Der Brotmacher -  Karl-Dietmar Plentz

Der Brotmacher (eBook)

Bäcker. Beter. Unternehmer.
eBook Download: EPUB
2024 | 5. Auflage
208 Seiten
Brunnen Verlag Gießen
978-3-7655-7855-7 (ISBN)
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Bäcker Plentz backt mehr als kleine Brötchen: Für christliche Werte setzt sich der erfolgreiche Unternehmer mindestens so entschlossen ein wie für Aufsehen erregende Marketingaktionen. Sein Glaube hat ihn in seinem Leben schon in einige brenzlige Situationen gebracht, ihm aber auch bei schweren Entscheidungen geholfen und aus tiefer Erschöpfung. Mit viel Humor erzählt der vielfach ausgezeichnete 'Bäcker der Herzen', wie er im prall gefüllten Arbeits- und Familienalltag die richtigen Prioritäten setzt.

geb. 1966, ist Unternehmer und gefragter Vortragsredner. Die traditionsreiche brandenburgische Familienbäckerei führt er nun schon in der vierten Generation fort. Mit seiner Frau Agnes hat er fünf erwachsene Kinder.

Ein Bäcker muss schießen


Da ich aus einer traditionsreichen Bäckerfamilie stamme, lag es im Grunde auf der Hand, dass auch ich dieses Handwerk erlernen würde. Aber genauso entscheidend war, dass ich mich entschlossen hatte, kein Leben mit Kompromissen zu führen, um an ein Studium zu kommen. Ich war ja weder in der FDJ, dem kommunistischen Jugendverband, noch hatte ich eine Jugendweihe mitgemacht. Dinge, die zu einer linientreuen DDR-Biografie unbedingt gehörten und einem auch entsprechende Karrieremöglichkeiten auftaten.

Als bekennender Christ war ich dadurch schon als Kind immer mal wieder außen vor, aber hatte auch gelernt, damit umzugehen und mich mit meinem Glauben zu positionieren. Pläne für ein Studium zu verfolgen, hätte auf jeden Fall bedeutet, hier und da eine ideologische Fahne zu schwenken. Manchmal war ein Studium auch an eine Unteroffizierslaufbahn oder Ähnliches gebunden. Dazu war ich aber nicht bereit. Allerdings schmerzte es mich schon, dass ich zwar die besten Zensuren hatte, mir aber nicht dieselben Karrieremöglichkeiten offenstanden wie anderen, die linientreu waren.

Mir war aber auch klar, dass ich als Handwerker mit eigenem Betrieb wie auf einer geschützten Insel agieren und einige Freiheiten genießen konnte. So trat ich also mit 16 Jahren meine Bäckerausbildung an. Dazu hatte ich einen Lehrvertrag im väterlichen Betrieb abgeschlossen – was bedeutete, dass ich bei meinem Vater stramm und hart arbeiten lernte. Auch große Verantwortung zu tragen hatte ich schon früh gelernt, da ich hin und wieder eine Woche von der Schule befreit wurde, damit man die Bäckerei nicht schließen musste. Mein Vater war nämlich zu der Zeit schon schwer herzkrank und ich musste einspringen und den Meister vertreten, wenn er ausfiel.

Nun also startete ich in die richtige Lehrzeit und pendelte an ein bis zwei Tagen pro Woche zur Berufsschule nach Berlin, ins Backwarenkombinat BAKO Pankow-Heinersdorf, wo ich meine theoretische Ausbildung erhielt. Bei schönem Wetter fuhr ich die halbe Stunde von Schwante aus mit dem Motorrad, ansonsten nahm ich die S-Bahn.

