Vanas Erbe (eBook)
470 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7584-9301-0 (ISBN)
Lucian Frey wurde 1990 in Kaufbeuren geboren. Nach einer Odyssee quer durch Deutschland, wuchs er schließlich im Rhein-Main-Gebiet auf und fand dort seine Heimat. Schon in seiner Kindheit liebte er es, in fantastische Welten einzutauchen und seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Seit er sich einen Computer organisieren konnte, tut er das auch unter Zuhilfenahme seiner Tastatur. Wann immer er nicht vom Familienalltag in Anspruch genommen ist, oder mithilfe seiner anderen kreativen Hobbys prokrastiniert, erschafft er seine fantastischen Welten, in denen seine Geschichten spielen.
Lucian Frey wurde 1990 in Kaufbeuren geboren. Nach einer Odyssee quer durch Deutschland, wuchs er schließlich im Rhein-Main-Gebiet auf und fand dort seine Heimat. Schon in seiner Kindheit liebte er es, in fantastische Welten einzutauchen und seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Seit er sich einen Computer organisieren konnte, tut er das auch unter Zuhilfenahme seiner Tastatur. Wann immer er nicht vom Familienalltag in Anspruch genommen ist, oder mithilfe seiner anderen kreativen Hobbys prokrastiniert, erschafft er seine fantastischen Welten, in denen seine Geschichten spielen.
Kapitel 1
Ankunft in Nordgard
D
ie Sonne schien durch die Bäume und erhellte den Wald mit ihrem Licht. Es war Sommer, selbst hier im Vorgebirge. In den Baumkronen sangen Vögel, und im Unterholz an den Rändern des Hohlwegs raschelte es.
Nirvy saß auf dem Wagen, lenkte das Maultier und lauschte verträumt auf die Geräusche ringsum. Die Hufe der Pferde auf der Straße, die Räder des Wagens und die Vögel. Und der Wind. Obwohl er heute nur leicht wehte, schien er ihr Botschaften zuzuflüstern, wenn er über ihre Haut strich.
»Bist du aufgeregt?«
Die Stimme ihres Vaters riss Nirvy aus ihren Tagträumen. Sie drehte den Kopf und sah zu ihm hoch. Auf seinem Kriegspferd gab Avaron eine noch eindrucksvollere Erscheinung ab, als auf dem Boden. Er war hochgewachsen und sowohl schlank als auch muskulös. Jetzt musterte er sie mit seinen blauen Augen, die in seinem ernsten Gesicht standen.
»Wie kommst du darauf?«, fragte Nirvy, die in der Tat aufgeregt war.
»Deine Beine«, antwortete Avaron knapp. »Bis eben haben sie sich unablässig bewegt.«
Nirvy kicherte ertappt. »Ich habe es nicht einmal bemerkt. Ja, ich bin aufgeregt«, fuhr sie nach einer Pause fort. »Nicht mehr lange, und du bist fort.«
Avaron lächelte. »Ich glaube, wenn du erst dort bist, wirst du mich schnell nicht mehr vermissen. Vergiss nicht; in Nordgard wirst du viele neue Leute kennenlernen, die meisten davon in deinem Alter. Es wäre ein Wunder, wenn dich überhaupt niemand mögen würde.«
Nirvy nickte, wandte den Blick jedoch ab und betrachtete wieder den Weg vor dem Wagen. Auf eine der berühmtesten Meisterschulen des Nordens gehen zu können, war etwas Besonderes, doch Nirvy hatte Angst. Zum ersten Mal in ihrem Leben wäre sie für lange Zeit von ihrem Vater getrennt und fernab von ihrem Heimatdorf. Eine ganz neue Welt, und nun war sie weniger als eine Wegstunde entfernt.
Doch Avaron überließ sie nicht ihren Gedanken. »Keine Sorge, Nirvy. Hunderte Schüler sind bereits erfolgreich in Nordgard ausgebildet worden und daran gewachsen. Auch viele Schüler, die denen du um Längen voraus bist. Als ich nach Nordgard gekommen bin, war ich jedenfalls noch ein blutiger Anfänger. Sobald du dich dort eingewöhnt hast, wirst du dich bestimmt wohl fühlen – wahrscheinlich sogar wohler als zu Hause, denn du wirst von Menschen umgeben sein, die dir ähnlich sind.«
Nirvy lächelte ihm zu. Bereits seit Wochen versuchte ihr Vater, ihr gut zuzureden. Sie selbst hatte ihre anfängliche ablehnende Haltung bereits abgelegt, doch die Aufregung war geblieben.
