Herrn Petermanns Tanz des Todes und des Glücks -  Michael Böhm

Herrn Petermanns Tanz des Todes und des Glücks (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
184 Seiten
Bookspot Verlag
978-3-95669-212-3 (ISBN)
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Leo Petermann, ehemaliger Chef des Softwareriesen »Pythagoras«, genießt die Ruhe und die Schönheit seines Rosengartens in seinem idyllischen Rückzugsort über dem See. Doch als sein Freund, der Baron von Blauberg, unter mysteriösen Umständen stirbt, wird Petermann in eine Suche nach einer verschollenen Inkunabel verwickelt. Diesmal stellt er sich nicht nur persönlichen Herausforderungen, sondern auch Bedrohungen für sein Unternehmen. Doch zwischen all dem findet Petermann auch Momente des Glücks und der Entspannung, während er der Wahrheit auf den Grund geht. Ein Krimi über Freundschaft, Liebe und Gerechtigkeit - ein würdiger Nachfolger des Friedrich-Glauser-Preis Gewinnertitels um den ungewöhnlichen Herrn Petermann, der für seine wohlverdiente Ruhe alles tut ...

Michael Böhm wurde im Taunus geboren und verbrachte dort seine Kindheit und Jugend. Als Schriftsetzer-Meister war er als Ausbilder tätig, bevor er in die Datenverarbeitung wechselte. Er lebt im Ruhestand in der Nähe von München. Der Autor schreibt seit seiner Jugendzeit. Nach ersten Veröffentlichungen in verschiedenen Anthologien erschienen Erzählungen und zwei Kriminalromane rund um den Buchhändler und eigenwilligen Detektiv »Homer«. Böhm erlangte weitere Anerkennung durch seine »Petermann«-Reihe. Der erste Teil, »Herrn Petermanns unbedingter Wunsch nach Ruhe«, wurde 2014 für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert, 2016 erhielt er die begehrte Auszeichnung für den zweiten Band »Herr Petermann und das Triptychon des Todes«. Nach rund acht Jahren setzt er die Reihe mit »Herrn Petermanns Tanz des Todes und des Glücks« fort, folgend auf den dritten Band »Quo vadis, Herr Petermann? « aus dem Jahr 2016.

14


WEIHNACHT IN KIMMLING


Irgendwann Ende Oktober wurde ich bei einem Spaziergang Zeuge, wie gerade eine alte, sichtlich rustikale Orgelbank aus der Kirche getragen und auf einen Anhänger geladen wurde. Ich fragte, wohin sie gebracht werden sollte? Zum Kloster, wurde mir geantwortet.

Erst Tage später traf ich Pfarrer Demme, konnte mich bei ihm nach der Orgelbank erkundigen. Inzwischen war ich nämlich an dem guten Stück interessiert. Wie nicht anders zu erwarten, rannte ich bei Hochwürden offene Türen ein. Schnell schlossen wir mit einem Händedruck den Handel ab. Zusammen mit Korbinian ging es auf seinem Traktor mit Anhänger hinüber zum Kloster. Die Bank trugen wir in Korbinians Werkstatt. Er wollte sie sich einmal ansehen und sie auf Vordermann bringen, wie er sagte. Ich setzte mich mit der Service-Division von »Pythagoras« in Verbindung, schilderte meinen Wunsch und keine Stunde später erhielt ich den Bescheid, wie es weitergehen würde. Jetzt konnte ich die Morrisons auf ihrer Hebrideninsel anrufen und ihnen die Orgelbank für ihr Gemeindehaus noch vor Weihnachten ankündigen. Das war endlich eine angemessene Gegengabe zu den Schaffellen, die uns nach dem Besuch dort als Geschenk der Inselgemeinschaft geschickt wurden. Und auch für den Malt-Whisky, zwei Flaschen in einer Holzkiste, der uns im Herbst jedes Jahres erreicht. In meiner Bibliothek, zwischen den Fenstern, hängt die Aufnahme eines weißen Cottage mit grünen Fensterläden, das Haupthaus von Rainer Falls Hof auf der Insel. Das Foto bringt mich, fällt mein Blick darauf, augenblicklich auf dieses wetterumtoste wunderschöne Eiland weit drüben im Westen.

Zur vereinbarten Zeit bin ich bei Korbinian, als der Sprinter mit dem Emblem von »Pythagoras« auf der Seite vorfährt. Die Orgelbank, unter den geschickten Händen des Freundes wie neu geworden, wird von zwei kräftigen Männern abgeholt, um die Reise zu den Hebriden anzutreten. Maeve und Alan Morrison, bin ich überzeugt, werden sich freuen. Ich sehe dem Wagen nach, habe den flachen grauen Stein mit den hellen Einsprengseln in meiner linken Hand, den Magdalena am Strand nicht weit von Rainers Refugium entfernt gefunden und mir geschenkt hatte. Mir ist bewusst, nicht nur einige meiner Erinnerungen sind in Steinen gespeichert, die mir in meinem Leben geschenkt wurden.

