Annabelle und der Schwur des Viscounts -  Laura Martin

Annabelle und der Schwur des Viscounts (eBook)

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
256 Seiten
CORA Verlag
978-3-7515-2662-3 (ISBN)
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Fast ein Märchen? Leo Ashburton bittet die verarmte Lady Annabelle Hummingford um ihre Hand! Doch nicht etwa aus romantischer Liebe - Leo muss verheiratet sein, um den Viscount-Titel samt Vermögen zu erben. Und die unscheinbare Annabelle ist genau die Richtige für eine kühle Vernunftehe. Aber kaum sind sie verheiratet, entwickelt sich seine schüchterne Gattin zu einer patenten Partnerin und begehrenswerten Schönheit! Nach dramatischen Verlusten in seinem Leben hat Leo sich geschworen, nie wieder zu lieben - doch sein heißes Verlangen nach Annabelle bringt diesen Schwur in größte Gefahr ...

1. KAPITEL


Eastbourne, 1815

Liebe Beth,

weißt Du noch, dass ich Dir versprochen habe, nie wieder aus einem Fenster zu klettern? Nun ja …

Annabelle hielt einen Moment inne, strich über die seidige Tapete und schloss die Augen. Die vergangenen Tage waren hektisch und arbeitsreich gewesen. Sie hatte ihre letzten Besitztümer zusammengepackt und die Möbelkarren organisiert, die alles in das kleine Cottage am Meer bringen würden, das ihre Mutter und sie gemietet hatten. Annabelle hatte während des Sortierens und Auflistens kaum eine Pause gemacht und die ganze Zeit über versucht, ihre tiefe Trauer darüber zu ignorieren, dass sie das Zuhause ihrer Kindheit verlassen musste.

„Es ist ein Neuanfang“, murmelte sie vor sich hin, löste die Fingerspitzen von der Tapete und zwang sich dazu, den Raum entschlossenen Schritts zu verlassen.

„Ich habe meine Meinung geändert“, verkündete Lady Hummingford, als Annabelle nach unten kam, wo Mr. Lennox und Mr. Hardy mit einem gewaltigen Mahagonischreibtisch kämpften. Die beiden Männer aus dem Dorf waren damit beauftragt worden, die schweren Stücke zu transportieren, und erst vor ein paar Minuten hatte Annabelle gesehen, wie sie den Tisch hinausgetragen hatten, doch jetzt brachten sie ihn durch die Eingangstür wieder herein.

Rasch zog Annabelle ihren Schleier herab, der ihr Gesicht vor den beiden Männern und praktischerweise auch gleich ihr Augenrollen über das Verhalten ihrer Mutter verbarg.

„Mr. Lennox, Mr. Hardy, wären Sie so gut und würden mich einen Moment mit meiner Mutter unter vier Augen sprechen lassen? Wenn Sie außerdem so freundlich wären, den Schreibtisch wieder hinaus zum Karren zu bringen, können Sie sich danach gerne eine kleine Erfrischung aus der Küche holen. Sie arbeiten so hart.“ Halb erwartete sie schon, ihre Mutter würde protestieren, doch Lady Hummingford schwieg, während die Männer abermals hinausgingen.

„Es ist einfach lächerlich, dass wir ausziehen, bevor das Haus überhaupt verkauft ist, Annabelle. Wir können noch monatelang hier wohnen.“

„Wir können uns den Unterhalt nicht leisten. Wir können uns das Personal nicht leisten. Wir können uns nicht einmal das Feuerholz leisten.“ Annabelle ging einen Schritt auf ihre Mutter zu und streckte die Hand aus. Dies hier mochte ihr Kindheitszuhause sein, ihr Zufluchtsort, den sie während der vergangenen fünfzehn Jahre nur wenige Male verlassen hatte, doch für ihre Mutter war es der Ort, an dem sie Annabelles Vater kennengelernt hatte. Wo sie eine Familie gewesen waren. Wo sie um ihn getrauert hatte. Annabelle durfte nicht vergessen, dass dies hier für ihre Mutter ebenso schwer war wie für sie selbst. „Das Cottage ist gemütlich, und es liegt wirklich schön. Ich glaube, wenn du ihm eine Chance gibst, dann können wir dort sehr glücklich sein.“

Lady Hummingford gab ein abfälliges Schnauben von sich und wandte sich ab. Annabelle biss die Zähne zusammen, damit sie nichts sagte, was sie später vielleicht bereuen würde.