In dieser Bäckerschule wehte ein recht scharfer militärischer Wind, und wie ich bald merken sollte, nahm man es mit der vormilitärischen Ausbildung ziemlich genau. Einige der Lehrer hatten nämlich früher dem Wachregiment der DDR angehört – der militärischen Formation, die für den Schutz von Regierungseinrichtungen oder für Paraden eingesetzt werden. (Was wir damals nicht wussten: Die harmlos aussehenden Bäckereilieferautos auf dem Hof des Backwarenkombinats hatten eine Doppelfunktion: Sie wurden bei besonderen Einsätzen, zum Beispiel in der Zeit der Wende-Demos, als „grüne Minnas“ genutzt, also zur vorübergehenden Verwahrung von Demonstranten. Auch gab es auf dem Gelände einige Räume, die als Außenstation der Partei oder Stasi genutzt wurden.)

Geländemärsche und spielerische militärische Übungen kannten wir schon aus der Schule. Im Rahmen der Berufsausbildung übernahm die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) die Aufgabe der vormilitärischen Ausbildung – für die Männer wie für die Frauen. Das alles diente der Militarisierung und Wehrhaftigkeit der Gesellschaft. So hatten wir auch in der Berufsschule ein- bis zweimal im Monat „Wehrerziehung“ und immer mal ein oder zwei Wochen „GST-Lager“, wo Auszubildende verschiedener Gewerke irgendwo im Wald im tiefsten Brandenburg eine intensivere Einheit an Militärausbildung erhielten. In diesen Camps hatten die Ausbilder auch die Gelegenheit, geeignete und talentierte Leute zu entdecken und sie für eine Offizierslaufbahn oder sonstige DDR-Karriere zu gewinnen.

Da ich als äußerst großer Mensch Probleme mit der Wirbelsäule habe, hatte ich ein Attest, das mir eine Sportbefreiung ermöglichte. Dieses Attest brachte ich auch ein, um mich zum Innendienst melden zu können. Denn was ich nicht lernen wollte, war schießen. So gehörte ich schließlich der Truppe in der Küche an. Hier brachte ich mit Eifer zum Einsatz, was ich gut konnte und was mir mein Vater beigebracht hatte: fleißig sein und Verantwortung tragen. Jeden Tag gab ich dort mein Bestes, ich war ein top Mitarbeiter, ausgeschlafen, rockte die Küche und ließ mir nichts zuschulden kommen. Wenn wir nachts mit der Trillerpfeife aus den Betten geschmissen wurden und zu einem Nachtmanöver in den Wald mussten, hatte ich die – nicht gerade schlechteste – Rolle, an einer Station die Erschöpften mit Tee zu empfangen.

So ging alles gut bis zu dem schönen Tag, als ich mit meinen Kameraden in einer Pause Tischtennis spielte. Da kam ein Offizier dazu und sagte auffordernd: „Komm, gib mir mal ’ne Kelle, ich spiel ’ne Runde mit!“ So kam es dazu, dass ich gegen den Offizier Tischtennis spielte und ihn dann auch noch unter dem lauten Gejohle meiner Kameraden besiegte. Da wurde er auf mich aufmerksam. „Warum hat dieser Junge eine Sportbefreiung? Das kann ja wohl nicht angehen. Da ist doch was faul!“

Wenig später sollte ein einschneidendes Erlebnis folgen: Nicht gerade sanft wurde ich in eine Baracke des Lagers geführt. Vorn aufgebaut war eine Tafel, an der der hochdekorierte Vorsitzende, ein Offizier, in der Mitte saß, einige hohe Tiere neben ihm, einer von ihnen hatte die Beine auf dem Tisch. Ich musste mich auf einen Hocker in der Raummitte setzen, links und rechts von mir standen Männer, auch schräg hinter mir ein oder zwei, die ich nicht sehen konnte. Da saß ich nun, ein großer, klapperdürrer Junge von 16 Jahren mit dem Militärkäppi auf dem Kopf. Und dann wurde mir auf den Zahn gefühlt, aber so richtig.

