John Sinclair 2383 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6206-9 (ISBN)
Die Schweizer Alpen bei Genf. Hier lebt der junge Adrienne Viroux allein mit seinem Hund auf einem kleinen, abgelegenen Hof. Ein hartes, aber auch idyllisches und friedvolles Leben. Dann findet er eines Morgens in seinem Stall eine junge Frau, bewusstlos und unbekleidet. Er kümmert sich um die Unbekannte - und beide verlieben sich ineinander!
Doch was als Romanze beginnt, droht in nacktes Grauen umzuschlagen! Denn Adrienne ahnt nicht, dass sich seine Geliebte einmal im Monat - bei Vollmond - in eine blutgierige Bestie verwandelt!
Werwolf-Liebe
Von Marlene Klein
Vollmondnacht
Trotz des hell leuchtenden Vollmondes am sternenklaren Nachthimmel war es düster. Durch den dicht bewachsenen Tannenwald drang so gut wie kein Licht.
Doch die Kreatur, die teils auf zwei Beinen, dann wieder auf allen vieren durch den Wald preschte, brauchte kein Licht, um zu sehen. Diese Kreatur ließ sich nicht in die Lehren der Wissenschaft einordnen, sie war weder Mensch noch Tier, sie vereinte Teile von beidem in sich.
Ein Werwolf!
Der massige Körper schlug sich durchs Gebüsch und drückte kleinere Äste mühelos zur Seite. Getrieben einzig von dem Instinkt, einen Menschen zu finden, ihn zu töten und sich an seinem Fleisch zu laben.
Das Untier stoppte seinen Lauf, als sich der Bewuchs etwas zurückzog. Es war keine große Lichtung, lediglich eine Lücke zwischen den dicht stehenden Tannen. Hier war der Blick in das funkelnde Firmament frei.
Wie eine blankgeputzte silberne Münze stand der Erdtrabant leuchtend in einem Sternenmeer.
Der Werwolf richtete sich auf, bis er wie ein Mensch auf zwei Beinen stand. Der kühle Wind fuhr ihm ins dichte, grau-schwarze Fell und ließ die feinen Härchen erzittern. Er legte den Kopf in den Nacken, breitete die Arme aus und stieß ein markerschütterndes Heulen aus.
Dann blickte er hinunter ins Tal. Unten sah er eine hell erleuchtete Stadt am Ufer einer gewaltigen Wasserfläche. Im Nachtschatten war sie nur als eine glatte, schwarze Ebene erkennbar und wirkte wie ein überdimensionaler Tintenfleck. Die pulsierende Großstadt entlang des Sees schmiegte sich bis in die Ausläufer der Berge, die sie umgaben.
Genf.
Ein Opfer hatte er sich heute Nacht bereits geholt. Doch der Hunger blieb, verschwand nie ganz in einer Vollmondnacht. Und so hoffte er, die Witterung eines weiteren Menschen auszumachen, um seine tödlichen Triebe zu befriedigen.
Was nun an seine feinen Ohren drang, war nicht menschlich, jedoch direkt an ihn gerichtet, und es überraschte ihn. Sein Heulen wurde erwidert. Plötzlich war die Absicht, inmitten der Natur der Schweizer Berge auf gut Glück die Witterung eines Menschen aufzunehmen, vergessen. Mit einem Mal hatte er ein konkretes Ziel.
Er ließ sich auf die gewaltigen Vorderpranken fallen, auf vier Beinen kam er deutlich schneller voran als auf zweien. Erneut stürmte er davon, diesmal in Richtung des Heulens. Erneut wurden Zweige geknickt und gebogen, junge Pflänzchen unter den Pranken zermalmt.
Dann erreichte ihn der Geruch. Ein Duft, wie ihn ein wildes Tier verströmte und doch seinem eigenen sehr ähnlich. Von dieser Marke geleitet rannte er auf die Quelle zu, brach durchs Unterholz, verlangsamte seinen Lauf, als der Geruch übermächtig wurde.
