Jerry Cotton Sonder-Edition 231 (eBook)

Mein Mord-Kontrakt

(Autor)

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2024 | 1. Aufl. 2024
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6267-0 (ISBN)

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Jerry Cotton Sonder-Edition 231 - Jerry Cotton
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In meinem Hotelzimmer lag ein brauner Umschlag. Ich öffnete ihn und fand fünfzehntausend Dollar! Im nächsten Augenblick schrillte das Telefon. Ich nahm ab. Eine unbekannte Männerstimme sagte: 'Ich nehme an, Sie haben das Geld gefunden, Cotton. Sie werden in unserem Auftrag einen prominenten Mann töten. Das Geld gehört Ihnen. Es ist die Anzahlung auf Ihren Mord-Kontrakt.'


2


Die Ausstattung der Bar sollte dem Gast das Innere einer aztekischen Kultstätte vorgaukeln. Aus allen Ecken glotzten Maskengesichter. Die Wände waren mit farbigen Ornamenten verziert, wie sie im Volk seit Urzeiten überliefert wurde.

Das gedämpfte Licht in dem länglichen Raum sollte über die frühe Stunde – es war halb zwölf Uhr – hinwegtäuschen. Ich ließ meinen Blick über die Anwesenden wandern. Es waren trotz der frühen Stunde recht viele, die sich bei einem Drink auf den bevorstehenden Lunch oder Almuerzo einstimmten: japanische Firmenvertreter, europäische Ingenieure, südamerikanische Geschäftsleute.

Gleich vorn saß ein stämmiger Mann mit olivfarbener Gesichtshaut, dessen tief liegende Augen meinen Blick einfingen. Er hatte eine kühn gebogene Nase mit einem buschigen Schnäuzer darunter, in dem die Tropfen des Orangendrinks hingen, von dem er eben getrunken hatte.

Als ich die Karte ein wenig anhob und fragend die Brauen wölbte, verzog sich das fleischige Gesicht zu einem Grinsen. Der Mexikaner rutschte vom Hocker und streckte mir seine breite Hand entgegen.

»Sie sind also Jerry Cotton. Willkommen, willkommen! Als ich Ihren Namen im Teilnehmerverzeichnis entdeckt habe, habe ich mir vorgenommen, Sie kennenzulernen. Ich bin Manuel Tocedo. Sagen Sie ruhig Manuel zu mir, wie es bei Ihnen üblich ist.« Manuel Tocedo sprach ein einwandfreies Englisch, weshalb er vermutlich als Verbindungsmann zum FBI diente.

Ich lächelte über die offene Art des mexikanischen Kollegen. Bereitwillig ließ ich mich zu einem Drink überreden, zu einem alkoholfreien, versteht sich.

Nicht Terrorismus, sondern Prominentenschutz und Ausländerangelegenheiten gehörten zu Manuel Tocedos Aufgabenbereich. Mit der Tagung war er deshalb nur am Rande befasst. Aber er wollte mir seine Stadt zeigen und mich zum Essen ausführen – am liebsten schon heute Abend.

Ich dachte an die schöne Carmen, die mich gleich anrufen wollte. Vielleicht hatte sie am Abend nichts vor. Ich grinste Tocedo an. Mit Carmen konnte er nicht konkurrieren.

»Ich weiß nicht genau, wie mein Zeitablauf aussieht«, sagte ich. Der Kongress sollte morgen früh um zehn Uhr beginnen und die nächsten drei Tage, bis zum kommenden Freitag, dauern. »Auf jeden Fall brauche ich jetzt eine Dusche.«

Tocedo deutete auf meine Hemdtasche, in die ich seine Karte gesteckt hatte. »Rufen Sie mich an. Ich hole Sie ab, okay?«

»Bueno.« Ich leerte mein Glas und schnappte meinen Koffer.

Tocedo begleitete mich in die Halle. Das Gedränge vor der Rezeption und den Aufzügen schien noch zugenommen zu haben. Unwillkürlich blieben wir stehen, um einer Gruppe Männer Platz zu machen, die durch die aufgestellten Flügel der Drehtüren hereinkam. Es waren Männer mit ausdruckslosen Gesichtern. Stoisch blickten sie geradeaus, während sie sich fast im Gleichschritt durch die Halle walzten und sich vor den Fahrstühlen aufbauten. Ihre Anzüge, dunkel und altmodisch, waren von gleichem Schnitt und erinnerten dadurch an Uniformen.

