Liebe ist mehr als ein Glücksspiel, Mylord (eBook)

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
384 Seiten
CORA Verlag
978-3-7515-2694-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Liebe ist mehr als ein Glücksspiel, Mylord - Eva Leigh
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London, 1818: Lady Tabitha Seaton braucht dringend einen Gatten! Nur verheiratet kann sie der illustren Sterling Society beitreten, in der sich die brillantesten Gelehrten Englands tummeln - ihr größter Wunsch. Aber woher soll Tabitha, die als eigenwilliger Blaustrumpf bei keinem Ball zum Tanz aufgefordert wird, einen Mann nehmen? Das Schicksal bringt sie mit Finn Ransome zusammen. Der adlige Glücksspieler muss ebenfalls dringend heiraten, sonst wird er enterbt. Ist eine Ehe zwischen der belesenen Tabitha und dem verführerischen, lebenshungrigen Draufgänger die Lösung - obwohl Liebe und Leidenschaft ausgeschlossen sind?



Wenn Eva Leigh nicht an einer ihrer packenden Romances schreibt, in denen sie die Zeit des Regency lebendig werden lässt, widmet sie sich ihren Hobbys: Sie liebt es zu backen, zu viel Zeit im Internet zu verbringen und Musik aus den 80ern zu hören. Zusammen mit ihrem Ehemann lebt Eva Leigh in Kalifornien.

1. KAPITEL


London, 1818

Ein erfolgreicher Glücksspieler zu sein hieß, das komplexe Zusammenspiel von Risiko, Kalkül und Bauchgefühl zu verstehen und zu seinen Gunsten zu manipulieren. Doch das Risiko, das Finn Ransome vier Monate zuvor eingegangen war, hatte sich nicht für ihn ausgezahlt – im Gegenteil: Es war gewaltig nach hinten losgegangen.

Zugegeben, damals hatte er es für das Richtige gehalten, seinem besten Freund dabei zu helfen, Finns Schwester den Laufpass zu geben. Die bevorstehende Hochzeit hatte Willa und Dom kreuzunglücklich gemacht. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Kieran hatte Finn seinen Freund und seine kleine Schwester daran gehindert, einen, wie er glaubte, kolossalen Fehler zu begehen – doch das Unglück folgte auf dem Fuße. Nicht nur hatte Willa sich vollends von ihnen distanziert – seine Familie hatte ihnen ein drakonisches Ultimatum gestellt, das nun wie ein Damoklesschwert über ihm schwebte.

Doch im Augenblick konnte Finn keinen weiteren Gedanken an seine missliche Lage verschwenden. Nicht, wenn er seinen Weg durch die heruntergekommene Kneipe in Ratcliff, Londons rauem Arbeiterviertel, unbeschadet überstehen wollte. Gegen diese namenlose Kneipe erschien ihm selbst die wildeste Spielhölle der Stadt geradezu gesittet. Mit drei verbeulten Zinnkrügen voll zweifelhaftem Bier in den Händen steuerte er auf einen Tisch in der Ecke zu. Unterwegs musste er vier Faustkämpfen ausweichen, stieg über zwei am Boden liegende Gestalten hinweg und rettete sich nur knapp vor einem anderen Kneipengast, der wild mit einem Handhaken gestikulierte. Er wand sich geschickt zur Seite, um zu verhindern, dass die rostige Metallspitze einen Riss im edlen Stoff seiner schwarzen Weste hinterließ. Dummerweise brachte die plötzliche Bewegung einen seiner Krüge zum Überschwappen, und Bier ergoss sich über den Kopf eines sitzenden Gastes.

Der düster dreinblickende Mann erhob sich und baute sich drohend vor ihm auf. Er überragte Finn, der selbst nicht gerade von kleiner Statur war, um einiges. Bier tropfte aus dem sandfarbenen Haar des Mannes, und er strich sich die durchnässten Strähnen aus der Stirn, um Finn mit einem finsteren Blick zu durchbohren.

„Meine aufrichtige Entschuldigung“, sagte Finn mit aller Ruhe, die er angesichts des ungeschlachten, nach Bier miefenden und offensichtlich aufgebrachten Giganten aufbringen konnte. „Ein gänzlich unbeabsichtigtes Missgeschick. Darf ich Ihnen zur Wiedergutmachung ein Bier spendieren?“

„Geschwollenes Gerede und eine hübsche Visage schützen dich nicht vor Prügeln“, grollte der Koloss und fuchtelte Finn wie zum Beweis mit den klobigen Fäusten vor der Nase herum.

