'Eine der schönsten Verbindungen, die zwischen der wahrnehmbaren Welt und ihrer wissenschaftlichen Beschreibung besteht' - die Noether-Theoreme (eBook)

Die Lebens- und Familiengeschichte der Mathematikerin Emmy Noether in Einzelaspekten 3/2023
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2023 | 1. Auflage
548 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-08326-5 (ISBN)

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'Eine der schönsten Verbindungen, die zwischen der wahrnehmbaren Welt und ihrer wissenschaftlichen Beschreibung besteht' - die Noether-Theoreme -  Cordula Tollmien
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Es geht um die Lebens- und Familiengeschichte der bedeutenden jüdischen Mathematikerin Emmy Noether. Sie wird allzu oft nur auf ihre Mathematik reduziert . Ich möchte Ihr ein facettenreiches vielfältiges Leben zurückgeben, zu dem nicht nur ihre wissenschaftlichen unbestreitbar hohen Verdienste gehören. Deshalb habe ich ihre Biografie auf insgesamt 15 Bände angelegt. Bereits erschienen ist 2021 die Geschichte und die Vorgeschichte Ihrer Habilitation: 'Kann eine Frau Privatdozentin werden?' - die Umfrage des Preußischen Kultusministeriums zur Habilitation von Frauen 1907, und 'Wir bitten nur um Dispens für den vorliegenden einzigartig liegenden Fall' - die Habilitation Emmy Noethers, beide tredition Hamburg 2021. Mit dem hier vorliegenden dritten Band schließe ich die noch offene Lücke in Emmy Noethers Habilitationsgeschichte, indem ich mich mit dem Thema ihre Habilitationsarbeit beschäftige, in der sie einen wichtigen, bis heute nachwirkenden Beitrag zur Allgemeinen Relativitätstheorie geleistet hat. Dabei stand sie in engem Kontakt mit Albert Einstein und mit den Göttinger Mathematikern Felix Klein und David Hilbert, die die Göttinger Universität zu einem weit über die Grenzen von Stadt und Universität hinaus berühmten Zentrum der Mathematik gemacht hatten, in dem künftig auch Emmy Noether eine wichtige Rolle spielen sollte.

Cordula Tollmien, geb. 1951, studierte Mathematik, Physik und Geschichte an der Universität Göttingen. Seit 1987 arbeitet sie als freiberufliche Historikerin und Schriftstellerin und veröffentlichte u. a. auch eine Reihe von Kinderbüchern. Sie war an dem 1987 publizierten Projekt zur Geschichte der Universität Göttingen im Nationalsozialismus beteiligt, arbeitete von 1991 bis 1993 als wissenschaftliche Lektorin bei der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte und trug Grundlegendes zum dritten Band der Göttinger Stadtgeschichte bei, der die Jahre 1866 bis 1989 behandelt. In den Jahren 2000 bis 2011 hatte sie einen Forschungsauftrag der Stadt Göttingen zur NS-Zwangsarbeit (www.zwangsarbeit-in-goettingen.de), und 2014 erschien ihr Buch über die Geschichte der jüdischen Göttinger Familie Hahn. Mit der Entwicklung der akademischen Frauenbildung und insbesondere mit den Biografien von Mathematikerinnen beschäftigt sie sich seit 1990 - dem Jahr, in dem ihre Arbeit erschien, in der erstmals die Geschichte der Habilitation Emmy Noethers im Detail nachgezeichnet wurde. 1995 publizierte sie eine Biografie der russischen Mathematikerin Sofja Kowalewskaja. 2021 erschienen die beiden ersten Bände ihrer Emmy Noether Biografiereihe. URL: www.tollmien.com

