Töten erlaubt - Sacha Jacqueroud

Töten erlaubt

Kriminalroman
Buch | Softcover
312 Seiten
2024
Neptun Verlag
978-3-85820-362-5 (ISBN)
27,90 inkl. MwSt
Ein Bundesrat der wissentlich zuschaut, ein Diplomat auf Machteroberung und eine Journalistin in Lebensgefahr, weil sie den Fall aufzudecken versucht.
Was hat das Verschwinden eines jungen chinesischen Geflohenen mitten in Bern mit einer Schweizer Staatsaffäre zu tun? Eine ganze Menge, wie die Journalistin Desiree Winter glaubt. Sie kämpft zusammen mit ihrem Praktikanten Nöel, dem türkischen Taxifahrers Sherif sowie dem geflohenen Afghanen Arjun gegen Bundesrat und Volksrepublik China. Als Bundesrätin Käppeli sich auf die Seite der Journalistin schlägt, nimmt der Fall Fahrt auf und mit ihm die tödliche Gefahr für die ungleiche Truppe. Ein Thriller um ein Abkommen zwischen der Schweiz und der Volksrepublik China mit dem Verdikt: «Töten erlaubt.»

Der erste Fall von Desiree Winter
…und die Serie geht weiter.

Es nervte sie gewaltig, dieses ohrenbetäubende Gepiepse. Wann würde sie endlich daran denken, in ihrem Handy die Weckermelodie zu ändern? Sie gab dem Unterfangen wenig Chance auf Besserung und kroch aus dem Bett wie ein Maulwurf aus dem Erdreich: blind. Der Gang zur Kaffeemaschine, dann ins Bad, es waren routinierte Abläufe, die sie taumelnd beherrschte. Und vor allen Dingen wortlos. Diese morgendlichen Qualen, bis die ersten beiden Kaffees ihre Wirkung entfalteten, waren mit ein Grund, weshalb Desiree Winter nicht gerne neben einem Mann erwachte. Schon allein die Vorstellung, sich am Morgen diese Blösse zu geben, verdarb ihr jegliche Lust dazu. Endlich schenkte der Kaffee ihren Augen die Fähigkeit zu sehen. Sie weckte ihr Notebook aus dem Ruhezustand und klickte sich durch die neusten Zeilen auf der Website mit den bundesrätlichen Medienmitteilungen. An der gestrigen Pressekonferenz ging der Bundesrat nicht auf alle Geschäfte ein. Das musste nichts heissen, es konnte aber auch sein, dass er gewisse Punkte bewusst möglichst dezent behandelte. Das hatte sie von Georg Bovin gelernt. Ihr ehemaliger Vorgesetzter war noch einer der alten Sorte, ein hartgesottener Raucher mit Hut und Mantel, im englischen Stil gekleidet, aber ohne auf die Reinlichkeit der Schuhe oder weiterer Kleidungsstücke zu achten, wie es ein Brite peinlich genau tat. Hinter dieser Fassade von Pseudo-Establishment steckte ein brillanter Kopf, ein Querdenker, ein Kombinierer, ein Stratege. Desiree sah den alten Mann vor sich, als würde er noch leben. Dieser Gedanke trieb sie an, die langweilig klingenden Zeilen akkurat durchzulesen: Verwaltungsvereinbarung mit China. Das rief nach einem Schluck Kaffee und klang wenig spannend. Als stünde Bovin hinter ihr, riss sie sich zusammen und begann den Zusatz zu lesen: Zum Inhalt gebe weder die Schweizer noch die chinesische Seite nähere Auskünfte. Die Schweiz ist grundsätzlich an einer Fortsetzung der Identitätsabklärungen im Rahmen der geltenden Vereinbarung interessiert und steht diesbezüglich in Kontakt mit den zuständigen chinesischen Behörden. Die Kernpunkte des Vertrags sind: Der Bund erlaubt Beamten des chinesischen Ministeriums für öffentliche Sicherheit, in die Schweiz zu reisen und hier die Nationalität und Identität von Personen zu ermitteln, die sich illegal in der Schweiz aufhalten und vermutlich chinesischer Nationalität sind.» Desiree war nun hellwach. Was zum Teufel hatten der Bundesrat und das BFW hier gemacht? Eine