„Wie wär’s mit einer Wette?“, fragte Finn gelassen. „Oder sind Sie kein Freund des Glücksspiels?“

Sein Gegenüber runzelte verwirrt die Stirn. „Ich ...“

„Aber natürlich sind Sie das“, fuhr Finn unbeirrt fort. „Sie sehen mir aus wie ein Mann, der sich von Lady Fortuna nicht einschüchtern lässt – ganz im Gegenteil. Ein kühner Geselle wie Sie begrüßt die Herausforderung.“

Der blonde Hüne sah an sich herab und befingerte einen losen Knopf, der an einem Faden von seiner Jacke herabbaumelte. „Schätze schon.“

„Eine Wette also“, sagte Finn, ohne sich seine Furcht auch nur im Geringsten anmerken zu lassen. „Wenn Sie gewinnen, wovon ich fest überzeugt bin, dürfen Sie mich nach Herzenslust windelweich prügeln. Doch wenn ich gewinne, dann vergessen wir mein kleines Malheur und gehen als Freunde auseinander. Jemand mit Ihrem Scharfsinn hat gegen so eine kleine Wette doch sicher nichts einzuwenden.“

„Ich …“

„Hervorragend.“ Finn nickte zu einem Gast hinüber, der allein und über seinen Krug gebeugt an einem der klapprigen Tische saß und mit rot geränderten Augen vor sich hinstarrte. „Sehen Sie den Mann dort drüben? Ich wette, dass er in den nächsten fünfzehn Sekunden bewusstlos zu Boden geht.“

„Hatchet Taylor trinkt hier jeden untern Tisch.“ Der Koloss grinste. „Der geht nirgendwo hin.“

„Dann sind wir uns einig.“ Finn stellte einen seiner Krüge auf einem benachbarten Tisch ab – zweifelsohne würde einer der dort sitzenden Männer ihn sich unter den Nagel reißen, doch das Opfer war es ihm wert – und streckte die Hand aus.

Einen Moment lang starrte sein Gegenüber ihn an. Dann spuckte er sich in die Handfläche und hielt sie Finn auffordernd hin.

Mit einem unterdrückten Seufzer tat Finn es ihm gleich und schüttelte dem großen Kerl die Hand. Wenigstens hatte er ein Taschentuch in der Jackentasche, von dem er unverzüglich Gebrauch machte, als sein Kontrahent sich dem Mann namens Hatchet Taylor zuwandte.

Alle Umstehenden, die die Konfrontation gebannt verfolgt hatten, schlossen indessen Nebenwetten ab. Die Stammgäste der Taverne schienen sich einig: Nicht nur würde Finn verlieren, der blonde Riese würde ihn zudem mit einem einzigen Schlag ins Gesicht außer Gefecht setzen.

Finn zog seine Taschenuhr hervor. In weiser Voraussicht trug er ein sehr schlichtes Modell bei sich, um nicht die Aufmerksamkeit aller Taschendiebe zwischen hier und Soho auf sich zu ziehen. „Fünfzehn Sekunden ab jetzt.“

Er, der hünenhafte Mann und ein halbes Dutzend Schaulustige beobachteten gespannt, wie Taylor seinen Krug bis auf den letzten Tropfen leerte. Fünf Sekunden verstrichen. Taylor schwankte ein wenig, hielt sich jedoch aufrecht. Nun waren schon zehn Sekunden vergangen.

Selbst über den Kneipenlärm hinweg vernahm Finn, wie sein Kontrahent, zweifelsohne in Erwartung einer zünftigen Schlägerei, die Knöchel knacken ließ. Finn verschaffte ihm nicht die Genugtuung, sich sein Unbehagen anmerken zu lassen, sondern konzentrierte sich voll und ganz auf Taylor.

Dieser erhob sich mit einem Ruck. Schwankte … fing sich jedoch wieder.

Noch drei Sekunden. Zwei. Eine.

Taylor kippte hintenüber und ging gemeinsam mit seinem Stuhl zu Boden. Einen Moment lang herrschte Stille unter den Umstehenden, bis diejenigen, die auf Finn gesetzt hatten, in lauten Jubel ausbrachen. Die Verlierer murrten, während Geld den Besitzer wechselte.

