Zeugenschutz für Ratons laveurs -  Renate Pöhls

Zeugenschutz für Ratons laveurs (eBook)

Schreiben Sie doch mal einen bärbeißigen Roman ...
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2024 | 1. Auflage
336 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-3948-6 (ISBN)
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Adeline Tadel, Hobby-Romanschreiberin und gelegentliche Yellowpress-Leserin, hat bei ihrem Gartennachbarn Paulo Plinke ein Loch im Oberstübchen entdeckt - und sie weiß auch, wer da ein und aus geht! Paulo hingegen regt sie an, doch mal einen schlechten Roman zu schreiben, die Welt hätte ihn verdient. Die beiden werden in eine ganz andere Welt versetzt, als sie eine Einladung in das französisch geprägte Joli Petit Propre erhalten, dazu haben sie sich als Waschbär-Experten qualifiziert, die sie nicht wirklich sind ... Im sonnigen Land gibt es aber dieselben düsteren Fragen wie bei ihnen zuhause in Berlin: Wann ist eine Lebensart als 'invasiv' zu bezeichnen? Und wieviel Ersatz braucht ein Original und seine Originalität? Herzog Hervé ist nicht nur ein Waschbär-Liebhaber, er muß sich natürlich auch mit dem Schutz seines Landes befassen, dazu hat er in der aktuellen Krise den Gesundheits-Experten Warmwarner eingeladen. Der ergreift drastische Maßnahmen, was Adeline und Paulo in Bedrängnis bringt. Aber sie haben nicht nur menschliche Freunde, denn auch die liebenswert-charmanten und intelligenten Tiere, die man dort Ratons laveurs nennt, stehen ihnen bei.

Renate Pöhls lebt und arbeitet in ihrer Geburtsstadt Berlin.

Loch im Dachstübchen


„Ich bin nicht sicher, ob Sie es schon bemerkt haben: Sie haben ein Loch im Dachstübchen!“

Das habe ich jetzt wohl nicht richtig ausgedrückt, das Loch im Dachstübchen, denn mein Nachbar, Herr Plinke, sieht mich entgeistert über den Zaun hinweg an. Dabei habe ich immer zu den eher seltenen Gelegenheiten, zu denen wir uns so über die Gartengrenze sehen, den Eindruck er ist ein praktischer Mensch und nicht ohne Humor. Viel mehr als daß er mein Nachbar ist, weiß ich über ihn sowieso nicht.

Aber ich wollte eben gar nicht witzig sein, es ist ja mein voller Ernst und ich trage es schon so lange mit mir herum, ihn mal daraufhin anzusprechen …

„Ja, kommt schon vor, daß ich etwas vergesse, bin ja jetzt auch weit über Siebzig, aber …“ er lächelt verschmitzt und tippt sich an den Kopf – vorsichtshalber vergewissernd, ist der noch da – „… fällt mir momentan nicht ein, was genau Sie meinen!“

„Sie haben es sicher nicht vergessen, Sie haben es wohl eher noch nicht bemerkt …“ damit hebe ich den Blick und schaue auf sein Haus hinter ihm.

Das ist hilfreich!

„Ach, im Hausdach …“ erwidert Plinke jetzt irgendwie vage und hebt den Finger zu einem laschen Zeigen hinter sich.

„Genau!“ ich bin erleichtert, jetzt hat er mich richtig verstanden.

„Ja, das Dach könnte etwas rissig geworden sein, so über die Jahre …“

‚Rissig‘ …?!

Damit räumt Plinke nicht wirklich ein Loch ein – schon gar nicht in der Größe eines Klodeckels – XXL-Klodeckels. – Andere waren mit dem Einräumen nicht so zögerlich …

Hier könnte ich ja lockerlassen – Plinke stört sein Loch im Dachstübchen wohl eher nicht – aber ich habe ja so eine ätzende Art des ‚Ich-weiß-was!‘-Besserwissens.