„Was ich nicht verstehe, ist, warum Mr. Ashburton den Unterhalt für dieses Haus nicht noch ein paar Monate länger zahlen kann, bis es verkauft ist, anstatt der Miete für das neue Cottage.“

Aus Vernunftgründen blieb Annabelle die Antwort schuldig. Sie wusste nur zu genau, warum. Birling View war ein schönes Anwesen, auf den Klippen der South Downs gelegen, mit ungehindertem Blick über das Meer. Man sah dem Haus die leichte Vernachlässigung während der vergangenen paar Jahre an, als sie kein Geld und kein Personal mehr gehabt hatten, um alles instand zu halten. Trotzdem würde es nicht schwer werden, den richtigen Käufer zu finden, der bereit war, etwas Zeit und Geld in das Haus zu investieren, damit es wieder in seinem alten Glanz erstrahlte.

Das Problem war nur, dass Annabelles Mutter nicht gehen wollte und sämtliche Interessenten mit Sicherheit auf jede einzelne Schwachstelle des Anwesens aufmerksam machen würde. Erst letzte Woche war Lord Warner vorbeigekommen, um sich umzusehen, und er schien regelrecht begeistert von dem Haus gewesen zu sein. Nach fünf Minuten in Lady Hummingfords Gesellschaft war er jedoch davongeeilt und hatte dabei irgendetwas über einsinkende Dächer und nachgebende Wände vor sich hin gemurmelt.

Mr. Ashburton, der Bruder des Mannes, der gerade ihre geliebte Schwester Beth geheiratet hatte, war seinem Versprechen, ihnen bei allen praktischen Dingen des Verkaufs zu helfen, treu geblieben. Beth und ihr neuer Mann Josh Ashburton waren direkt nach der Hochzeit mit dem Schiff nach Indien aufgebrochen, doch Mr. Leonard Ashburton hatte ihnen angeboten, den Verkauf zu überwachen und Annabelle und ihre Mutter in einem kleineren Haus einzurichten. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, hatte er die Miete für die ersten Monate bezahlt und die dringlichsten Schulden beglichen. Mr. Ashburton war es gewesen, der Annabelle beiseitegenommen und ihr erklärt hatte, dass sie Birling View niemals verkaufen würden, solange Lady Hummingford noch dort wohnte und ihr Bestes tat, um jeden Interessenten zu verschrecken. Widerstrebend hatte Annabelle zugestimmt, und hier waren sie nun, so gut wie bereit, ihr Heim endgültig zu verlassen.

„Hast du deine persönlichen Dinge zusammengepackt, Mutter?“

„Ja“, gab Lady Hummingford angespannt zurück. Annabelle drückte die Hand ihrer Mutter und versuchte, ihr zu zeigen, dass sie ihren Schmerz und ihre Zerrissenheit verstand, doch Lady Hummingford senkte nur den Blick und ging wortlos davon.

Annabelle versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie verletzt sie war, als sie hinausging, um nachzusehen, wie es mit dem Beladen des Möbelkarrens voranging.

Auf Mr. Ashburtons Rat hin ließen sie den Großteil der Möbel in Birling View zurück. In ihr neues Cottage würden nur ein paar wenige Stücke passen, und ein so riesiges Haus wie dieses würde sich besser verkaufen, wenn die Räume möbliert waren. Es war schwer gewesen, zu entscheiden, was sie mitnehmen und was sie zurücklassen sollten, und vermutlich würden sie ihr neues Cottage trotz aller Zurückhaltung bei ihrer Ankunft hoffnungslos vollgestopft vorfinden.