Cordula Tollmien, geb. 1951, studierte Mathematik, Physik und Geschichte an der Universität Göttingen. Seit 1987 arbeitet sie als freiberufliche Historikerin und Schriftstellerin und veröffentlichte u. a. auch eine Reihe von Kinderbüchern. Sie war an dem 1987 publizierten Projekt zur Geschichte der Universität Göttingen im Nationalsozialismus beteiligt, arbeitete von 1991 bis 1993 als wissenschaftliche Lektorin bei der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte und trug Grundlegendes zum dritten Band der Göttinger Stadtgeschichte bei, der die Jahre 1866 bis 1989 behandelt. In den Jahren 2000 bis 2011 hatte sie einen Forschungsauftrag der Stadt Göttingen zur NS-Zwangsarbeit (www.zwangsarbeit-in-goettingen.de), und 2014 erschien ihr Buch über die Geschichte der jüdischen Göttinger Familie Hahn. Mit der Entwicklung der akademischen Frauenbildung und insbesondere mit den Biografien von Mathematikerinnen beschäftigt sie sich seit 1990 – dem Jahr, in dem ihre Arbeit erschien, in der erstmals die Geschichte der Habilitation Emmy Noethers im Detail nachgezeichnet wurde. 1995 publizierte sie eine Biografie der russischen Mathematikerin Sofja Kowalewskaja. 2021 erschienen die beiden ersten Bände ihrer Emmy Noether Biografiereihe. URL: www.tollmien.com

Vorwort

Die Autorin legt mit diesem dritten Band ihres weit ausgreifenden Emmy-Noether-Projekts die bisher fehlende inhaltliche Füllung zu den in den bereits erschienenen Bänden 1 und 2 beschriebenen formalen und institutionellen Aspekten von Emmy Noethers Habilitation vor. Einfacher ausgedrückt: Dieser dritte Band der Emmy Noether Biografie wird davon handeln, womit sich Emmy Noether, nachdem sie der Einladung David Hilberts und Felix Kleins folgend Ende April 1915 nach Göttingen gekommen war, wissenschaftlich auseinandersetzte – eine Auseinandersetzung, die in ihrer 1918 erschienenen Habilitationsarbeit ihren krönenden Abschluss fand.

Unter dem schlichten Titel Invariante Variationsprobleme (Noether 26. Juli/ September1918) entwickelte sie darin ein Theorem, das nach Meinung des Wissenschaftshistorikers Ernst Peter Fischer eine der „schönsten Verbindungen sichtbar“ mache, die „zwischen der wahrnehmbaren Welt und ihrer wissenschaftlichen Beschreibung besteht.“ (Ernst Peter Fischer 2002, S. 136). Zwar hat Emmy Noether die Anwendung ihrer beiden Theoreme auf die Physik (es waren anders als häufig rezipiert zwei Theoreme und nicht nur eins) ein Stück weit bereits selbst vorgenommen. Doch war sie Mathematikerin und keine Physikerin. Daher müssen die in Noethers rein mathematischer Fassung relativ schwer verständlichen beiden Sätze zunächst einmal physikalisch übersetzt werden. Und in dieser physikalischen Übersetzung besagt dann das von Fischer so begeistert beschriebene erste Noether-Theorem, dass zu jeder kontinuierlichen Symmetrie eines physikalischen Systems eine Erhaltungsgröße existiert und umgekehrt. Emmy Noether stellte also einen Zusammenhang her zwischen der Symmetrie einer mathematischen Form und der Erhaltung einer physikalischen Größe. Oder anders gesagt: Sie legte klar, „dass die Invarianz eines Naturgesetzes mit der Konstanz einer Naturerscheinung einhergeht“ (Ernst Peter Fischer 2002, S. 142).

An einem Beispiel verdeutlicht, wieder in Fischers Worten:

Die schlichte Tatsache, daß das Ergebnis eines Experiments sich nicht ändert, wenn man seine Anfangszeit verschiebt, kann man auch so formulieren, daß die Gesetze der Physik invariant gegenüber einer Zeitverschiebung (Translation) sein müssen. Das Noether-Theorem sagt jetzt voraus, daß unter diesen Bedingungen eine physikalische Größe konstant sein muß und dies ist die Energie (Ernst Peter Fischer 2002, S. 143).

Oder noch einmal in anderen Worten: Aus der Homogenität der Zeit, der sogenannten Translationsinvarianz, folgt der Energieerhaltungssatz.