Vereinbarung, wonach chinesische Regierungsvertreter in der Schweiz ermitteln durften, dann überführten sie Chinesen dorthin zurück, woher sie vermutlich aus gutem Grund geflohen waren? In ein Land, das nicht davor zurückschreckte, mit äusserster Brutalität gegen Minderheiten und freidenkende Menschen vorzugehen. Desiree hatte bereits die Nummer der Chefredaktorin gewählt und steckte in Windeseile die Kopfhörer in die Ohren, als sie bereits die etwas rauchige Stimme hörte: «Hey, Desiree, so früh schon am Draht, noch ehe du hier auf der Matte stehst?» «Ja, Mel. Ich glaube, ich hab da was Grosses. Ich schicke dir eine Mail mit dem Link. Schau es dir bitte an, bis ich im Büro bin», erwiderte sie mit erregter Stimme. «Von mir aus», antwortete Mel, ehe sie das Telefonat beendete. Desiree hatte das Notebook bereits in der Tasche verstaut und schlüpfte hastig in dieselben Kleider, die sie gestern schon getragen hatte. Zähne putzen, Deo, schminken, nein für letzteres fehlte die Zeit. Als die Journalistin das wuchtige Treppenhaus in einem der typischen Berner Mietshäuser der 1950er Jahre hinter sich gelassen hatte, eilte sie Richtung Bushaltestelle. Der Gelenkbus brachte sie bis zum Bahnhof, danach müsste sie umsteigen um in Richtung der Redaktion zu gelangen. Vorher noch Essen kaufen am Bahnhof. Sie spürte bei diesem Gedanken, dass sich alles in ihr gegen diesen Vorgang sträubte. Nein, sie würde zu Fuss über die grosse Brücke gehen und diese Strasse mit all den Redaktionen sicherlich schneller erreichen. Was hatten die anderen Zeitungen wohl darüber geschrieben, hätten sie es gemerkt? War gar heute schon ein Artikel zu diesem Thema erschienen? Rein theoretisch hätte man das gestern erstmals realisieren können. Ein kurzer Griff in die Jackentasche, und das Handydisplay zeigte nach wenigen Fingerbewegungen den Namen «Noël» an. Desiree klickt auf den Namen. Sie musste lange warten, ehe sie die Stimme des jungen Praktikanten hörte. «Desiree, es gibt auch WhatsApp, eine gute Erfindung, speziell für die frühen Morgenstunden, insbesondere für arme Praktikanten, die am Vorabend Nachtdienst hatten und möglicherweise noch ein paar Drinks zu sich genommen haben.» «Hör zu Noël, finde heraus ob irgendeine Zeitung, ein Radio, ein TV-Sender etwas veröffentlich hat, das um China geht, ich will alles auf meinem Pult haben. Dann startest du eine neue Suche und zwar nach sämtlichen Veröffentlichungen von heute rund um das BFW», befahl Desiree ohne auf seine Bemerkung einzugehen. «Du weisst schon, dass ich noch zu Hause bin und gerade erst gemerkt habe, das ich noch lebe», erwiderte Noël. Sie musste trotz ihrer Eile schmunzeln. Dieser Praktikant war zwar eher ein «Nerd» und der alte Bovin hätte die spitze Zunge des Jünglings arg gestutzt und in den Tiefen des Archivs zwischengelagert. Aber sie, Desiree Winter, sie mochte diesen Noël irgendwie. «Es ist wichtig, es geht hier um etwas Grosses».

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Ein Fall für Desiree Winter ; 1
Verlagsort Bern
Sprache deutsch
Maße 140 x 210 mm
Gewicht 503 g
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Asylwesen • Bundesrat • China • Diplomatie • Journalismus • Journalistin • Kriminalroman • Macht • Mord • Politthriller • Schweiz • Schweizerischer Bundesrat • Taxifahrer • Thriller • Wirtschaftsabkommen
ISBN-10 3-85820-362-9 / 3858203629
ISBN-13 978-3-85820-362-5 / 9783858203625
Zustand Neuware
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