Ein unwilliges Grollen quoll aus Tocedos stämmigem Hals. »Dass die sich trauen hierherzukommen!«

»Sehen wie Gangster aus«, murmelte ich nah an seinem Ohr.

»Damit liegen Sie gar nicht so schief, Jerry«, gab der mexikanische Kollege leise zurück. »Sie gehören zur kolumbianischen Delegation ...«

Jäh wurde ich an meinen kleinen Sonderauftrag erinnert. »Oliver Cervera. Ist er dabei?«

»Er ist noch nicht eingetroffen«, antwortete Tocedo. »Was wissen Sie von ihm?«

»Ach, nur dass ich ihn kennenlernen möchte«, sagte ich leichthin. Als ich Tocedos befremdeten Seitenblick bemerkte, fügte ich schnell hinzu: »Ob gern oder ungern, sei dahingestellt, Manuel ...«

Mein Zimmer im zwölften Stock entpuppte sich als ein geräumiges Apartment. Es bestand aus einem riesigen Salon und einem Schlafzimmer, zu dem ein luxuriös ausgestattetes Bad gehörte.

Wenn ich die schöne Carmen wiedersah, wollte ich ihr erfrischt gegenübertreten. Deshalb wuchtete ich meinen Koffer auf das Gestell, legte frische Wäsche zurecht und zog mich aus.

Im Bad nahm ich eins der flauschigen Handtücher vom Stapel.

Darunter kam ein Umschlag aus dicker brauner Pappe zum Vorschein, der Größe nach fast schon ein Päckchen. Wie eine hässliche Kröte lag er auf dem sauberen weißen Handtuch.

Jäh wurde ich daran erinnert, was der Grund meines Aufenthalts hier in Mexiko und was der Gegenstand der bevorstehenden Tagung war – der internationale Terrorismus. Fanatische und intelligente, zu allem entschlossene Gegenspieler, Kriminelle, mit gewöhnlichen Verbrechern kaum zu vergleichen, da die Motive ihres Handelns nicht fassbar, nicht erklärbar, nicht nachvollziehbar waren. Sie töteten nicht aus Hass oder Eifersucht oder Habgier. Sie legten keine Bomben, um Geld zu erpressen. Sie wollten eine andere Welt und eine andere Gesellschaftsordnung, ohne die neue Welt, die neue Gesellschaftsordnung beschreiben zu können. Zuerst wollten sie Anarchie, das Chaos. Nur das schien als gemeinsames Merkmal festzustehen.

Eine Tagung, an der Terrorismusbekämpfer vieler Nationen teilnahmen, eine Tagung, bei der hohe Polizeibeamte, ja, sogar Regierungsmitglieder mehrerer Länder Vorträge halten würden, musste einen hohen Reiz auf Extremisten aller Schattierungen ausüben. Die Räume des Kongresszentrums, in dem die Tagung stattfand, waren deshalb schon seit Tagen hermetisch abgeriegelt und wurden von einer Sondereinheit der mexikanischen Polizei ständig bewacht.

Ähnlich lückenlose Sicherheitsvorkehrungen ließen sich in einem Luxushotel mit über tausend Zimmern, mehreren Restaurants und Bars nicht durchführen.

Ich starrte auf den fleckigen Umschlag, die Wölbung, und mein erster Impuls war wegzurennen, raus aus diesem Raum. Ich war nackt. Ich kam mir verletzlich vor.

Ich ließ mich auf ein Knie nieder, näherte mein Gesicht dem Umschlag und betrachtete ihn aus der Nähe. Mit einem Finger strich ich über die raue Pappe und prüfte, ob der Inhalt nachgiebig war, während alles, was ich über Briefbomben oder Kontaktgifte wusste, durch mein Hirn schoss.

Ich schob behutsam eine Hand unter den Umschlag und hob ihn etwas an. Er war nicht besonders schwer. Das Gewicht schien dem Umfang und der Dicke des Umschlags angemessen, wenn er Papier enthielt. Prospekte, Fotos, Broschüren.

