G. F. Unger 2266 (eBook)

Einer kommt wieder

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6619-7 (ISBN)

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G. F. Unger 2266 - G. F. Unger
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Als unser Vater damals im Jahre 1865 aus dem Krieg heimkam, trug er noch die zerschlissene Uniform der Unionsarmee mit den drei Sergeant-Winkeln. Sie war ihm sehr weit geworden, denn er hatte soeben seine schwere Verwundung überwunden und musste sich erst wieder herausfuttern.
Im Gürtel hatte er einen guten Army Colt. Und er saß auf einem Pferd der einstigen Rebellenarmee. So kam er vor unser schäbiges Haus in Kentucky geritten und nickte uns zu. Wir - das waren unsere Mom Stella Finley und wir drei Jungen Adam, Ben und Pat Finley. Ich war Pat und hatte an diesem Tag meinen sechzehnten Geburtstag. Ben war siebzehn und Adam achtzehn. Es war Zufall, dass sie daheim waren, und es hatte nichts mit meinem Geburtstag zu tun.
Unser Vater sah vom Pferd aus auf uns nieder - ernst und prüfend.
»Steig ab, George«, sagte Mom ruhig. Sie war stets ruhig und schimpfte oder klagte nie. Sie tat einfach nur, was sie konnte.
Unser Alter saß langsam ab. Und nun sahen wir, was unseren Blicken auf der uns abgewandten Seite seines Pferdes bisher verborgen gewesen war.
Ihm fehlte der linke Fuß ...


Einer kommt wieder

Als unser Vater damals im Jahre 1865 aus dem Krieg heimkam, trug er noch die zerschlissene Uniform der Unionsarmee mit den drei Sergeant-Winkeln. Sie war ihm sehr weit geworden, denn er hatte soeben seine schwere Verwundung überwunden und musste sich erst wieder herausfuttern.

Im Gürtel hatte er einen guten Army Colt. Und er saß auf einem Pferd der einstigen Rebellenarmee. So kam er vor unser schäbiges Haus in Kentucky geritten und nickte uns zu. Wir – das waren unsere Mom Stella Finley und wir drei Jungen Adam, Ben und Pat Finley. Ich war Pat und hatte an diesem Tag meinen sechzehnten Geburtstag. Ben war siebzehn und Adam achtzehn. Es war Zufall, dass sie daheim waren, und es hatte nichts mit meinem Geburtstag zu tun.

Unser Vater sah vom Pferd aus auf uns nieder – ernst und prüfend.

»Steig ab, George«, sagte Mom ruhig. Sie war stets ruhig und schimpfte oder klagte nie. Sie tat einfach nur, was sie konnte.

Unser Alter saß langsam ab. Und nun sahen wir, was unseren Blicken auf der uns abgewandten Seite seines Pferdes bisher verborgen gewesen war.

Ihm fehlte der linke Fuß ...

Er trug einen Schnürstiefel, der bis über die Wade reichte. Der Fuß an diesem Schnürstiefel war ausgepolstert. Die Sohle war doppelt so dick wie normal.

Wir starrten alle auf sein Bein. Aber als er auf Mom zutrat, da sahen wir, dass er nicht allzu schlimm hinkte. Er brauchte keinen Stock.

Er nahm sie in die Arme, küsste sie und drückte sie nochmals an sich.

Dann sah er unser schäbiges Blockhaus an und gab unsere Mom frei. Er wirbelte herum, ergriff Adam vorn am Hemd und schlug ihm die Rechte mehrmals rechts und links um die Ohren.

Während Ben und ich noch staunten, hatte er uns an den Köpfen und knallte diese wie Kürbisse zusammen, dass es darin dröhnte wie in einer Indianertrommel.

Als wir uns erholt hatten, sagte er: »Es war Zeit, dass ich heimkehrte. Sonst wäre euch wohl noch das Dach eingestürzt. Obwohl hier eine Mutter mit drei kräftigen Söhnen lebt, sah ich nur selten eine so heruntergekommene Farm. Ich bin mächtig stolz auf euch – mächtig! Ihr seid genau die richtigen Söhne, die ein Mann bei seiner Frau zurücklassen kann, wenn er in den Krieg zieht. Ich möchte wetten, dass ihr seit zwei Jahren hier keinen Finger mehr krumm gemacht habt!«

Da hatte er recht.