Er hörte tierische Laute, ein Wimmern und Jaulen, knurren und bellen, das aus dem dichten Unterholz drang.
Er lauschte, schnüffelte. Die Laute klangen ab, bis sie ganz verstummten, die Tiere schienen sich zu beruhigen. Offenbar hatten auch sie ihn gewittert.
Er richtete sich auf und schob mit den gekrümmten Krallen vorsichtig die dünnen Zweige einer Tanne zur Seite.
Er erblickte ein Rudel Wölfe. Sechs Tiere, alle sahen gebannt in seine Richtung und starrten ihn aus gelben Raubtieraugen an. Ein Rüde, eine Fähe und vier jüngere Tiere, vermutlich ihre Brut. Noch nicht ganz ausgewachsen, aber schon fast so groß wie ihre Eltern. In der Welt, aus der er kam, hätte man sie Teenager genannt.
Aufrecht war er doppelt so groß wie der Rüde, selbst auf allen vieren kamen die Wölfe nicht an seine Größe heran. Sein Körper war muskulöser, und er wusste, dass er kräftiger war als die Tiere vor ihm.
Inmitten des Wolfsrudels lag ein frisch gerissenes Reh, anscheinend ging das vorherige Balgen darum, wer den ersten Bissen bekam. Das war in der Regel der Stärkste, der Anführer, das Alpha-Tier.
Der Werwolf knurrte, legte dann seinen Kopf in den Nacken und heulte erneut. Daraufhin zogen sich die jüngeren Wölfe und der Rüde zurück. Die Fähe knickte in den Hinterbeinen ein und zog den Schwanz ein, legte die Ohren an. Vorsichtig näherte sie sich dem bedeutend größeren Werwolf.
Der ließ sich zurück auf alle viere fallen. Ließ zu, dass die Wölfin an seiner Schnauze, die um einiges gewaltiger war als die ihre, zu schnüffeln und zu lecken begann.
Die Rollen innerhalb des Rudels wurden neu verteilt. Die Fähe wusste, dieser seltsame Wolf war ihnen allen überlegen.
Der Werwolf kannte die Regeln der Natur nicht, er handelte intuitiv. Er nahm seine neue Rolle an, schnappe nach der Wölfin, biss ihr leicht in die Schnauze und, als sie sich auf den Rücken wälzte, in den ihm dargebotene Hals. Nicht tief, das war kein Biss um Leben und Tod, hier ging es um etwas anderes.
Die Fähe jaulte und zog sich ehrfurchtsvoll zurück.
Das gesamte Rudel stand nun hinter dem gerissenen Reh. Der Werwolf aß Tierfleisch nur in absoluten Notfällen, entschloss sich aber, dass dies einer war. Er kniete vor dem Kadaver, der sogar noch warm war, öffnete mit einem Prankenhieb die Flanke des Tiers und versenkte seine Schnauze darin.
Ab sofort war er der neue Leitwolf des Rudels.
Am Morgen nach der Vollmondnacht
Paula Biggs schlug die Augen auf. Zu ihrer großen Verwunderung lag sie in einem mit sauberer Bettwäsche bezogenen Bett wieder. Aus einem kleinen Fenster mit einem rot-weiß karierten Vorhang davor drang Licht.
Sie schob den Vorhang zur Seite und sah ein umwerfendes Bergpanorama. In der Ferne weiße Gipfel, in der näheren Umgebung dunkle Wälder und Wiesen an steilen Hängen. Direkt vor dem Haus befand sich eine größere Weide mit Schafen, die zu dem Haus zu gehören schien.
Paule bemerkte erst jetzt, dass sie nicht nackt war, sondern einen altmodischen, ebenfalls karierten Herren-Schlafanzug trug, der ihr mindestens drei Nummern zu groß war.
Am Morgen nach dem Vollmond mit einem Blackout aufzuwachen und sich nicht an die vergangene Nacht erinnern zu können, war sie inzwischen gewohnt. Nur geschah das gewöhnlich nackt in einem Waldstück und nicht in seidigen Laken.