Die Beschreibung des mathematisch und physikalisch deutlich komplizierteren zweiten Noetherschen Theorems sei dem letzten Kapitel in dem folgenden Text vorbehalten; hier sei dazu nur angemerkt, dass Emmy Noether selbst als Beispiel für ihr zweites Theorem die „allgemeine Relativitätstheorie“ angab (Noether 26. Juli/September 1918, S. 239 f.). Damit ist sowohl verwiesen auf den Kontext der Arbeiten Noethers in Göttingen, die als Invariantenspezialistin sowohl Hilbert als auch Klein bei deren Beschäftigung mit der Einsteinschen Allgemeinen Relativitätstheorie unterstützte, als auch auf Emmy Noethers Beziehung zu Einstein selbst.

So wird denn das erste Kapitel auch vornehmlich dem zunächst noch zufälligen, wahrscheinlich nicht mit einem persönlichen Kennenlernen verbundenen Aufeinandertreffen von Einstein und Emmy Noether vor ihrer Göttinger Zeit gewidmet sein, einleitend aber auch auf den überraschenden Tod ihrer Mutter im Mai 1915 eingehen, der Emmy Noether nur zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Göttingen wieder zurück nach Erlangen zwang. Rechtzeitig zurück zu Einsteins Vorlesungen über Gravitation, die auf Initiative Hilberts Ende Juni 1915 in Göttingen stattfanden, hielt Emmy Noether eine Woche nach Einstein ihren ersten Vortrag vor der Göttinger Mathematischen Gesellschaft, der als eine Art Eintrittsbillett in die Gemeinschaft der Göttinger Mathematiker und Physiker gelten kann. Da Emmy Noether den Sommer 1915 jedoch wieder in Erlangen verbrachte, wo sie sich um ihren kränkelnden Vater kümmerte, kann man mit Fug und Recht sagen, dass sie eigentlich erst Anfang November 1915 richtig in Göttingen ankam, wovon im Zweiten Kapitel die Rede sein wird.

Zunächst geht es in diesem Kapitel allerdings um die Beziehung zwischen David Hilbert und Albert Einstein. Denn Hilbert hatte sich nach Einsteins Besuch in Göttingen das ehrgeizige Ziel gesetzt, Einsteins Theorie in einen größeren feldtheoretischen Rahmen einzubetten, in dem er Gravitation und Elektromagnetismus miteinander verbinden wollte. Währenddessen mühte sich Einstein, inzwischen überzeugt, dass seine 1913 entwickelten und noch in Göttingen vorgetragenen Gravitationsfeldgleichungen fehlerhaft seien, diese Fehler zu beseitigen. Beide Forscher, die sich gegenseitig über ihre jeweiligen Fortschritte mal mehr mal weniger ausführlich informierten, erreichten Ende November 1915 (vorgeblich) das jeweils selbstgesteckte Ziel. Weil Hilbert seine Ergebnisse fünf Tage vor Einstein der Öffentlichkeit präsentierte und Einstein zumindest anfänglich darüber verärgert zu sein schien, hat es sich eingebürgert, von einem Wettstreit zwischen Hilbert und Einstein um die Aufstellung der richtigen Gravitationsgleichungen zu sprechen, der gelegentlich sogar zu einem Prioritätsstreit hochstilisiert wurde (Earman und Glymour 1978, Corry, Renn und Stachel 1997, Renn und Stachel 2007). Befeuert wurde diese Sichtweise durch Hilberts vollmundige Ankündigung in seiner am 20. November 1915 der Göttinger Gesellschaft vorgelegten Ersten Mitteilung, dass er „im Folgenden – im Sinne der axiomatischen Methode – wesentlich aus drei [später geändert in „zwei“] einfachen Axiomen ein neues System von Grundgleichungen der Physik aufstellen“ werde, „die von idealer Schönheit sind“ und durch die „unsere Vorstellungen über Raum, Zeit und Bewegung von Grund auf in dem von Einstein dargelegten Sinne umgestaltet“ werden (Hilbert, Fahnenkorrektur, und Ders. 20.11.1915/31.3.1916, S. 395 und S. 407). Hilbert verstellte so selbst den Blick darauf, dass er nicht nur einen ganz anderen Ansatz verfolgte als Einstein, sondern auch ein völlig anderes Ziel hatte. Subjektiv mag es sich daher streckenweise durchaus um einen Wettstreit oder auch Konkurrenzkampf zwischen Hilbert und Einstein gehandelt haben, objektiv war es dies aus den genannten Gründen nicht (Sauer 1999, S. 566; Rowe 1999, S. 201, und 2004, S. 103 f.; Corry 2004, S. 421; Sauer 2005). Darauf hat mit guten Gründen schon Felix Klein in einer in seinen Gesammelten Werken eingefügten Fußnote zu seinem im Januar 1918 veröffentlichten Kommentar zu Hilberts Erster Mitteilung (Klein 25.1.1918) hingewiesen:

Von einer Prioritätsfrage kann dabei keine Rede sein, weil beide Autoren ganz verschiedene Gedankengänge verfolgen (und zwar so, daß die Verträglichkeit der Resultate zunächst nicht einmal sicher schien). Einstein geht induktiv vor und denkt gleich an beliebige materielle Systeme. Hilbert deduziert […] aus voraufgestellten obersten Variationsprinzipien. (Klein 1921, S. 566).

In das Göttinger „relativistische Getümmel“ (Rowe 1999, S. 210), das im November 1915 seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte, war auch Emmy Noether eingebunden, zunächst als Zuträgerin für Hilbert, später als das „Getümmel“ sich etwas gelegt und in ein ruhigeres Fahrwasser gemündet war, in enger Zusammenarbeit mit Felix Klein, wovon in Kapitel 3 die Rede sein wird. Erst aus dieser Zusammenarbeit mit Klein entstanden dann die heute sogenannten berühmten Noether-Theoreme, wobei sich auch in Hilberts Grundlagen schon ein Spezialfall von Noethers späterem zweiten Theorem findet, allerdings – anders als bei Emmy Noether – ohne Beweis (Corry 1999, S. 520).

An dieser Stelle ist es wichtig, wie auch schon im Vorwort zu Band 1 (Tollmien 1/2021, S. 9 f.) noch einmal hervorzuheben, dass es sich bei dem hier vorgelegten Emmy-Noether-Projekt nicht um eine Wissenschaftsgeschichte im engeren Sinne handelt, sondern um eine Biografie. Allerdings spielt die Wissenschaft oder besser die wissenschaftliche Entwicklung, die schließlich zu den Noether-Theoremen führte, in dem hier vorliegenden Band naturgemäß eine prominentere Rolle als in den beiden bereits vorliegenden Bänden, so dass auf eine kurze Erläuterung zu den grundlegenden mathematischen Begriffen und gegebenenfalls auch auf deren historischen Kontext nicht ganz verzichtet werden kann. Aber der Fokus liegt auch hier auf dem Biografischen, diesmal jedoch nicht nur auf Emmy Noether, sondern stärker als zuvor auch auf den sie begleitenden Protagonisten wie Hilbert, Klein und natürlich Einstein. Denn ohne beispielsweise die Wege und Umwege, die insbesondere Einstein auf seinem Weg zur Allgemeinen Relativitätstheorie ging, ist weder verständlich, was Hilbert bewog, sich in direkter Folge und zugleich Abgrenzung davon mit Einsteins Ideen zu befassen, noch was später...

Erscheint lt. Verlag 23.12.2023
Reihe/Serie Die Lebens- und Familiengeschichte der Mathematikerin Emmy Noether in Einzelaspekten
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Albert Einstein • allgemeine Relativitätstheorie • David Hilbert • Deutsche Mathematiker Gesellschaft • Differentialinvarianten • Emmy Noether • Energieerhaltung in der Allgemeinen Relativitätstheorie • Energieerhaltung und Symmetrie • Erlangen • Felix Klein • Göttingen • Göttinger Mathematische Gesellschaft • Invariante Variationsprobleme • Karl Schwarzschild • lokale und globale Eichsymmetrie • Mathematische Physik • Max Noether • Noether-Theoreme
ISBN-10 3-384-08326-1 / 3384083261
ISBN-13 978-3-384-08326-5 / 9783384083265
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