Hatte der Gast, der vor mir in diesem Apartment gewohnt hatte, diesen Umschlag unter den Handtüchern versteckt und ihn bei der Abreise vergessen? Pornofotos, die seine Frau nicht entdecken durfte?

Unsinn, Jerry, dachte ich. Die Handtücher waren frisch und erst vor Kurzem hier aufgestapelt worden. Wer immer den Umschlag abgelegt hatte, hatte es getan, nachdem das Zimmer für einen neuen Gast hergerichtet worden war.

Für den Special Agent Jerry Cotton aus New York?

Mutiger geworden, drehte ich den Umschlag um. Auch die andere Seite war nicht beschriftet. Ich bemerkte, dass die Lasche nur in den Umschlag gesteckt, aber weder zugeklebt noch geklammert war.

Ich nahm ein Messer aus meinem Necessaire. Vorsichtig schob ich die Klinge unter die Lasche und zog sie heraus.

Langsam stieß ich den angehaltenen Atem aus. Der Inhalt des Umschlags hätte so manches Herz erfreut. Meins bestimmt nicht. Ich wusste, dass ich vor einem Problem stand.

Der Umschlag war mit Geldscheinen vollgestopft.

Weil ich die Scheine nicht mit den Fingern berühren wollte, zog ich sie mit einem Waschlappen heraus.

Das Geld war zu zwei Paketen gebündelt. Das eine enthielt Dollarnoten. Nach einem flüchtigen Durchblättern schätzte ich die Summe auf glatte zehntausend. Das andere bestand aus mexikanischen Pesos in großen Scheinen. Etwa eine Million, was bei dem derzeitigen hohen Kurs dem Gegenwert von etwa fünftausend Dollar entsprach.

Vergeblich suchte ich nach einer Nachricht, einer Mitteilung, nach irgendetwas, das Aufschluss über die Absicht der Person gab, der mir fünfzehntausend Dollar ins Zimmer gelegt hatte.

Mir? Dem G-man Jerry Cotton? Oder dem Gast, der dieses Zimmer bezog, egal wer es war? Oder handelte es sich um einen Irrtum? Hatte die Hotelleitung den Belegungsplan geändert und war das Geld für jemand bestimmt, der ursprünglich dieses Apartment bekommen sollte? Und wofür sollte es sein? Bestechungsgeld? Lohn für eine schmutzige Arbeit?

War der Empfänger ein Polizeibeamter?

Ich zuckte leicht zusammen, als das Telefon schnarrte.

Carmen, dachte ich bedauernd. Der gemeinsame Lunch musste ins Wasser fallen.

Es gab auch einen Apparat im Bad. Ich nahm ab.

»Hallo?« Ich hoffte, dass meine Stimme neutral klang. Ich würde den Lunch absagen müssen. Ich musste erst feststellen, was es mit diesem seltsamen verfrühten Osterei auf sich hatte.

Doch statt Carmens vibrierender Stimme hörte ich einen Mann, der leise lachte.

»Wer ist da?«, fragte ich.

»Ich nehme an, Sie haben da was in Ihrem Badezimmer gefunden ...«

»Wenn der Umschlag Ihnen gehört, können Sie ihn abholen«, sagte ich.

Der Mann lachte wieder. »Was...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2024
Reihe/Serie Jerry Cotton Sonder-Edition
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Action Abenteuer • action romane • action thriller • action thriller deutsch • alfred-bekker • Bastei • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • erste fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Heft • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Krimi deutsch • krimi ebook • Krimi kindle • Kriminalfälle • Kriminalgeschichte • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Kriminalromane • kriminalromane 2018 • kriminalromane deutsch • Krimi Reihe • Krimireihen • krimi romane • Krimis • krimis&thriller • krimis und thriller kindle • Krimi Urlaub • letzte fälle • martin-barkawitz • Polizeiroman • Romanheft • Roman-Heft • schwerste fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • spannende Thriller • Spannungsroman • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • Wegner
ISBN-10 3-7517-6267-1 / 3751762671
ISBN-13 978-3-7517-6267-0 / 9783751762670
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