»Es ist schon alles in Ordnung«, sagte sie. »Ich bin bloß aufgeregt. Und das ist wohl jeder, oder?«
»Das bestimmt«, meinte Avaron. »Ich auch. Mein Mädchen verlässt das Haus, um erwachsen zu werden. Welcher Vater wäre da nicht aufgeregt? Aber ich bin auch ziemlich stolz auf dich. Und ein bisschen auch auf mich. Ich denke, ich habe was Gutes aus dir gemacht.«
Über seine Worte freute sie sich sehr. So liebevoll, wie Avaron war, ging er dennoch mit Lob sparsam um.
Sie lehnte sich wieder ein wenig zurück und betrachtete gedankenverloren ihren flachen Bauch. Unter ihrer bronzenen Haut zeichneten sich sacht ihre Muskeln ab, die sie durch das regelmäßige Üben im Rahmen ihrer häuslichen Ausbildung erhalten hatte. Als ihr Vater vor fast zwei Jahren schließlich zugestimmt hatte, ihre Ausbildung zur Kriegsmeisterin zu beginnen, war für Nirvy ein lang gehegter Traum in Erfüllung gegangen.
Doch nun war dieser Abschnitt vorüber. Die Lage an der Grenze verschlechterte sich zusehends, und die Fürstin von Vesthris hatte Avaron nach Vátnfall gerufen, der mächtigen Grenzfestung des Nordens, die die Landbrücke zum Festland bewachte.
Für Nirvy bedeutete das, dass ihr Vater ihre Ausbildung nicht weiterführen konnte, ohne dass sie ihn nach Vátnfall begleitete. Doch das hatte Avaron strikt abgelehnt.
»Kinder – und du bist immer noch ein Kind – gehören nicht in den Krieg«, hatte er gesagt. »Sie verlieren dort ihre Seele, bevor sie überhaupt ausgewachsen ist.«
Und so war die Entscheidung gefallen, Nirvy auf eine der vielen Meisterschulen des Nordens zu schicken – nach Nordgard. Nordgard bildete Meister fast aller Art aus und hatte eine ausgezeichnete Reputation.
Nun war der letzte Abschnitt ihrer zweiwöchigen Reise gekommen, und die Zeit des Abschieds von ihrem Vater, der sie bisher durch alle Lebenslagen begleitet hatte, rückte immer näher.
»Hörst du das Wasser?«, fragte Avaron. »Das ist der Hvitdrift. Er entwässert den See, an dem Nordgard liegt, und fließt von hier aus bis nach Vátnfall. Wenn der Weg auf das Ufer trifft, sind wir angekommen.«
Nirvy nickte und blickte in den Wald. Hinter den Bäumen konnte man den Gebirgsfluss noch nicht sehen, doch man hörte das rasch fließende Wasser. Noch viel stärker als der Wind übte das Wasser eine starke Faszination auf Nirvy aus, was sie dem Umstand verdankte, dass sie vom Volk der Inari abstammte. Diese nahmen die Natur auf eine ganz andere Weise wahr als die restlichen Völker. Manchmal meinte Nirvy, im Wind oder im Plätschern des Wassers Worte vernehmen zu können, doch so sehr sie auch lauschte, konnte sie nie auch nur eines deutlich verstehen. Manchmal, wenn sie lauschte, konnte sie gänzlich die Zeit vergessen, denn die Stimmen der Vanahír, die mächtigen Geister der Welt, verstummten niemals.
Die Straße führte nun hangabwärts, tiefer hinunter in das Tal des Hvitdrift. Die Bäume standen hier lichter, und Nirvy erhielt einen ersten Blick auf das Wasser. Fast sechs Schritte war der Hvitdrift hier breit. Das Wasser floss rasch in dem steinigen Bett und bildete hier und dort Wirbel.
Nirvy sprang vom Wagen, als sie das Wasser erreichten. Angenehm floss es um ihre Füße und Schenkel, als sie ein wenig in die Furt hineinlief. Sie beugte sich hinunter und trank, bevor sie sich wieder umwandte. Ihr Vater hatte sie still beobachtet. Sein Gesichtsausdruck war ungewöhnlich ernst, ja fast traurig.
»Was ist?«, fragte Nirvy.
Avaron schüttelte den Kopf, und sein Gesicht hellte sich wieder auf.