Sie versuchte die letzte Nacht zu rekonstruieren. Was war geschehen? Sie hatte sich auf einem Parkplatz in den Bergen rund um Genf ausgezogen und bei Sonnenuntergang verwandelt. Weit weg von der Stadt und hoffentlich von ihren Einwohnern. Nicht dass ihr das Töten als Werwolf mittlerweile noch etwas ausgemacht hätte, moralisch war sie so weit abgestumpft, dass es ihr egal war. Aber noch musste sie vorsichtig sein. Ihr Vater, Sean Harold Biggs, war einige Risiken eingegangen, um ihr die Flucht zu ermöglichen. Der Aufwand sollte nicht umsonst gewesen sein. Sie hoffte, dass sie in wenigen Wochen in Südamerika war und somit endlich frei!
Sie schloss die Augen und versuchte herauszufinden, was in der vergangenen Vollmondnacht geschehen und wie sie hierhergekommen war. Doch alles, was ihre Erinnerung ihr preisgeben wollte, waren gelbe Raubtieraugen in einem grau-braunen Fell. Die Augen von Wölfen.
Die Wände bestanden aus groben Baumstämmen. Eine Holzhütte.
Paula drehte sich herum und sah in einen einzigen großen Raum. Die Einrichtung war gemütlich, wenn auch einfach und rustikal. Holz beherrschte ihren Blick. Die sah ringsum die Stämme der Außenwände, der Boden, ebenfalls aus Holz, war mit Teppichen und Schaffellen bedeckt.
Auf einem von ihnen lag der massige Körper eines Berner Sennenhunds. Er sah zu ihr hoch und schien ihr nicht gerade freundlich zugetan. Er knurrte leise.
Ein Tisch mit vier Stühlen befand sich in einer Ecke, auch ein Sofa und ein altmodischer Ohrensessel in einem Grauton, auf dem einladend eine Kuscheldecke ruhte.
Auf der anderen Seite des Raums, in der kleinen offenen Kochgelegenheit, stand ein Mann. Sie sah ihn nur von hinten. Dunkelblonde Haare, die bis auf die Schultern fielen. Er trug eine Cordhose und ein rotkariertes Holzfällerhemd.
Sie sah nicht genau, was er da tat. Spülen? Kochen? Sie selbst befand sich auf einer Art abgehängter Zwischendecke, die zu einem Hochbett umfunktioniert war. Eine Leiter aus unterschiedlich dicken, entrindeten und behandelten Ästen lehnte an dem eingezogenen Zwischenboden und war damit verschraubt. Sie sah zwar selbst gemacht, aber recht stabil aus. Wer immer sie hergestellt hatte, schien sich mit Holzarbeiten auszukennen.
Sie kletterte auf die Leiter, hangelte sich ein paar Sprossen nach unten und hüpfte, als sie noch etwa einen Meter über dem Boden war.
Der Hund sprang auf und knurrte lauter. Erschrocken wich sie etwas zurück. In ihrer Gestalt als Werwölfin wäre dieser Köter keine Gefahr für sie gewesen, doch das sah jetzt anders aus. Gott sei Dank wurde er von seinem Herrn sofort in die Schranken gewiesen.
»Artur!«
Der Hund zog sich zurück und stellte das Knurren ein, beäugte sie aber immer noch skeptisch.
Paula sah zu dem Mann – und war angenehm überrascht. Er war älter als sie selbst, jedoch ausgesprochen attraktiv. Der dichte Vollbart stand ihm vorzüglich, und das breite Kreuz und die schmalen Hüften ließen einen durchtrainierten Oberkörper unter dem Hemd vermuten. Um eine Hand hatte er einen Verband...
Erscheint lt. Verlag | 9.3.2024 |
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Reihe/Serie | John Sinclair |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-6206-X / 375176206X |
ISBN-13 | 978-3-7517-6206-9 / 9783751762069 |
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