Adam hatte hier schon länger nichts mehr getan.

Und Ben war bald seinem Beispiel gefolgt. Sie waren immerzu überall herumgeritten und manchmal länger als eine Woche nicht heimgekommen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, sie demnächst zu begleiten. Sie hatten im ganzen Land einen üblen Ruf.

Und den wollte auch ich erwerben.

Mom sagte in ihrer ruhigen Art: »George, straf sie nicht zu hart. Sie hatten fünf Jahre keinen Vater. Sie sind nicht schlechter als andere Jungs hier im Land, die keinen Vater haben und in schlechte Gesellschaft geraten sind. Verzeih ihnen, George. Jetzt bist du ja wieder bei uns! Jetzt wird alles anders. Sie waren ganz einfach zu jung, zu dumm und zu wild.«

Er sah uns der Reihe nach an, und wir erwiderten noch sehr trotzig und aufsässig seinen Blick. Wir fühlten uns bereits als stolze Burschen, die sich nichts mehr gefallen ließen. Adam hielt sich sogar für einen Mann, dem man besser aus dem Weg ging. Es gefiel ihm, von anderen Burschen oder sogar Männern gefürchtet zu werden.

Wir sahen unserem Vater sehr ähnlich. Alle waren wir dunkel wie Indianer und hatten graue Augen, die weit auseinander standen. Wir hatten scharfe Nasen, kleine Ohren und waren etwas hohlwangig, doch groß dabei und mit Muskeln bepackt. Wir wirkten wild und verwegen.

»Eure Mom kann stolz auf euch sein«, sagte er. »Ihr seid wohl nur dann hergekommen, wenn ihr mal wieder hungrig wart oder eine saubere Hose brauchtet. Aber ich werde euch jetzt Beine machen.«

Das wussten wir.

Ben und ich, wir starrten auf unseren älteren Bruder Adam.

Würde Adam kuschen? Oder würde er dem Alten vor die Füße spucken, seine Siebensachen nehmen und verschwinden?

Mom trat neben unseren Vater und schob ihre Hand in die seine. Sie stand einfach nur da und blickte uns an.

Wir sahen, wie zierlich Mom war. Sie wog kaum mehr als hundertzehn Pfund, und sie hatte mit ihren siebenunddreißig Jahren schon graue Strähnen im Haar. Dabei war sie noch schön. Wie konnte eine kleine Frau bei der schweren Arbeit noch so schön bleiben?

Man sah ihr an, wie glücklich sie war, dass unser Vater wieder aus dem verdammten Krieg heimgekehrt war. Nun war sie nicht mehr allein. Er war wieder bei ihr. Für sie musste nun alles gut werden.

Adam hatte lange genug nachdenken und in sich hineinhören können.

Er starrte Vater an und sagte plötzlich: »In Ordnung, du hast uns noch einmal verprügelt wie dumme Jungen, und gewiss hätten wir noch weitere Prügel verdient. Du kannst mir jetzt auch Beine machen. Ich bin es Mom schuldig. Ich werde alles tun, um diese Schuld zu tilgen. Nur schlag mich nicht wieder! Schlag mich nie wieder!«

Unser Vater sah ihn fest an.

»Worauf bist du eigentlich so stolz?«, fragte er nur. »Gibt es etwas, auf das du so stolz sein kannst, dass du dich wie ein Mann fühlst, der sich nicht mehr schlagen lassen kann?«

Da wusste Adam nichts mehr zu sagen. Aber er nahm das Pferd des Vaters, um es im Corral zu versorgen.

Ben nahm dem Tier den Sattel und das Gepäck ab und brachte die Sachen ins Haus.

Ich schleppte Wasser in die Küche, damit Mom unserem Vater in dem großen Holzbottich ein Bad bereiten konnte.

Seit vielen Monaten hatte ich kein Wasser mehr ins Haus getragen.

Oh, was für schlechte Söhne waren wir geworden!

