Grenzbereiche -  Barbara Kreuß

Grenzbereiche (eBook)

Schatten der Vergangenheit
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
250 Seiten
Edition Lichtland (Verlag)
978-3-947171-64-4 (ISBN)
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Griminalrad. So nennen Hauptkommissar Langer und Kommissar Staudinger aus Freyung spontan ihren neuen Chef. Sie werden mit ihm nicht nur innerbayerische Sprachgrenzen austesten. Ermittlungen jenseits von Einbruchsdiebstählen, Verkehrsunfällen und Schmuggel aller Art nehmen rasant an Fahrt auf. Sie führen vom Bayerischen Wald bis an die Ostsee. Über ganz persönliche Grenzbereiche hinaus.

Barbara Kreuß, Jahrgang 1951, pflückt ihre Geschichten aus dem Leben. Sie schreibt Humorvolles und Hintersinniges von Lyrik bis Satire. In ihren Kriminalromanen verbindet sie historische Ereignisse mit spannender Fiktion. Verständnis für die gemeinsame Geschichte von Bayerischem Wald und Böhmerwald zu schaffen, ist ihr ein Anliegen.

Januar


Der Wind strich über die Fichtengipfel. Aus dicken dunkelgrauen Wolken fiel zeitlos Schnee.

In der Pension am Wald brannte Licht.

Gesine Langer saß am Schreibtisch und erledigte die Post.

Heute war sie nicht ganz bei der Sache.

Immer wieder blickte sie hinaus in den tiefverschneiten Garten. Es fielen dicke weiße Flocken aus dem schmutziggrauen Januarhimmel.

Spät war der Schnee in diesem Winter gekommen. Die Gäste hatten schon bei der Buchung ungeduldig gefragt, wieviel denn nun liege. Aber die weiße Pracht hatte sich bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag Zeit gelassen. Dann kam sie allerdings mit Macht. Schon nach zwei Tagen begannen sich die Leute zu beklagen. Ja, nicht einmal das Wetter konnte es allen Leuten recht machen.

Gesine senkte den Kopf wieder und ordnete die Dezemberbelege für die Buchhaltung. Eigentlich konnte sie zufrieden sein. Das Haus war ausgebucht bis Mitte März, dann würde es ruhiger werden. Die Restaurantgäste kamen regelmäßig und unabhängig von der Witterung. Familienfeste und Betriebsfeiern hatten sie sowieso das ganze Jahr über.

Der dichte Flockenfall und das typisch gelbliche Schneelicht wirkten einschläfernd. Nicht nur das. Gestern war es wieder spät geworden.

Geburtstagsfeiern zogen sich hin.

Gesine dehnte sich ein wenig und stand auf.

Sie holte einen Ordner aus dem Regal und kehrte zum Schreibtisch zurück.

Seltsam, der Blick aufs neue Jahr erfüllte sie mit tiefem Unbehagen. Das ging schon eine ganze Weile so.

Auch vergangene Nacht hatte sie wieder diesen bedrückenden Traum gehabt, der sie schon die ganze letzte Zeit verfolgte. Sie saß in einer kleinen Kammer auf einem unbequemen Stuhl, als hätte man sie weggesperrt. Und dann rückten Wände und Decke immer näher auf sie zu und drohten sie zu zerquetschen. Es war beklemmend und verstörend. Und dann war es plötzlich so weit. Wände und Decke berührten sie. Sie war so eingeengt, dass sie fast keine Luft mehr bekam und hilflos, wie ein Fisch auf dem Trockenen, nach Luft schnappte. Da wachte sie endlich schweißgebadet auf. So nahe waren ihr die Wände noch nie gekommen.

Klaus, neben ihr, atmete ruhig und tief.

Er sagte immer, er träume selten und meist erinnere er sich auch nicht daran.

In diesen Alpträumen hatte Gesine oft das Gefühl, nicht sie selbst zu sein. War es dann Klaus, der auf dem Stuhl saß?

Fühlte sie für – mit ihm?

Die Beklemmung war ebenso groß.

Der Traum war so eindringlich, so real, als ob sich eine Bedrohung näherte. Wem sie nun genau galt, wusste sie nicht.

Wenn sie allerdings an den Beruf ihres Mannes dachte, tendierte sie dazu, dass er der Betroffene sein könnte und sie, quasi eingesperrt, ihm nicht helfen konnte.

Unwillig strich sie ihr Haar zurück.

Genug mit dem Blödsinn!

Gesine gehörte nicht zu den Leuten, die sich so schnell von Träumen beeinflussen ließen.

Dazu war sie zu sehr Realistin. Wahrscheinlich war es der Stress, der ihr auf diese Weise zusetzte. Deshalb hatte sie auch Klaus noch nichts davon erzählt. Klaus Langer war Kriminalbeamter und hatte beruflich genug um die Ohren.

Sicher hätte er sie nicht ausgelacht, nur gegrinst, auf seine jungenhafte Art, die sie so mochte.

Wenn sie jemandem etwas sagen würde, dann am ehesten Marlene, ihrer langjährigen Schulfreundin. Marlene würde allerdings daraus gleich eine reale Sache konstruieren. Sofort würde sie ergründen wollen, wer vielleicht da Böses plane. Sie würde Gesine mit Fragen löchern um der Sache auf den Grund zu gehen. Das war ihre Art mit Träumen umzugehen.