Nur schlechte Gewinner brüsteten sich mit ihrem Sieg. Finn bedachte den Hünen lediglich mit einem höflichen Nicken und schickte sich an, den Weg zu seinem Tisch fortzusetzen. Doch er hatte mit dem Unmut seines Gegners gerechnet und ließ seine verbliebenen zwei Krüge absichtlich fallen, als die Hand des riesigen Mannes sich fest um seine Schulter schloss. Als der Hüne ihn zu sich herumdrehte, schlug Finn zu.

Er verpasste dem Mann einen anständigen rechten Haken. Der Kopf des Riesen flog zur Seite und seine Lider flatterten. Der Schock stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.

Der Mann machte einen Schritt nach vorn, fiel auf die Knie und sackte schließlich auf dem klebrigen, mit Pfützen übersäten Boden zusammen. Kurz darauf begann er, laut und rumpelnd zu schnarchen.

Die Schaulustigen blickten ungläubig zwischen Finn und dem bewusstlosen Mann hin und her, als wollten sie ihren Augen nicht recht trauen.

Finn glättete seinen Mantel, rückte sein Halstuch zurecht und setzte den Weg zu seinem Tisch ohne weitere Zwischenfälle fort.

Sein Bruder Kieran und ihr bester Freund Dominic Kilburn warfen ihm fragende Blicke zu.

„Wo ist unser Bier?“, fragte Kieran und beäugte Finns leere Hände.

„Wenn euch nach Erfrischungen ist“, entgegnete Finn und ließ sich auf seinen Stuhl fallen, „besorgt sie euch selbst.“

Dom verdrehte die Augen. „Selbst den Alkohol muss man euch feinen Pinkeln hinterhertragen.“

Wie so oft in diesem Teil der Stadt trat Doms Ostlondoner Akzent stärker zum Vorschein als üblich. Zwar hatte Doms Vater, nachdem er sein Vermögen mit der Verpachtung von Lagerhäusern am Hafen gemacht hatte, auf Sprechunterricht für seine Kinder bestanden, doch wann immer Dom ins Arbeiterviertel zurückkehrte, verfiel er schnell in alte Gewohnheiten.

„Ich hole die verdammten Drinks.“ Dom erhob sich und ragte über dem Tisch auf wie ein edel gekleideter Monolith, ehe er sich in Richtung Tresen davonmachte.

Als er verschwunden war, wandte Finn sich Kieran zu. Sein Bruder trug das zufriedene Lächeln eines Mannes im Gesicht, der sich wahrhaftig auf seine bevorstehende Hochzeit freute. Zumindest vermutete Finn, dass Kierans irritierend gute Laune daher rührte, hatte er selbst doch keinen blassen Schimmer, was eine glückliche Beziehung ausmachte. Seine Eltern hatten es ihm weiß Gott nicht vorgelebt.

„Mir kommt gleich mein Hammelbraten wieder hoch, wenn du weiter so verzückt vor dich hin strahlst“, murmelte Finn.

„Celeste und ich haben letzte Nacht wieder eine von Longbridges Partys besucht“, sagte sein Bruder fröhlich. „Selbstverständlich in Verkleidung, solange wir noch nicht verheiratet sind.“

„Und dann seid ihr nach Hause gekommen und ich musste euer nicht enden wollendes Gestöhne ertragen.“ Obwohl er von Natur aus ein Nachtmensch war und vergangene Nacht nur eine Stunde zu Hause verbracht hatte, war es ihm zu viel geworden und er sah sich gezwungen, in einer nahe gelegenen Gaststätte Schutz zu suchen.

Kieran schenkte ihm ein freches Grinsen, das Finn bei Weitem nicht zum ersten Mal sah. Ebenso reuelos hatte sein Bruder dreingeblickt, als er mit schlüpfrigen Illustrationen unter der Matratze erwischt worden war. „Das Ultimatum unserer Familie sieht vor, dass wir anständige junge Damen ehelichen. Dass meine Zukünftige...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2024
Reihe/Serie Historical Gold
Historical Gold
Übersetzer Laura Groeneveld, Nina Hawranke
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-7515-2694-3 / 3751526943
ISBN-13 978-3-7515-2694-4 / 9783751526944
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