„Sie können es aus Ihrer Perspektive bestimmt nicht erkennen, denn selbst wenn Sie sich an den Zaun quetschen, reicht der Winkel zum oben Draufschauen nicht aus. Aber kommen Sie doch mal kurz zu mir herüber, von hier können Sie es wunderbar einsehen!“ Da bin ich gleich wieder zu enthusiastisch: wie soll man als Eigentümer über ein Loch im Hausdach begeistert sein, nur weil man jetzt die richtige Perspektive zum Einblick angeboten bekommt?!

Also vielleicht nicht begeistert über das Loch – aber darüber, daß eine aufmerksame Nachbarin es entdeckt hat, mitdenkt und warnend wirken will … –

Das immerhin könnte jemanden mit Dachstübchenloch begeistern – also er könnte sich bei mir als wachsamer Nachbarin bedanken! – Oder er könnte mit mir als Überbringerin der schlechten Nachrichten gleich das Loch verstopfen: lästige Nachbarin gebändigt und durchs Loch regnet’s nicht mehr rein!

Aber das ist genau die Frage, über die ich bei meinem Abwägen – ‚Soll ich ihn auf das Loch ansprechen?‘ – immer wieder gestolpert bin: es müßte doch Strippen regnen durch das Loch, mitten hinein in irgendein Zimmer und das sollte Plinke doch bemerkt haben.

Als wäre er meinem Gedankengang gefolgt, liefert er mir gleich eine Antwort: „Wir wohnen ja nun schon Jahre nicht mehr im Haus, da ist so ein Löchlein nicht schlimm!“ behauptet er.

Das geht an zwei Stellen nun mal wieder am Loch vorbei: obwohl nun von ‚rissig‘ zum ‚Löchlein‘ erweitert, ist es immer noch eine zu klein gewählte Dimension und andererseits, auch in einem unbewohnten wie dem Plinkschen Haus, wird unkontrolliertes Regenwasser im Inneren irgendwann zum Problem, was ich mir – aktiv in meinem eigenen Haus lebend – gar nicht vorstellen mag …

„Regnet’s da nicht ‚cats and dogs‘ rein?“ frage ich jetzt schon etwas resigniert, weil ich meinen Nachbarn Plinke für sein Dachstübchenloch weder begeistern noch alarmieren kann. Das ärgert mich – da überlege ich tagelang hin und her, ob ich ihm das Loch auf die Nase binden soll, entschließe mich dann doch dazu, weil’s ja wichtig sein könnte, da was zu machen, aber er tut es ab. Soll ich doch meinen absoluten Joker aus dem Dachloch lassen …?

Plinke lächelt immer noch voll relaxed: „Mal kommen paar Tröpfchen vielleicht durch, aber es regnet keine jungen Hunde hinein, wie man hier sagen würde!“

Jetzt kann ich mich doch nicht mehr beherrschen und dresche den Joker: „Junge Hunde nicht – aber ein Rudel Waschbären, die da ein und ausgehen!“

Plinke weicht zum ersten Mal meinem Blick aus, lächelt dann wieder spitzbübisch: „Sie haben sie also bemerkt?!“ Er macht eine kurze Pause und fährt dann fort: „Meine Frau möchte ja nicht, daß ich die Raccoons da wohnen lasse, aber es ist eine Zwischendecke im Mauerwerk, deshalb regnet es auch nicht durch.“

Er nennt die ‚Procyon lotor‘ – so heißen die Waschbären wissenschaftlich – bei ihrem englischen Namen ‚Raccoons‘. Plinke war, hat er mir schon früher mal erzählt, als junger Mann in Amerika. Da sollen die Waschbären ja noch viel verbreiteter sein, vielleicht wählt er deshalb diesen Namen.

Plinke kommt dann doch rüber in meinen Garten – obwohl er um sein Dachstübchenloch schon weiß, wie es den Anschein hat.

Und so wird es ein erstaunlicher Nachmittag …

Dieser Herr Plinke – irgendwie ein Mensch voller Überraschungen, denke ich mir, und rekapituliere mal flugs, was ich über ihn weiß …

… er ist mein Gartenzaunnachbar, unsere jeweils etwa siebenhundert Quadratmeter großen Gärten haben eine Grenze von etwa vierzig Metern gemeinsam.