Dann fängt es an zu schneien. Die Wetterfrösche liegen mit ihrer Prognose richtig. Der Winter wirft ein weißes Kleid über die Landschaft. In diesem Jahr statten uns die schweren Schneewolken keinen vorrübergehenden Besuch ab, der Himmel bleibt grau und Frau Holle schüttelt fleißig die Betten.

Vom Turm über Kimmling-Hof übersehen wir unsere Gegend in Weiß. Langgestreckt liegt der dunkle See wie in Watte eingepackt. Für diese Aussicht pilgern Magdalena und ich in der Adventszeit gern vor der abendlichen Dämmerung zum Turm. Es ist immer die Kälte, die uns schließlich von der Plattform vertreibt.

In diesen Tagen schreibe ich Einladungen für den ersten Weihnachtstag, überbringe sie oder stecke sie in Kimmling in den Briefkasten.

Am zweiten Adventssonntag lädt das Kloster zu einem Vortrag ein. Thema ist die Kirchengeschichte. Hochwürden Demme hat einen Jesuitenpater aus Freising als Redner gewonnen. Neben Magdalena sitzt Hanna, die Restauratorin des Klosters, längst eine Freundin meiner Herzensdame. Der Pater breitet keinen trockenen Stoff vor uns aus, vielmehr einen unterhaltsamen bunten Teppich, der Geschichte lebendig macht. Ich nehme mir vor, mich in dieses weite Thema einzulesen, irgendwann einmal.

Trotz dem vielen Schnee stapft Magdalena an zwei Abenden in der Woche von ihrem Märchenhaus hinüber zur Chorprobe in der Kirche. Sie hat sich von Hanna überzeugen lassen, jeder Mensch könne singen, und es macht ihr tatsächlich viel Freude. Ich hole sie später ab, für uns beide der Abendspaziergang.

In der Woche vor dem Heiligen Abend lasse ich die Holzhackergedanken bewusst los, denn die letzten Vorbereitungen für das Fest wollen getroffen sein.

Mit Korbinian bin ich auf seinem Traktor unterwegs in den Wald. Wir schlagen zwei Tannenbäume, haben Spaß und eine Flasche Wein dabei. Ich schaue beim Hofladen des Fischers vorbei. Die Bestellung wird uns ins Haus geliefert werden, versprochen. Beim Bäcker List reiche ich meinen Zettel über die Theke, sage Leni, dass ich pünktlich zur Abholung komme. In der Kreisstadt kaufen Magdalena und ich zusammen ein. Nach dem Schmücken des Baumes mit Unterstützung von einem Glas Rotwein, können wir den Feiertagen entspannt entgegensehen.

Während des festlichen Gottesdienstes sitze ich mit Martha und Korbinian in der Bank. Im Chor habe ich nur Augen für ein Gesicht: Magdalena. Sie singt nur für mich, bilde ich mir ein. Dann erlischt das Licht, nur die Kerzen am Baum neben dem Altar strahlen in das Gotteshaus. Stehend wird Stille Nacht, heilige Nacht gesungen. Und ich singe mit.

Leo, ich kenne dich beinahe nicht mehr.

So wie wir gekommen sind, geht es zu Fuß zurück. Es schneit leicht, der Schnee knirscht leise unter unseren Schritten.

Da schon am Vormittag die Vorbereitungen für unser Weihnachtsmahl soweit getroffen sind, können wir nach kurzer Zeit zu Tisch sitzen. Wir haben die Schiebetür zum Salon offenstehen, sehen vom Esszimmer den Weihnachtsbaum, dessen Kerzen ich angezündet habe. Es ist ein schöner Abend zusammen mit Martha und Korbinian.

Am ersten Feiertag heiße ich unsere Gäste zum Weihnachtsessen mit wenigen launigen Sätzen willkommen und wünsche frohe Weihnachten.

Wir sind zwölf bei Tisch. Gerade weil das nicht beabsichtigt war, ist diese symbolische Zahl ein gutes Omen, meine ich.

Wer hat Platz genommen an unserer langen Tafel im Esszimmer?

Martha und Korbinian Weilnböck. Lydia und Peter Kronthaler. Hanna Stern und Leander Mendel. Hochwürden Demme. Rup Falk. Chris Sander und ihr Herzbube. Inni Buisman fehlt, denn er ist wie in jedem Jahr in Holland. Auch Fritz Dessoir ist nicht da, ist der Grippe im falschen Moment nicht ausgewichen.