Gerade prüfte Annabelle vor dem Haus, ob die Möbel auch gut mit Seilen gesichert waren, als sie hörte, wie sich das Getrappel von Hufen näherte. Kurz darauf bog eine Kutsche in die Einfahrt ein, und sie schickte ein Dankgebet an alle, die offenbar die Hand über sie hielten. Mr. Ashburton hatte ihr versprochen, seine Kutsche zu schicken, damit ihre Mutter darin in ihr neues Zuhause gebracht werden konnte. Als die Kutsche bisher nicht aufgetaucht war, hatte sie schon befürchtet, sie müsste ihrer Mutter erklären, dass sie auf dem Möbelkarren mitfahren sollte. Ihre eigene Kutsche hatten sie schon vor Monaten verkauft, und vor einer Woche waren zu Annabelles großem Kummer auch die Pferde von ihrem neuen Besitzer abgeholt worden. Sie hatte das Gesicht schluchzend in die Mähne ihrer Stute geschmiegt, und das weiche Fell hatte ihre Tränen aufgesaugt.

„Ah, gut“, sagte Lady Hummingford, trat in die warme Julisonne hinaus und streifte ihre Handschuhe über. „Die Kutsche ist endlich da.“

„Ich muss noch ein letztes Mal nachsehen, ob im Haus alles in Ordnung ist, bevor wir abfahren, Mutter.“

Ihre Mutter spielte mit dem schweren Schlüsselbund herum und tippte sich damit gegen das Bein. „Du solltest lieber auf dem Karren mitfahren, Annabelle. Damit unsere Besitztümer die Fahrt auch sicher in einem Stück überstehen. Der Himmel weiß, dass uns wenig genug übrig geblieben ist.“

Annabelle versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie diese Bemerkung verletzte. Seit Jahren wurde sie von ihrer Mutter bereits kleingehalten und abgelehnt. Sie wurde behandelt, als wäre sie ihrer Mutter unangenehm, peinlich. Dieser Vorschlag, dass sie bei den Möbeln besser aufgehoben war, sollte sie also nicht überraschen, aber weh tat es trotzdem.

„Ich warte lieber in der Kutsche. Lass mich wissen, wenn du im Haus fertig bist, damit ich abschließen kann.“

„Ja, Mutter.“

Annabelle kämpfte mit den Tränen, während sie die Stufen hinauf und ins Haus eilte. Leise schloss sie die Eingangstür hinter sich und ließ die Stirn gegen das kühle, harte Holz sinken. Sie dachte daran, dass sie dies hier selbst gewählt hatte, es war ihre Entscheidung gewesen. Bevor Beth nach Indien aufgebrochen war, hatte sie Annabelle ein weiteres Mal gedrängt, mit ihr und ihrem neuen Ehemann zu kommen, wenn sie Segel in ein neues Leben setzen würden.

„Wie dumm von dir“, murmelte Annabelle zu sich selbst. Sie könnte jetzt in diesem Moment Arm in Arm mit ihrer geliebten Schwester über das Deck des Schiffs schlendern. Stattdessen riss sie sich hier schier ein Bein aus, um ihren Abstieg in den verarmten Adel abzumildern.

Sie richtete sich auf, straffte die Schultern und hob das Kinn. Jetzt war nicht die Zeit dafür, Trübsal zu blasen. Es gab zu viel zu tun. Später, wenn sie an diesem Abend in ihrem Bett im Dachzimmer des Cottages lag, konnte sie ihren Tränen freien Lauf lassen und in Selbstmitleid baden, aber jetzt musste sie sich davon überzeugen, dass nicht versehentlich etwas Wichtiges hier zurückblieb.

Langsam durchschritt sie die Räume und versuchte, dabei nicht an die vielen guten Zeiten zu denken. Der Platz im Gesellschaftszimmer, wo Beth und sie immer zusammengesessen, gestickt und gekichert und kleine Streiche für ihre Gouvernante ausgeheckt hatten. Die behaglichen Sessel in der Bibliothek, wo sie sich so gern zwischen den Seiten eines der zahllosen Bücher verloren hatte, gemütlich eingerollt und für...

Erscheint lt. Verlag 30.4.2024
Übersetzer Diana Bürgel
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7515-2662-5 / 3751526625
ISBN-13 978-3-7515-2662-3 / 9783751526623
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