Unbeholfen erzählte ich von meiner Sportbefreiung und dass ich in der Küche meinen Dienst machte. Versuchsweise setzte ich lobend an: „Ich bin sehr froh, in meinem friedliebenden Heimatland zu leben, und mein Beitrag dazu ist, dass ich meinen vorbildlichen Einsatz im Innendienst leiste. Ich bin dankbar, dass es die Möglichkeit für Menschen wie mich gibt, später nicht an der Waffe zu dienen, sondern Bausoldat zu werden …“ Aber noch ehe ich richtig zu Wort kommen konnte, fielen mir die Männer ins Wort und ich kam in ein regelrechtes Kreuzverhör – und in Erklärungsnot. „Na, Kamerad, was würden Sie denn machen, wenn Sie durch einen Park gehen und jemand greift mit dem Messer Ihre Freundin an. Würden Sie sie da nicht verteidigen und zuschlagen? Sind Sie so ein Feigling, dass Sie das andere machen lassen würden? Wissen Sie eigentlich, was für eine Pflaume Sie sind?“

Das Verhör wurde manipulativ und beleidigend. Im Stillen betete ich und blieb standhaft, verwies auf meinen Glauben und mein Gewissen. Dann wurde es lauter: „Was ist das denn bitte für ein Glaube? Wissen Sie eigentlich, was für einen Schwachsinn Sie da glauben? Na, wenn Sie so bibelfest sind, dann erklären Sie uns doch mal bitte die Jungfrauengeburt.“ Eine belustigte Stimmung machte sich breit. Der Einzige, dem so gar nicht nach Lachen zumute war, war ich. Es war hochnotpeinlich! Mit tiefrotem Gesicht stotterte ich, ein unbeholfener Teenager, mir einen ab, während die Offiziere und Ausbilder ihren Spaß hatten.

Irgendwann wurde es dem Vorsitzenden zu viel und er brüllte laut: „So, jetzt will ich mal die Fakten zusammenfassen – Herr Plentz hat den Lehrvertrag unterschrieben. Dazu gehört die vormilitärische Ausbildung. Auch das Schießen. Wenn Sie nicht schießen, werden Sie vertragsbrüchig und können nicht Bäcker werden.“ Mit bösem Blick herrschte er mich an: „Und jetzt raus, ab zum Schießen!“

Etwas benommen trat ich aus der Baracke. Ausgerechnet heute gab es Schießübungen. Ich hatte noch nie eine Waffe in der Hand gehabt, musste mich aber in die Reihe stellen. Schritt um Schritt kam ich dem Unteroffizier vom Dienst näher, der einen nach dem anderen schießen ließ. Als der Mann vor mit geschossen hatte, hieß es: „Der Nächste bitte!“ Ich sagte ihm: „Ich werde nicht schießen. Ich hab mit Offizier X schon geredet, der weiß Bescheid.“ „Gut, wenn das so ist – der Nächste bitte!“, kam die knappe Antwort.

In diesem Moment habe ich die starke Erfahrung gemacht, wie es Jesus in Markus 13,11 zusagt: „Wenn man euch verhaftet und vor Gericht stellt, dann macht euch nicht im Voraus Sorgen, was ihr sagen sollt. Denn wenn es so weit ist, wird euch eingegeben, was ihr sagen müsst. Nicht ihr seid es, die dann reden, sondern der Heilige Geist.“ Meine Antwort hatte ich nicht vorbereitet. Sie war mir in dem Moment in den Kopf gekommen, als ich vor dem Schießstand aufrückte.

Aber die Geschichte hatte noch ein Nachspiel: Durch den Vorfall war ich in den Fokus der verantwortlichen Offiziere gerückt. Offenbar hatten sie Wind davon bekommen, dass ich mich weiterhin geweigert hatte zu schießen. So kam eines Tages einer der Verhörer zu meinem Vorgesetzten des Innendienstes. Ohne...

Erscheint lt. Verlag 15.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
ISBN-10 3-7655-7855-X / 376557855X
ISBN-13 978-3-7655-7855-7 / 9783765578557
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