Von Beginn an ist die Stimmung unverkrampft, eine gewisse Fröhlichkeit trägt alle, ich möchte die Stunden heiter nennen, sogar familiär; Weihnachten eben. So eine Runde an meinem Tisch zu haben, sie einen Freundeskreis zu nennen, ist für mich in früheren Jahren kaum möglich gewesen. Diese Tischgemeinschaft hat nichts mit der »Pythagoras«-Tafelrunde gemein, die auf einem ganz anderen Blatt steht.

Es kommen die ruhigen Tage, der Ausklang des Jahres, die vor allem uns beiden, Magdalena und mir, gehören. Besondere Tage unserer Zweisamkeit. Vor dem flackernden Kamin liegen die Schaffelle von den rauen Inseln im Westen, auf denen wir uns einer Traumzeit der Liebe erfreuen. Vom knisternden warmen Feuer eingehüllt, lesen wir uns abwechselnd aus Thomas Manns Zauberberg vor, lassen uns immer wieder von frischer Leidenschaft überwältigen. Unsere einfachen Mahlzeiten bereiten und verspeisen wir in Bademänteln, unserem einzigen Kleidungsstück während dieser Auszeit.

Uns geht es einfach gut. Kein schlechtes Gewissen belastet uns darum. Das ist Glück, denke ich, und lese es auch in Magdalenas grauen Augen, in denen die schwarzen Tupfen zu tanzen scheinen.

Dann ist es doch die Wintersonne, der es gelingt, uns zu einem Spaziergang hinaus zu verlocken. Wir sind dick eingepackt, ist es doch draußen knackig kalt. Hand in Hand und nahe beieinander wandern wir durch den Schnee. Unsere Unterhaltung beginnt mit meinen Überlegungen zu zwei Objekten für meine Sammlung afrikanischer Kunst, die mich seit einer Weile beschäftigen. Bei beiden haben sich Irritationen ergeben, denn offenbar werden sie von westafrikanischen Staaten zurückgefordert. Ich bin nicht davon überzeugt, eher skeptisch, denn ich kann bei keinem der Objekte, eine Holzfigur und eine Maske, ein gehobenes kulturelles Interesse erkennen. Auf diesem Markt ist es allerdings üblich, mit allen Finten zu gaukeln.

In Kimmling dann, den Kirchturm im Blick, biegen wir zu unserem gegenwärtigen Hauptthema, das in den vergangenen Tagen hinter dem Vorhang verschwand, dem Holzhackerproblem ab. Gleich spricht Magdalena neben möglichen rechtlichen auch ethische Bedenken an. Befinden wir uns mit unserem Vorhaben vielleicht bereits jenseits des Guten, auf dem Weg hin zum Bösen?

Ich widerspreche meiner Herzensdame nicht, nehme ihre Worte ernst, verspreche, unsere Überlegungen in dieser Hinsicht zu überdenken, Chris Sander und die Juristen von »Pythagoras« zu befragen.

Nun sind wir auf der Straße ins Wiesental, dem weiteren Weg, der bei dem Schnee leichter für uns zu gehen ist. Die dunklen Bäume der Allee schneiden eine Diagonale in die weiße Landschaft.

Wir nähern uns dem Kloster, haben dabei auch unsere eigenen Bilder vor Augen. Als ich es zum ersten Mal sah, war es verfallen, zum Teil eine Ruine. Wie Hochwürden Demme es mit Begeisterung und zähem Mut fertigbrachte, mit Hilfe der »Freunde des Klosters« das alte Gemäuer zu retten und schließlich zu neuem Leben zu erwecken. Eugen von Blauberg und ich waren die wichtigsten »Freunde« dabei. Die ehemalige Kirche gab es nicht mehr, nur die Kapelle und wie hatte die ausgesehen? Eher wie eine Rumpelkammer. Heute ist sie der wunderbare geistliche Mittelpunkt, ein Genuss für Augen und Gemüt, was zum großen Teil Hanna und Leander zu verdanken ist.

Hanna, die nicht nur die Fresken im Torzimmer und im Kreuzgang, dem wohl ältesten Teil des Klosters, entdeckt, ihnen wieder zu erstaunlicher Frische verholfen hat, legte auch in einem Nebenraum des Refektoriums, von dem nicht klar ist, für was er früher diente, Reste eines Wandgemäldes von einem unbekannten...

Erscheint lt. Verlag 20.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-95669-212-8 / 3956692128
ISBN-13 978-3-95669-212-3 / 9783956692123
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