Aus der Küche drang gedämpft der geschäftige Lärm der Küchenbelegschaft. Die Mannschaft war jung und immer zu dummen Späßen aufgelegt. Erst gestern hatte jemand die Kochmütze des jüngsten Lehrlings innen dick mit Senf beschmiert. Es galt immer noch: Wer lernt, muss leiden! Sie dachte lächelnd an die rohen Eier, die man ihr damals in die Schürze praktiziert und gezielt zerdrückt hatte …

Kommissar Staudinger hatte an diesem Morgen die allergrößten Schwierigkeiten aus dem Bett zu kommen. Sein Kopf schmerzte heftig, als hätte er gestern schwer einen über den Durst getrunken. Das war aber überhaupt nicht der Fall gewesen.

Als er schließlich aufstand, musste er sich die Wand entlang tasten, weil er so schwindlig war.

Wie ein Häufchen Elend stand er schließlich im Bad und betrachtete den Fremden, der ihm da aus dem Spiegel entgegen sah. Der Bleiche, Bärtige vor ihm, hatte über Nacht ausgeprägte Hamsterbacken bekommen. Sogar die Ohrläppchen standen ab. Aber Staudinger konnte sich nicht dazu durchringen, das alles mit den Händen zu überprüfen.

Als seine Frau ins Bad kam, meinte sie nur, „Oh, oh, jetzt haben dich die Kinder angesteckt!“

„Womit angesteckt?“

„Der Freund vom Franzl hat vor drei Tagen auch so ausgeschaut. Der liegt nämlich mit Mumps im Bett. Am besten legst du dich auch gleich wieder nieder, damit ist nicht zu spaßen!“

Staudinger tappte gehorsam zurück in sein warmes Bett.

Dass von ihm absolut kein Widerspruch kam, zeigte allein schon den Ernst der Lage.

Hilde Staudinger rief in der Dienststelle an und entschuldigte ihn.

Hauptkommissar Langer stand im Stau auf der B 12 in Höhe von Heldengut. Hier unten schien die Sonne. Die graue Sturmhaube des Kammes hatte er schon am Wettertor unter Herzogsreut verlassen. Er konnte das lange, gerade Straßenstück im offenen Gelände nicht überblicken. Starke Windböen wirbelten Schnee auf und verfrachteten ihn auf die Fahrbahn. Die lockere Pulverschneedecke, etwa 30 cm, bot jede Menge Nachschub. Einen Augenblick lang hielt der steife Ostwind inne. Er konnte plötzlich erkennen, dass sich die Fahrzeugkolonne an einem schräg stehenden Lkw staute, dessen Anhänger auf den abfallenden Straßendamm geraten war.

Das wird dauern.

Dabei sollte Langer heute pünktlich sein, eine tschechische Delegation war angemeldet. Geplant war „der Austausch von Beamten, zur weiteren Verbesserung und Intensivierung der Zusammenarbeit über die Staatsgrenze hinweg“.

Ungeduldig klopfte Langer auf seinem Steuerrad herum.

Als hinter ihm gehupt wurde, drehte er sich unwillig um. Da öffnete sich die Beifahrertüre des nachfolgenden Wagens. Jemand stieg aus und kam zu ihm nach vorne.

Seine Autotür wurde geöffnet.

„Guten Morgen, Herr Kommissar! Darf ich?“

Und schon schob sich ein junger Mann herein und setzte sich neben ihn.

„Ja der Pavel!“

Langer lachte.

„Sag bloß, du gehörst zur tschechischen Delegation!“

„Ja, eigentlich bin ich die Delegation, abkommandiert zum Dienst in Bayern.“

„Mensch, das freut mich aber!“

Sie drückten sich die Hand.

„Dann werden wir wieder einmal zusammenarbeiten!“, lachte Pavel.

„Das können wir gut, wir haben es schon bewiesen.“

“Kann ich mit Ihnen fahren?“

„Na klar.“

„Dann hole ich nur schnell mein Gepäck.“

Langer nickte.

Pavel wuchtete eine große und eine kleine Reisetasche auf den Rücksitz. Der tschechische Wagen hinter ihnen scherte aus der Kolonne aus und kehrte um.

Pavel Studinka war Sonderermittler der tschechischen Polizei. Er arbeitete oft auch mit den Grenzbehörden zusammen. Dabei hatten sie sich längst kennengelernt.

„Hast du eine Ahnung, wer von unseren Leuten zu euch hinüber kommt?“

„Ja, jemand aus der Oberpfalz mit phantastischen Kenntnissen in Tschechisch.“

Die tschechische Sprache war nach wie vor eine große Barriere zwischen den beiden Ländern.

Vorne kam Bewegung in den Fahrzeugknäuel.

Ein eifrig winkender Polizist dirigierte Autos zurück, um mehr Platz zu schaffen. Der Lkw wendete und räumte die Fahrbahn. Der Anhänger hing wie ein gestrandeter, großer Käfer am Straßenrand.

Wie durch ein Wunder, war der ganze Unfall glimpflich abgelaufen. Der nachfolgende Wagen hatte wegen des Wachelwetters größeren Abstand gehalten. Langer ebenso. Deshalb konnte er auch rechtzeitig anhalten, als der Lkw wegen der plötzlich auftauchenden Schneewechte in Schwierigkeiten geriet. Nur weiter hinten gab es ein paar Blechbeulen.

Langer konnte endlich weiterfahren.

„Hast du schon ein Quartier?“

„Nein, ich dachte ich könnte vielleicht bei Ihrer Frau, in der Pension am Wald, unterkommen.“

„Das geht natürlich. Aber da werden bald die Handwerker kommen. Ich mache dir einen anderen Vorschlag. Du kennst doch meine Junggesellenwohnung in Freyung, da könntest du bleiben.“

„Keine schlechte Idee. Warum haben Sie die immer noch?“

„Ach, das ist eigentlich ganz...

Erscheint lt. Verlag 29.2.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-947171-64-1 / 3947171641
ISBN-13 978-3-947171-64-4 / 9783947171644
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