»Nichts«, meinte er. »Los, komm! Lass uns das letzte Stück noch hinter uns bringen.«
Damit trieb er sein Pferd an und ließ es durch die Furt waten. Nirvy zog sich wieder hoch auf den Wagen und folgte ihm vorsichtig. Der Weg stieg jetzt wieder an, doch bald wandte er sich nach links und führte am Ufer entlang. Die Bäume wurden immer lichter, und schließlich trat die Straße aus dem Wald heraus.
Vor ihnen, eingebettet in ein weites Tal, erstreckte sich ein großer See mit klarem Wasser. Und direkt voraus, auf einer Klippe über dem See, erhob sich eine Burg. Es war eher eine befestigte Garnison, die einst einer Hundertschaft Soldaten als geschützte Unterkunft gedient und das Umland gesichert hatte, als ihr Heimatland Vesthris und das Nachbarland Valheim vom Nordkönigreich bedroht worden waren. Direkt an der Klippe hatte man einen breiten Turm errichtet. Eine rechteckige Umfassungsmauer ging davon aus und umschloss ein Gelände von etwa sechzig auf fünfzig Schritt. Über allem ragte ein hoher schmaler Wachturm auf.
»Nordgard«, sagte Avaron. »Seit über fünfzehn Jahren war ich nicht mehr hier. Es sieht immer noch so aus wie in meiner Erinnerung.«
Das letzte Stück des Weges ging nun schnell. Die Straße verlief vom Waldrand aus geradewegs zum Fuß der Klippe und stieg dann an. Nun wurden weitere Gebäude sichtbar, die vor den Toren der Festung erbaut waren. Und auch erste Anzeichen von Leben zeigten sich. Irgendwo zwischen den Hütten bellte ein Hund, man hörte das Wiehern von Pferden und sah Menschen herumlaufen.
Nirvys Herz schlug vor Aufregung schneller. Sie waren angekommen. Sie war in Nordgard.
Als sie die ersten Hütten passierten, wurden sie plötzlich gerufen.
»Avaron!« Winkend, ein Kriegspferd am Zügel führend, näherte sich ein großer, schlaksiger Mann.
Ihr Vater lachte auf. »Tirados! Schön, dich zu sehen!«
Er sprang aus dem Sattel, um Tirados zu empfangen.
»Ich habe mich gefragt, ob du selbst kommen würdest, als ich erfahren habe, dass deine Tochter nun hier als Schülerin aufgenommen wird«, sagte Tirados und lächelte Nirvy an. »Sei gegrüßt, Nirvy. Ich bin Tirados.«
»Meine Grüße«, sagte Nirvy und erhob sich. Obwohl Tirados und ihr Vater im gleichen Alter sein mussten, schien es, als ob die Zeit an Tirados schneller vorbeigegangen sei. Im Gesicht trug er einen kurzen, aber vollen Bart mit grauen Strähnen zwischen dem Braun. Seine Augen waren wachsam, aber eingerahmt von Lachfältchen, die ihm ein freundliches Aussehen gaben.
»Ich bin Lehrer hier in Nordgard«, sagte Tirados. »Da du den Krieger-Lehrgang besuchst, wirst du mich in Zukunft wohl oft sehen. Mein Lehrauftrag ist die Gruppentaktik, aber ich unterstütze meine beiden Kollegen auch bei den Kampftechniken.«
Nirvy nickte nervös. Sie wusste nichts zu erwidern. Doch Tirados schien das auch nicht zu erwarten.
»Einst waren Tirados und ich gemeinsam Schüler auf Nordgard«, erklärte Avaron. »Und später dienten wir zusammen im Heer. Ich verließ schließlich die Truppe, und Tirados schied vier Jahre später auch aus.«
»Knie verdreht«, sagte Tirados und rümpfte verächtlich die Nase. »Und du, Nirvy? Erinnerst du dich an mich?«
Avaron lachte. »Natürlich nicht. Sie war damals erst zwei Jahre alt.«
Nirvy wurde heiß. Wäre ihre Haut nicht so dunkel, wäre sie sicherlich errötet. Dass ein jetziger Lehrer sie bereits im Kleinkindalter getroffen haben sollte, war ihr peinlich.
»Nun, es ist schon...
Erscheint lt. Verlag | 26.3.2024 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Fantasy 2024 • Fantasy Buchreihe • Heroic Fantasy • Krieger • Low Fantasy • Protagonistin • Wikinger |
ISBN-10 | 3-7584-9301-3 / 3758493013 |
ISBN-13 | 978-3-7584-9301-0 / 9783758493010 |
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