ein Trick, um dich aus deinem sicheren Hafen zu locken.«

Das waren alles Überlegungen, die mir auch schon durch den Kopf gegangen waren. Doch es rührte mich, dass es tatsächlich Leute gab, die sich Sorgen um mein Wohlergehen machten. Das hatte ich in meinem bisherigen Leben viel zu selten erlebt. Ich lächelte. »Keine Sorge, ich passe schon auf. Aber jetzt entschuldigt mich.«

Ich zog mich zurück und stieg in den Keller des Cafés hinab. Dort erstreckte sich ein wahres Labyrinth aus Räumen und Gängen. Auch während der Renovierungsarbeiten hatte ich dort unten noch längst nicht alles erforscht. Allerdings hatte ich es Karl gleichgetan und mir in einem Teil des Kellers eine eigene Wohnung eingerichtet.

Während ich hinabstieg, dachte ich über meine Situation nach. Wenn ich in Sicherheit bleiben wollte, war ich tatsächlich fast genauso eine Gefangene im Café Zamis wie Karl. Aus irgendeinem Grund stellte das Café neutralen Boden dar. Magie war darin niemandem möglich – abgesehen von mir. Draußen allerdings lauerten Asmodi und mein Vater nur darauf, dass ich das Café verließ.

Und das war nicht mein einziges Problem. Ich strich mit der freien Hand über meinen Bauch. Die leidenschaftliche Liebesnacht mit Dorian Hunter hatte Konsequenzen gehabt. Noch hatte ich nicht entschieden, was mit dem Kind geschehen sollte. Wollte ich es überhaupt austragen? Ein Kind war eigentlich das Letzte, was ich im Moment gebrauchen konnte. Ich hatte genug andere Probleme. Es wäre ein Leichtes, das ungeborene Leben abzutreiben – oder aber nach Dämonenart einer menschlichen Frau unterzujubeln, die es dann für mich austrug.

Noch hatte ich Zeit, darüber nachzudenken, doch allzu lange durfte ich die Entscheidung nicht vor mir...

Erscheint lt. Verlag 4.5.2024
Reihe/Serie Das Haus Zamis
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Coco Zamis • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • Dorian Hunter • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Spin-Off • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-6782-7 / 3751767827
ISBN-13 978-3-7517-6782-8 / 9783751767828
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