Wir Eigentümer sind aber sehr unterschiedlich: Plinke ist gut in den Siebzigern, ich Mitte Sechzig – Alter schiebt sich beim Altwerden zusammen, das ist also eine kleiner werdende Differenz, aber: von den Plinkes gibt es zwei, zu ihm gehört noch eine Ehefrau, auch so in seinem Alter. Beide haben vor einigen Jahren entschieden, ihr Grundstück stillegen zu lassen, weil sie sich in eine Drei-Zimmer-Wohnung in einer Siedlung hinter unseren Gärten einmieten wollten. Den Garten nach vor allem wohl Frau Plinkes Maßstäben in Schuß zu halten, paßte nimmer so gut. Für das Stillegen meldet man bei den verschiedenen Ämtern einiges formal und real ab. Müllabfuhr muß ja nicht mehr kommen, Wasser kann man abdrehen lassen, nur Strom muß wohl an der Leitung bleiben, vielleicht falls mal ein Notfall eintritt. Das ist sozusagen die Verlustseite, aber Dachlöcher darf man als Zuwachs wohl haben, auch wenn man wegzieht, auch wild wachsender Baumbestand darf zuwachsen – wörtlich: Strupps aller Art darf mehr werden. Das mußte man einigen Pflanzen und Büschen nicht zweimal sagen und dieser Überhang darf dann – wie bei Dornröschen sich überallhin ausbreiten – innerhalb der Grundstücksgrenzen.

Wenn man nette Nachbarn hat – so wie Plinke zu meiner Seite … – spricht man sich ab, daß man Störendes über die Grenze Kapriolendes abschneidet, falls es einem zu viel wird – ich habe durchaus auch einige Bäume, die dem Plinkschen Laub Paroli bieten. Also bei uns ist alles recht gut zugewachsen. Eichhörnchen, die gern über die Bäume ihre Wege suchen, können da locker von meinen zu Plinkes Ästen und vice versa wechseln – die sind für sie ohne Sprung und Anlauf zu überwinden. Ich bin sicher, die Hörnchen sehen es nicht als Grenze es ist für sie eher wie unser durchgängiges Europa …

Plinkes andere Vierzig-Meter-Grenz-Nachbarin sieht das nicht so locker und hat ihren Meister fürs Heckenverschneiden häufig auf Plinkes Baumbestand gehetzt – nachdem sie Plinke kurz darüber informiert hatte, daß da der Stutzer drüber geht. Plinke ist da stoisch und lächelt in seinen weißen Bart.

Diese Nachbarin und einige andere, die gar nicht direkt anwohnen, aber bei sogenanntem Unkraut gleich gedanklichen Ausschlag bekommen, diese Saubermänner und – da gendern wir mal – Sauberfrauen, hätten es am liebsten, daß die Plinkes verkaufen sollten.

So hat es mir diese Nachbarin mal über die Straßenzaunseite erzählt, an der plauscht man gelegentlich, etwa dann, wenn man vom Einkaufen kommt. Für diese Nachbarin ist es klar: wenn die Plinkes verkaufen, dann wird alles besser!

„Aber lassen Sie mal eine junge Familie mit einer Rotte Kleinkinder einziehen … – so viel Gekreisch können herüberwachsende Bäume wirklich nicht machen …“ gab ich ihr zu bedenken.

So hatte sie es noch gar nicht gesehen … – und gesehen hat sie auf ihrer Dachseite des Plinke-Hauses wohl auch noch keinen Waschbären, der neckisch aus einem Dachloch schaut – dort ist eben kein Dachloch! Tiere haben ja Instinkt, vielleicht wissen sie deshalb sogar, für welche Nachbarin der Anblick eines eingestülpten Dachteils mit keck...

Erscheint lt. Verlag 19.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
ISBN-10 3-7583-3948-0 / 3758339480
ISBN-13 978-3-7583-3948-6 / 9783758339486
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