Als wir am nächsten Morgen darauf warteten, dass unser Vater mit uns beginnen würde, die Dächer zu flicken, die Corrals auszubessern und all die vielen anderen Dinge zu tun, die schon längst hätten getan werden müssen, da wurden wir enttäuscht.

Denn unser Vater sagte: »Wir geben hier alles auf und ziehen nach Nebraska. Dort in Nebraska gibt es reichlich Land – gutes Land, weites Land. Dort kann ein Mann mit drei tüchtigen Söhnen ein König werden und einst seinen Söhnen ein Königreich hinterlassen. Man wird von Nebraska eine Eisenbahn nach Westen bauen, die zwei Weltmeere quer über unseren Kontinent verbindet. Das ist die große Chance für alle Menschen, die zuerst kommen. Wir machen unseren Wagen fertig, beschlagen alle Pferde und besorgen alles, was wir in den nächsten Monaten brauchen. Ich denke, dass ich für diese heruntergekommene Farm noch fünfhundert Dollar bekommen werde ...«

Schon eine Woche später zogen wir los.

Wir fuhren einen schweren Wagen, den sechs Maultiere zogen, die wir gegen Pferde eingetauscht hatten. Der Wagen hatte noch einen kleinen Anhänger.

Vater fuhr den Wagen. Und Mom saß neben ihm.

Außer den Pferden, die meine Brüder und ich ritten, hatten wir noch eine Remuda von neun Tieren, zu der auch ein guter Hengst gehörte. Die Pferde wurden von Adam getrieben.

Ben und ich, wir hatten mit siebzehn Rindern zu tun. Sechzehn Kühe und ein Bulle waren es, und sie machten uns die ersten Tage schwer zu schaffen, besonders der verdammte Bulle.

Erst nach einigen Tagen erreichten wir mit diesem Rinderrudel fast gleichzeitig mit dem Wagen unser jeweiliges Camp. Die Rinder hatten sich endlich an das Wandern gewöhnt. Nun blieben wir nicht mehr hinter dem zwar langsam, aber stetig rollenden Wagen zurück.

An einem dieser Tage sang ich zum ersten Male seit langer Zeit wieder.

Natürlich war es »My old Kentucky Home«, jenes Lied von Stephen Collins Foster, das sozusagen unsere Nationalhymne war.

Auch meine Brüder sangen mit – sogar Adam, der neben den Rindern die Pferde trieb.

Diese Pferde waren eigentlich unser kostbarster Besitz. Kentucky-Pferde waren damals schon berühmt, und auch unsere konnten sich sehen lassen.

Nun, wir waren eigentlich wieder eine glückliche Familie geworden. Unser Vater machte uns keine Vorwürfe mehr. Für ihn war unser Versagen vergeben und vergessen – obwohl er, wäre unsere Farm nicht so heruntergekommen gewesen, gewiss einen besseren Preis dafür bekommen hätte.

Wir hatten unter alles einen Schlussstrich gemacht und zogen nach Westen.

Dort wollten wir neu beginnen.

Und für drei junge Burschen bestand dort die Möglichkeit der großen Bewährung.

Dort im Westen lag für Jungen unserer Sorte eine Herausforderung.

Unser Vater sprach nicht viel in diesen Tagen und Wochen. Doch er nahm etwas an Gewicht zu. Er und Mom waren glücklich darüber, dass sie wieder beisammen waren.

Dass er keinen linken Fuß mehr hatte, fiel kaum noch auf. Er hinkte nur leicht. Seine Schnürstiefel-Prothese genügte ihm. Er brauchte keinen Stock, und er verrichtete seine Arbeit mit lässig wirkender Leichtigkeit und Sicherheit. Er war ein Mann von hundertneunzig Pfund Gewicht und einer Größe von sechs Fuß und zwei Zoll.

Seinen Colt trug er immer.

Das hatte er früher nie getan. Aber in den fünf Jahren des Krieges hatte er sich das angewöhnt. In seinem...

Erscheint lt. Verlag 6.4.2024
Reihe/Serie G.F.Unger
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-6619-7 / 3751766197
ISBN-13 978-3-7517-6619-7 / 9783751766197
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